31 May 2022

Jenseits der Oligarchen

Das Erste Sanktionsdurchsetzungsgesetz

Die von der Europäischen Union beschlossenen Russland-Sanktionen haben auch in Deutschland erhebliche Defizite bei deren Umsetzung offengelegt. Deutlich geworden ist dabei, dass die unmittelbare Wirkung europäischer Rechtsakte bisher von sehr fragwürdiger Effektivität ist, da für die Behörden der Mitgliedstaaten das von Sanktionen erfasste Vermögen überwiegend nicht erkennbar ist und daher Verfügungsverbote praktisch nicht greifen. Mit dem Ersten Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen vom 23. Mai 2022 (BGBl. I S. 764) sollen in einem ersten Schritt vor allem kurzfristig behebbare Lücken beim Auffinden sanktionierten Vermögens geschlossen werden. Weitergehende strukturelle Änderungen sollen nach Verlautbarungen der Regierungskoalition zu einem späteren Zeitpunkt folgen. Die nunmehr beschlossenen Neuerungen schaffen insbesondere eine Rechtsgrundlage für die Ermittlung und Sicherstellung sanktionierter Vermögenswerte durch die zuständigen Landesbehörden. Zudem wird der Aufgabenbereich der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (im Folgenden: FIU) entsprechend erweitert. Hervorzuheben ist auch die strafbewehrte Pflicht sanktionierter Personen, die zuständigen Behörden über solches im Inland belegenes sanktioniertes Vermögen in Kenntnis zu setzen. Ausgebaut wird darüber hinaus der Datenaustausch zwischen den für die Durchsetzung von Sanktionen relevanten Behörden. In diesem Sinne wird auch der automatisierte Abruf von Daten des geldwäscherechtlichen Transparenzregisters auf weitere Behörden ausgedehnt, insbesondere auf das Zollkriminalamt und den Bundesnachrichtendienst, womit deren Fähigkeit verbessert werden soll, die Verflechtung zwischen bestimmten Personen und Unternehmen nachzuvollziehen. Obwohl die Stoßrichtung des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes damit im Grundsatz zu begrüßen ist, mangelt es dem Gesetz an einer klaren strategischen Zielsetzung und einem rechtlich stimmigen Regelungskonzept.

Ende der Ambivalenz gegenüber EU-Sanktionen

Die neuen Regelungen bedeuten vielfach einen Schritt in die richtige Richtung. Zwar ist angesichts der auf internationaler Ebene eher kritischen Position Deutschlands gegenüber targeted sanctions nicht erstaunlich, dass ihrer wirksamen Durchsetzung rechtspolitisch bisher eher wenig Bedeutung zugemessen wurde. Allerdings wird spätestens angesichts des Kriegs in der Ukraine deutlich, dass Sanktionen – in der europarechtlichen Terminologie des Artikel 215 AEUV „restriktive Maßnahmen“ – zu einem festen Bestandteil des außen- und sicherheitspolitischen Instrumentariums der EU geworden sind, deren Bedeutung für eine international in Zukunft selbstbewusster auftretende Union noch erheblich zunehmen dürfte. Unbenommen bleibt dabei die Tatsache, dass der insofern bestehende Rechtsrahmen auf Unionsebene noch nicht befriedigen kann. Dies betrifft insbesondere die bisherige Zurückhaltung des EuGH bei der Prüfung von Erforderlichkeit und Geeignetheit solcher Maßnahmen im Einzelfall. Anzuerkennen ist aber zugleich, dass nicht zuletzt die von der Rechtsprechung der Unionsgerichte über die vergangen anderthalb Jahrzehnte entwickelte differenzierte Ausgestaltung der Verteilung der Beweislast zwischen Rat und sanktionierten Personen die rechtsstaatliche Legitimität von Sanktionen deutlich gestärkt haben. Das Erste Sanktionsdurchsetzungsgesetz verfolgt insofern im Grundsatz ein auch über die Russland-Sanktionen hinausgehendes begrüßenswertes Anliegen.

Aufdeckung von Sanktionsverstößen als zentrale Herausforderung

Allerdings kann die Schwerpunktsetzung der nunmehrigen Reform in strategischer Hinsicht nicht überzeugen. So scheint es der Regierungskoalition primär darum zu gehen, die von der EU gegen russische Oligarchen verhängten Sanktionen besser durchzusetzen. Demgegenüber fällt auf, dass die wirksame Durchsetzung von gegen Russland beschlossenen Wirtschaftssanktionen bei Handel und Finanzdienstleitungen zum jetzigen Zeitpunkt kaum Beachtung findet. Dies stimmt insbesondere deshalb bedenklich, weil gegenwärtig kaum davon auszugehen ist, dass das Vorgehen gegen Oligarchen tatsächlich signifikanten Einfluss auf die russische Führung entfaltet. Letztlich werden wohl vor allem jene Sanktionen wirken, die Russlands Fähigkeit schwächen, sich den Krieg finanziell und technologisch leisten zu können. Daher erscheint es strategisch zumindest zweifelhaft, dass die Reform primär ersichtlich das Anliegen verfolgt, die Suche nach Oligarchen-Vermögen zu effektivieren. Mit Blick auf das gegenüber Russland verfolgte strategische Ziel sollte der rechtspolitische Fokus mindestens in gleichem Maße darauf gerichtet sein, wirksame Maßnahmen gegen die Umgehung sektoraler Wirtschaftssanktionen zu ergreifen. In dieser Hinsicht steht Deutschland – im Vergleich mit den allermeisten anderen Mitgliedstaaten, aber auch mit den USA –vor besonders großen Herausforderungen. Denn angesichts der engen Verknüpfung der deutschen mit der russischen Wirtschaft sowie seiner engen wirtschaftlichen Bindung zu wichtigen Drittstaaten, welche den EU-Sanktionen ablehnend gegenüberstehen, liegt es nahe, dass die Gefahr von Sanktionsverstößen Deutschland in besonderem Maße betrifft. Zu denken ist insofern nicht zuletzt an die Möglichkeit, dass sanktionierte Geschäftsbeziehungen deutscher und anderer im Inland niedergelassener Unternehmen mit Russland sanktionswidrig fortgesetzt werden, indem beispielsweise sanktionierte Güter zukünftig über die betreffenden Drittstaaten umgeleitet werden. Anstelle einseitig das Vermögen von Oligarchen in den Blick zu nehmen, sollten daher die wirtschaftlichen Beziehungen zu relevanten Drittstaaten wirksam überwacht werden. Stellt man zudem noch die Frage nach der Wirksamkeit der gegen Oligarchen verhängten Sanktionen – Schätzungen von verschleierten Vermögen im Werte von mehreren hundert Milliarden Euro stehen in der EU gegenwärtig sichergestellte Vermögen im Wert von nur zehn Milliarden gegenüber – so wirken die bisherigen Maßnahmen letztlich eher symbolisch. Zwar wäre es zu begrüßen, wenn die Geldwäsche von durch Korruption in Drittstaaten erlangtem Vermögen in Deutschland und Europa nunmehr (auch über den Fall der russischen Kleptokratie hinaus) endlich angemessene Beachtung finden würde. Wenn damit allerdings im Ergebnis von der Notwendigkeit abgelenkt wird, wirksamer gegen die Umgehung insbesondere sektoraler Sanktionen vorzugehen, so ist eine solche Verlagerung der rechtspolitischen Debatte zum gegenwärtigen Zeitpunkt schwerlich im Interesse der Ukraine.

Ausweitung der Verdachtsmeldepflichten auf Sanktionsverstöße

Beim nunmehrigen Sanktionsdurchsetzungsgesetz handelt es sich lediglich um einen ersten Schritt, dem wohl noch im Laufe des Jahres ein weitreichenderes Gesetzgebungsvorhaben folgen soll. Spätestens dann aber sollten über die Ermittlung von sanktionierten Vermögen hinaus Maßnahmen für eine wirksamere Aufdeckung von Sanktionsverstößen im Mittelpunkt stehen. Dies betrifft insbesondere die Notwendigkeit, die bereits ausgeweitete Zuständigkeit der FIU um den Bereich der Sanktionsdurchsetzung mit entsprechenden Meldepflichten von Finanzdienstleistern und anderen geldwäscherechtlich Verpflichteten zu ergänzen. Denn der bloße Verdacht, dass Vermögenswerte sanktioniert sein könnten, führt gegenwärtig (solange nicht bereits Hinweise auf Geldwäsche vorliegen) noch nicht zur Pflicht, eine Verdachtsmeldung nach § 43 Abs. 1 GWG abzugeben. Bereits bestehende Pflichten zur Meldung eingefrorener Vermögenswerte an die Bundesbank sind insofern kein funktionales Äquivalent, da sie regelmäßig erst eingreifen, wenn Finanzdienstleister von einer Sanktionsverstrickung von Vermögen ausgehen, nicht aber bereits bei diesbezüglichen bloßen Anhaltspunkten. Fälle von Sanktionsumgehung lassen sich so realistischerweise kaum aufdecken. Dass eine entsprechende Ergänzung nicht schon jetzt erfolgte, dürfte sich für die Effektivität der Sanktionsdurchsetzung als Fehler erweisen. Denn Sanktionen werden gerade im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit ihrem Inkrafttreten durch Vermögensverschiebungen umgangen. Umso mehr Zeit seit dem Inkrafttreten von Sanktionen vergeht, umso weniger wird man von der Privatwirtschaft erwarten können, einen möglichen Bezug von Vermögen zu sanktionierten Personen zu erkennen und entsprechende Verdachtsmeldungen abzugeben. Kurz vor oder kurz nach dem Inkrafttreten von Sanktionen sind entsprechende Anhaltspunkte gerade für Finanzdienstleister zwar vielfach zu erkennen, führen aber, wie die Erfahrung der vergangenen Monate nahelegt, regelmäßig nicht zur Abgabe einer Verdachtsmeldung. Ohne solche Meldung wird aber der Beitrag der FIU beim Vorgehen gegen Sanktionsverstöße sehr begrenzt bleiben. Indem der Gesetzgeber von einer entsprechenden Ergänzung der geldwäscherechtlichen Verdachtsmeldepflichten abgesehen hat, hat er im Übrigen nicht nur auf ein zentrales Instrument der Aufdeckung von Verstößen gegen Individualsanktionen verzichtet. Denn angesichts des Umstandes, dass Finanzdienstleister in der Regel weitgehenden Einblick in das Geschäftsgebaren der von ihnen betreuten Güterhändler haben, würden entsprechend erweiterte Meldepflichten es signifikant wahrscheinlicher machen, dass Verstöße gegen Handelssanktionen aufgedeckt werden.

Konkretisierung der mittelbar sanktionierten Vermögenwerte

Darüber hinaus wird sich spätestens ein zweites Sanktionsdurchsetzungsgesetz vorwiegend mit dem ganz grundlegenden Problem auseinandersetzen müssen, dass für die Privatwirtschaft häufig nicht erkennbar ist, ob Unternehmen in Sanktionen verstrickt sind. Um wirksam gegen die Umgehung von sektoralen Wirtschaftssanktionen im Bereich Handel und Finanzen vorzugehen, ist es daher unerlässlich, dass Deutschland und die anderen Mitgliedstaaten die Privatwirtschaft nicht mit der Aufgabe allein lassen, jene von sanktionierten Personen oder von sanktionierten Unternehmen mittelbar kontrollierte Vermögenswerte zu identifizieren. In Betracht kommt insofern, ein öffentliches Register zu schaffen, in welchem in- und ausländische Unternehmen erfasst werden, die der Kontrolle des russischen Staates oder sanktionierter Personen unterliegen. Zugleich sollten derartige Register mit entsprechenden Rechtsbehelfen ausgestattet werden, um es betroffenen Unternehmen zu erlauben, sich von entsprechenden Vorwürfen zu entlasten.

Anforderungen an eine zukünftige Verfahrensordnung für verwaltungsrechtliche Finanzermittlungen

Vor besonderen Herausforderungen steht der Gesetzgeber schließlich bei der Ausgestaltung von Finanzermittlungen. Die nun in § 9a AWG statuierte Möglichkeit, Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zu ermitteln, bedeutet einen ersten Schritt hin zu gefahrenabwehrrechtlichen Ermittlungen zwecks Klärung rechtlich fragwürdiger Vermögensverhältnisse – wenn auch vorerst darauf begrenzt, durch EU- Sanktionen erfasste Vermögenswerte aufzufinden. Angesichts der grenzüberschreitenden Natur von Finanzdienstleistungen liegt es unter Effektivitätsgesichtspunkten nahe, die Zuständigkeit für solche Ermittlungen zukünftig vorrangig einer als Zentralstelle für derartige Ermittlungen fungierenden Bundesbehörde zuzuweisen. Bei Finanzermittlungen geht es – auch mit Blick auf die Durchsetzung von Sanktionen – im Wesentlichen darum, tatsächliche Vermögensinhaber und damit regelmäßig die Herkunft bestimmter Vermögenswerte aufzuklären. Zu bedenken ist zudem, dass Sanktionsverstöße schon mit Blick auf die sie ermöglichenden Akteure regelmäßig einen engen Bezug zur nationalen und globalen Finanz-Schattenwirtschaft aufweisen. Es liegt daher auch unter funktionalen Gesichtspunkten auf der Hand, dass eine umfassendere spezialgesetzliche Ausgestaltung von Finanzermittlungen auf das Auffinden von Vermögen der organisierten Kriminalität und terroristischer Organisationen Anwendung finden sollte. Jedenfalls wird es der Gesetzgeber aber schon mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung von Finanzdienstleistungen in einem zweiten Schritt nicht bei den nunmehr in § 9a Abs. 2 AWG genannten Ermittlungsbefugnissen belassen können, sondern bedarf es einer weitergehenden und zudem die Rechte von Betroffenen und Dritten, etwa Berufsgeheimnisträgern, angemessen ausgestaltenden Verfahrensordnung.

Abgrenzung von Finanzermittlungen und Strafprozess

Schließlich wird der Gesetzeber die grundlegende Frage beantworten müssen, wie das Verhältnis von Strafrecht und gefahrenabwehrrechtlichen Finanzermittlungen auszugestalten ist. Kaum überzeugen kann insofern die nunmehrige Anzeigepflicht der von EU-Sanktionen Betroffenen in § 23a Abs. 1 AGW, die gemäß § 18 Abs. 5b AWG strafbewehrt ist. Diese Mitwirkungspflicht der Betroffenen überzeugt in ihrer jetzigen Gestalt schon deshalb nicht, weil darin angesichts der bekanntermaßen oftmals strafbaren Herkunft von Oligarchen-Vermögen regelmäßig eine Verletzung der Selbstbelastungsfreiheit liegen dürfte, so dass Ausnahmen von der Anzeigepflicht oder aber zumindest ein Verwendungsverbot der erlangten Informationen im Strafverfahren geboten ist. Darüber hinaus kann durchaus bezweifelt werden, dass eine strafbewehrte Pflicht der sanktionierten Person zur Mitwirkung an der Durchsetzung der gegen sie ergangenen Sanktionen noch verhältnismäßig ist. Vor allem aber dürften strafbewehrte Pflichten zur Offenlegung der Sanktionsverstrickung von Vermögen oder andere strafbewehrte Pflichten zur Offenlegung des wirtschaftlich Berechtigten dazu führen, dass Finanzermittlungen im Kern in der Regel auf die Ermittlung einer Straftat – nämlich der Verletzung einer Mitwirkungspflicht – hinauslaufen. Dann aber wäre es kaum hinnehmbar, dass bei Finanzermittlungen die Garantien des Strafprozessrechts keine Anwendung finden. Will der Gesetzgeber mit guten Gründen ein rein gefahrenabwehrrechtliches Verfahren zur Klärung fragwürdiger Vermögensverhältnisse schaffen, so wäre er daher gut beraten, etwaige Mitwirkungspflichten nicht mit Strafe zu bedrohen. Nicht zuletzt angesichts der Rechtsprechung des EuGH zu restriktiven Maßnahmen können Mitwirkungsobliegenheiten der Betroffenen – auch zur Darlegung der Herkunft von Vermögen – für gefahrenabwehrrechtliche Beschränkungen von Eigentumsrechten durchaus eine wesentliche Rolle spielen. Statuiert der Gesetzgeber jedoch strafbewehrte Mitwirkungspflichten, so führt dies letztlich fast unausweichlich zu einer Verstrafrechtlichung der Finanzermittlungen. Damit verlieren diese aber ihre verglichen mit dem Strafverfahren größere Flexibilität und wird der funktionale Vorteil selbständiger Finanzermittlungen eingebüßt. Werden solche Ermittlungen hingegen konsequent von strafrechtlicher Verantwortlichkeit getrennt, so erscheint angesichts des dezidiert gefahrenabwehrrechtlichen Zwecks – Klärung unklarer Vermögensverhältnisse zur Verhinderung von Sanktionsverstößen und gegebenenfalls auch zur Verhinderung anderer Kriminalität – eine Anwendung strafprozessualer Verfahrensrechte gerade nicht geboten.

Fazit

Letztlich fällt eine Bewertung des Sanktionsdurchsetzungsgesetzes ambivalent aus. Einerseits bedeutet das Gesetz einen nicht zu unterschätzenden Schritt hin zur Schaffung eines Rechtsrahmens für verwaltungsrechtliche Finanzermittlungen, der sich auf kurz oder lang auch jenseits der Durchsetzung von EU-Sanktionen zu einem zentralen Baustein der Sicherheitsarchitektur entwickeln dürfte. Insofern erscheint es nicht übertrieben, das Gesetz als Beginn einer weitreichenden Veränderung des deutschen Sicherheitsrechts zu begreifen. Dies gilt umso mehr mit Blick auf den Umstand, dass die Reform darüber hinaus den klaren Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck bringt, die Bedeutung von EU-Sanktionen im nationalen Recht erheblich zu stärken.

Andererseits ist das Gesetz aber kaum dazu geeignet, wirksam gegen die Umgehung der gegen Russland gerichteten sektoralen Wirtschaftssanktionen vorzugehen. Es ist zu vermuten, dass dieses Defizit zumindest teilweise darauf beruht, dass sowohl auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene die Effektivität der Umsetzung von Sanktionen bisher eher selten hinterfragt wird, die diesbezügliche Verantwortlichkeit von den staatlichen Stellen oft allzu schnell an die Privatwirtschaft delegiert wird und, wie die Kommission gerade feststellte,1) ein entschlossenes Vorgehen gegen Sanktionsverstöße in den Mitgliedsstaaten regelmäßig kaum zu beobachten ist. Angesichts der Dringlichkeit der sich mit Blick auf den Krieg stellenden Herausforderungen war in der Kürze der Zeit sicherlich keine konzeptionell vollkommen befriedigende Reform zu erwarten. Dennoch enttäuscht es, dass das Augenmerk des Gesetzgebers offenbar ganz überwiegend auf die sanktionierten russischen Oligarchen gerichtet war. Der strategisch dringlicheren Herausforderung wurde hingegen fast keine Aufmerksamkeit gewidmet, nämlich der Umgehung von Sanktionen und der damit einhergehenden aufwendigen Entflechtung der deutschen Wirtschaftsbeziehungen zu Russland und zu anderen sanktionskritischen Handelspartnern. Insofern kann die Reform zwar durchaus den Grundstein für einen Neubeginn beim Vorgehen gegen illegale Finanzflüsse bilden. Der Ukraine dürfte mit dieser Prioritätensetzung gegenwärtig aber nicht geholfen sein.

References

References
1 European Commission, Proposal for a Council Decision on adding the violation of Union restrictive measures to the areas of crime laid down in Article 83(1) of the Treaty on the Functioning of the European Union, COM(2022) 247 final vom 25.5.2022, S. 3 ff.

SUGGESTED CITATION  Vogel, Benjamin: Jenseits der Oligarchen: Das Erste Sanktionsdurchsetzungsgesetz, VerfBlog, 2022/5/31, https://verfassungsblog.de/jenseits-der-oligarchen/, DOI: 10.17176/20220531-182315-0.

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