Grenzenlose Vorverlagerung
Nach über 18 Monaten Pandemie hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in einer seiner ersten substantiellen Entscheidungen zum Infektionsschutzrecht eine Reihe von Verfassungsbeschwerden gegen die sogenannte „Bundesnotbremse“ zurückgewiesen. Insbesondere sind nach dem Beschluss auch „umfassende Ausgangsbeschränkungen“ verfassungsgemäß, wenn auch „nur in einer äußersten Gefahrenlage“ (Leitsatz 3 c).
Nach der Entscheidung ist es also verfassungsrechtlich zulässig, eine an sich ungefährliche Ausübung der körperlichen Bewegungsfreiheit zu verbieten, wenn dieses Verbot als Teil eines nicht offensichtlich wirkungslosen Gesamtkonzepts die Durchsetzung einer anderen Maßnahme des Gesundheitsschutzes erleichtert – und das unmittelbar per Gesetz, also ohne gerichtlichen Rechtsschutz. Kann das richtig sein – und wo führt das hin?
„Nichts spricht dafür“
In die Freiheit der Person nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Art. 104 Abs. 1 GG soll laut dem BVerfG unmittelbar durch Gesetz eingegriffen werden können. Die Begründung (Rn. 267-273) ist kurz und nahezu frei von Verweisen auf bisherige Rechtsprechung oder gar auf Entscheidungen anderer Gerichte. Der Wortlaut „auf Grund eines (förmlichen) Gesetzes“ wird für nicht „zwingend“ erklärt, gestützt durch einen selektiven Vergleich nur mit Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG, also nicht auch anderen Artikeln (Rn. 269). Es folgen dünne entstehungsgeschichtliche Ausführungen, die „kein klares Bild“ zeichnen (Rn. 270).
Im Kern steht eine teleologische Argumentation (Rn. 271 f.), die sprachlich auffällig und in der Sache wenig überzeugend ist: Die Freiheit der Person schützt nicht „nunmehr“, also erst seit dieser Entscheidung auch vor staatlichen Eingriffen ohne körperliche Zwangswirkung; „nichts spricht dafür“ gehört eher in anwaltliche Schriftsätze; der Gesetzgeber „wird“ nicht durch die Entscheidung „selbst unmittelbar an dieses Grundrecht gebunden“, sondern ist es ohnehin nach Art. 1 Abs. 3 GG; Gebrauch „von der vorgesehenen Beschränkungsmöglichkeit“ würde das Parlament gerade auch machen, wenn es eine Behörde zu einem entsprechenden Vollzugsakt befugte; dass „kein mit dem Schutzzweck der Schranken unvereinbarer Verlust an Rechtsschutz“ drohe, ist nicht mehr als eine These – zumal ein Verlust an Rechtsschutz ja offenkundig ist.
Insgesamt ist das nicht im prüfungsrechtlichen Sinne falsch, aber deutlich weniger plausibel als die Argumentation von Tristan Wißgott – die nicht einmal zitiert wird.
Kontrolle mit Wirkung
Die Entscheidung hält sodann die Freiheitsbeschränkungen als Maßnahmen von „erhebliche[r] Eingriffsintensität“ und mit „außerordentlicher Streubreite“ für verhältnismäßig (Rn. 274-303). Dabei wird zwar erwähnt, dass Ausgangsbeschränkungen lediglich Instrumente „der Kontrolle und Förderung der Einhaltung der […] Kontaktbeschränkungen“ (Rn. 275) sind. Weil das Verlassen der Wohnung selbst nicht infektiös sein kann, tragen Ausgangssperren bekanntlich allenfalls mittelbar zur Eindämmung des Pandemiegeschehens bei, indem sie private Zusammenkünfte zeitlich begrenzen und erschweren können. Während Kontaktbeschränkungen immerhin ein Verhalten betreffen, das in den allermeisten Fällen nicht zu einer Übertragung des Virus führt, aber in wenigen Fällen eben doch, verbieten Ausgangssperren eine Grundrechtsausübung, deren Irrelevanz für das Pandemiegeschehen von vornherein feststeht.
Eine auch nur angedeutete verfassungsrechtliche Grenze für eine derartige Vorverlagerung – entsprechend der polizeirechtlichen Gefahrenschwelle – zieht das BVerfG nicht. Die Problematik scheint dem Beschluss verborgen zu bleiben, denn alles ist danach gesetzgeberischer Einschätzungsspielraum, solange (vermeintlich) „flankierende“ Maßnahmen nicht „offensichtlich wirkungslos oder gar kontraproduktiv“ (Rn. 279) sind. Eine Parlamentsmehrheit, die eine solche Prüfung nicht bestünde, müsste sich schon sehr ungeschickt anstellen. Offenbar haben sich damit die Betrachtungsweisen epidemiologischer Modellierungen durchgesetzt, wonach Ausgangssperren die Reproduktionszahl absenken können, und soll es verfassungsrechtlich auf die Verantwortlichkeit der Betroffenen gar nicht mehr ankommen. Leider ist nicht einmal klar, dass das BVerfG nur für eine „äußerste Gefahrenlage“ (Rn. 305) im Bereich des Infektionsschutzes derart weiche freiheitrechtliche Standards vertritt – Übertragungen auf das Feld der „Inneren Sicherheit“ könnten zu befürchten sein.
Vorgaben für die Auswahl der Mittel, die das gesetzgeberisch verfolgte Gesamtziel erreichen sollen, macht das BVerfG insgesamt nicht. Dabei war hier der Missstand mit Händen zu greifen, dass Ausgangssperren das Privatleben noch breiter und tiefer als andere Maßnahmen beeinträchtigten, ohne dass zugleich im Arbeitsleben auch nur halbwegs effektive Maßnahmen gegen deutlich riskantere Verhaltensweisen getroffen worden wären (beispielsweise durch strengere Masken- und Home-Office-Pflichten für Unternehmen). Der Beschluss verengt stattdessen künstlich den Blick darauf, „ob auf das Element der Ausgangsbeschränkung[en] hätte verzichtet werden können, ohne das übergeordnete Ziel der Kontaktbeschränkungen insgesamt zu gefährden“ (Rn. 282). Das ist die falsche, jedenfalls eine bislang an dieser Stelle der Verhältnismäßigkeitsprüfung ungewöhnliche Frage – so verstanden, dürfte kaum je etwas nicht erforderlich sein.
Im Übrigen fällt nicht nur die angekündigte Überprüfung der Verhältnismäßigkeit des Gesamtkonzepts (Rn. 290) letztlich flach: Die Situationen der Beschwerdeführenden oder andere typische Fallkonstellationen werden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit nicht einmal kursorisch betrachtet. Damit bleibt wenig übrig vom Individualrechtsschutz gegen das selbstvollziehende Gesetz.
Nachts ist es freier als draußen
Wen, außer vielleicht Joggerinnen wie Claire Underwood, beeinträchtigen denn nächtliche Ausgangssperren, wenn es Ausnahmen gibt für Notfälle und andere berechtigte Zwecke – bis hin zum Gassigehen mit dem deutschen Lieblingshaustier? Die Frage so zu stellen, hieße die Rechtfertigungsbedürftigkeit staatlicher Freiheitsbeschränkungen aufzugeben. Es bleibt nur zu hoffen, dass das BVerfG mit seiner Entscheidungsbegründung nicht dazu beiträgt, den während der Pandemie ohnehin grassierenden „Not kennt kein Gebot“-Illiberalismus weiter zu befördern.
Sie schreiben: “Vorgaben für die Auswahl der Mittel, die das gesetzgeberisch verfolgte Gesamtziel erreichen sollen, macht das BVerfG insgesamt nicht.” – Derartige Vorgaben lassen sich aus dem Grundgesetz auch gar nicht ableiten. Die Schwierigkeiten beginnen schon damit, dass die vom Bundesverfassungsgericht konstatierte “äußerste Gefahrenlage” – In welcher Vergleichsrelation eigentlich “äußerst”? Historisch betrachtet waren Menschen sowohl individuell als auch kollektiv vielfach wesentlich größeren Risiken als die deutsche Gesamtbevölkerung im Frühjahr 2021 – im klassischen Sinne gar keine Gefahr ist. Es fehlt insbesondere an der Erkennbarkeit möglicher konkreter Kausalverläufe, die erforderlich ist, um eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schadenseintritt im Sinne der üblichen Gefahrendefinition des Polizei- und Ordnungsrechts feststellen zu können – nichts anderes meint “diffuses Infektionsgeschehen”. Dieses Manko führt unweigerlich zu Folgeproblemen, insbesondere bei den zur Abwehr der angenommenen “Gefahr” überhaupt in Betracht kommenden Maßnahmen. Sind nämlich mögliche Kausalverläufe gar nicht erkennbar, lässt sich auch nicht mit zielgerichteten Maßnahmen in solche eingreifen, um den Eintritt des befürchteten Schadens zu verhindern. Weiter erschwerend kommt hinzu, dass die “Sachlage” gewissermaßen in der gesellschaftlichen Gesamtsituation besteht, also keine irgendwie geartete Umgrenzung erfährt.
Dementsprechend ist der mit dem “Gesamtkonzept” verfolgte Ansatz auch ein gänzlich anderer als derjenige bei klassischen Gefahrenabwehrmaßnahmen wie z.B. einer gegen einen Infizierten verhängte Quarantäne. Er beruht nicht auf (zu verhindernder) Kausalität, sondern auf empirischer Korrelation. Das verbindende Glied zwischen Maßnahme und angestrebtem Ziel ist dabei die von Ihnen angesprochene epidemiologische Modellierung. Diese operiert allerdings mit abstrakten gesamtgesellschaftlichen Größen, die nur mittelbar zu beeinflussen sind. Die wichtigste dieser Größen ist im vorliegenden Zusammenhang die “Kontaktrate”. Diese geht z.B. in dem einfachsten Modell, dem sog. SIR-Modell, als Proportionalitätsfaktor (neben anderen Faktoren) in die Berechnung der Anzahl der Neuinfektionen pro Zeiteinheit ein. Die epidemiologische Modellierung sagt also voraus, dass bei ansonsten gleichen äußeren Umständen (etwa der Anzahl der aktuell infizierten Personen) eine Reduzierung der Kontaktrate zu einer relativ betrachtet gleichen Reduzierung der Anzahl der Neuinfektionen pro Zeiteinheit führt. Damit bildet die Modellierung eine rationale Grundlage für den Ansatz, zur Verhinderung einer zu großen Anzahl von Neuinfektionen die Kontaktrate – also die
durchschnittliche Anzahl von Kontakten (im Sinne eines physischen Zusammentreffens mehrerer Menschen) pro Person und Zeiteinheit – zu senken. Da die Modellierung quantitativ ist, ermöglicht sie es dabei sogar, in Abhängigkeit von einer bestimmten Zielgröße an Neuinfektionen (die ihrerseits z.B. in Abhängigkeit von den verfügbaren Kapazitäten des Gesundheitssystems festgelegt werden kann) ein gesamtgesellschaftliches Budget an erlaubten Kontakten zu bestimmen, das eingehalten werden muss, um die Zielgröße nicht zu überschreiten. Die Modellierung besagt aber weder, welche konkreten Infektionen vermieden werden, noch, auf welche Weise dies genau geschieht. Dementsprechend lässt sich aus ihr auch keine Rangfolge der zu vermeidenden Kontakte ableiten.
Im Hinblick darauf, dass die Kontaktrate eine gesamtgesellschaftliche Größe ist und die zur Erfüllung des angestrebten Ziels einzuhaltende Kontaktrate wesentlich geringer ist als diejenige, die sich ergibt, wenn man jedem Einzelnen die freie Entscheidung über seine Kontakte überlässt, erfordert es das so begründete “Gesamtkonzept”, dem Staat die Aufgabe einer Steuerung von Kontakten zu übertragen; dazu ist der Staat durch rechtliche Maßnahmen, die Kontakte unmittelbar oder mittelbar beschränken, in der Lage. Da rechtliche Ge- und Verbote allerdings eines Adressaten bedürfen, muss der Staat zu diesem Zweck zwangsläufig eine Auswahl treffen, an welcher Stelle in der Gesellschaft wie viele Kontakte stattfinden sollen. Aus epidemiologischer Sicht ist diese Wahl prinzipiell beliebig, denn, wie bereits ausgeführt, sind für die Modellierung alle potentiellen Kontakte gleich, unabhängig davon ob sie in der Schule, am Arbeitsplatz oder in einem Nachtclub stattfinden. Gesellschaftlich betrachtet drängen sich allerdings Unterschiede auf, die es rational erscheinen lassen, die Auswahl so treffen, dass bei gegebener Kontaktzahl der gesamtgesellschaftliche Nutzen (zu dem auch die Ermöglichung individueller Freiheitsbetätigung gehören kann) maximiert wird. Dass dieser Versuch tatsächlich unternommen wurde, wurde in einem verwaltungsgerichtliche Eilverfahren, an dem ich als Vertreter des Antragstellers beteiligt war, durch den Anwalt des betroffenen Bundeslandes bestätigt, der in dankenswerter Offenheit ausführte, die Beantwortung der Frage, welche Tätigkeiten einschließlich der damit verbundenen Infektionspotentiale als “kritische Masse” in Kauf genommen werden können, sei nicht anhand einer “eindimensionalen Bewertung” – etwa nach den Infektionsrisiken – vorgenommen worden, sondern unter Einbeziehung von verschiedenen weiteren Gesichtspunkten wie gesundheitlichem, sozialem, wirtschaftlichem und gesellschaftlichem Nutzen.
Das, was das Bundesverfassungsgericht das “Gesamtkonzept” nennt (und mehr oder weniger begründungslos als verfassungsgemäß akzeptiert), ist bei Lichte betrachtet somit nichts anderes als eine staatliche Bewirtschaftung von zwischenmenschlichen Kontakten, die in der Pandemie durch rechtliche Beschränkungen zu einem künstlich verknappten Gut werden – und damit letztlich eine Bewirtschaft wichtiger grundrechtlicher Freiheiten selbst, denn die freie Entfaltung des Einzelnen vollzieht sich häufig in der Gemeinschaft mit anderen und erhält erst durch diese ihren individuelle Wert. Hätte das Bundesverfassungsgericht das getan, was Sie vermissen, nämlich dem Gesetzgeber Vorgaben für die Auswahl der Mittel gemacht, um die als “Gesamtziel” angestrebte Kontaktreduzierung zu erreichen, hätte es dementsprechend festlegen müssen, wie die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten unter individuellen und sozialen Nützlichkeitsgesichtspunkten zu priorisieren ist. Dafür lässt sich aus den Grundrechten aber kein Maßstab herleiten.
Im Gegenteil ist eine solche Priorisierung meiner Ansicht nach mit der grundrechtlichen Freiheitsidee schlechterdings unvereinbar (und das verfolgte “Gesamtkonzept” deshalb verfassungswidrig). Denn nach der grundrechtlichen Freiheitsidee können zwar sozialschädliche Freiheitsbetätigungen des Einzelnen vom Staat unterbunden werden; der Einzelne muss sich aber nicht umgekehrt auf einen sozialen oder auch nur individuellen Nutzen seiner Freiheit berufen können, um von dieser Gebrauch machen zu dürfen. Fehlende Sozialnützlichkeit kann folglich per se keinen Rechtfertigungsgrund für Eingriffe in grundrechtlich geschützte Freiheiten darstellen; sie lässt auch nicht in Sozialschädlichkeit umdeuten.
Ich teile Ihre Sorgen und möchte etwas hinsichtlich der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ergänzen, die in ihrem Beitrag nur angerissen wurde. Man kann sich nämlich dem Eindruck nicht erwehren, dass hier erheblich ergebnisorientiert argumentiert wurde. An dieser Stelle seien lediglich zwei Beispiele genannt:
1. In Rn. 285 führt das BVerfG sinngemäß aus, dass es weniger eingriffsintensiv sei alle “einzusperren” als gegen diejenigen vorzugehen (im Wege von Haus bzw. Wohnungsbetretungen), die sich rechtswidrig verhalten. Man muss kein ausgewiesener Polizeirechtler sein, um zu erkennen, dass diese Argumentation den Vorrang der Störerhaftung in seiner Gesamtheit außer Acht lässt. Außerdem lässt sich schon über die Prämisse “Wohnungsbetretung ist intensiver als das Verbot die Wohnung zu verlassen” kräftig streiten.
2. In Rn. 297 und unter Verweis auf Rn. 301 führt das BVerfG aus, dass “die tageszeitliche Begrenzung der Ausgangsbeschränkungen den Eingriff gemildert [hat]”. Dieses Argument geht völlig fehl. Inwiefern wird der intensive Eingriff von 0 bis 6 Uhr dadurch gemildert, dass man von 6 bis 24 Uhr das Haus verlassen darf? Es geht doch um das Verbot zur Nachtzeit! Hier rutscht das BVerfG in die typische “Warum will man auch nachts rausgehen?” – Argumentation, die verkennt, dass nicht die Freiheitsausübung, sondern stets die Freiheitsbeschränkung begründungspflichtig ist.
Im Ergebnis konnte man sich diese verfassungsgerichtliche Prüfung daher eigentlich sparen. Ich setze übrigens einen geringen Geldbetrag, dass sich eine Ausgangssperre innerhalb der nächsten 10 Jahren in einem (machen wir uns nichts vor, im bayerischen) Polizeigesetz findet, aber natürlich nur unter engsten Voraussetzungen, oder wie es das BVerfG ausdrückt: “in einer äußersten Gefahrenlage”.
Ist die GFF nicht darauf hingewiesen wurden, dass unlautbarer Wettbewerbsvorwurf als Verdachtsmoment unzureichend ist, wenn die Verdachtsmomentbestätigung sie zu Tatverdächtigen macht?
Sein wir aber auch mal gnädig mit dem Bverfg. Die Klage war zur Bewertung misarbel begründet. Jede Klagebegründung endet damit, dass der Aufenthalt Bußgeldunterlegen sei, was nicht stimmte, die Spezifikation war, wer vom Einzugsberechtigten angetroffen wird, war bußgeldunterlegen.
Es wurde nicht der Vermächtigsverordnung ihre Situationsspezifische Grundlage angegriffen, es wurde das Mittel im Rechtsbezug auf die epedemische Lage im Grundsatz angegriffen. Was hätte man sagen sollen, tut uns leid, das Mittel ist Grundsätzlich nicht bedingungsgeknüpft zu nutzen, sondern dann allgemein, wenn der Spezifische Grund eine Allgemeine nicht bedingungsknüpfbare Situation anhand von unparlamentarischen Mitteln erbringt?
Das Bverfg erklärt das anhand der Abweisungsbegründung bezüglich der Landkreisunbetroffenen Rechtsregelung, die mit den Klagenden Hinterfragt, ob die Indizienbindung unrechtmäßig sei. Die Knüpfung an Bedingungen, in welcher über die Verordnungsermächtigung definiert wird, sei sei auch gegenüber Bevölkerungsmitgliedern bindend, deren Aufenthaltsort nicht der Bedingung unterliegt, kann daran keine Ablehnung erbracht werden, dass die Bindungsknüpfung nicht gesetzlich gebunden den Kommunalen Ebenen oder Personen ist.
Ich finde, dem gesamten Verfahren wird der Konsens tatsächlich die persönliche Note der Bundesverfassungsrichter über die epedemische Lage, derer sie in ihrer Arbeit ebenso unterlegen sind, würdigung gezeigt: Die Verfassungsbeschwerde ist am politischen Standard 2002 gleich, und damals hat Rau und Köhler nicht herumgeheult, dass das Bverfg auf Verschlusssachen hinwies, also dem Bundestag in Geschäftsführung die Option offen hielt, den Bundespräsidenten zur Unterschrift vor Normkontrollverfahren einzuschränken. Was bis heute ein ignoriter Grundsatz ist, also dass der Vermittlungsauschuss berechtigt sei, einem abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren über die Geschäftsführung einem Abgewiesenen Gesetz die Zustimmung anzudichten, dass der Bundestag unter Schröder I dieses Gesetz auszufertigen hat. Wir sehen, wie TTIP abgelaufen ist. Schröder I hätte auch gleich die Regierungsfraktionen unter Schröder I TTIP Verhandeln und ausschreiben lassen können, anstelle das der privatwirtschaft auzuzwingen.
Ceta mag die USA anhand der Neufassung von Freihandelsabkommen schützen, nicht aber die kanadische Regierung, die USA die Rechtsgrundlagen in der USA
Okey ja, manche mögen daraus eine Ausgliederung des Geheimschutzes oder Referat Z3 aus der Funktionskette gegenüber dem Bundespräsidenten oder der Kommunikation verstehen, womit das Referat Z3 ja an die Ausgliederung fallen würde, auch wenn es im Bundespräsidalamt üblich sei, die persönlichen Sprecher des Funktionsträgers der Referatsinhalte (Kommunikation) zu erbringen.
Prüfungskompetenz vor Neutralität.
“, sondern ist es ohnehin nach Art. 1 Abs. 3 GG; Gebrauch „von der vorgesehenen Beschränkungsmöglichkeit“”
Da hat man aber die Prüfungskompetenz im Hintergrund, die durchaus gewillt ist zu sagen, nein, nein die Beschränkungsmöglichkeiten greifen nicht, dazu gibt es dutzende Urteile mit Verschlusssachenkennzeichnung. Die Unnötig sind, die Verhandelten Themen beschreiben die Situation ausreichend.
Wenn die nicht greifen, ist der Begründungsgrundsatz zulässig, während einer Verfassungsbeschwerde das Kompetenzrecht gegenüber dem Amt des Bundespräsidenten auch über seine Unterschrift hinaus zu bewerten, gerade dann, wenn man mehr als berechtigte Zweifel am Bundespräsidenten*1 hat – Das ist deren Aufgabe, dafür fasst das GG das Amt des Bundespräsidenten an seine Aufgaben, und nicht an seine Funktion, die normal dem Bverfg gegenüber der Judikativen in der Legeslativen als Gerichtstand vertretung gewährt wird.
. [*1 Der überspitzt gesagt, bestenfalls, mit solchen Wertungen nur der ausgesetzten Bundesversammlung an der seinigen Rechtsübernahme der Beauftragung des Bundesratspräsidenten vorsteht, da zeitunspezifisch der Raum einer zeitnahen Wahlerbringung über die 3te Runde hinaus der Rechtssprechung hinaus folgend keine Erbringung mit Beendigung der Tagung des in der Bundesversammlung stattfindenen Bundestages erbracht wird – Bearbock Style, beredentes Schweigen. Schwerer wäre eine Interpretation nur, hätte Steinmeier Sachbezogene Einführungen nicht vor Vereidigung schon angenommen. ]
[b] Kommunalrechtliche Debattenklärung dienstlicher Zuständigkeit[/b]
“Weil das Verlassen der Wohnung selbst nicht infektiös sein kann, ” – Ähm, dann haben Sie, Herr Thurn den Konsens missverstanden, der der Beschränkung beachtung schenkt.
Nicht der Individuelle Bürger, sondern die Arbeitsrechtliche Aufsicht der Dienstherren Angestellten wird hier beachtet. Es geht nicht darum, dass das Verlassen der Wohnung Infektiös ist, sondern dass anhand der Bedingung der Förderalstaat wie auch Landesdienstherr keine Gewährleistung erbringen kann, die Grundrechtliche Gewährleistung zur Rechtserbringung durchzusetzen. Darüber kann man natürlich debattieren, das mittel wird aber an der Stelle unbegründet beklagt.
Nicht das Verlassen der Wohnung, sondern der Landesrechtliche Umstand, Empfehlungen nicht als Gesetz erbringbar zu gestalten, ohne dabei weitere Grundrechtseingriffe am Individuum zu erbringen, lässt die Eingriffsintensivität Begründbar wirken.
Wird über die Erfassung des Umstandes hinaus, der mit Platzverweiß und Bußgeld erbracht werden kann, weitere Maßnahmen außerhalb des Grundgesetzes erwirkt, bewegt sich der Maßnahmenumsetzende selbst nicht mehr innerhalb der Maßnahme, sondern als ebensolcher Bürger an der Selbsterfassung. Platzverweiß und Bußgeld, bestenfalls die Begleitung von Minderjährigen sind die drei einzigen Nutzbaren Mittel, alle anderen Mittel erlauben den Dienstherren, außerhalb des Widerstandes gegen die Maßnahmen, eine Befreiung der Maßnahmenumsetzenden.
Letztenendes kann man zwar feststellen, dass das Instrument möglicherweise politischer Zweckentfremdung folgte, kommunalpolitische Praxis zeigt eigentlich, dass das Mittel bessere Absprachen zwischen den Bezirksdienststellen sowie der Bundespolizei hervorbrachte – Ein nebeneffekt, dass zahllose Dauerhafte fingierte Streitgebiete einer Kommunalen Zuständigkeit zugeführt werden mussten. (Was nötig war, um Bußgeld wegen Maskenverstößen bzw. Aufforderungen der Maske zu erbringen, ansonsten hätten Bundespolizisten Schüler aufgefordert, wo verschiedene Kommunalebenen Einzugsgebiete im ÖNPV aufzeigen)
[b] Weiche Maßnahmen für Normbürger eigentlich als Dauerklage gegen Propaganda verrifziert vorliegende Tagesmeldungen [/b]
Das ist einer meiner Lieblingspunkte dieser Tage, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Es ist richtig – Das Bverfg prüft nicht die Verhältnismäßigkeit zu Corona, sondern anhand des politischen Mittels der Verbreitungseinschränkung unter maximaler Ausbeutung der wissenschaftlichen Verwertung. Das ist aber erklärtes UN Ziel – Bevor zig Varianten entstehen, die Verbreitung so minimalst wie möglich zu halten, aber vollumfängliche Daten erhalten. Blöd, wenn man dem Infektionsschutzgesetz eine vom Bverfg über eine Verfassungsklage im O-Ton einsackbare unbegrenzte Meldepflicht aufschreibt (Finde, das ist rauslesbare: Meldepflicht ist nicht dauerhaft zu nehmen, dafür wird der Ton der Impfkampange ignoriert)
Die Maßnahmenbewertung, die Angeklagt sind, da sie wie 2002 einen Punkt unterstreichen, nämlich ein Innenpolitisches Kennzeichungsrecht vom an der Wahl teilnehmenden politischen Akteuren, folgt ihrer schwachen Begründung.
Soll über die Verfassungsbeschwerde hinaus geurteilt werden, oder soll angefügt werden, dass die Zulassung auslangt, sie auch nicht zur Zeitverschwendung gegenüber dem Bverfg einzubringen?
Die Verhältnismäßigkeit in Prüfung ist ausschließlich auf die Ausgangsbeschränkung bezogen, sowie dem Repräsiven Charakter – Hätte man gemeinsam eine Klage eingereicht, wäre der Ton schärfer. so hat man dem Bverfg eine eine Verhältnismäßigkeit daran erbracht, dass nicht einstimmig geklärt ist, ob und welchen Umfang klagende Partein den Spielraum anders genutzt hätten.
“Vorgaben für die Auswahl der Mittel, die das gesetzgeberisch verfolgte Gesamtziel erreichen sollen, macht das BVerfG insgesamt nicht. ”
Hmmn? Bedingung, Verhältnismäßigkeit, Abgleichbarkeit der Stellungsmaßnahmenbegründung, Temporität, Verknüpfung, Übergabemöglichkeiten ins Landesrecht (Die Klage betont, dass der Landkreis Bezirkstechnisch der Weisung des Landes unterstehen kann, wenn es ums Bundesgesetz seiner Absehung von Erhebung von Bußgeld geht). Alles was eine epedemische Lage anhand der Beschwerde bewerten soll, wird ausdrücklich betont.
Das Spielraum natürlich weit zu fassen sein kann, unterliegt dem Geldbeutel und der Betonung des Bezuges auf das Mittel, ich kann die Maskenfreiheit als Investition in die Bußgeldstellen auch ohne großes Aufsehen durchsetzen, genauso ich dem Tagesgeschäft eine Investition zukommen lasse, wenn ich auf Amazon kein prime wähle, sondern Premium Versand.
Wer ankreiden will, der Spielraum sei auf Jusitzebene nicht so weit zu fassen, und in der Ablehnungsbegründung einzuschränken, hat als Richter vielleicht da versagt, wo er der epedemischen Lage nichtigkeit als Bürger hätte zusprechen können, so meine Interpretation des Bverfgs. Man hätte auch selbst klagen, wa?
Das man es dem Bverfg überlässt, zu erwähnen, dass die Meldepflichtigkeit ohne Temporärbezug unzulässig sein kann, ist genauso wie zu meinen, irgendwer könne sich beschweren, dass wir seit zwei Jahren die Realsteuern einbeziehen lassen, was grundlage einer pandemisch oder epedemischen Lage sein müsste, indem der Kommunalhaushalt die erwarte Einnahme ausgeglichen bekommt.
“Die sachkundigen Dritten stützen sich dabei auf empirische Untersuchungen, auf die Analyse gemeldeter beziehungsweise ermittelter Übertragungsorte sowie auf die Erkenntnisse, die sich aus den „vorzeitigen Lockerungsversuchen in der zweiten und dritten Welle“ und aus der Wirkung der Kontaktbeschränkungen in Indien nach dem dortigen Auftreten der sogenannten Delta-Variante ergeben haben. ”
Ich finde auch, das man eine Bewertung der Rechtssubstanz, die erbracht wird, einer Bevölkerungsnahen Amtssprache und Begründung folge leisten sollte, im höchsten Staatsgericht, und das man die Maßnahmen am Substanitären Recht kritisieren darf, sondergleichen. Dann muss aber auch erklären, wo die Zuständigkeit für diese Begründungsbewertung liegt. Und ich glaub da ist der Autor, wie auch ich, gleicher Meinung: Nach Normgrundgesetzlicher Situation nicht beim Bverfg. Ich bezweifle, ob der grundgesetzlichen Situation jedoch ohne Pandemie nicht ebenso die Attributierung verloren gegangen ist.
Mit freundlichen Grüßen
Das Existenzminimum.
PS: Die Gleichsetzung der Ausgangsbeschränkung mit der Impfpflicht, die Sie zwischen den Zeilen andeuten, ist nicht vom Bverfg gegeben und gesellschaftlich nicht aus der Ablehnung heraus erbringbar. Der Geltungszeitraum als GeltungsDauer wird verneint.
Es tut mir leid, aber entweder haben Sie die Entscheidung nicht gelesen oder wollen sie nicht verstehen. Grundrechte stehen in einem Spannungsverhältnis und das Gericht nimmt eine Abwägung vor. Das Grundrecht auf Leben und Gesundheit steht für mich ohnehin höher, als das Recht auf nächtliches Joggen oder fotografieren. Ist es so schwer hierauf zeitlich begrenzt zu verzichten? Das lässt das Grundgesetz zu,fordert es sogar, da sich daraus die Verpflichtung des Staates zum Schutz des Lebens und der Gesundheit der Bevölkerung ergibt. Das sich Gesetzgeber und Verfassungsgericht auf eingeholte Stellungnahmen der Fachleute stützt, um Geeignetheit und Erforderlichkeit der Einschränkungen festzustellen, wird von Ihnen nicht erwähnt. Liest man all dies, werden die unhaltbaren Aussagen der FDP zu Maßnahmen in der Pandemie demaskiert. Wer sich ernsthaft mit verfassungsrechtlichen Grundrechtskollisionen beschäftigt hat, ist weder von der Entscheidung überrascht noch konnte etwas anderes Ernsthaft erwartet werden.
Mal eine Frage als Nicht-Jurist: Könnte ein Betroffener gegen dieses Urteil vor dem EuGH bzw. dem EGMR vorgehen, z.B. wegen eines Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention? Könnten in der Folge ein oder alle Richter des BVerfG per Disziplinarverfahren aus dem Dienst entfernt oder gar wegen Rechtsbeugung zu Freiheitsstrafen verurteilt werden?
Und keine Sorge, ich bin weder Alu-Hut noch Impfgegner. Aber ich frage mich langsam, ob das BVerfG seinen Kontrollauftrag noch sachgerecht wahrnimmt. Ein Artikel in der LTO wird da noch deutlicher: https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bverfg-1bvr78121-1bvr97121-corona-bundes-notbremse-massnahmen-kontakt-ausgang-schule-kinder-grundrechte-kommentar-verfassung-rechtstaat/
Der Möglichkeit von Induvidualrechtsschutz vor dem EuGH besteht grundsätzlich nur sehr eingeschränkt und ist hier nicht einschlägig. Wenn sich die Betroffenen durch die Entscheidung des BVerfG in einem Recht aus der EMRK verletzt sehen, steht ihnen der Rechtsweg zum EGMR offen (Art. 34 EMRK). Die Frage nach einem Disziplinarverfahren oder Strafbarkeit wegen Rechtsbeugung ist unabhängig davon zu beantworten.
Da das BVerfG aber ein eigenständiges Verfassungsorgan ist, unterliegt es im Unterschied zu den übrigen Bundesgerichten nicht der Dienstaufsicht durch das BMJV. Daher scheidet ein Disziplinarverfahren aus. Die Antwort zur Rechtsbeugung finden Sie durch eine kurze Internetrecherche selbst.
Auch als Nichtjurist steht es Ihnen selbstverständlich offen, sich mit Fachartikeln auseinanderzusetzen. Aber sowohl der vorliegende Beitrag, als auch der von Ihnen zitierte Artikel setzen sich fachsepzifisch mit der Entscheidung des BVerfG auseinander und können ohne rechtliche Kenntnisse nur sehr schwer (wenn nicht gar überhaupt nicht) nachvollzogen werden. Es ist also Vorsicht geboten, wenn Sie sich nach der Lektüre langsam die Frage stellen, ob das BVerfG seine Kontollfunktion noch sachgerecht wahrnimmt. Eine solche Frage (die ja ganz grundsätzlich ist), sollte man ohnehin nicht aufgrund einer einzelnen Entscheidung beantworten.
Die Entscheidung des BVerfG wird in Fachkreisen mitunter auch ganz anders bewertet, vgl. etwa hier https://verfassungsblog.de/gediegene-gegenerzahlung/.
Zur Frage der Schranke von Art. 2 II GG fehlt meines Erachtens hier wie auch im Beitrag von Herrn Wißgott (s. auch meinen Kommentar dort) der Bezug zu den Rn. 135 ff. Wie überzeugend die Argumente sind, hängt doch auch davon ab, wieviel an der Frage hängt. Nach dem ausführlichen Kontrollmaßstab der Rn. 135 ff. bedeutet aber eine weite Schrankenauslegung gerade nicht, dass selbstvollziehende Eingriffe in Art. 2 II GG stets möglich sind. Es geht umgekehrt nur darum, ob sie von Art. 2 II GG kategorisch ausgeschlossen werden (vor dem Hintergrund dass sich aus allgemeinen Erwägungen bereits ein enger Kontrollmaßstab ergibt). Das verringert die Begründungslast mE erheblich. Vor diesem Hintergrund genügen mE die historische und die (zugegebenermaßen nicht besonders prägnante) zumindest plausible teleologische Argumentation des Gerichts. Spannender ist doch die Frage, ob die Rn. 135 ff. wasserdicht argumentiert sind. Insoweit ist das Argumentationspotenzial der Entscheidung aber auch höher.
Danke für den berechtigten Hinweis. Ich stimme zu, dass es nicht darum gehen sollte, selbstvollziehende Gesetze per se als Verletzungen von Art. 19 IV GG (oder gar des Gewaltenteilungsgrundsatzes) zu kritisieren. Es kommt, wie Sie im Kommentar zum Wißgott-Artikel schreiben, darauf an, ob im konkreten Fall das selbstvollziehende Verbot gerechtfertigt war. Wenn der Gedanke hinter dem Beschluss insoweit ist, Flexibilität beim Vorbehalt später auf der Ebene der Verhältnismäßigkeit zu kompensieren, ist das m.E. einfach nicht gut gelungen.
“Argumentationspotenzial” gefällt mir, werde ich mir merken. Das wurde hier in der Tat bei Weitem nicht ausgeschöpft, was mich auch am meisten betrübt.
Vielen Dank für Ihre Antwort! Ich würde sagen, dass die Kompensation nicht auf der Verhältnismäßigkeitsebene stattfindet, sondern auf Ebene von Art. 20 I GG und Art. 19 IV GG, eben in den Rn. 135 ff. (auf die dann in Rn. 255 verwiesen wird). Aber aus der Diskussion mit Ihnen und Herrn Wißgott habe ich aber auch mitgenommen, dass insoweit die Entscheidung einfach nicht klar genug formuliert ist. Wesentliche Begründungszusammenhänge muss man erst umständlich rekonstruieren (unter der steten Gefahr, Dinge dazuzudichten) und auch dann bleibt die Entscheidung noch deutlich diffuser, als man es vom BVerfG erwarten kann. Das gilt für die von Ihnen kritisierte Verhältnismäßigkeitsprüfung ebenso. Sollte sich der “Trend”, die verfassungsgerichtlichen Kontrollmaßstäbe zurückzufahren, fortsetzen, wird es umso wichtiger werden, dass hierunter die kommunikative Kraft der Urteile nicht leidet – sonst geht das am Ende, wie Sie zu Recht anmerken, zu Lasten des Individualrechtsschutzes. Bleibt zu hoffen, dass es so nicht bleibt.
möchte als Nichtjurist auch mal auf folgendes aufmerksam machen, was scheinbar bisher nicht/wenig beachtet wurde. Es wurde Paaren, die aus welchen Gründen auch immer, nicht in einer Wohnung leben, sozusagen ein Zusammensein deutlich verkürzt, also bis 22.00 Uhr zu Hause sein, wenn nicht unmöglich gemacht. Gerade Alleinerziehende mit Partner dürften besonders betroffen gewesen sein, denn bis endlich die Kinder im Bett sind verbleibt kaum noch Zeit für ein Zusammensein. Besonders Menschen die in Schichtarbeit arbeiten, wurde dadurch das Leben in der Partnerschaft sowie soziale Kontake teils völlig genommen. Wollte man übermäßige Partys vermeiden wollen, hätte man die Ausgangssperre für Freitags und Samstags verhängen konnen, auch wenn ich selbst dieses für absolut unrechtsmäßig halte. Ansonsten möchte ich mich nicht weiter äußern, um nicht ausfällig zu werden.
Danke für die Rückmeldungen, auf die ich kurz antworte, soweit ich sie verstehe:
@Thomas Lammers: Ich stimme jedenfalls insoweit zu, als das schwindende Bewusstsein für den Unterschied zwischen Gefahr, Gefahrenverdacht und Risiko bzw. für die Kategorie der Verantwortlichkeit zu den problematischen Entwicklungen der Pandemie gehört.
@Pseudo Nym: Danke für die Ergänzungen – die von Ihnen genannten Stellen sind aus meiner Sicht nicht falsch, aber oberflächlich begründet. „Ergebnisorientiert“ trifft es wohl ganz gut.
@Käppele: Sie müssten eigentlich merken, dass ich das Ergebnis der Verhältnismäßigkeitsprüfung bedauerlich, vor allem aber seine Begründung deprimierend finde.
@Nichtjurist: Nein, Disziplinarverfahren oder gar Strafverfahren wegen Rechtsbeugung sind hier abwegig. Ich nehme auch nicht unbedingt an, dass jemand dagegen den Weg zum EGMR beschreitet.
Erschreckend finde ich an dem Beschluss vor allem zweierlei:
1. Das BVerfG stellt, soweit ersichtlich, überhaupt keine subsumtionsfähigen Grundsätze für die Quasi-Notstandssituation auf, die es dann bejaht (“erhebliche Gefahr”, “Pandemie”). Stattdessen scheint es zu genügen, dass der Bundestag jedenfalls nicht völlig willkürlich eine solche Ausnahmesituation annimmt. Sobald er dies tut, eröffnet ihm das selbst einen fast unbegrenzten Entscheidungsspielraum. Etwas überspitzt kann sich der Staat also seinen Notstand auch ohne Grundlage im GG einfach dadurch schaffen, dass er ihn nicht völlig unplausibel annimmt. Dann verringert sich die verfassungsgerichtliche Kontrolle auf eine Art reine Willkürprüfung.
2. Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung erfolgt faktisch keine gründliche Auseinandersetzung mit den betroffenen Grundrechten, geschweige denn eine Güterabwägung. Die betroffenen Rechtsgüter werden nur knapp und abstrakt einander gegenübergestellt. Wo ist aber die eigentliche Abwägung? Warum wird nicht etwa die Lebensgefahr für eine bestimmte Anzahl an Menschen den Freiheitseinschränkungen für eine andere, größenmäßig benannten Gruppe direkt gegenübergestellt? Das Verfassungsgericht begnügt sich stattdessen mit einer lapidaren Nennung der bloßen abstrakten Oberbegriffe. Aber das kann eine konkrete Subsumtion doch nicht ersetzen!
Es erscheint mir nicht unwichtig, darauf hinzuweisen, daß die in Bezug genommenen Entscheidungen nach meinem Kenntnisstand ohne mündliche Verhandlungen ergangen sind. Angesichts der grundrechtlichen Bedeutung der Entscheidungen sind die Erwägungen, die Degenhardt erst neulich in der NJW unter dem mehr als anschaulichen Titel “BVerfG in camera” angeführt hat, gradezu apodiktisch und verdienen, es, gelesen zu werden. Das BVerfG setzt hier in durchaus unguter Weise etwas fort, was zumindest im Bereich der ordentlichen Justiz in den letzten Jahren unter Bezugnahme auf diverse Entlastung – und Beschleunigungsnovellen in zunehmenden Maße – und das heißt im Ergebnis ganz betont bürgerfeindlich – praktiziert wird.