Karlsruhe pfeift kreatives Landessozialgericht zurück
Null Punkte für das LSG Baden-Württemberg: Das Bundesverfassungsgerichts stellt in einer gerade veröffentlichten Kammerentscheidung die Landessozialrichter in einer Weise in den Senkel, die an einen übellaunigen Korrekturvermerk unter einer missratenen Klausur erinnert.
Das LSG hatte einem Pharmaunternehmen, das bei einer Vergabe leer ausgegangen und dagegen erfolglos Beschwerde eingelegt hatte, Gerichtskosten in Höhe von 62.700 Euro aufgebrummt. Sozialgerichtsverfahren sind bekanntlich kostenfrei, aber nur für Versicherte und Leistungsempfänger. Für andere, zum Beispiel Pharmaunternehmen, verweist § 197a SGG auf das Gerichtskostengesetz. Das LSG hatte von dieser Verweisung allerdings keinen Gebrauch gemacht, sondern sich durch freihändige Rechtsfortbildung einen eigenen Weg zur Kostenfestsetzung konstruiert.
Das sollte man nicht tun. Das mag der Korrektor überhaupt nicht.
Mir scheint (ohne das überprüft zu haben), dass das LSG offenbar keinen passenden Gebührentatbestand gefunden hat und durch den kühnen Analogieschluss auf die Kostenregelungen zum Zivilprozess verhindern wollte, dass hier ein Pharmaunternehmen kostenlos Prozesse führen kann. In der Entscheidung aus Karlsruhe ist so etwas angedeutet:
Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, das einfache Recht dahingehend zu erforschen (…). Es bedarf daher vorliegend keiner Beantwortung der Frage, ob dem Landessozialgericht die Annahme einer Regelungslücke in Teil 7 des Kostenverzeichnisses und eine Schließung dieser Lücke durch entsprechende Anwendung der Nr. 1220 und Nr. 1640 KV-GKG a.F. in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Rechtsfortbildung möglich gewesen wäre, oder ob die analoge Anwendung von Gebührentatbeständen des Kostenverzeichnisses generell ausgeschlossen ist (…) mit der Folge, dass gegebenenfalls an sich kostenpflichtige Verfahren gerichtskostenfrei sind