29 October 2025
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Grundrechtsvielfalt mit Überraschungsmoment

Der Egenberger-Beschluss des BVerfG befasst sich nicht nur mit dem kirchlichen Arbeitsrecht, sondern zugleich mit grundlegenden Fragen des nationalen und europäischen Verfassungsrechts. Mit einer insgesamt ausgewogenen, differenzierten und vielschichtigen Entscheidung hat es der Zweite Senat vermocht, einem unnötigen Konflikt vorzubeugen und die Rechtssache auf die beiden zentralen Fragen hin auszurichten: die grundrechtliche Maßstabsbildung im europäischen Grundrechtspluralismus und die verfassungsrechtliche Anwendung dieser Maßstäbe durch die Fachgerichte im Einzelfall.

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28 October 2025

Zwei Schritte vor, zwei zurück

Die Entscheidung des BVerfG im Fall Egenberger wurde mit Spannung erwartet: Wie positioniert sich das BVerfG zu der religionsverfassungsrechtlichen Rechtsprechungslinie des EuGH, die im Widerspruch zur eigenen Spruchpraxis steht? Herausgekommen ist eine Entscheidung, die hinsichtlich der Grundrechtspluralität in Europa und der Privatrechtswirkung der Gleichheitsgrundrechte zwei Schritte nach vorn, hinsichtlich der nationalen Grundrechtsdogmatik und dem Austarieren von kirchlichem Selbstbestimmungsrecht und dem Nichtdiskriminierungsrecht hingegen zwei zurück macht.

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13 June 2025
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Parlamentarische Frage vs. Schutz vor Rassismus

Parlamentarische Anfragen nach den Vornamen deutscher Tatverdächtiger haben eine unrühmliche Geschichte. 2024 verweigerte der Berliner Senat erstmals die Auskunft, weil er das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sah. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hat diese Argumentation nun zurückgewiesen und die Antwortverweigerung als Verstoß gegen Abgeordnetenrechte gewertet – ohne dabei den Rassismus solcher Anfragen zu thematisieren. Dagegen weist das Minderheitenvotum zu Recht darauf hin, dass Diskriminierungsverbote eine verfassungsimmanente Grenze parlamentarischer Informationsrechte bilden.

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24 November 2023

Verfassungswidrige Sprachverbote

In Hessen haben sich CDU und SPD für ihre Koalitionsverhandlungen auf ein Eckpunktepapier geeinigt, in dem sie auch ankündigen festzuschreiben, „dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat der deutschen Sprache erfolgt“. Gemeint ist damit ein Verbot geschlechtergerechter Sprache nicht nur für Schulen, sondern auch für grundrechtsberechtigte (und ‑verpflichtete) Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Ein solches Verbot wäre offensichtlich verfassungswidrig – doch seine Ankündigung bringt politischen Profit.

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