18 Juni 2022
Das Merkel-Urteil verpasst die Chance, den Willen zur Verfassung zu stärken
Mit seinem Merkel-Urteil hat das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung zur Neutralitätspflicht für amtliche Äußerungen überspannt und die Chance verpasst, den Willen zur Verfassung zu stärken. Der Zweite Senat hat, mit knapper Mehrheit von fünf zu drei Stimmen, allen Ernstes entschieden, dass die Bundeskanzlerin auf einer Pressekonferenz im Februar 2020 Mehrheitsbildungen mithilfe der AfD nicht als demokratieschädlich (vgl. Rn. 141) bewerten und für ihre Regierungspartei ausschließen durfte. Nur wenn sie vorher klargestellt hätte, dass sie nicht als Kanzlerin, sondern als Parteipolitikerin spreche, wäre diese Aussage danach zulässig gewesen (vgl. Rn. 130). Continue reading >>
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03 Februar 2022
Willkürfreiheit und Impfpflicht
Wie ist die Schwere des Grundrechtseingriffs in die körperliche Unversehrtheit durch eine Impfpflicht zu bemessen? Das ist der zentrale Streitpunkt in der intensiven Verfassungsblog-Debatte zwischen Ute Sacksofsky und Klaus Ferdinand Gärditz. Aus unserer Sicht enthalten beide Positionen zutreffende Einsichten, zwischen denen sich praktische Konkordanz herstellen lässt. Continue reading >>
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30 Dezember 2021
Die Corona-Triage und das Verbot der Diskriminierung wegen der Behinderung als Schutzpflicht
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass Art. 3 III 2 GG gesetzliche Vorkehrungen zum Schutz behinderter Menschen vor Diskriminierung bei einer Corona-Triage verlangt. Vor allem stellt die Entscheidung klar, dass Art. 3 III 2 GG, wie alle Grundrechte, auch objektive Wertentscheidung und Schutzauftrag ist – ein Schutzauftrag, der sich zu einer gesetzgeberischen Schutzpflicht verdichten kann. Continue reading >>
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26 Juli 2021
Warum die Kanzlerin sich gegen Mehrheiten mithilfe der AfD stellen darf
Das Bundesverfassungsgericht hat gerade darüber mündlich verhandelt, ob die Kanzlerin die Wahl eines Thüringer Ministerpräsidenten mit den Stimmen von CDU, FDP und AfD im Februar 2020 einen „unverzeihlich[en]“ Vorgang nennen durfte, der „rückgängig gemacht werden“ müsse, weil er „mit einer Grundüberzeugung für die CDU“ und auch für sie gebrochen habe, „dass nämlich keine Mehrheiten mit Hilfe der AfD gewonnen werden sollen“. Es scheint keineswegs ausgeschlossen, dass das Gericht in diesen Äußerungen, wenn es sie als amtliche einstuft, einen Verfassungsverstoß sieht. Das zeigt, dass in der Rechtsprechung des BVerfG bislang das Recht zur kommunikativen Verteidigung der Verfassung zu kurz kommt: Die verfassungsrechtlichen Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebote dürfen nicht das Recht zur Verfassungstreue relativieren. Continue reading >>24 Juli 2020
„Rasse“ im Parlamentarischen Rat und die Dynamik der Gleichheitsidee seit 1776 (Teil V)
Es gibt keine „Rassen“ im biologischen Sinn. Rasse bleibt aber wichtig, weil und solange sie als gesellschaftliche Zuschreibung weiter die Wirklichkeit prägt. Den Begriff der Rasse im Grundgesetz zu streichen, ist nicht nur entbehrlich, sondern riskiert, den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz zu schwächen, statt ihn zu stärken. Das soll in diesem fünfteiligen Beitrag näher begründet werden – der mit dem heutigen fünften Teil abgeschlossen wird. Continue reading >>23 Juli 2020
„Rasse“ im Parlamentarischen Rat und die Dynamik der Gleichheitsidee seit 1776 (Teil IV)
Es gibt keine „Rassen“ im biologischen Sinn. Rasse bleibt aber wichtig, weil und solange sie als gesellschaftliche Zuschreibung weiter die Wirklichkeit prägt. Den Begriff der Rasse im Grundgesetz zu streichen, ist nicht nur entbehrlich, sondern riskiert, den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz zu schwächen, statt ihn zu stärken. Das soll in diesem fünfteiligen Beitrag näher begründet werden, dessen erste drei Teile bereits erschienen sind (vgl. Teile I, II und III) und dessen letzter Teil morgen erscheinen wird (vgl. dann Teil V). Continue reading >>
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22 Juli 2020
„Rasse“ im Parlamentarischen Rat und die Dynamik der Gleichheitsidee seit 1776 (Teil III)
Es gibt keine „Rassen“ im biologischen Sinn. Rasse bleibt aber wichtig, weil und solange sie als gesellschaftliche Zuschreibung weiter die Wirklichkeit prägt. Den Begriff der Rasse im Grundgesetz zu streichen, ist nicht nur entbehrlich, sondern riskiert, den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz zu schwächen, statt ihn zu stärken. Das soll in diesem fünfteiligen Beitrag näher begründet werden, dessen erste zwei Teile bereits erschienen sind und dessen zwei weitere Teile in den nächsten Tagen erscheinen werden. Continue reading >>
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21 Juli 2020
„Rasse“ im Parlamentarischen Rat und die Dynamik der Gleichheitsidee seit 1776 (Teil II)
Es gibt keine „Rassen“ im biologischen Sinn. Rasse bleibt aber wichtig, weil und solange sie als gesellschaftliche Zuschreibung weiter die Wirklichkeit prägt. Den Begriff der Rasse im Grundgesetz zu streichen, ist nicht nur entbehrlich, sondern riskiert, den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz zu schwächen, statt ihn zu stärken. Das soll in diesem fünfteiligen Beitrag näher begründet werden, dessen erster Teil gestern erschienen ist und dessen weitere Teile in den nächsten Tagen erscheinen werden. Continue reading >>
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20 Juli 2020
„Rasse“ im Parlamentarischen Rat und die Dynamik der Gleichheitsidee seit 1776 (Teil I)
Es gibt keine „Rassen“ im biologischen Sinn. Die Art Homo Sapiens hat keine Unterarten. Rasse bleibt aber wichtig, weil und solange sie als gesellschaftliche Zuschreibung weiter die Wirklichkeit prägt. Der Begriff der Rasse im Grundgesetz wird längst und zu Recht in diesem Sinn verstanden. Ihn zu streichen, ist deshalb nicht nur entbehrlich, sondern riskiert, den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsschutz zu schwächen, statt ihn zu stärken. Das soll in diesem fünfteiligen Beitrag näher begründet werden, dessen weitere Teile in den nächsten Tagen erscheinen werden Continue reading >>18 Juli 2020