Flucht aus der Grundrechtsbindung: „Flüchtlinge fressen“ und das ausländerrechtliche Beförderungsverbot
Die Kunstaktion Flüchtlinge fressen hat die Praxis, die Kontrolle der Einreise von Ausländern ohne Aufenthaltstitel den Fluggesellschaften aufzubürden, in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Was wenige wissen: seit 1992 steht der höchstrichterliche Vorwurf im Raum, dass die Rechtsgrundlage dieser Praxis in ihrer derzeitigen Form/in ihrem Umfang verfassungswidrig ist. Bis heute ist dieser Vorwurf in Karlsruhe ungeklärt geblieben.
Das Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) machte in den letzten Tagen mit einer provokanten Aktion unter dem Titel „Flüchtlinge fressen – Not und Spiele“ Schlagzeilen. Mitten in der Hauptstadt, vor dem Maxim Gorki Theater Berlin (nahe Unter den Linden), war eine Arena aufgebaut, in der fast zwei Wochen lang vier libysche Tiger untergebracht waren. Denen sollten Geflüchtete zum Fraß vorgeworfen werden, die sich dazu freiwillig gemeldet hatten, wenn nicht wie geplant 100 syrische Kriegsflüchtlinge mit einem gecharterten Flugzeug auf sicherer Route von Izmir nach Berlin-Tegel befördert werden könnten. Die Aktion macht deutlich, wie die deutsche Migrationspolitik Menschen auf illegale lebensgefährliche Fluchtrouten drängt, weil der sichere Weg über die Fluglinien ihnen versperrt ist.
§ 63 Aufenthaltsgesetz untersagt Beförderungsunternehmen die Beförderung von Ausländern nach Deutschland, wenn diese nicht im Besitz eines erforderlichen Passes und eines erforderlichen Aufenthaltstitels sind. Widersetzt sich das Unternehmen dem Verbot, droht für jeden beförderten Ausländer ein Zwangsgeld von 1000 bis 5000 Euro. Die Norm setzt europarechtliche Vorgaben aus den Schengener Abkommen und der Richtlinie 2001/51/EG um.
Geflüchtete, Asyl- und Schutzsuchende haben ein Recht auf Schutz, wenn sie im Land sind, aber keinen Anspruch, ins Land einzureisen. Ein Schutzersuchen (in Form des Asylantrags) kann erst in Deutschland gestellt werden. Genau hier setzt das Beförderungsverbot an. Es richtet sich offensichtlich nicht direkt gegen Asylsuchende, die damit auch keine unmittelbare Beschwer durch deutsche Staatsgewalt geltend machen können. Es erschwert aber gerade den Zugang zu der für den Asylantrag zuständigen Antragsstelle in Deutschland. Indem legale Fluchtwege blockiert werden, wird die hoheitliche Aufgabe der Einreisekontrolle faktisch verlagert. Sie wird zwar nicht direkt dem privaten Flugunternehmen übertragen, das Verbot führt jedoch faktisch zu einer Ausgrenzung von Schutzsuchenden von einem Verfahren in Deutschland.
Das Problem dabei: obwohl Geflüchteten nach internationalem Recht die Einreise und der Antrag auf Schutzgewähr nicht wegen des Fehlens gültiger Einreisepapiere verwehrt werden kann, setzt das Verbot gerade an dem Fehlen eines Visums an. Zwar gilt die allgemeine Visumspflicht grundsätzlich auch für Asylsuchende und Geflüchtete (§ 4 AufenthG). Nach Art. 31 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention kann ihnen das Fehlen ordnungsgemäßer Einreisepapiere jedoch nicht entgegengehalten werden; der Schutz setzt also ein sobald sie das Zielland erreichen. Auch die europarechtlichen Grundlagen des § 63 AufenthG stellen ausdrücklich klar, dass die Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus der Genfer Flüchtlingskonvention nicht beeinträchtigt werden (RL 2001/51/EG, Erwägungsgrund 3). Da die Asylgewährung und damit die Einreise allein wegen fehlender Papiere nicht verwehrt werden kann, flüchtet sich der Gesetzgeber durch das Beförderungsverbot ins Privatrecht und umgeht damit seine grundrechtliche Verpflichtung.
BVerwG: Unvereinbarkeit mit dem objektiven Wertgehalt des Grundrechts auf Asyl
Bereits 1992 hat das Bundesverwaltungsgericht die damalige Fassung des Beförderungsverbots (§ 18 Abs. 5 AuslG 1965) als „Umgehung des verfassungsrechtlich verbürgten Asylrechts durch einfaches Recht“ bezeichnet und für unvereinbar mit dem objektiven Wertgehalt des Grundrechts auf Asyl erklärt. Das Verbot, Asylsuchende an der deutschen Grenze zurückzuweisen, werde demnach umgangen, „wenn auf Veranlassung deutscher Behörden Asylsuchende vor der deutschen Grenze an der Einreise in das Bundesgebiet gehindert werden“, da Flugunternehmen ihre Beförderung ohne regelmäßig nicht erteilte Visa ablehnen müssen. „Die Sorge vor einer massenhaften Inanspruchnahme des Asylrechts kann allein keine Einreisebeschränkungen rechtfertigen.“
Das Grundrecht auf Asyl verbiete eine solche Verhinderung der Einreise durch „gezielte staatliche Beförderungsbeschränkungen“. Darf der Staat Asylsuchende selbst nicht abweisen, kann er seine grundrechtliche Pflicht der Prüfung des Asylantrags auch nicht dadurch entgehen, dass er durch Private abweisen lässt. Das Beförderungsverbot ist damit verfassungswidrig, soweit es Asylsuchende erfasst.Da nach Art. 100 I GG nur das Bundesverfassungsgericht Gesetze für verfassungswidrig erklären kann, legte das BVerwG den Fall in Karlsruhe vor. Dort konnte man sich erst fünf Jahre später zu einer Entscheidung durchringen, und die ging der materiellen Frage aus dem Weg: Das BVerfG hielt die Vorlage mangels möglicher Verletzung subjektiver Rechte der klagenden Beförderungsunternehmen für unzulässig. Deren luftverkehrsrechtliche Betriebsgenehmigungen umfassten jedenfalls nicht die Beförderung von visumspflichtigen Asylsuchenden. Aus verfassungsgerichtlichem Respekt vor dem Fachgericht hielt sich das BVerfG vornehm zurück, hinsichtlich des Erfolgs (die Möglichkeit der Verletzung anderweitiger Rechte) eigenständige Erwägungen anzustellen.
Allerdings war in dem Verfahren, mit dem sich die Bundesgerichte zu befassen hatten, lediglich eine Anordnung ergangen, die ein entsprechendes Beförderungsverbot ohne notwendige Einreisepapiere der Passagiere enthielt. Das Verfassungsgericht betonte dabei ausdrücklich, dass etwaige Rückförderungs- oder Geldleistungspflichten nicht Gegenstand des Ausgangsverfahren gewesen seien. In solchen Fällen wäre eine mögliche Verletzung subjektiver Rechte durch die finanzielle Belastung wohl auch schwerlich zu verneinen.
Erstaunlicherweise wurden die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung dennoch in der Folge von der Rechtsprechung ad acta gelegt. Das BVerwG urteilte (wohlgemerkt über sieben Jahre nach seinem Vorlagebeschluss) auf den Beschluss des BVerfG hin wiederum schlicht, das Beförderungsverbot (an sich, könnte man ergänzen) berühre die grundrechtliche Asylgewährleistung nicht. Dem ursprünglichen Vorlagebeschluss habe die Auffassung zugrunde gelegen, die Rechte der Beförderungsunternehmen erstreckten sich auch auf Schutzsuchende ohne Visum, da denen die fehlenden Einreisedokumente nicht entgegengehalten werden können. Da dies gerade nicht der Fall sei, sei auch der Rechtskreis des Flugunternehmens nicht betroffen.
Damit ist aber nur die besagte Dissonanz bestätigt: Obwohl Schutzsuchenden ein fehlendes Visum nicht vorgehalten werden kann, wird gerade wegen deren fehlendem Visums den Flugunternehmen ihre Beförderung untersagt. Diese Dissonanz ist, da sich das BVerfG auf die formale Prüfung der Zulässigkeit beschränkte, verfassungsgerichtlich weiterhin ungeprüft.
Die verfassungsrechtlichen Bedenken spielen in der Rechtsprechung jedenfalls mittlerweile keine erkennbare Rolle mehr. Vielleicht trägt die Kunstaktion des ZPS dazu bei, diese notwendige Diskussion wiederzubeleben.
Zunächst wäre dazu zu sagen, daß wirkliche Flüchtlinge natürlich nicht gerne flüchten, sondern lieber in ihrem Land, ihrer Heimat bleiben würden, in der sie leben, sodaß dies ein Grund wäre, sich eher dafür einzusetzen, daß Lösungen für die Probleme in deren Ländern gefunden werden, anstatt es den Flüchtlingen leichter zu machen, das zu tun, was sie eigentlich nicht wollen, nämlich fliehen. Niemand flieht gerne, es sei denn er gibt eben nur vor zu fliehen, ist aber eher ein Auswanderer als ein wirklicher Flüchtling, denen natürlich etwas anders zu begegnen wäre, als Flüchtlingen.
Weiterhin ist es natürlich eine Farce, von unserer Regierung solch ein lösendes Vorgehen zu erwarten, da diese ja die Fluchtursachen aus eigenen Interessen, in diesen Ländern gefördert, wenn nicht gar erst erzeugt, beziehungsweise zur Eskalation gebracht haben. An diese Diskussion, schlängeln sich ja alle gerne vorbei, wobei gerade diese zu führen und aufzuklären wäre. Es ist leider die Wirklichkeit, daß Deutschland sich zur Speerspitze einer EU hat machen lassen, die von Amerikanischen Interessensgruppen zu solchem Tun beständig angeregt werden.
Ohne unsere westlichen Sanktionen, welche erst die Güterknappheit dort erzeugten, daß sich die Lage der Kontrahenten, die sonst eher in einer normalen Konkurrenz geblieben wären, zugespitzt hätte, die dann den Nährboden bildeten, sodaß die anschließenden Waffenlieferungen in die so destabilisierten Gebiete, es haben eskalieren lassen können. Und wenn man nicht aufpasst, dann passiert diese Spaltung auch bald in unseren europäischen Ländern.
Solch eine Regierung zur Hilfe aufzurufen, hieße, den Bock zum Gärtner machen zu wollen, oder um es noch deutlicher auszudrücken, den Schändern die Fürsorge der Geschändeten zu übertragen.
Um die Flüchtlingsfrage wirklich klären und lösen zu können, müßten die Verantwortlichen, der Sanktions-Waffenlieferungs Politik zur Rechenschaft gezogen werden, damit so die Fluchtursachen behoben werden könnten, und wieder solch Regierende in verantwortliche Position kommen könnten, die wirklich nach Lösungen suchen, die allen Beteiligten gerecht werden, anstatt aufhetzend zu wirken.
Eine Vereinfachung der Flüchtlingsrouten legitimiert die Flüchtlingserzeuger in ihrem Tun doch nur, sodaß die Flüchtlingserzeuger weiterhin an der Macht bleiben, und weiter ihr Spiel treiben können, indem sie Länder einfach mutwillig destabilisieren, und Waffen anstatt lösungsorientierte Worte, mal an die Einen, und dann an die Anderen liefern, um schließlich, wenn sich die Völker am so entstehenden Chaos aufgerieben und abgekämpft haben, als große Retter auftreten können.
Ich halte Ihre Forderung also für höchst überdenkungswürdig.