EU-Kommission will Beschuldigtenrechte stärken
Es gehört zu den dunklen Flecken der EU als “Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts”, dass Polizei und Staatsanwaltschaften sehr viel schneller in den Genuss der Segnungen der Europäisierung kamen als Beschuldigte und Verteidiger.
Seit 2002 gibt es den Europäischen Haftbefehl. Danach werde ich, wenn ein rumänisches Gericht mich einsperren will, von der deutschen Justiz verhaftet und an die Rumänen ausgeliefert (im Prinzip jedenfalls). Deren Justiz ist schließlich auch nicht schlechter als unsere, denn wäre sie es, dann hätten wir ja – Gott bewahre – sie gar nicht erst in die EU aufnehmen dürfen.
Das mag Fiktion sein oder nicht – aber das galt erst mal. Wie es mir dann in Rumänien ergeht, das war dagegen lange Zeit allein meine Sache bzw. die der Rumänen. Erst seit 2010 müssen die Mitgliedsstaaten dafür sorgen, dass ich die Anklageschrift auf deutsch und nicht auf rumänisch vorgelesen bekomme. Seit 2012 müssen sie bestimmte Standards bei der Information des Beschuldigten einhalten und ihm Zugang zu anwaltlicher Vertretung gewähren.
Heute hat Justizkommissarin Viviane Reding einen weiteren Schritt in Richtung Harmonisierung der Beschuldigtenrechte vorgeschlagen. So soll künftig eine Richtlinie dafür sorgen, dass überall die Unschuldsvermutung und in dubio pro reo gilt, dass ich das Recht zu schweigen habe und nicht gegen meinen Willen in meiner Abwesenheit gegen mich verhandelt wird.
Ein weiterer Richtlinienentwurf könnte, soweit ich das überblicke, auch in Deutschland einiges zu Gunsten der Beschuldigten verändern: Er sieht vor, dass man Zugang zu anwaltlicher Vertretung bekommen muss, sobald man festgenommen wird.
Eine interessante Tabelle, wie es um die Beschuldigtenrechte in der EU im Augenblick bestellt ist, gibt es hier (im Anhang).
Update: Ich sehe gerade, dass zeitgleich und passend zum Thema Ministerrat und Parlament heute die “Europäische Ermittlungsanordnung” verabschiedet haben. Jetzt können die Rumänen mich auch durch die deutsche Justiz als Zeugen vernehmen und meine Wohnung durchsuchen lassen – allerdings unter Grundrechtevorbehalt.