Bloggt, Staatsrechtler, bloggt!
Orin Kerr, Strafrechtsprofessor an der George Washington University, geht in einem lesenswerten Posting der Frage nach, wie sich Bloggen und Wissenschaft zueinander verhalten. Vor fünf Jahren, schreibt er, sei er der Ansicht gewesen, beides hätte nicht viel miteinander zu tun. Kurzatmig, oberflächlich, mehr einer “faculty lounge conversation” ähnlich als einem fundierten wissenschaftlichen Artikel habe die Bloggerei zum wissenschaftlichen Diskurs nicht viel Wertvolles beizutragen.
Heute sieht er die Dinge anders. Rechtsblogs seien zu einem etablierten Bestandteil der rechtswissenschaftlichen Welt geworden. Das mache sich sogar in den Zitiergewohnheiten bemerkbar:
Out of curiosity, I did a quick check of my own citations — vain, sure, but at least to an interesting end — and I would estimate that about 25% of the citations to my own work in the last year have been to my blog posts rather than traditional journal articles.
Unter deutschen Rechtsgelehrten ist Bloggen immer noch verpönt. Das ist sicher ein Generationenproblem: Ältere Ordinarien sind tendenziell internetavers und schütteln sich bei der Vorstellung, ihre Gedanken und Erkenntnisse so weihe- und formlos zu artikulieren und zu verbreiten. Und Jüngere fürchten vielleicht, von den Älteren dann nicht für voll genommen zu werden. Und die noch Jüngeren, noch nicht mit Venia und Lehrstuhl Ausgestatteten, haben sowieso viel zu viel Angst, sich mit pointierten Meinungen womöglich die Karriere zu verderben. Für die Staatsrechtslehrerzunft gilt all dies sicherlich noch verschärft.
Ich finde das schade. Ich selber verfolge keine akademischen Ambitionen, fällt mir gar nicht ein, ich bin Journalist und kein Forscher. Aber von den bloggenden US-Professoren lerne ich so viel und erfahre ich so viel Anregungen für eigene Postings, dass ich mir wirklich wünsche, dass es dergleichen auch in Deutschland gäbe. Bloggen ist ein Netzwerk-Medium. So richtig Spaß macht es erst, wenn es einen Konversationscharakter bekommt, wenn man aufgreift, was andere schreiben, und auf die eigenen Texte Reaktionen bekommt. Einfach nur so vor mich hin zu verfassungsbloggen, ist auch ganz nett. Aber ein bisschen einsam.
Für alle Staatsrechtler, die jetzt ein leises Gefühl der Versuchung in sich verspüren, hier ein paar Adressen:
und natürlich die unverzichtbaren Supreme-Court-Watcher vom SCOTUS Blog.
Auch im Europarecht fängt sich eine akademische Blogosphäre an herauszubilden: Adjudicating Europe oder European Union Law, um nur zwei zu nennen.
Update: Noch mehr Rechtsblog-Empfehlungen im aktuellen ABA-Journal