05 August 2024
Menschlich verständlich, aber trotzdem falsch?
War der Gefangenenaustausch mit Russland, mit der Band Kettcar gesprochen, „menschlich verständlich, aber trotzdem falsch?“ Ich meine: nein. Als eine – rechtlich nur grob vorstrukturierte – exekutive Maßnahme an der Schnittstelle von Innen- und Außenpolitik geht sie nicht in einer Subsumtion unter strafprozessuale Normen auf. Sie bedarf vor allem einer tragfähigen politischen Begründung und einer eindeutigen Markierung der politischen Verantwortlichkeiten. Beides war hier gewährleistet. Continue reading >>
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04 June 2024
Eine Strategie tut not, nicht Schnellschüsse
Der Freistaat Sachsen hat einen Gesetzentwurf vorgestellt, der die Vorschriften gegen Nötigung von Angehörigen von Verfassungsorganen auf Kommunal- und Europapolitiker erstreckt. Er sieht auch eine Art Stalking-Tatbestand vor, der Übergriffe in den Bereich der persönlichen Lebensgestaltung von Amts- und MandatsträgerInnen kriminalisiert. Fast zeitgleich hat der Freistaat Bayern einen Gesetzentwurf präsentiert, der sich gegen die Verbreitung von Deep Fakes richtet. Die Vorschläge reagieren auf einzelne, als bedrohlich erachtete Phänomene mit symbolischen Strafschärfungen bzw. kleinräumigen, einzelfallbezogenen Gesetzesänderungen zur Schließung von Gesetzeslücken. Was den Vorhaben fehlt ist eine Gesamtstrategie auf Grundlage einer umfassenden Gefahrenanalyse. Continue reading >>
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26 May 2023
Manövrieren an den Grenzen des § 129 StGB
Die Ermittlungen wegen § 129 StGB gegen die Letzte Generation haben zu einem sehr frühen Zeitpunkt begonnen und stehen auf einer rechtlich alles andere als sicheren Grundlage. Die Strafverfolgungsbehörden manövrieren an der Grenze des Tatbestandes. Dies heißt aber auch, dass alle, die die Letzte Generation als Mitglied unterstützen, sich der Gefahr von Ermittlungsmaßnahmen aussetzen, also an der Grenze dessen agieren, was man sich selbst guten Gewissens zumuten möchte und kann. Schon die Ermittlungen wegen § 129 StGB haben damit eine prohibitive Wirkung. Continue reading >>27 October 2022
Welcher Skandal?
Ein kriminalpolitischer Skandal – tönt es aus Zeitungsberichten, Kommentaren und Tweets. Und das, obwohl sich die neue Regierung ausdrücklich einer evidenzbasierten, wissenschaftlich beratenen und zurückhaltenden Strafgesetzgebung verschrieben hat. Was ist geschehen? Der Deutsche Bundestag hat vor wenigen Tagen den Tatbestand der Volksverhetzung (§ 130 StGB) um einen weiteren Absatz ergänzt. Continue reading >>28 June 2022
Im legislativen Zirkel
In der vergangenen Woche berichteten Medien darüber, dass in Italien erstmalig ein Mann mit Hilfe eines „medizinisch assistierten“ Suizids aus dem Leben geschieden ist. Ob und unter welchen Voraussetzungen Ärzte oder Vereine Hilfe zur Selbsttötung leisten dürfen, wird auch in Deutschland seit mehr als zehn Jahren diskutiert. Die Rechtsentwicklung gleicht dabei einem legislativen Zirkel. Continue reading >>
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21 January 2022
Bombe ohne Sprengkraft
Am Mittwoch dieser Woche gab die Staatsanwaltschaft Berlin bekannt, sie habe Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Untreue (§ 266 StGB) gegen Verantwortliche der Partei Bündnis90/Die Grünen aufgenommen. Boulevardmedien sprechen von einer „politischen Bombe“. Dass sie strafrechtliche Sprengkraft enthält, ist jedoch zu bezweifeln. Das liegt – paradoxerweise – an der Weite des Untreuetatbestandes.
Continue reading >>09 December 2021
Beyond Impunity
When people talk about the connection between internal and external security, which was occasionally the case during the election campaign for the German Bundestag, they usually mean international terrorism, transnational drug trafficking and organized crime. Yet, various events in the recent months reminded us that rampant corruption in foreign states can also have consequences for our external security. Continue reading >>
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19 November 2021
Tatbestandslose Maskendeals?
Gleich drei Strafsenate des OLG München haben in der sogenannten Maskenaffäre die Rechtsauffassung vertreten, dass das Verhalten der Beschuldigten nicht den Straftatbestand der Bestechung bzw. Bestechlichkeit von Mandatsträgern erfüllt. Die Senate hätten sich de, „eindeutigen Willen des Gesetzgebers“ fügen müssen. Ein näheres Hinsehen offenbart jedoch, dass der Wille des Gesetzgebers weit weniger eindeutig ist, als die gerade referierten Sätze glauben machen. Indem die Senate den weiten Wortlaut des Tatbestandes auf Grundlage ambivalenter Gesetzesmotive einschränkend interpretieren, nehmen sie eine eigene politische Wertung vor. Continue reading >>29 October 2014