18 September 2024
Zahlen lügen nicht?
Der aktuelle Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 – als „in Zahlen gegossenes Regierungsprogramm“ – bietet Anlass, das eher nüchterne Zahlenwerk einer eingehenden verfassungsrechtlichen Prüfung zu unterziehen. Denn die Folgen eines verfassungswidrigen Haushalts können kaum überschätzt werden, wie das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 eindrucksvoll zeigte. Insbesondere die Höhe der im Entwurf ausgebrachten Globalansätze ist verfassungsrechtlich fragwürdig. Es liegt nahe, dass damit der Haushaltsgrundsatz der Klarheit und Wahrheit verletzt wird. Continue reading >>
2
23 August 2024
Finanzverfassungsrechtliches Mikado
Am vergangenen Freitag einigten sich die Spitzen der Ampel-Koalition (erneut) auf einen Bundeshaushaltsentwurf für das kommende Jahr 2025. Dem voran gingen nicht nur zähe politische Debatten innerhalb der Koalition. Auch das Verfassungsrecht spielte – mal wieder – eine hervorgehobene Rolle für die Haushaltspolitik der Bundesrepublik. Im Verlauf der Debatte um den nun vorgesehenen Entwurf, der im Laufe des Jahres vom Bundestag beschlossen werden soll, zeigt sich ein weiteres Mal der übermäßige Fokus haushaltspolitischer Erwägungen auf verfassungsrechtliche Normen. Continue reading >>16 July 2024
Deutschlands Filibuster
Filibuster und Schuldenbremse tragen auf beiden Seiten des Atlantiks zu gesetzgeberischem Versagen bei. Dieses Versagen ist eine der Ursachen für die antidemokratischen Tendenzen. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre in den USA sollten dem demokratischen Spektrum in Deutschland Warnung sein. Wer in Ansehung dieser Eindrücke eine symbolische schwarze Null über die realen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts priorisiert, macht sich zum Steigbügelhalter deutscher Trumpisten. Die Europawahl war nur ein Warnschuss. Continue reading >>17 January 2024
Sparen auf Kosten des Völkerrechts
Seitdem die Schuldenbremse durch das Bundesverfassungsgericht in seinem wegweisenden Urteil vom 15. November 2023 scharfgestellt worden ist, steht die Ampel vor der Herausforderung, einen Haushalt aufzustellen, der den Anforderungen des Klimaschutzes gerecht wird. Sowohl das Urteil als auch erste Reformüberlegungen wurden auf diesem Blog bereits kritisch erörtert (etwa hier und hier). Dieser Beitrag beleuchtet dagegen, inwieweit die Auslegung der Schuldenbremse durch das Bundesverfassungsrecht in einem Spannungsverhältnis mit Deutschlands Verpflichtungen aus dem internationalen Klimaschutzrecht steht. Dabei zeigen sich drei Konfliktlinien, die sich ohne eine Reform der Schuldenbremse noch vertiefen und zuspitzen werden. Continue reading >>11 January 2024
Die Schulden-Verfassungsbeschwerde
Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 hat die Bundesrepublik Deutschland über Wochen in Atem gehalten und die Ampel-Koalition in eine Krise gestürzt. Bei der bisherigen Diskussion wenig beleuchtet wurde die Frage, ob Bürger Verstöße gegen die Schuldenbremse im Wege einer Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG rügen können. Wendet man die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannten Institute des Anspruchs auf Demokratie (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG) und des intertemporalen Freiheitsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG) konsequent an, hat jeder Bürger einen grundrechtlichen Anspruch auf Einhaltung der Schuldenbremse. Diesen Anspruch kann jeder einzelne Bürger im Wege der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht durchsetzen. Eine solche „Schulden-Verfassungsbeschwerde“ könnte schon bald zu einem Haushaltsurteil 2.0 führen. Continue reading >>06 January 2024
Das letzte Wort?
Mit etwas zeitlichem Abstand werden die weitreichenden Folgen des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichtes sichtbar. Das Urteil zeigt die Gefahren der Verfassungsgerichtsbarkeit für die Demokratie, die wir trotz der positiven Wirkung dieser Institution für die Herrschaft des Rechts im Blick behalten sollten. Die Gestaltungsfreiheit und Innovationskraft des demokratisch legitimierten Gesetzgebers können nämlich durch verfassungsgerichtliche Vorgaben zu sehr eingeengt werden. Die Politik verstärkt die Macht des Verfassungsgerichtes, wenn führungsschwache Regierungen auf Entscheidungshilfe aus Karlsruhe warten oder die Opposition unmittelbar nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament ihre Politik mit verfassungsgerichtlichen Mitteln fortsetzt. Die Bundesverfassungsrichter wiederum tragen ihrerseits zu einer übermäßigen Verrechtlichung der Politik bei, wenn sie ihre Kompetenzen überschreiten. Continue reading >>19 December 2023
The Economic Distortions of the Federal Constitutional Court’s Debt Brake Decision
Germany is not facing a debt crisis, but rather a serious budget crisis triggered by the ‘debt brake’ ruling of the Federal Constitutional Court (FCC). This crisis is deeper than the 60 billion in unused "Corona debts" being shifted to a climate fund, as reported in the media. More fundamentally, the court has mandated that the federal budget strictly adhere to the "principle of annuality" (Jährlichkeit). This is the most significant impact of the court's ruling, and from an economic perspective, it is quite perplexing. Continue reading >>
0
14 December 2023
Die Ahrtal-Flutkatastrophe als Notlage für das Haushaltsjahr 2024
Ausweislich der Statements in der Pressekonferenz vom 13.12.2023 will die Bundesregierung – vorbehaltlich eines gegenteiligen Prüfungsergebnisses – für das Haushaltsjahr 2024 eine Naturkatastrophe beziehungsweise außergewöhnliche Notsituation im Hinblick auf die Ahrtal-Flut 2021 in Teilen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausrufen. Die verfassungsrechtliche Analyse im Spiegel der Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Urteil vom 15.11.2023 ergibt, dass eine solche Vorgehensweise nicht von Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG gedeckt ist. Continue reading >>04 December 2023
Schulden- statt Notbremse
Wer – als Gericht – strenge Maßstäbe an Gesetzesbegründungen anlegt, Darlegungspflichten verschärft und einer Regierung auf dem, weiß Gott, steinigen Weg zur Transformation der Wirtschaft in die Parade fährt, muss sich an diesen – seinen eigenen – Maßstäben messen lassen und eine von Kriterien geleitete, geordnete Präzisierung des Außergewöhnlichen einer Notlage vorlegen. Daran scheitert der Zweite Senat. Das wäre unter Umständen nicht weiter aufgefallen, hätte sich der Zweite Senat darauf verstehen können, wenigstens die Nichtigkeit des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes zurückzustellen und den Darlegungsangeboten der Regierung(smehrheit) zu Krisenkonnexität und Krisenbewältigung näher zu treten. Continue reading >>27 November 2023