25 October 2023

Sexarbeit und Gewerberecht

Wird der gewerberechtliche Ansatz dem Phänomen der Sexarbeit gerecht?

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Prostituiertenschutzgesetzes (ProstSchG) bot sich mir die Gelegenheit, einen längeren Überblicksbeitrag zum seinerzeit noch recht neuen Gesetz zu verfassen.1) Ich wählte für den Aufsatz eine Überschrift, mit der ich heute etwas hadere: „Gewerberecht der Sexualität: Das Prostituiertenschutzgesetz“. Auf der Suche nach einer (scheinbar) griffigen Überschrift habe ich die Ambivalenz dieser Überschrift nicht verkannt, sondern gesucht. Die irritierenden Assoziationen, die sich ergeben, wenn die Kommerzialisierung („Gewerbe“) von Sexualität zum Thema rechtlicher Regulierung wird, habe ich eher als rhetorische Herausforderung begriffen, ohne die brutalen Schattenseiten der Sexarbeit hinreichend zum Problem zu machen, wie dies jüngst Elke Mack und Ulrich Rommelfanger in ihrem an kritischer Klarheit kaum zu überbietenden Buch „Sexkauf“ getan haben. Stattdessen habe ich mich mit dem demokratietheoretisch gebotenen Respekt des aufgeklärten Rechtspositivisten auf die Regelungslogik des ProstSchG eingelassen. Das Gesetz vertritt bekanntlich keinen prohibitiven, gar abolitionistischen Ansatz, sondern folgt der kompromisshaften Linie der harm reduction. Und das heißt: Sexarbeit wird im Ansatz gestattet, allerdings nur nach Maßgabe zahlloser Reglementierungen, die sich der Normierungsinstrumente bedienen, die der regulatorische Handwerkskasten des Gewerberechts parat hält. Ist das, rechtspolitisch betrachtet, noch problemangemessen?

Gewerberecht als Regulierungsschablone des ProstSchG

Gewerberecht ist besonderes Gefahrenabwehrrecht. Das setzt Gefahren voraus, die mit spezifisch gewerberechtlichem Instrumentarium eingehegt oder gebannt werden können. Die Ähnlichkeit des ProstSchG mit dem Gewerberecht ist frappant.2) Das ProstSchG ist ein gewerberechtliches Nebengesetz (sog. Gewerbenebenrecht), das sich gängiger gewerberechtlicher Begrifflichkeiten (Zuverlässigkeit, gewerbsmäßig), Regelungstechniken (Anmelde-, Anzeige- und Erlaubnispflichten, Auflagen und Anordnungen, Beschäftigungsverbote) und Kontrollinstrumente (Betretungs- und Prüfungsbefugnisse) bedient, wie sie insbesondere aus der Gewerbeordnung (GewO) bekannt sind. Hinzu kommen Bestimmungen, die sich systematisch dem öffentlichen Gesundheitsrecht bzw. dem Recht des öffentlichen Gesundheitsdienstes zuordnen lassen. Hierbei geht es in erster Linie um den Schutz der Gesundheit von Prostituierten in Ausübung ihrer Tätigkeit. Strukturell erinnert das an das ehemals auch im Gewerberecht mitgeregelte Arbeitsschutzrecht,3) obgleich das ProstSchG nicht nur abhängig beschäftigte Prostituierte erfasst (vgl. § 3 Abs. 3 ProstSchG).

Das ProstSchG bezieht sich vor allem auf das Prostitutionsgewerbe (§ 2 Abs. 3 ProstSchG), wobei der systematische Kontext des ProstSchG klarstellt, dass die im allgemeinen Gewerbe-Begriff gespeicherte Problematik, ob es sich um ein generell verbotenes bzw. ein an sich sozial schädliches Verhalten handelt (sog. erlaubte Tätigkeit), nicht relevant ist. Das Gesetz erfasst unter dem Begriff des Prostitutionsgewerbes unterschiedliche Leistungen, die „im Zusammenhang mit der Erbringung sexueller Dienstleistungen durch mindestens eine andere Person“ (§ 2 Abs. 3 ProstSchG) stehen. Es geht um Tätigkeiten, die in einem räumlichen und/oder organisatorischen Sinne Prostitution ermöglichen. Hierzu gehört auch das Bereitstellen von Räumlichkeiten (§ 2 Abs. 3 ProstSchG, näher § 2 Abs. 4 bis 7 ProstSchG). Das wiederum ähnelt einem gaststättenrechtlichen Zugriff, wobei das – zwischen fortgeltendem (Bundes-)Gaststättengesetz und den Landesgaststättengesetzen angesiedelte – Gaststättenrecht, systematisch betrachtet, zum Gewerbenebenrecht gehört.

Nicht zum Prostitutionsgewerbe zählt die Prostitution als solche. Dahinter steht eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung immer wieder betont, Prostitution sei kein Beruf bzw. kein Gewerbe wie jeder bzw. jedes andere auch. Solche (Bereichs-)Ausnahmen sind im Gewerberecht nicht ungewöhnlich (§ 6 Abs. 1 GewO). Zugleich wird in der Gesetzesbegründung hervorgehoben, es handele sich um „eine höchstpersönliche Dienstleistung“ (Gesetzesbegründung, S. 62), ohne dass die Tätigkeit damit aber zum freien Beruf (zur Orientierung: § 1 Abs. 2 PartGG, § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG) würde. Aufgrund der „Besonderheiten der Prostitution“ seien „auf die Besonderheiten dieses Gewerbes zugeschnittene Regelungen“ nötig (beide Zitate: Gesetzesbegründung, S. 63). Das lässt die Prostitution dann offenbar doch als Gewerbe erscheinen, obgleich dieses „kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung“ ist. Dies bestätigt der mit Erlass des ProstSchG neugefasste § 6 Abs. 1 Satz 1 GewO, der „die Tätigkeit der Prostituierten“ vom Anwendungsbereich der GewO ausnimmt. Das bedeutet, dass das ProstSchG die Prostitution als gewerbeähnlich bzw. Quasi-Gewerbe begreift, als Quasi-Gewerbe sui generis, das vom sonst üblichen Begriff des Gewerbes abweicht, weshalb das Wort „Gewerbe“ im ProstSchG, soweit es um die Prostitution selbst geht, vermieden wird.

Prostitution gilt ferner als selbständig oder in abhängiger Beschäftigung erbrachte „Tätigkeit“ (§ 3 Abs. 3 ProstSchG), die gegen Entgelt erfolgt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG). Das heißt, dass die sog. positiven Merkmale, die sonst ein Gewerbe kennzeichnen (Selbständigkeit, Dauerhaftigkeit, Gewinnerzielungsabsicht), für Prostitution im Rechtssinne nicht konstitutiv sind. Aber sollten die Merkmale vorliegen, spricht das nicht gegen Prostitution. Wie beim Prostitutionsgewerbe ist auch bei der Prostitution die sonst im Hinblick auf den Gewerbebegriff bedeutsame Frage, ob es sich um eine erlaubte Tätigkeit handelt, irrelevant, denn das ProstSchG und das ProstG begründen die Erlaubtheit der Prostitution (zur fehlenden Sittenwidrigkeit die Begründung zum ProstG, S. 4)

Distanzwahrendes Gewerberecht

Die Beispiele für die Gewerberechtsaffinität des ProstSchG ließen sich fortsetzen.4) Wenn ich auf das ProstSchG schaue, stellt sich bei mir – aus einer rechtspolitischen Perspektive, die nach der Tragfähigkeit der im ProstSchG verwendeten gewerberechtlichen Regelungsinstrumente fragt – zunehmend ein Unbehagen ein. Das gilt zunächst für die grundlegende Frage, ob die Regelungsinstrumente mit Blick auf die Charakteristik von Sexarbeit überhaupt problemadäquat sein können.

Das in der Gewerbeordnung normierte Gewerberecht war ursprünglich ein umfassendes öffentlich-rechtliches Industrierecht, das zentrale Aspekte der Industrialisierungsschübe des 19. Jahrhunderts – den Betrieb von Anlagen, den Arbeitsschutz, das Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis – normierte.5) Bis heute hin bildet etwa § 106 GewO einen wichtigen positivrechtlichen Bezugspunkt für das Direktionsrecht des Arbeitgebers, während zahlreiche andere Aspekte in Spezialgesetze transferiert wurden, einschließlich des Arbeitsrechts, das wegen seiner Wurzeln im öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzrecht lange Zeit zum Öffentlichen Recht gezählt wurde,6) bis die öffentlich-rechtlichen Aspekte als bloßer Annex des zivilen (Individual-)Arbeitsrechts anerkannt waren.

Heutzutage ist das Gewerberecht im Wesentlichen ein Recht zur gefahrenabwehrrechtlich-präventiven Regulierung selbständiger Arbeit. Prostitution kann, wie erwähnt, auch selbständige Arbeit sein. Wenn sie es nicht ist, unterliegt sie als abhängige Beschäftigung besonderen Regeln (insbesondere § 3 ProstG, § 26 Abs. 1, 2 ProstSchG), die die Selbstbestimmung der Person, die sich prostituiert, schützen sollen; das nähert den Beschäftigtenstatus der Selbständigkeit an. Typischerweise geht es im Gewerberecht um Dienstleistungen, die weit entfernt davon sind, den Gewerbetreibenden so nahe zu kommen, wie dies bei der Prostitution unvermeidbar ist. Die Involvierung des Körpers und die Tangierung der durch ihn vermittelten Persönlichkeit ist bei keiner Dienstleistung, die das Gewerberecht kennt, vergleichbar intensiv und invasiv wie bei der Prostitution.7) Das Gewerberecht schafft für Dienstleistungen einen Regelungsrahmen, der Mindeststandards gefahrenvermeidenden Wirtschaftens garantiert. Das ist die klassische Funktion der Wirtschaftsaufsicht im Unterschied zur Wirtschaftslenkung (etwa durch Subventionen) oder zur Rolle des Staates als Marktteilnehmer, sei es als Nachfrager, sei es als Anbieter marktgängiger Leistungen. Bei der Wirtschaftsaufsicht geht es immer um Dienstleistungen, die so gewährt werden, dass die Nutznießenden der Dienstleistung der Person, die die Leistung erbringt, nicht im Wortsinn vollständig auf den Leib rücken. Insofern kennt das herkömmliche Gewerberecht eine bleibende körperliche Distanz zwischen dienstleistender Person und der Person, für die die Dienstleistung gedacht ist; bei der Gewährung der Dienstleistung wird sie nicht aufgeboben. An dieser bleibenden körperlichen Distanz fehlt es bei der Prostitution.

Regulatorisch unsichtbar: die „Kunden“ der Prostitution

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Ansatzpunkt der wirtschaftsaufsichtlichen Regulierung ist typischerweise die Person, die die Dienstleistung erbringt. Dieser Regelungszugriff passt zum prostitutiven Geschehen kaum, denn die Dienstleistung ist ohne die (wie auch immer problematische) körperliche Mitwirkung des „Kunden“ – in aller Regel sind es Männer (Personen, die sich als Männer verstehen) – nicht vorstellbar. Auch das ProstSchG bleibt im „klassischen“ gewerberechtlichen Sichtkanal gefangen: Es sind die Prostituierten – ganz überwiegend sind es Frauen (Personen, die sich als Frauen verstehen) –, die sich anmelden (§§ 3 ff. ProstSchG) und damit staatlich-rechtlicher Kontrolle unterwerfen müssen. Auffällig ist, dass die „Kunden“, von wenigen Ausnahmen abgesehen (zur Kondompflicht § 31 Abs. 1 ProstSchG), im ProstSchG nicht adressiert werden. Wieso müssen sich (potentielle) „Kunden“ nicht anmelden und auch nicht, etwa in gesundheitlicher Hinsicht, beraten lassen (§§ 7 ff. ProstSchG)? Die gewerberechtliche Logik, regulatorisch bei der Person anzusetzen, die die Dienstleistung erbringt, wird im ProstSchG konsequent übernommen, was aber zugleich die Rolle der „Kunden“ und damit deren Verantwortung für das Geschehen ausblendet. Das Gewerberecht der Prostitution ignoriert nicht nur den distanzaufhebenden Charakter der Dienstleistung „Prostitution“. Es verbindet ihn mit einem einseitigen Regelungsansatz, der nur die Prostituierten in den Blick nimmt. Dieser auf die Prostituierten fixierte Blick wird durch die Regulierung der Prostitutionsgewerbe bestätigt, denn sie bleiben auf die Tätigkeit der Prostituierten ausgerichtet.

Machtasymmetrien aufbrechen – „Kunden“ in die Pflicht nehmen

Angesichts der Machtasymmetrien, die vielleicht nicht für jeden Bereich der Prostitution gelten, aber doch für den Großteil der Prostitution, auf den nur der Terminus „Zwangsprostitution“ passt (was nicht aus ideologischen Gründen weggeredet werden sollte), drängt sich die Frage auf, ob ein traditioneller gewerberechtlicher Ansatz noch problemangemessen ist, der die Seite der „Kunden“ – fast ausschließlich Männer (Personen, die sich als Männer definieren) – ausblendet. Unterstellt, für einen abolitionistischen, strikt prohibitiven Ansatz finden sich keine parlamentarischen Mehrheiten, dann sollte zumindest über eine Fortentwicklung des bisherigen, eher traditionellen gewerberechtlichen Regelungsansatzes im ProstSchG nachgedacht werden. Ausgangspunkt sollte das Verhalten der „Kunden“ sein, ohne die Prostitution nicht möglich ist. Anmelde- bzw. Registrierungspflichten, die die Zuverlässigkeit prüfen, sind beispielsweise auch für „Kunden“ denkbar, einschließlich der Pflicht, an kompetenzstärkenden Unterrichtungen teilzunehmen, die für die Lebenslage von Menschen, die sich prostituieren, sensibilisieren (solche kompetenzsichernden Schulungen sind im Gewerberecht nicht ungewöhnlich, siehe etwa § 33c Abs. 2 Nr. 2, § 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 GewO). Denkbar wäre auch ein Register, in dem sich Prostituierte informieren können, ob „Kunden“ als zuverlässig gelten (Register unterschiedlichen Inhalts sind im Gewerberecht verbreitet, Beispiele: § 11a, § 14, § 149 GewO). Das ließe sich mit Befugnissen verbinden, kraft derer Personen (in der Regel Männer), die in (straf)rechtlich relevanter Weise zulasten von Prostituierten (vor allem: durch Gewalt) aufgefallen sind, zeitweilig oder dauerhaft untersagt wird, Prostituierte aufzusuchen. Solche Regelungen könnte der Bundesgesetzgeber auf die weitgefasste Kompetenz für das Recht der Wirtschaft (Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG) stützen (zu den Gesetzgebungskompetenzen, auf die das ProstSchG gestützt wurde, u.a. Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG, die Gesetzesbegründung, S. 36).

Mir ist klar, dass angesichts dieser Überlegungen die eine oder der andere heftig mit dem Kopf schütteln wird. Wieso eigentlich? Wäre nicht zur Kompensation der Machtasymmetrie, denen die allermeisten (überwiegend weiblichen) Prostituierten ausgeliefert sind, eine Weiterentwicklung des gewerberechtlichen Instrumentariums zulasten der „Kunden“ sinnvoll? Die Neuregelungen würden gewiss mit Umsetzungsdefiziten einhergehen, aber die kennt auch das geltende ProstSchG. Symbolisch-appellativ würde die gewerberechtliche Erfassung der „Kunden“ deren Verantwortung betonen. Die Regelungen dürften auch einen beachtlichen präventiven Effekt haben, weil es zu Vermeideverhalten animiert. Dass sich Personen der gewerberechtlichen Kontrolle entziehen und ins Dunkelfeld illegaler Prostitution abtauchen könnten, ist schon jetzt, wenn es beispielsweise um nicht angemeldete Prostituierte geht, ein Problem des ProstSchG und spricht nicht generell gegen die Regulierung von Prostitution. Das Problem ließe sich im Übrigen durch flankierende bußgeld- und strafrechtliche Bestimmungen minimieren, die ein (gewerbe)rechtlich inakzeptables Auftreten als „Kunde“ sanktionieren. Gelegentliche Sanktionierungen, zumal in öffentlicher Hauptverhandlung, würden signalisieren: Es handelt sich nicht um bloß papierenes Recht.

Wer die Situation der allermeisten Prostituierten ernstnimmt – sie verkaufen ihren Körper nicht, weil sie ein feministisches oder geschlechtertheoretisches Statement abgeben wollen –, aber Prostitution nicht verbieten will, sollte den Kopf nicht schütteln und auch nicht in den Sand stecken, sondern die Verantwortung der „Kunden“ zum Thema des Gewerberechts der Prostitution machen.

References

References
1 Rixen, WiVerw (Wirtschaft und Verwaltung) 2018, 127-152.
2 Zum Folgenden: Rixen, WiVerw 2018, 127 (139 ff.).
3, 5 Rixen, GewArch 2020, 121 (121 f.).
4 Rixen, WiVerw 2018, 127, (140 f., 147).
6 Rixen, Die Verwaltung 55 (2022), 1 (3 ff.).
7 Rixen, WiVerw 2018, 127 (128 f., 151 f.).

SUGGESTED CITATION  Rixen, Stephan: Sexarbeit und Gewerberecht: Wird der gewerberechtliche Ansatz dem Phänomen der Sexarbeit gerecht?, VerfBlog, 2023/10/25, https://verfassungsblog.de/sexarbeit-und-gewerberecht/, DOI: 10.59704/eacefe8f325bee85.

2 Comments

  1. Sonja Dolinsek Thu 26 Oct 2023 at 10:25 - Reply

    Das ist ein interessanter Vorschlag und doch, wie Sie schon schreiben, wird er die gleiche Wirkung haben, wie ein Verbot. “Kunden” werden sich nicht registrieren lassen – wo denn auch? Im Bordell? Bei der Polizei? Bei den Gesundheitsämtern? Was für ein teurer Verwaltungsaufwand, dessen Kosten sicherlich woanders besser investiert wären, z.B. bei den immer noch spärlichen Beratungsstellen!
    Die Kund*innen der gleichen Stigmatisierung und potenziellen gesellschaftlichen Sanktionierung auszusetzen, wie die Sexarbeitenden, wird nicht unbedingt zu einer Verbesserung der Situation beitragen. Sie nimmt auch die staatliche Überwachung der Sexarbeitenden in Kauf und dehnt sie lediglich aus. Sie sagen, dass auch jetzt schon nicht alles im Hellfeld stattfindet. Sicher, aber jede Registrierungspflicht reduziert das Hellfeld. Aus meiner Sicht hätte eine solche Maßnahme die gleiche Wirkung, wie eine direkte Kriminalisierung der Kund*Innen, allerdings ohne Mehrwert. Mir ist noch unklar, wie so eine Maßnahme genau dazu beitragen soll, Kund*innen in die Verantwortung zu ziehen. Es registriert sich ja bekanntermaßen nur, wer “legal” handeln will und nicht, wer das von vornherein nicht beabsichtigt. Es registriert sich auch nur, wer keine “Ächtung” erwartet. Listen von Menschen, die für sexuelle Dienstleistungen bezahlen, sind, genauso wie Listen von Sexarbeitenden, eine Gefahr. Sie können missbraucht werden, sie sind Grundlage für Korruption und die Zerstörung der Leben dieser Menschen. Ich denke, man sollte sich immer zweimal Gedanken darüber machen, wen man jetzt irgendwo registriert und ob das wirklich sinnvoll ist. Zum Verantwortungsgefühl der Kund*innen dürfte das allerdings wenig beitragen.

    • Choronyme Thu 26 Oct 2023 at 15:27 - Reply

      Ich denke Sie haben viele der Probleme bereits aufgeführt.
      Ich möchte nur zur Umsetzung eines Kundenregisters noch auf das Problem von ausländischen Kunden hinweisen. Wie registriert sich der Handelsreisende aus Amerika, der nur für eine Woche in Deutschland ist? Oder der LKW Fahrer der gezwungener Weise 3 Monate in seinem LKW in Deutschland lebt? Gibt es ein Eilverfahren für diese? Welche Behörde ist Örtlich zuständig? Kann die Registrierung aus dem Ausland durchgeführt werden (etwa in der Botschaft)? Wird die vorgeschlagene Unterrichtung nur in Deutsch angeboten (eine Frage die sich nicht nur für Besucher stellt)? Soll es diesen Kunden einfach insgesamt verboten werden?

      Der Beitrag scheint einen Vorschlag zu machen, der so viele Umsetzungsfragen aufwirft, dass er nicht ernstgemeint wirkt. Und der Hinweis des Autors auf die Umsetzungsprobleme bei der jetzigen Regelung ist kein tragfähiges Argument. Wenn ein Bein gebrochen ist besteht die Lösung nicht darin, das andere auch zu brechen. Es bräuchte also Vorschläge die Probleme anzugehen, nicht noch mehr Probleme zu schaffen.

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