24 November 2023

Verfassungswidrige Sprachverbote

In Hessen haben sich CDU und SPD für ihre Koalitionsverhandlungen auf ein Eckpunktepapier geeinigt, in dem sie auch ankündigen, festzuschreiben, „dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat der deutschen Sprache erfolgt“. Gemeint ist damit ein Verbot geschlechtergerechter Sprache nicht nur für Schulen, sondern auch für grundrechtsberechtigte (und ‑verpflichtete) Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts. Ein solches Verbot wäre offensichtlich verfassungswidrig – doch seine Ankündigung bringt politischen Profit.

Hoheitliches Sprachhandeln und Gleichberechtigung

Die Verpflichtung zur Gleichbehandlung von Frauen auch im staatlichen Sprachhandeln folgt aus Art. 3 Abs. 2 GG und besteht damit seit mehreren Jahrzehnten. Seit den 1980er Jahren wurde diese Dimension politisch diskutiert und sprachliche Gleichbehandlung zunehmend in Gesetzen, Geschäftsordnungen und Verwaltungsvorschriften rechtlich konkretisiert. Hessen war hier bereits früh engagiert.

Bereits im Dezember 1984 ordnete ein Gemeinsamer Runderlass der hessischen Regierung die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Vordrucken der Verwaltung an. 1992 folgten Richtlinien zur Gleichbehandlung in der Vorschriftensprache. Seit 2016 findet sich prominent in § 1 Absatz 2 des Hessischen Gleichberechtigungsgesetzes (HGlG) die Verpflichtung zur sprachlichen Gleichbehandlung in Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie im dienstlichen Schriftverkehr. Bereits im Runderlass von 1984 wurden bestimmte Anredeformen empfohlen und verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten wie geschlechtsneutrale Bezeichnungen, Paarformeln oder die Verwendung von Schrägstrichen und Klammern vorgestellt. Eine Variante wurde jedoch explizit ausgeschlossen (Hervorhebung im Original): „Die männliche Form einer Bezeichnung kann nicht als Oberbegriff angesehen werden, der die weibliche und männliche Form einschließt.“ Damit war in Hessen bereits vor 40 Jahren eine Erkenntnis angesprochen, die heute vielerorts noch fehlt: Es gibt kein generisches Maskulinum (hier und hier).

Die Pflicht zur sprachlichen Gleichbehandlung war geklärt, nun ging es um die Umsetzung. Die das HGlG konkretisierende Gemeinsame Geschäftsordnung (GGO) der hessischen Landesregierung sah zunächst auch Binnen-I, Sternchen und Unterstrich als mögliche Optionen vor. Seit 2021 sind diese Möglichkeiten wieder verschwunden und neben geschlechtsneutralen Formen nur noch Beidnennungen vorgesehen. Dies überrascht. Schließlich hatte das BVerfG 2017 entschieden, dass die explizite rechtliche Anerkennung von mehr als zwei Geschlechtern nicht nur aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG folgt, sondern auch durch das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung in Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG geboten ist (umfassend hier). Das Gebot sprachlicher Gleichbehandlung war (und ist) seitdem zum Gebot geschlechtergerechten hoheitlichen Sprachhandelns weiterzuentwickeln.

Antifeminismus und Anti-Gender als Brückenideologien

Zwar ist mit Blick auf die Jahrzehnte seit Erlass des Grundgesetzes die Missachtung des Gleichberechtigungsgebots und der Diskriminierungsverbote in Art. 3 Abs. 2 und 3 GG schon als eine Art deutscher Brauchtumspflege anzusehen. So gelingt es Gerichten auch in diesem Jahrhundert nicht, Art. 3 Abs. 2 GG als einschlägige Norm zu identifizieren und anzuwenden (Sparkassenformulare, dazu hier, hier und hier), vor krassen Formen digitaler Gewalt gegen Frauen zu schützen, Klagen auf Entgeltgleichheit nicht zu behindern, eine substantielle Auseinandersetzung mit Paritätskonzeptenzu leisten oder aktuelle Forschung zu Geschlecht zur Kenntnis zu nehmen. Obwohl der lückenhafte Schutz vor Geschlechtsdiskriminierung im AGG schon bei Erlass im Jahr 2007 europarechtswidrig war, scheint wenig Neigung zur Korrektur zu bestehen. Und der Gesetzgebungsprozess zur geschlechtlichen Selbstbestimmung zeugt inzwischen primär von dem Willen, das Grundgesetz in mehrfacher Hinsicht zu missachten, um Ressentiments gegen geschlechtliche Minderheiten zu bedienen und vom Versagen im Gleichstellungsbereich abzulenken (siehe auch hier und hier).

Der „Verfassungsbruch in Permanenz“ (Elisabeth Selbert) hat eine neue Intensität erreicht, seitdem Antifeminismus und Anti-Gender von rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Bewegungen als Brückenideologien in die gesellschaftliche Mitte genutzt werden (hier und hier). Egal, wie die persönliche Haltung zu geschlechtergerechter Sprache aussehen mag, die Diskriminierung von Frauen und geschlechtlichen Minderheiten als Politikform ist eine Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat. Dies wird deutlich, wenn selbst eklatant verfassungswidrige Vorschläge rechtspolitisch ernsthaft diskutiert werden.

Gleichberechtigung, Gleichstellung, Antidiskriminierung oder Geschlecht erwähnen CDU und SPD im Eckpunktepapier nicht. Die Ankündigung von Sprachverboten erfolgt unter dem Punkt „Freiheit“. Da ein flächendeckendes Verbot geschlechtergerechter Sprache keinen Freiheitsgewinn für irgendwen bedeutet, geht es hier offensichtlich um die Unterstützung von Fake News, wie sie auch dem hessischen Volksbegehren gegen „Gendersprache“ zugrunde liegen. Die dabei aufgestellten Behauptungen zu „Zwang“ und „Umerziehung“ sind grober Unfug, da es ausschließlich um geschlechtergerechte Amts- und Rechtssprache und damit hoheitliches Sprachhandeln geht.

Verfassungswidrigkeit eines Verbots geschlechtergerechter Amts- und Rechtssprache

Anlässlich der Rechtschreibreform hatte das BVerfG 1998 entschieden, dass Rechtschreibung für den Schulunterricht zum Gegenstand staatlicher Regelung gemacht werden kann. Hierfür sind die Länder zuständig. Regelungen für die sonstige Verwaltung sowie öffentliche Einrichtungen waren bislang auf Einheitlichkeit, Verständlichkeit und sprachliche Gleichbehandlung fokussiert. Doch darf hoheitliches Sprachhandeln insgesamt nicht diskriminieren. Es gibt eine lange Rechtsprechungstradition des BVerfG zur hoheitlichen Ansprache in Bezug auf Geschlecht(sidentität) als Ausdruck des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Werden Frauen oder geschlechtliche Minderheiten vom Staat und seinen Einrichtungen nicht korrekt adressiert, liegt inzwischen auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 2 oder 3 GG vor.

Da Regelungen oder auch nur Empfehlungen zum nicht-diskriminierenden hoheitlichen Sprachhandeln auf Bundes- oder Landesebene weitgehend fehlen, haben etliche Kommunen, Hochschulen oder Rundfunkanstalten in ihrem Kompetenzbereich eigene Lösungen gefunden. Die Vielfalt von sprachlichen Gestaltungsmöglichkeiten soll wesentlich auch zur größeren Verständlichkeit von Verwaltungssprache beitragen; geschlechterinklusive Kurzformen wie Unterstrich, Doppelpunkt oder Genderstern spielen quantitativ nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch wäre ihr (gesetzliches) Verbot verfassungswidrig.

Mit dem Verbot, dem keinerlei konstruktive Alternativlösungen für verfassungskonformes hoheitliches Sprachhandeln zur Seite gestellt sind, würden Verwaltung, Hochschulen, Rundfunk etc. angewiesen, durch Misgendering das Allgemeine Persönlichkeitsrecht von TIN*-Personen sowie das Geschlechtsdiskriminierungsverbot zu verletzen (dazu hier). Dies stünde zugleich in einem rechtlich nicht rekonstruierbaren Widerspruch zur bundesgesetzlichen Verpflichtung der Privatwirtschaft, ihre Kund*innen bei der Ansprache nicht wegen des Geschlechts zu diskriminieren.

Ein Sprachverbot für Hochschulen würde darüber hinaus eine erhebliche Verletzung der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG in ihrer Ausprägung des Selbstverwaltungsrechts bedeuten. Das institutionelle hoheitliche Sprachhandeln ist eine eigene Angelegenheit, die wesentlich die inneren Abläufe der Hochschulen betrifft und im Rahmen von Verfassung und Gesetzen eigenverantwortlich zu regeln ist. Sprachverbote ohne Alternativen sollen Hochschulen dagegen nötigen, ihre Grundrechtsverpflichtung zu missachten und Mitglieder sowie Dritte sprachlich zu diskriminieren. Das wäre nicht nur verfassungswidrig, sondern würde auch die Chancengleichheit der Studierenden erheblich verletzen, verfassungsferne Lehre etablieren und Bildungsziele weit verfehlen (zu Sprachkompetenz als Prüfungsinhalt siehe hier und hier).

Ein Sprachverbot auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk würde in dessen verfassungsrechtlich gesicherte Programmautonomie eingreifen und damit die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG verletzen. Der Gesetzgeber regelt zwar im Rahmen seiner Ausgestaltungspflicht zur Vielfaltssicherung die Organisationsstruktur des Rundfunks, doch die Entscheidung über „die zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms“ steht den Rundfunkanstalten zu (sog. Programmautonomie, dazu hier, hier und hier). Hinzu kommt, dass auch den Rundfunkanstalten die Diskriminierung von Nutzer*innen und Dritten untersagt ist.

Der Rechtschreibrat und das deutsche Verfassungsrecht

Wegen der offensichtlich intendierten Verstöße gegen das Allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Geschlechtsdiskriminierungsverbot wären entsprechende Sprachverbote selbst in Bezug auf Schulen verfassungswidrig, obwohl hier mangels eigener Rechtsfähigkeit immerhin eine grundsätzliche Regelungskompetenz des Landes Hessen bestehen würde. Daran ändert auch der Verweis auf einen „Rat für deutsche Sprache“ nichts, mit dem der Rat für deutsche Rechtschreibung (RfdR) gemeint sein dürfte.

Dieser Fehler im Eckpunktepapier ist interessant, weil er recht gut den spektakulären politischen Aufstieg des RfdR aus der Bedeutungslosigkeit nach Durchsetzung der Rechtschreibreform illustriert. Der 2004 gegründete RfdR ist ein zwischenstaatliches Expert*innen-Gremium, dessen Aufgaben sich in Beobachtung des Schreibgebrauchs und daraus folgenden Empfehlungen erschöpfen. Er hat keinerlei Regelungskompetenz. Das „amtliche Regelwerk“ wird nur durch Beschluss der KMK und Länder für die Schulen sowie durch Beschluss der Bundesregierung für die Bundesverwaltung verbindlich. Dies versucht der RfdR durch die Selbstdarstellung als „maßgebende“ Instanz für Rechtschreibfragen auszugleichen.

In seinen Empfehlungen vom 16.11.2018 hat der RfdR zwar „das Recht der Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen, auf angemessene sprachliche Bezeichnung […] auch in der geschriebenen Sprache“ anerkannt. Das trifft ohnehin nur partiell, worum es beim verfassungsrechtlichen Verbot der Geschlechtsdiskriminierung geht. Vor allem aber hat der RfdR angekündigt, vor möglichen Empfehlungen erst noch Beobachtungen vornehmen zu müssen. Dabei ist es ihm weder gelungen, die unterschiedlichen Regelungen zur rechtlichen Anerkennung von Geschlecht im deutschen Sprachraum wahrzunehmen (in der Schweiz sind es nur zwei, in Österreich drei, in Deutschland vier Geschlechter), noch den fundamentalen Unterschied zwischen hoheitlichem Sprachhandeln und dem Schreibgebrauch Privater zugrunde zu legen, so dass die Ergebnisse insoweit unbrauchbar sind.

In seinen Empfehlungen vom 26.03.2021 hat der RfdR die Notwendigkeit geschlechtergerechter Sprache als (allein) gesellschaftliche und gesellschaftspolitische, nicht aber auch rechtliche Aufgabe fehlverstanden und wiederum konstruktive Hinweise zur Verwendung nicht-diskriminierender Amts- und Rechtsprache unterlassen. Dazu ist er zwar auch nicht verpflichtet, weil er mangels eigener Regelungskompetenz keiner Grundrechtsbindung unterliegt. Doch dürfte spätestens mit der apodiktischen Feststellung vom 14.07.2023, dass Unterstrich, Doppelpunkt oder Genderstern „nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie“ gehören, die Grenze zwischen Aufgabenverfehlung und bewusster Politisierung gegen verfassungsrechtliche Verpflichtungen überschritten sein.

Es ist wohl Zeit für die Einsicht, dass der RfdR konzeptionell ungeeignet sein könnte, zu nicht-diskriminierender Amts- und Rechtssprache beizutragen. In keinem anderen Bereich würde eine Beobachtung dahingehend, dass staatliches Handeln (noch) nicht mehrheitlich verfassungskonform ist, zu der Schlussfolgerung führen können, dass dann wohl die Verfassung nicht gilt. Im demokratischen Rechtsstaat steht der Minderheiten- und Diskriminierungsschutz gerade nicht unter dem Vorbehalt, das Wohlgefallen der Mehrheit zu finden. Dies ist auch das grundlegende Missverständnis, welches den Volksbegehren gegen geschlechtergerechtes hoheitliches Sprachhandeln zugrunde liegt und von einigen politischen Parteien nach Kräften gefördert wird.

Gibt es nicht Wichtigeres … als den demokratischen Rechtsstaat?

Das führt zur letzten, in Bezug auf geschlechtergerechte Sprache immer wiederkehrenden Frage, ob es denn nicht Wichtigeres gibt. Tatsächlich ließen sich gute Formen verfassungskonformen hoheitlichen Sprachhandelns ohne unzumutbaren Aufwand finden. Fortbestehende Hindernisse könnten überwunden werden, indem hoheitliches Sprachhandeln als eigenständiger Sprachgebrauch gefasst oder geschlechterinklusive Kurzformen als typografische Erscheinungen jenseits der Orthografie eingeordnet werden. Die Politik könnte aufhören, ein beobachtendes Gremium über die Verfassung zu stellen, um sie zu brechen (dazu hier und hier), und stattdessen eher unaufgeregt geschlechtergerechte Sprache nutzen, die Gleichberechtigung von Frauen durchsetzen und Geschlechtsdiskriminierung in jeder Form beenden.

Das geplante Sprachverbot in Hessen zielt auf eine der aktuell am stärksten von Diskriminierung und Gewalt betroffenen Minderheiten in Deutschland ab. Die Botschaft ist deutlich: Die Versagung des ihnen von der Verfassung garantierten Schutzes könnte Regierungsprogramm werden. Dieses Vorgehen trifft den Rechtsstaat im Kern. Die Absichtserklärung zum Erlass eines offensichtlich verfassungswidrigen Gesetzes mag primär der Abfischung des Volksbegehrens oder der Ablenkung von anderweitigen politischen Grundentscheidungen bzw. deren Unterlassen dienen, es bleibt dabei: Angekündigter Verfassungsbruch darf nicht zur politischen Normalität werden.


SUGGESTED CITATION  Lembke, Ulrike: Verfassungswidrige Sprachverbote, VerfBlog, 2023/11/24, https://verfassungsblog.de/verfassungswidrige-sprachverbote/, DOI: 10.59704/49860c731a0dab08.

27 Comments

  1. Erfolgswertgleichheit Fri 24 Nov 2023 at 13:03 - Reply

    Wenn sich staatliche Stellen nicht den Sprachgepflogenheiten eines Teils der akademischen Linken anpassen, gefährdet das den demokratischen Rechtsstaat? Ist das, was dem demokratischen (!) Rechtsstaat schadet – und vor allem der Normativität der Verfassung – nicht eher, politische Forderungen mangels entsprechender politischer Mehrheiten juristisch verschleiert als Verfassungsgebot auszugeben?

    • Ulrike Lembke Fri 24 Nov 2023 at 19:12 - Reply

      Wenn eine künftige Regierungskoalition ankündigt, den Minderheitenschutz aufzuheben, verfassungswidrige Regelungen zu erlassen sowie die Wissenschaftsfreiheit und das Selbstverwaltungsrecht der Hochschulen und die Programmautonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu missachten, ist der demokratische Rechtsstaat gefährdet. Im deutschen Verfassungssystem gilt der Mehrheitswille nicht unbeschränkt, sondern begrenzt durch Grundrechte und Minderheitenschutz. Das hat sich bislang auch bewährt. Politische Mehrheiten gegen Verfassungsgarantien auszuspielen, ist schon als Metier populistischer Bewegungen problematisch genug und sollte nicht Regierungshandeln werden.

      • Maik Kretschmar Sat 25 Nov 2023 at 19:17 - Reply

        Gendergerechte Sprache hat nichts mit dem Schutz von Minderheiten zu tun, sondern ist einfach nur eine Politisierung der Sprache.

        Davon abgesehen ist es keine Einschränkung der Wissenschaft, wenn der Staat dazu aufruft, sich an offizielle Regeln der deutschen Rechtschreibung zu halten.

        • cornelia gliem Mon 27 Nov 2023 at 12:51 - Reply

          es gibt keine offiziellen Regeln der Rechtschreibung.

  2. Michael Schneider Fri 24 Nov 2023 at 13:27 - Reply

    Die These, dass die Verwendung des generischen Maskulinums eine Verletzung von Art 3 II, III GG darstellen soll, erstaunt schon sehr. Vielleicht sollte Lembke ihren arg verengten Blick einmal auf andere Normen des Grundgesetzes schweifen lassen. Dort ist etwa die Rede vom Bundespräsidenten, Bundeskanzler und Bundesminister (Art 58 GG), von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren (Art 60 GG), von jedermann (Art 103 I GG), jedem Deutschen (Art 33 I GG) und dergleichen mehr. Konsequenterweise müsste entweder das Grundgesetz selbst verfassungswidrig sein – oder die These von Lembke ist falsch. Da das generische Maskulinum nach wie vor (jedenfalls außerhalb gewisser ideologischer Kreise) allgemein anerkannt und im Sprachgebrauch omnipräsent ist, spricht vieles für die zweite Variante. Dies wird auch durch eine Vielzahl an empirischen Untersuchungen bestätigt, die zeigen, dass die Mehrheit der Bürger (darunter auch ein großer Teil der Frauen), die angeblich geschlechtergerechte Sprache ablehnt.

    Im Übrigen trifft es nicht zu, dass das “Verbot geschlechtergerechter Sprache” keinen Freiheitsgewinn für irgendwen bedeute. Erstens geht es um einen enormen Freiheitsgewinn für Arbeitnehmer, Beamte, Professoren, Studenten, Schüler, Journalisten und viele andere mehr, die derzeit explizit oder jedenfalls subtil dazu gedrängt werden, eine von Ideologen erdachte Kunstsprache zu verwenden (vgl etwa exemplarisch für Studenten https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/gender-pflicht-an-deutschen-hochschulen-wacklige-rechtsgrundlage-17805594.html). Und zweitens geht es um das Recht der Bürger, nicht ständig mit dieser Kunstsprache, die sie mehrheitlich ablehnen, behelligt zu werden.

    Vor diesem Hintergrund kann die hessische Initiative nur begrüßt werden. Kritikwürdig ist freilich, dass nur “Gendern mit Sonderzeichen” betroffen ist. Nötig wäre vielmehr auch ein Verbot der missbräuchlichen Verwendung von Partizipien (zB Teilnehmende statt Teilnehmer), die ebenfalls den etablierten Regeln der deutschen Sprache widerspricht. Wünschenswert wäre ferner eine gesetzgeberische Klarstellung, dass eine Sprachform, die auch vom Grundgesetz selbst verwendet wird, keine Diskriminierung darstellen kann.

    • Ulrike Lembke Fri 24 Nov 2023 at 19:13 - Reply

      Sehr geehrter Herr Schneider, zur Frage des sog. generischen Maskulinums im Grundgesetz ist auf dem VB eigentlich schon alles gesagt: https://verfassungsblog.de/im-namen-des-gesetzes/. Und zur Vertiefung der wissenschaftlichen Basis für die Frage geschlechtergerechten hoheitlichen Sprachhandelns und Weitung des Blicks empfiehlt Lembke die Lektüre ihrer umfassenden Expertise: https://www.hannover.de/content/download/882119/file/Gutachten-Genderstar-Amtssprache_Lembke_Dezember2021.pdf. Viel Spaß und Erkenntnisgewinn beim Lesen!

    • Maik Kretschmar Sat 25 Nov 2023 at 19:19 - Reply

      Vielen Dank, Sie sprechen mir mit Ihrem Kommentar aus der Seele!

      Ich bin wirklich negativ überrascht, was für abenteuerliche, teils ideologisierte Artikel man inzwischen hier auf dem Verfassungsblog zu lesen bekommt!

    • Andy Christ Sun 26 Nov 2023 at 10:16 - Reply

      In der angewandten Linguistik geht niemand mehr ernsthaft davon aus, dass das sogenannte “generische” Maskulinum funktioniert.

      Es gibt zwar Versuche, von oben anzuordnen dass maskuline Formen als geschlechtsneutral zu verstehen seien – das entspricht aber nicht der sprachlichen Realität.

      Bleibt höchstens die Frage, ob die feminine Form dadurch “generisch” wird, dass ein Sonderzeichen eingeschoben wird…

    • cornelia gliem Mon 27 Nov 2023 at 12:52 - Reply

      Freiheit, ach ja. nun gut: Ihre genannten Arbeitnehmer, Studenten etc. dürften ja nach dieser angekündigten Gesetzeslage ja nicht mehr wenn sie wollten (!) gendern. sie müssten verpflichtend (!) misgendern.

  3. Rainer Meyer Fri 24 Nov 2023 at 17:57 - Reply

    Warum einfach wenn es auch kompliziert geht? mein rudimentäres Verfassungsverständnis läuft darauf hinaus, dass es ein Recht der freien Meinungsäußerung gibt. und wenn ich meine Meinungsäußerung mit Hilfe des generischen Maskulinum formuliere, dann ist das meine Sache. ob die geplante Regelung für den innerstaatlichen Schriftverkehr der eigenen Behörden als Norm vorgesehen werden kann, lasse ich mal dahingestellt. aber den Rundfunkanstalten vorzuschreiben, wie sie ihre Meinung zu äußern haben, ist denke ich, klar verfassungswidrig. ich bin auch recht optimistisch, dass das Bundesverfassungsgericht keine Lust darauf hat für sich und alle anderen Akteure in Deutschland das Gendern zur Pflicht zu erheben. trotzdem ein sehr interessanter Artikel der wieder mal bewiesen hat, dass Juristerei nicht unbedingt mit Realität zu tun hat.

    • Maik Kretschmar Sat 25 Nov 2023 at 19:22 - Reply

      »aber den Rundfunkanstalten vorzuschreiben, wie sie ihre Meinung zu äußern haben, ist denke ich, klar verfassungswidrig.«

      Warum sollte das verfassungswidrig sein? Es geht hier ja nicht um inhaltliche Vorschriften, sondern um die Einhaltung der offiziellen Regeln der deutschen Rechtschreibung.

      Schüler können sich ja in Aufsätzen auch nicht auf die Meinungsfreiheit berufen, wenn sie lauter Rechtschreibfehler machen.

    • Andy Christ Sun 26 Nov 2023 at 10:20 - Reply

      Dann stimmen Sie dem Artikel also zu – es wäre verfassungswidrig, den Rundfunkanstalten das “Gendern” zu verbieten?

      Genauso wie es verfassungswidrig wäre, es Ihnen als Privatperson vorzuschreiben?

  4. Trim Daia Sun 26 Nov 2023 at 00:05 - Reply

    Viele Menschen vergessen, dass deren Meinung nicht ein Fakt ist. Mit allem Respekt, aber es ist aus Sicht der Autorin verfassungswidrig und das hätte sie deutlich erwähnen sollen. Es gibt viele Aspekte des öffentlich-rechtlichem Leben, welche uns nicht gefallen. Jedoch sollten wir nicht vergessen, dass die Einstufung als verfassungswidrig – mit einem Ton, der eines Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts ähnelt – nicht eine objektive Darstellung des Anliegens ist.

    • Ulrike Lembke Sun 26 Nov 2023 at 16:46 - Reply

      Was genau ist Ihr Unterscheidungskriterium? Wenn es Ihrer Meinung entspricht, ist es eine verfassungsrechtliche Einschätzung; wenn es Ihrer Meinung nicht entspricht, ist es nur eine Meinung? Wenn Sie einer von Ihrer Meinung abweichenden Darstellung jedenfalls dann Objektivität zugestehen, sobald sie auf einer vertieften Befassung mit der Sache beruht, möchte ich Sie gerne auf meine durchgängig belegte Expertise zum Thema hinweisen, deren Kernpunkte ich hier notwendig nur ganz verknappt wiedergeben konnte: https://www.hannover.de/content/download/882119/file/Gutachten-Genderstar-Amtssprache_Lembke_Dezember2021.pdf

    • Ulrike Lembke Mon 27 Nov 2023 at 12:25 - Reply

      Was genau ist Ihr Unterscheidungskriterium? Wenn es Ihrer Meinung entspricht, ist es eine verfassungsrechtliche Einschätzung; wenn es Ihrer Meinung nicht entspricht, ist es nur eine Meinung? Wenn Sie einer von Ihrer Meinung abweichenden Darstellung jedenfalls dann Objektivität zugestehen, sobald sie auf einer vertieften Befassung mit der Sache beruht, möchte ich Sie gerne auf meine durchgängig belegte Expertise zum Thema hinweisen, deren Kernpunkte ich hier notwendig nur ganz verknappt wiedergeben konnte: https://www.hannover.de/content/download/882119/file/Gutachten-Genderstar-Amtssprache_Lembke_Dezember2021.pdf.

  5. Dr. Axel Schwarz Sun 26 Nov 2023 at 00:08 - Reply

    Ich möchte gendern nicht verbieten.
    Aber wer konsequent gendert, diskriminiert.
    Biologisch gesehen gibt es mehr als 50 Geschlechter.
    Juristisch gesehen, erkennt Österreich sechs an. In Deutschland sind es fünf.
    Von Linguisten nicht bestritten und mehrfach höchstrichterlich bestätigt, umfasst das generische Maskulinum alle biologischen Geschlechter.
    Gendern dagegen erfasst nur zwei: männlich und weiblich.
    Alle anderen Geschlechter gehen leer aus.
    Das scheint den Befürwortern des Genderns zu entgehen.
    Wer gendert (im harten Sinn), mag dies in guter Absicht tun, diskriminiert damit alle anderen Geschlechter, ob er will oder nicht.
    Zudem verletzt der öffentliche Rundfunk durch Gendern seine Pflichten gemäß Medienstaatsvertrag.

    • Ulrike Lembke Sun 26 Nov 2023 at 16:54 - Reply

      In Deutschland sind rechtlich vier Geschlechtseinträge möglich, unter denen sich verschiedene Geschlechter erfassen lassen können. Bis auf den Bundesgerichtshof, dessen Entscheidung zu Sparkassenformularen zu Recht massiv kritisiert wird, ist bislang eben nicht behauptet, dass ein sog. generisches Maskulinum “alle biologischen Geschlechter” umfasst. Aus linguistischer Sicht wird die Existent eines “generischen Maskulinums” nachdrücklich und mit überzeugenden Argumenten bestritten (https://www.sprachlog.de/2011/12/14/frauen-natuerlich-ausgenommen/), während andere Ansichten zwar in FAZ verbreitet, aber nicht wissenschaftlich unterlegt werden. Es bleibt hier leider unklar, was Sie mit “gendern” meinen. Falls es um sprachliche Gleichbehandlung geht, macht diese in der Tat nur Frauen neben Männern sichtbar und spricht sie an. Geschlechtergerechte Sprache dagegen (mit neutralen Begriffen, Partizip-Konstruktionen oder Sonderzeichen wie Unterstrich, Genderstern oder Doppelpunkt) umfasst dagegen alle Geschlechter.

      • Mittelwert Tue 28 Nov 2023 at 19:02 - Reply

        Dass eine neutrale Bedeutung “nicht behauptet” sei, ist wohl unzutreffend, da diese Ansicht von sehr vielen – nicht nur in diesem Kommentarbereich – hinsichtlich der generischen Maskulina als Personenbezeichnungen vertreten wird. Ein Beleg für ihren geschlechtsneutralen Gebrauch ist schon die Formulierung des Grundgesetzes selbst. Höchstens könnte man daher einen solchen Sprachgebrauch als veraltet und aus der Zeit gefallen kritisieren.

        Auch ohne eigene sprachwissenschaftliche Ausbildung maße ich mir an, den referenzierten Ausführungen und der Herangehensweise Anatol Stefanowitschs nicht zu folgen. Berufen kann ich mich dabei insbesondere auf entgegengesetzte sprachwissenschaftlich qualifizierte Darlegungen zum Genussystem indogermanischer Sprachen von Daniel Scholten (siehe etwa https://www.belleslettres.eu/content/deklination/genus-gendersprech.php), auch wenn ich der abschließenden politischen Schlussfolgerung nicht unbedingt zustimme.

        Angesichts der möglichen vier Geschlechtseinträge und weil in der als Alternative propagierten “geschlechtergerechten Sprache” gewöhnliche Substantive für Personenbezeichnungen weitgehend ausgeschlossen werden, während stattdessen Partizipien, weniger sprechende abstrakte Umschreibungen und nicht wirklich aussprechbare Sonderzeichen-Konstrukte verwendet werden sollen, ist die seit jeher nicht ungebräuchliche geschlechtsneutrale Verwendung auch maskuliner Substantive regelmäßig die beste Ausdrucksweise.

    • Andy Christ Sun 26 Nov 2023 at 22:38 - Reply

      In der angewandten Linguistik behauptet niemand mehr ernsthaft, dass das Maskulinum geschlechtsneutral ist.
      Selbst der Duden erkennt an, dass es diesbezüglich unklar ist.

      Ein paar private Initiativen versuchen, von oben herab vorzuschreiben, es so zu verstehen – das wird aber der Realität nicht gerecht.

      Wieviele Geschlechter Gendern umfasst, ist nicht eindeutig, da “Gendern” weit gefasst ist – von Doppelnennung (die tatsächlich nur 2 Geschlechter umfasst) über Verlaufsformen hin zu Sonderzeichen und völlig neutralen Begriffen wie “Person”.

  6. Arne Müller Sun 26 Nov 2023 at 15:11 - Reply

    Was ist eigentlich mit Sachsen? Haben die nicht jegliches Gendern verboten? Gibt es dort schon Klagen bzw. Urteile?

  7. Mittelwert Sun 26 Nov 2023 at 19:47 - Reply

    Zwar mag die verwendete Sprache einen gewissen Einfluss auf das Denken haben, aber sie determiniert es keineswegs. Vielmehr legen insbesondere die realen Erfahrungen, Gewohnheiten und die Vorstellungen der Sprachverwender fest, welche Assoziationen sprachliche Begriffe und Wendungen hervorrufen. (Ob dabei prinzipiell die Vorstellungen symmetrischer sein könnten als die Wirklichkeit, bin ich nicht sicher.)

    Die Idee, in der Struktur der Sprache die gesamte Vielfalt der Menschheit abzubilden bzw. durch Sprache die bestehenden vom Gleichheitsideal abweichenden Vorstellungen in den Köpfen der Menschen zu beseitigen, kann daher nur scheitern.
    Amüsanterweise ist die vielen Versuchen “geschlechtergerechter Sprache” und der zugrundeliegenden Denkweise innewohnende Betonung geschlechtlicher Differenz sogar geeignet, die Asymmetrie in den Vorstellungen zu verstärken.

    Eine Verfassungspflicht zum Einsatz “geschlechtergerechter Sprache” besteht sicherlich nicht. Im Hinblick auf die Freiheit der Wissenschaft und des Rundfunks dürfte allerdings anstelle eines Verbotes solcher Sprachversuche in diesen Bereichen eine Regelung angemessener sein, dass niemand zu einer dermaßen von offiziellen Regeln abweichenden Sprachverwendung gezwungen oder gedrängt werden darf.

  8. Michael Marx Mon 27 Nov 2023 at 15:30 - Reply

    Hominis appellatione tam feminam quam masculum contineri non dubitatur.

    Caius, Com. ad leges Iul. & Papir.

    (D 50, 16, 152)

  9. Jakob Ossner, Prof. Dr. Tue 28 Nov 2023 at 11:48 - Reply

    Man sollte erwarten, dass auch Juristen bei Fragen, für die in einschlägigen Disziplinen Diskussionen geführt werden, diese berücksichtigen. Jedenfalls kann man nicht einfach behaupten, dass es kein generisches Maskulinum gebe, auch wenn es sich bei dieser Bezeichnung um eine sehr unglückliche Ausdrucksweise handelt. Auch Behauptungen wie die, dass “in der angewandten Linguistik niemand mehr ernsthaft [behauptet ], dass das Maskulinum geschlechtsneutral ist.” (Kommentar Andy Christ) sind parteilich und einseitig. Würde man für unsere Sprache alle unmarkierten Formen (den Aussagesatz, das Präsens etc. ) aufgeben, weil es sie “nicht gibt” (oder geben darf?), hätten wir eine andere, vor allem eine sehr viel unpraktischere Sprache. Man sollte sich auch hüten, den Ausdruck “gendergerecht” für einen wissenschaftlich beschreibenden Ausdruck zu halten, es handelt sich um einen Kampfbegriff mit dem jemand gerne in den Meinungskampf ziehen darf, bei dem aber klar sein müsste, dass ihm nicht alle folgen, weswegen “nicht verfassungskonform” starker Tobak ist.

    • Ulrike Lembke Tue 5 Dec 2023 at 14:41 - Reply

      Sehr geehrter Herr Prof. Ossner, diese Kritik muss ich leider ungebraucht zurückgeben. Selbstverständlich habe ich mich intensiv mit den einschlägigen Disziplinen auseinandergesetzt, wie Sie gerne hier nachlesen können: https://www.hannover.de/content/download/882119/file/Gutachten-Genderstar-Amtssprache_Lembke_Dezember2021.pdf. Umgekehrt vermisse ich jede ernsthafte Befassung mit verfassungsrechtlichen Fragen aus Ihren wissenschaftlichen Kreisen (und erst recht beim Rechtschreibrat, dem Sie auch einmal angehörten). Was ersatzweise kommt, ist nur das Mantra, dass alles, was einem nicht gefällt, ganz bestimmt kein Recht, sondern nur Politik sein könne – auf Basis welcher verfassungsrechtswissenschaftlichen Expertise Sie und einige Ihrer Kollegen dies behaupten, erschließt sich der geneigten Leserin nicht. Was ich aber für noch weitaus dringlicher halte als einen respektvollen Umgang unter Wissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen, wäre eine ausgewogene, umfassende und aktuelle Übersicht über Forschungsstand und Diskussionen zu geschlechtergerechter Sprache in Ihrem fachlichen Umfeld. Das wäre extrem spannend zu lesen und würde auch die von Ihnen vermisste Auseinandersetzung mit sprachwissenschaftlichen Diskursen für Kolleg*innen aus anderen Fächern sehr erleichtern. Ich könnte jetzt darüber spekulieren, warum es eine solche ausgewogene Darstellung noch nicht gibt, halte das aber nicht für lohnend. Stattdessen: Ich würde mich sehr freuen, wenn eine solche Darstellung geschrieben wird! Vielleicht haben Sie selbst Lust oder kennen eine Person oder mehrere, die diese Arbeit des Transfers und der Verständigung auf sich nehmen wollen. Das würde der Diskussion sicher in vielerlei Hinsicht gut tun. In diesem Sinne mit kollegialen Grüßen, Ihre Ulrike Lembke

  10. Gerhard Samulat Thu 7 Dec 2023 at 11:02 - Reply

    Leider ist bereits die Prämisse des Artikels falsch! Die Festschreibung, „dass in staatlichen und öffentlich-rechtlichen Institutionen (wie Schulen, Universitäten, Rundfunk) auf das Gendern mit Sonderzeichen verzichtet wird und eine Orientierung am Rat der deutschen Sprache erfolgt“ ist KEIN! Verbot der geschlechtergerechten Sprache! Geschlechtergerecht lässt sich auch ohne Gendersonderzeichen formulieren (siehe u.a. https://web.archive.org/web/20220228092347/https://www.die-heldenhelfer.de/blog/2022/02/28/gedanken-zum-gendern-gastbeitrag-gerhard-samulat/). Insbesondere sollte nach den Erfahrungen mit der jüngsten deutschen Geschichte auf den Genderstern verzichtet werden! Es gibt sehr gute Alternativen dafür.

    Zudem ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht korrekt wiedergegeben! Es hat niemals von “mehr als zwei Geschlechtern” gesprochen. Es wurde ausschließlich einer (intersexuellen) Person, die dauerhaft(!) weder dem einen noch dem anderen Geschlecht zugeordnet werden kann, das Recht zugebilligt, im Personenstandsregister einen positiven Eintrag (divers) zu bekommen. Das Gericht sprach von einer dritten „Option“ (des Eintrags in dem Personenstandsregister!) aber niemals von mehr als zwei Geschlechtern (siehe dazu meine Interpretation der Geschlechterverteilung im obigen Link, der Elemente des Sexualforschers Magnus Hirschfeld mit seiner „Zwischenstufentheorie“ https://magnus-hirschfeld.de/institut/theorie-praxis/sexuelle-zwischenstufen/ sowie der Philosophin Juliana Jüngling und des Philosoph Geert Keil von der Humboldt-Universität zu Berlin https://www.philosophie.hu-berlin.de/de/lehrbereiche/anthro/mitarbeiter/keil/zur-person mit ihrer „Bündelbegriffs-Auffassung“ auf die Sprache anwendet).

    In der Argumentation werden Fakten massiv fehlinterpretiert. Demnach muss die Konklusion falsch sein! (Zumindest ist sie dadurch nicht richtig!)

  11. Zahradnik Thu 21 Dec 2023 at 00:39 - Reply

    Es sind doch vermutlich nicht alle Tätigkeiten der Hochschulen durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützt. Einer Professorin oder einem Professor wird man sicherlich nicht verbieten können, einen Aufsatz zu veröffentlichen, in dem sie oder er die Kurzschreibweise einer Paarform in Form des Femininums mit eingebautem Genderstern verwendet (die geeignet ist, von Männern als diskriminierend empfunden zu werden). Ebenso werden Studierende darin frei sein, so oder so zu schreiben. Der Verwaltung der Hochschule wird man aber doch vermutlich schon auferlegen können, in Zulassungsbescheiden die amtlichen Rechtschreibregeln einzuhalten. Hierzu würde ich mir eine etwas differenziertere Auseinandersetzung wünschen.
    Ich gehe einmal davon aus, dass die Hessische Landesregierung sehr genau überlegen wird, wo die Grenze Ihres Vorhabens verläuft, bevor sie es im Detail ausgestaltet. Bisher wurde es ja nur plakativ kommuniziert.

Leave A Comment

WRITE A COMMENT

1. We welcome your comments but you do so as our guest. Please note that we will exercise our property rights to make sure that Verfassungsblog remains a safe and attractive place for everyone. Your comment will not appear immediately but will be moderated by us. Just as with posts, we make a choice. That means not all submitted comments will be published.

2. We expect comments to be matter-of-fact, on-topic and free of sarcasm, innuendo and ad personam arguments.

3. Racist, sexist and otherwise discriminatory comments will not be published.

4. Comments under pseudonym are allowed but a valid email address is obligatory. The use of more than one pseudonym is not allowed.