POSTS BY Tatjana Hörnle
31 January 2024

Keine Blockade, sondern eine Frage der Kompetenz

Ein „Offener Brief“ an den Bundesjustizminister vom 29. Januar, den „über 100 namhafte Frauen aus Politik, Kultur und Wirtschaft“ unterzeichnet haben, fordert diesen auf, seine „Blockade-Haltung“ gegenüber einem Vorhaben der Europäischen Kommission aufzugeben. Die Kommission setzt sich für eine Richtlinie ein, die der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt dienen soll. Unter anderem ist eine Vereinheitlichung im Sexualstrafrecht vorgesehen, nämlich beim Tatbestand der Vergewaltigung (Art. 5). Die zentrale Frage ist, inwieweit die Gestaltung von Strafrecht in die Kompetenz der EU fällt. Die Verfasserinnen des „Offenen Briefs“ scheinen davon auszugehen, dass die EU alles könne und dürfe und nur der widerborstige Bundesjustizminister ein Hindernis sei. Die Rechtslage sieht anders aus. Continue reading >>
13 December 2021

Warum der Impfstatus bei der Corona-Triage doch eine Rolle spielen darf

Wenn infolge der COVID-Pandemie nicht mehr alle lebensbedrohlich Erkrankten intensivmedizinisch versorgt werden können, drängt sich die Frage auf, ob deren Impfstatus bei Auswahlentscheidungen einbezogen werden dürfte. Ich werde mich im Folgenden dafür aussprechen. Continue reading >>
04 April 2020

Dilemmata bei der Zuteilung von Beatmungsgeräten

wenden sich gegen die Berücksichtigung von Lebensalter und sozialen Kriterien (wozu auch der Beruf des Patienten gehören dürfte). Könnte sich die Ärztin trotzdem auf eine Pflichtenkollision berufen, wenn einer oder beide dieser Faktoren ausschlaggebend war? Oder verlangt die Einheit der Rechtsordnung, dass ein zuvor als unzulässig markiertes Verhalten nicht mehr gerechtfertigt sein kann? Meines Erachtens ist die Annahme einer rechtfertigenden Pflichtenkollision weiterhin vertretbar, sofern Regelwerke nur Empfehlungen aussprechen. Ob dies allerdings Staatsanwaltschaften und Gerichte auch so sehen würden, ist nicht klar zu prognostizieren. Continue reading >>
15 January 2017

Warum Vertrauen in die Neutralität der Justiz ein schützenswertes Verfassungsgut ist

Gibt es Allgemeininteressen mit Verfassungsrang, die es rechtfertigen, Richterinnen das Tragen eines Hidschab zu untersagen? Anders als Aqilah Sandhu glaubt, lautet die Antwort Ja. Wer nicht bereit ist, auf auffallende Symbole gruppenbezogener Identität zu verzichten, kann nicht ein Richteramt beanspruchen. Dies gilt auch, wenn Anwärter ernsthaft und glaubwürdig versichern, ihre Zugehörigkeiten bei konkreten Entscheidungen ausblenden zu können. Zu der verantwortungsvollen Richterrolle gehören nicht nur die fachliche Ausbildung und die Fähigkeit zur Selbstbeobachtung, sondern auch Verständnis für die Funktionsbedingungen, die für das System Justiz von zentraler Bedeutung sind. Continue reading >>
26 October 2014

Plädoyer für eine sachlichere Debatte um den Vergewaltigungstatbestand

Die Istanbul-Konvention des Europarats verpflichtet die Vertragsstaaten, alle nicht einverständlichen sexuellen Handlungen mit einer anderen Person unter Strafe zu stellen. Eine entsprechende Reform des Vergewaltigungstatbestands mag auf den ersten Blick nicht sonderlich revolutionär erscheinen. Tatsächlich ruft ein solcher Vorschlag aber teilweise erbitterten Protest hervor – allerdings aus wenig überzeugenden Gründen. Continue reading >>
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