21 November 2021
Sollten Impfunwillige im Triage-Fall nachrangig behandelt werden? Teil 1
Der Vorschlag, Impfunwillige im Triage-Fall zurückzustellen, verschafft sich zunehmend Gehör. Das Tabu verliert an Wirkung – auch in der Rechtswissenschaft. Tabus, die als solche angesprochen und kommentiert werden, haben schon an Kraft verloren. Mit der Warnung vor Tabubrüchen kann man sie nicht mehr stabilisieren, auch nicht mit empörten Reaktionen. Diskutieren wir also über das Thema. Continue reading >>
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23 December 2020
Der klinisch-ethische Fehlschluss
Das Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht, auch Prognose genannt, ist in der Literatur über Zuteilungskriterien bei medizinischer Ressourcenknappheit seit langem präsent. In Deutschland haben Mediziner die Anwendung dieses Kriteriums im Kontext der aktuellen Pandemie in sogenannten klinisch-ethischen Empfehlungen angeraten. Die Verpflichtung, möglichst viele Patienten zu retten wird im Text als Selbstverständlichkeit präsentiert. Eine konsequente Priorisierung nach dem Kriterium der Erfolgsaussicht ist auf der Basis dieses Gebots jedoch nicht ableitbar. Unter bestimmten Umständen verlangt es vielmehr, von diesem Kriterium abzuweichen. Continue reading >>
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10 December 2020
Was zählt, ist der Erfolg
Seit Ausbruch der COVID-Pandemie gibt es eine lebhafte Debatte, ob die Verteilung knapper intensivmedizinischer Ressourcen in der Pandemie gesetzlich geregelt werden muss. Bis jetzt gibt es keine Gesetzesnorm, die diese so genannte Triage-Situation allgemein reguliert. Daher käme zurzeit die bereits im Frühjahr unter Federführung der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensivmedizin (DIVI) etablierte Leitlinie zur Anwendung. Manche befürchten, die Verteilungsregeln dieser Leitlinien seien diskriminierend, weshalb ein Gesetz zur Grundrechtswahrung erlassen werden müsse. Darauf dringt auch eine Verfassungsbeschwerde, die derzeit vor dem BVerfG anhängig ist. Wir halten dies für unbegründet. Continue reading >>30 April 2020
Gleichheit vor der Triage
Da es derzeit keine konkreten gesetzlichen Vorgaben für die Priorisierung in der Intensivmedizin im Pandemiefall gibt, versuchen medizinische Fachgesellschaften und wissenschaftliche Akademien durch Empfehlungen zur „Triage“ von COVID-19-Patient/innen in der Intensivmedizin Orientierungssicherheit zu schaffen. Dass die Allokation knapper Gesundheitsressourcen nicht im rechtsfreien Raum erfolgt, ist eine Erkenntnis, die sich im Kontext der Organtransplantation nach heftigen Kontroversen zwischen Medizin und Recht inzwischen allgemein durchgesetzt hat. Continue reading >>04 April 2020
Dilemmata bei der Zuteilung von Beatmungsgeräten
wenden sich gegen die Berücksichtigung von Lebensalter und sozialen Kriterien (wozu auch der Beruf des Patienten gehören dürfte). Könnte sich die Ärztin trotzdem auf eine Pflichtenkollision berufen, wenn einer oder beide dieser Faktoren ausschlaggebend war? Oder verlangt die Einheit der Rechtsordnung, dass ein zuvor als unzulässig markiertes Verhalten nicht mehr gerechtfertigt sein kann? Meines Erachtens ist die Annahme einer rechtfertigenden Pflichtenkollision weiterhin vertretbar, sofern Regelwerke nur Empfehlungen aussprechen. Ob dies allerdings Staatsanwaltschaften und Gerichte auch so sehen würden, ist nicht klar zu prognostizieren. Continue reading >>31 March 2020
Corona-Triage and Human Dignity
Does the duty to protect human life have an essence of dignity? The „triage“ of COVID-19-patients, i.e. their sorting due to scarce treatment capacities, raises this question. The answer is yes: It would violate the state's duty to protect human dignity, for example, if the state gave orders to save not as many lives as possible, but as many young people as possible. Continue reading >>
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30 March 2020
Die Wiederentdeckung des Möglichkeitshorizonts
Auch im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus kann die Abwägung von Verfassungsprinzipien immer nur zu Ergebnissen führen, welche das „relativ auf die tatsächlichen Möglichkeiten“ Optimale anordnen (R. Alexy). Dieses „tatsächlich Mögliche“ ändert und wandelt sich. Auch juristische Abwägungen kommen hierdurch zu krisenbedingten Ergebnissen. Sie fordern jedoch immer auch zu einer schnellstmöglichen Wiederannäherung an den verfassungsidealen Zustand auf, sobald sich der Möglichkeitsraum wieder weitet. Bald wird also entscheidend sein, diese Rückkehr zur Normalität, welche nach der Bewältigung der Pandemie anzustreben sein wird, auch rechtlich nicht zu verzögern. Continue reading >>
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29 March 2020
Corona-Triage und Menschenwürde
Hat die grundrechtliche Schutzpflicht für das menschliche Leben einen Menschenwürdekern? Die „Triage“ von COVID-19-Patienten, also ihre Sortierung bei knappen Behandlungskapazitäten, wirft diese Frage auf. Sie ist zu bejahen: Es würde die staatliche Schutzpflicht für die Menschenwürde verletzen, wenn der Staat etwa anordnen würde, statt möglichst vieler nur möglichst junge Menschen zu retten. Continue reading >>16 March 2020
Corona Triage
Triage - this is the sorting of patients in groups to be treated preferentially or subordinately when the mass of patients vastly exceeds the available resources. It has always been a delicate and stressful procedure. The Italian Society for Anesthesia, Analgesia, Resuscitation and Intensive Care Medicine (SIAARTI) has recently given recommendations to intensive care physicians who are currently no longer able to provide lung ventilators to all Covid-19 patients in need. The aim of those recommendations was to relieve the practitioners of the burden of taking personal responsibility for the selection decisions and to make the criteria explicit and communicable. The criteria, or so the authors propose, should also be made accessible to those affected and to their families to maintain trust in the public health service. If the criteria are now made public, one must however be allowed to comment on them. This is what I intend to do here. Continue reading >>15 March 2020