Das Böckenförde-Diktum
„Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.“
Kaum einer der unzähligen Nachrufe auf Ernst-Wolfgang Böckenförde kam ohne einen Verweis auf das nach ihm benannte Diktum aus, ja, dieses hat sogar einen eigenen, in seinen Querbezügen lesenswerten Wikipedia-Eintrag. Wegen dieses Diktums hatte Heribert Prantl Böckenförde zum 80. Geburtstag in der SZ als „Einstein des Staatsrechts“ bezeichnet, den Satz als das „E = mc² der Staatsrechtslehre“. Selten gelingt einem Juristen eine Formulierung, die auch jenseits der Disziplin und im öffentlichen Diskurs derartigen Widerhall erzeugt.
Entsprechend umfangreich ist die Auseinandersetzung mit dem Böckenförde-Diktum in der wissenschaftlichen Literatur, von der populärwissenschaftlichen und medialen Befassung ganz zu schweigen. Zuletzt hat sich Horst Dreier 2018 in einem grundlegenden und sehr empfehlenswerten Kapitel seines Buches „Staat ohne Gott“ mit Herkunft und Deutung des Böckenförde-Diktums befasst.
Entstehungskontext: Schmitt-Schule und Ebracher Ferienseminare
Böckenförde verfasste seinen Text über „Die Entstehung des Staates als Vorgang der Säkularisation“ 1964 für die Ebracher Ferienseminare, die Ernst Forsthoff mit handverlesenen Studierenden der Heidelberger Universität veranstaltete und zu denen er die konservative Geisteselite der frühen Bundesrepublik einlud. Der wohl berühmteste ständige Teilnehmer war Carl Schmitt, weshalb die Seminare auch als wichtiger Ort der Sozialisation in die sog. Schmitt-Schule anzusehen sind. Böckenförde also, gerade eben auf Betreiben Forsthoffs nach Heidelberg berufener junger Ordinarius, trug über die Entstehung des Staates bei diesem Ferienseminar vor. Etwas später wurde der Text dann 1967 in der Festschrift für Forsthoff zu dessen 65. Geburtstag, „Säkularisation und Utopie“, veröffentlicht. Dieser Text wiederum findet sich dann im Suhrkamp-Band „Recht, Staat, Freiheit“ von 1991 (S. 92-113, Zitate nach dieser Ausgabe).
Der Beitrag ist einerseits klar im Umfeld der Schmitt-Schule verortet, andererseits geht Böckenförde den für ihn typischen eigenständigen und unabhängigen Weg.
Argumentationsgang: Investiturstreit, Glaubenskriege und der moderne Staat
Wie viele Texte des stark von Hegel geprägten Böckenförde, so ist auch dieser im eleganten dialektischen Dreischritt verfasst.
Im ersten Teil der Abhandlung stellt Böckenförde die Entwicklung der „Trennung von >geistlich< und >weltlich>“ dar, die er bereits beim „Investiturstreit als Säkularisationsvorgang“ zeitlich verortet (94). „… der Investiturstreit konstitutiert Politik als eigenen, in sich stehenden Bereich; sie ist nicht mehr der geistlichen, sondern einer weltlichen, das heißt naturrechtlichen Begründung fähig und bedürftig“ (96 f.).
Im zweiten Teil wendet sich Böckenförde der Glaubensspaltung zu, die den „sich rein weltlich und politisch aufbauende[n] und legitimierende[n] Staat“ hervorbrachte. (101) Die Zulassung zweier Religionen in einem Staat im Edikt von Nantes von 1598 ist für Böckenförde die zentrale Neuerung: „Der einzelne konnte Bürger des Königreiches [Frankreich] sein, alle zivilen Rechte genießen, ohne der wahren Religion anzugehören.“ (103) Böckenförde stellt Thomas Hobbes säkulare Rechtfertigung des Staates dar, die nicht mehr auf den christlichen Glauben gründete: „Das bedeutet, als These formuliert, daß Staat und Christentum zusammen bestehen können und die Anerkennung der souveränen staatlichen Entscheidungsgewalt keine Glaubensverleugnung zum Inhalt hat … .“ (107) Die Französische Revolution von 1789 bringt diese Entwicklung auch rechtlich auf den Punkt, so Böckenförde: „Zu den Freiheiten, um deren Sicherung und Erhaltung der Staat besteht, gehört seit der Verfassung von 1791 die Glaubens- und Religionsfreiheit. Damit ist der Staat als solcher gegenüber der Religion neutral, er emanzipiert sich als Staat von der Religion. Die Religion wird in den Bereich der Gesellschaft verwiesen, zu einer Angelegenheit des Interesses und der Wertschätzung einzelner oder vieler Bürger erklärt, ohne aber Bestandteil der staatlichen Ordnung als solcher zu sein. Sie wird, im doppelten Sinn des Wortes, vom Staat frei-gegeben.“ (107 f.)
Damit ist für Böckenfördes der Grund gelegt, im dritten Abschnitt die Frage nach der sachlichen Bedeutung des von ihm beschriebenen Säkularisationsvorganges zu stellen: „Die Frage läuft darauf hinaus, inwieweit die Entsakralisierung der politischen Ordnung …, die sich in und mit der Entstehung des Staates vollzog, auch eine Entchristlichung bedeutet.“ (110, kursiv i. Orig.) Diese Frage spitzt Böckenförde weiter zu: „Woraus lebt der Staat, worin findet er die ihn tragende, homogenitätsverbürgende Kraft und die inneren Regulierungskräfte der Freiheit, deren er bedarf, nachdem die Bindungskraft der Religion für ihn nicht mehr essentiell ist und sein kann?“ (111)
Argumentationsziel: Werben um die deutschen Katholiken
Im Kontext der Zeit – 1964 – rang Böckenförde mit der viele Katholiken umtreibenden Frage, ob sie diesem neuen, demokratischen Gebilde der jungen Bundesrepublik ihre Treue und ihr Engagement widmen sollten. Als Antwort formuliert Böckenförde das berühmt gewordene Diktum, das hier in seinem ganzen Zusammenhang zitiert sei:
„So stellt sich die Frage nach den bindenden Kräften von neuem und in ihrem eigentlichen Kern: Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann. Das ist das große Wagnis, das er, um der Freiheit willen, eingegangen ist. Als freiheitlicher Staat kann er einerseits nur bestehen, wenn sich die Freiheit, die er seinen Bürgern gewährt, von innen her, aus der moralischen Substanz des einzelnen und der Homogenität der Gesellschaft, reguliert. Anderseits kann er diese inneren Regulierungskräfte nicht von sich aus, das heißt mit den Mitteln des Rechtszwanges und autoritativen Gebots zu garantieren suchen, ohne seine Freiheitlichkeit aufzugeben und – auf säkularisierter Ebene – in jenen Totalitätsanspruch zurückzufallen, aus dem er in den konfessionellen Bürgerkriegen herausgeführt hat. Es führt kein Weg über die Schwelle von 1789 zurück, ohne den Staat als die Ordnung der Freiheit zu zerstören.“ (112 f.)
Böckenförde schreibt vom „Wagnis“, das der freiheitliche, säkularisierte Staat eingegangen ist und wirbt damit bei den deutschen Katholiken für die noch junge Bundesrepublik. Das wird im letzten Absatz des Textes besonders deutlich: „So wäre denn noch einmal … zu fragen, ob nicht der säkularisierte weltliche Staat aus jenen inneren Antrieben und Bindungskräften leben muß, die der religiöse Glaube seiner Bürger vermittelt. Freilich nicht in der Weise, daß er zum >christlichen< Staat rückgebildet wird, sondern in der Weise, daß die Christen diesen Staat in seiner Weltlichkeit nicht länger als etwas Fremdes, ihrem Glauben Feindliches erkennen, sondern als die Chance der Freiheit, die zu erhalten und zu realisieren auch ihre Aufgabe ist.“ (113 f.)
Wohlgemerkt also: Weder schreibt Böckenförde, dass nur der religiöse Glaube solche Bindungskräfte vermittelte, noch dass allein der christliche religiöse Glaube dazu fähig wäre. Böckenförde argumentiert, dass die Spaltung des Geistlichen und des Weltlichen schon viel älter sei, eben bereits auf den Investiturstreit zurückgehe. Und er wendet die Entgegensetzung dialektisch als Freiheit für die Religion, indem der Glaube dem staatlichen Zugriff gerade entzogen werde, durch die Gewährung der Religionsfreiheit „frei-gegeben“ werde. Mit seinen Ausführungen richtet sich er gerade an jene Katholiken, denen der Kulturkampf Bismarcks gegen die Jesuiten noch vor Augen stand, die vielfach wegen ihrer vermeintlich ultramontanen Ausrichtung auf den Papst als obersten Glaubenslehrer als potentielle Feinde des Staates angesehen wurden (nicht nur in Deutschland übrigens), und die ihrerseits mit einer ablehnenden Haltung auf den nicht (mehr) religiös fundierten Staat reagierten.
Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft
Böckenförde fordert in der zitierten Passage „Homogenität“ unter den Bürger_innen zum Funktionieren des demokratischen Staates. Er reagiert damit auf die offensichtliche Unterschiedlichkeit der Einzelnen, aber auch auf die widerstreitenden Interessenlagen der verschiedenen Gruppen im Staat. Seine Frage lautet: Wie kann aus der Vielheit eine Einheit werden? Welches Verhältnis der Einzelnen und der Gruppen zueinander konstituiert sie als Teil eines Staates? Was bewirkt die Kohäsion des Ganzen?
Böckenförde stellt die „moralische […] Substanz des einzelnen und [die] Homogenität der Gesellschaft“ dem Staat gegenüber, er trennt die beiden kategorisch voneinander. Zur Begründung führt er aus, dass die Erzwingung des für den Zusammenhalt des Staates Notwendigen in der Gesellschaft letztlich zu einem Totalitätsanspruch führe. Die zugrundeliegende Erwägung ist also, dass Freiheitlichkeit verloren geht, wenn bestimmte Voraussetzungen der Kohäsion von der politischen Gemeinschaft gefordert werden, die sich aber allenfalls erzwingen ließen – was zum Verlust der Freiheit führte. Diese Überlegungen finden sich ähnlich wieder in weiteren Beiträgen Böckenfördes (ders., Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Rechtsstaat der Gegenwart (1972), in: Recht, Staat, Freiheit, 2006, S. 209 ff.; ders., Ist Demokratie eine notwendige Forderung der Menschenrechte?, in: Staat, Nation, Europa, 1999, S. 251 ff.). Er legt in diesen Texten eine grundsätzliche Skepsis gegenüber der rechtlichen Regulierung der Gesellschaft an den Tag, die er als dem Staat gegenüberstehend und ihm vorausliegend konzipiert, wenn er auch semantisch feinsinnig stets von der „Unterscheidung anstatt von der Trennung von Staat und Gesellschaft“ schreibt (ders., Die verfassungstheoretische Unterscheidung von Staat und Gesellschaft als Bedingung der individuellen Freiheit, 1973, S. 8).
Mag man für den Säkularisationstext von 1964 noch argumentieren, dass er nur die konkrete Frage des Verhältnisses von Staat und Religion behandle, so zeigt der etwas spätere Text zur „Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft“ von 1972 (ders., Die Bedeutung der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft im demokratischen Rechtsstaat der Gegenwart (1972), in: Recht, Staat, Freiheit, 2006, S. 209 ff., daraus nachfolgende Zitate), dass für Böckenförde auch über die Religion hinaus die Grundidee eines gesellschaftlichen Konsenses fundamental ist, die aber nicht vom Staat erzwungen werden kann und darf. An der Unterscheidung von Staat und Gesellschaft sei trotz aller geäußerten Kritik festzuhalten, denn wenn Staat und Gesellschaft identisch würden, bedeute dies „zugleich das Ende der individuellen Freiheit“. (221)
In der Folge der 1968er Bewegung und Willy Brandts „Mehr Demokratie wagen!“ war der Ruf nach gesellschaftlicher Demokratisierung laut geworden. Die Ambivalenz dieser Forderung spitzt Böckenförde drastisch zu, wenn er sie als „Wegmarke zum Totalitarismus“ geißelt. (227) Er hält ihr die Vorstellung entgegen von politischer Willensbildung „als ein Vorgang aus der vom Staat unterschiedenen und seinem Zugriff prinzipiell vorausliegenden Gesellschaft auf den Staat hin“, weshalb sich staatliche Einflussnahmen auf ebendiesen Prozess verböten, „die über die Gewährleistung der Rahmenordnung als notwendige Regelung gesellschaftlicher Freiheit hinausgehen“. (228)
Dabei stellt sich unweigerlich die Frage, was noch erlaubte „Gewährleistung der Rahmenordnung“ und was schon „staatliche Einflußnahme“ ist. Böckenförde wirft sie mit Blick auf den modernen Sozialstaat in aller Dringlichkeit auf, weil der Staat Verantwortung „für die Erhaltung gesellschaftlicher Freiheit“ trage, wozu „in einem gewissen Umfang auch die Garantie der sozialen Voraussetzungen zur Realisierung der Freiheit“ gehöre. (232, Hervorh. i. Orig.)
Was meint „Homogenität“?
Seit 2001 hat sich Böckenförde insbesondere mit der Religionsfreiheit für den Islam befasst und Gleichbehandlung aller Religionen gefordert, sich also insbesondere klar gegen Privilegierungen für den christlichen Glauben ausgesprochen (JZ 2004, S. 1183; NJW 2001, S. 727). In diesen Beiträgen wird deutlich, dass Böckenförde den Begriff der Homogenität keinesfalls in einem völkischen Sinne versteht, sondern damit ein positives politisches Verständnis des konkreten Staates meint, eben als „demokratisches Ethos“. Dies führte er auch in dem höchst lesenswerten Interview „Freiheit ist ansteckend“ mit Christian Rath in der taz von 2009 aus: „Gemeint war vor allem eine relative Homogenität in dem Sinn, dass man eine gemeinsame Vorstellung davon hat, wie man zusammenleben will.“
In seinem Beitrag im Handbuch des Staatsrechts von 1987 beschreibt Böckenförde dieses Verständnis von „demokratischem Ethos“, nämlich „bestimmte Verhaltensweisen des Menschen …, die die Ordnungsidee und die Prinzipien der Demokratie in sich aufnehmen und praktisch realisieren“ (aktualisiert wiederabgedruckt in: ders., Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Staat, Verfassung, Demokratie, 1991, S. 359 ff.). Dazu zählen für Böckenförde „die Achtung des anderen in seiner politischen Überzeugung“, „Offenheit für Argumentation und Kompromiß“, „Loyalität gegenüber Mehrheitsentscheidungen“, die „vorbehaltlose Anerkennung der demokratischen Spielregeln“ (ebd.).
Rechtstreue, nicht Gesinnungskontrolle: ein liberales Rechtsverständnis
Böckenfördes wiederholtes Plädoyer für dieses „demokratische Ethos“ ist als Versuch zu verstehen, die Unterscheidung von Rechts- und Gesinnungskontrolle menschlichen Handelns aufrechtzuerhalten, die so zentral ist für die Verbürgung von Freiheit. Eine bestimmte Gesinnung, das Ethos des Handelns, darf nicht dem Zugriff rechtlicher Regulierung unterliegen, soll nicht die Freiheitlichkeit des Einzelnen verloren gehen. Zwar kann Rechtsgehorsam eingefordert werden, auch durch die Sanktionsgewalt des Justizsystems, doch die innere Haltung muss den Einzelnen überlassen bleiben.
Das ist eine Denkweise, die jener von Jürgen Habermas sehr ähnlich ist. Habermas fordert für legitimes demokratisches Recht, dass es „lediglich legales Verhalten zur Pflicht machen, also die Motive für regelkonformes Verhalten freistellen“ muss (Faktizität und Geltung, 1992, S. 111, Hervorh. i. Orig.). Warum die Gesetze befolgt werden, muss in einem liberalen Rechtsstaat offenbleiben, doch wenn die Bedingungen eines rationalen Diskurses eingehalten sind, bleibt immerhin die Möglichkeit erhalten, dass die Einzelnen sich aus Überzeugung von der Legitimität der Gesetze rechtstreu verhalten:
„Denn legitimes Recht ist nur mit einem Modus des Rechtszwangs vereinbar, der die rationalen Motive für Rechtsgehorsam nicht zerstört. … Rechtsnormen müssen aus Einsicht befolgt werden können.“ (Faktizität und Geltung, 1992, S. 154)
Indem Böckenförde in seinem Diktum auf dem Recht vorausliegende Motive verweist, formuliert er letztlich also in sehr eingängiger Weise die zentrale Prämisse eines liberalen Rechtsverständnisses. Das erklärt die anhaltende Befassung mit dem Böckenförde-Diktum. Es bietet reichen Stoff zur Diskussion, und zwar sowohl Befürworter_innen wie Kritiker_innen, gerade weil hier eine Grundprämisse modernen Rechts prägnant auf den Punkt gebracht ist.
Toller Beitrag der den demokratischen Ethos und den Gemeinschaftssinn weckt!
Danke für den Block. Er hat mir bei einem Aufsatz zur Inneren Führung der Bundeswehr sehr geholfen.
Vielen Dank für diesen Beitrag. Der die ursprüngliche Motivation und den Entstehungskontext greifbar macht. Das war sehr lehrreich.
Darin Böckenförde quasi zu einem Habermas zu machen, macht er es sich jedoch etwas zu einfach.
Bei Habermas bleibt das Recht moralisch letzlich an die Deliberation und Ihre moralische Logik rückgebunden. Die moralische Legitimität des Rechts rührt. daher, dass sich die eigenen rationalen Ermöglichungsbedingungen nicht in Frage stellen lassen, ohne das Recht selbst infragezustellen. Das was bei Habermas dem Recht vorausgeht ist performativ notwendig. Um jede Essentialisierung zu vermeiden, lässt Habermas nur streng verallgemeinerbare Gründe zu. Das führt zu einer prozentualen Ethik der jede lebensweltliche Partikularität abgeht (der späte Habermas versucht das zu relativieren, was m.E. durch die strenge Forderung nach Allgemeinheit der Gründe theoretisch nicht schlüssig begründet werden kann. )
Die Homogenität von der Böckenförde schreibt, zehrt genau von dieser nichtverallgemeinerbaren Partikularität, der lebensweltlichen Verankerung im Christentum, die bei Habermas ausgeschlossen bleibt.
Ihre Ausführungen zu der späten Selbstinterpretation durch Böckenförde invertieren den späten Habermas. Während letzterer versucht das Universelle für das Partikulare zu öffnen und dabei an der eigenen unbedingten Rückführbarkeit an verallgemeinerbare Gründe scheitert, versucht Böckenförde einen partikularer Ethos zu Universalisieren, ohne das hier eine letzte Begründung gelingt. Ohne diese letzte Begründung steht die Legitimität der Homogenität in Frage und aus der behaupteten Universalität wird schnell eine hegemoniale Diskursformationen, die Ihre eigenen Grundlagen gegen (deliberative genauso wie machtanalytische) Kritik immunisiert.
Habermas und Böckenförde versuchen sich beide an dem gleichen Argument und scheitern an ihren eigenen Voraussetzungen mit unterschiedlichen Gründen.
Die Öffnung des Politischen für das Partikularen führt zur einer Politisierung des Partikularen – das verletzt die Forderung nach Verallgemeinerbarkeit genau wie das Postulat der Vorgängigkeit des Partikularen.