Keine Kontrolle ohne Kenntnis
Im Zusammenhang mit dem Protest gegen den Bundesparteitag der AfD in Riesa steht der Vorwurf im Raum, dass ein Polizist den sächsischen Landtagsabgeordneten Nam Duy Nguyen bewusstlos geschlagen hat. Der konkrete Vorfall wirft auch die Frage auf, welche Rechtsstellung speziell Abgeordneten als „parlamentarischen Beobachter:innen“ auf Versammlungen zukommt. Obwohl dieses Phänomen seit Jahren zur gelebten Protestkultur gehört, findet sich der Begriff bis heute in keinem Versammlungsgesetz.
Continue reading >>Polizeifestigkeit nur noch mit Grundrechtsschutz?
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seiner bisherigen Rechtsprechung zur Sperrwirkung des Versammlungsrechts gebrochen und leitet diese nunmehr ausschließlich aus Art. 8 Abs. 1 GG her. Demnach kann etwa gegen unfriedliche Versammlungen ohne förmliche Auflösung auf Grundlage des allgemeinen Polizeirechts vorgegangen werden. Die Begründung des Gerichts ist kaum tragfähig. Auch rechtspraktisch weist die Entscheidung erhebliche Schwächen auf. Ihre Auswirkungen betreffen längst nicht nur unfriedliche Versammlungen.
Continue reading >>Wie lange dauert eine Autobahndemo?
Bei versammlungsrechtlichen Eilanträgen müssen Verwaltungsgerichte in kurzer Zeit komplexe Sachverhalte gerechten Lösungen zuführen – dies gilt in besonderer Weise bei Versammlungen auf Autobahnen. Oftmals entscheidendes Kriterium ist dabei, für welchen Zeitraum eine Autobahn für eine Versammlung gesperrt werden müsste. Angesichts dieser Frage wirken viele Verwaltungsgerichte häufig seltsam hilflos und übernehmen die behördlichen Gefahrenprognosen allzu unkritisch, was zu voreiligen Verboten von Versammlungen auf Autobahnen führt. Tatsächliche Evidenz wird dabei kaum berücksichtigt, auch weil sie kaum vorhanden ist. Zeit, dass sich das ändert.
Continue reading >>Pro-Palästina als unmittelbare Gefahr?
Seit dem menschenverachtenden Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und den weiteren Angriffen danach gehen die Wogen international wie auch in Deutschland hoch. Jüdinnen und Juden in Deutschland äußern ihre nur zu berechtigte Besorgnis und Angst vor Übergriffen auch hier. Dass sie diese Sorge haben müssen, ist bedenklich und real, nicht erst seit dem 7. Oktober 2023. Vor diesem Hintergrund hat der Kanzler abermals die deutsche Staatsräson (und Israels Sicherheit als Teil hiervon) aufgerufen und zum Leitbild staatlichen Handelns gemacht. Auf einer politischen oder auch moralphilosophischen Ebene ist das nachvollziehbar. Wenn die Staatsräson indes zum Maßstab der Versammlungsfreiheit in Deutschland wird, knirscht es laut.
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