18 October 2025

Umbau in den Staaten

Neuere Entwicklungen im US-amerikanischen Hochschulrecht

Seit dem Amtsantritt der neuen US-Regierung unter dem 47. US-Präsidenten Donald Trump erfährt die Wissenschaftsfreiheit und das Recht der Forschungsförderung in Nordamerika viel Aufmerksamkeit in Deutschland. Mit Erstaunen, teils mit Entsetzen, verfolgen die einschlägigen Wissenschaftsorganisationen, wie die Bundesregierung Forschungsgrants eingefroren hat und weitreichende Änderungen in Hochschulorganisation und Lehre fordert. Die meisten von solchen Sanktionen betroffenen Universitäten machen Konzessionen und suchen sich mit der US-Administration zu einigen. Zu abhängig sind die forschungsstarken Universitäten von den Bundesmitteln, die in den letzten 30 Jahren einen enormen Aufwuchs erfahren haben.

Widerspenstig gegenüber dem Ansinnen der US-Regierung zeigte sich zunächst nur die Harvard-University. Ihr verdanken wir eine erstinstanzliche Gerichtsentscheidung zum Vorgehen der US-Regierung. Das vom US-District Court für Massachusetts getroffene Urteil könnte, wenig überraschend, eindeutiger nicht ausfallen: Die Suspendierungen der Forschungsgrants verstießen gegen das First Amendment. Zwingende Verfahrensregeln im Zusammenhang mit dem Civil Rights Act wurden offensichtlich missachtet. Der bundesrechtlich für die Aufhebung von Förderbescheiden geforderte Sachzusammenhang zwischen den geförderten Forschungsprojekten und antisemitischen Vorfällen wurde nicht im Ansatz dargelegt. Die Entscheidungen der US-Regierung seien „arbitrary and capricious“.

Was in den Diskussionen um die einzelnen Maßnahmen des Bundes gegenüber Universitäten aber leicht aus dem Blick gerät, ist, was sich in den USA auf der Ebene der Bundesstaaten abspielt. Denn das forschungs- und hochschulpolitische Programm der Trump-Administration wurde teils seit Jahren vorgespurt und wird teils massiv verstärkt durch die Entwicklung in einzelnen Bundesstaaten. Das soll hier an vier Beispielen, Florida, Texas, Ohio und Indiana, erläutert werden.

Überblick über gesetzliche Änderungen in Bundesstaaten

Betroffen von Novellierungen in den Hochschulgesetzen der Bundesstaaten sind vor allem die staatlichen Universitäten. Für das Universitätssystem der USA sind die aber von zentraler Bedeutung. 70 % aller Studierenden in den USA gehen auf staatliche Hochschulen, in postgraduierten Studiengängen sind es immer noch 50 %. Für diese Einrichtungen werden nun Modelle der shared governance beschnitten, Lehrvorgaben gemacht, bei Verstößen gegen solche die Gewährung von tenure revidiert sowie Diversity, Equity, and Inclusion (DEI)-Statements und DEI-Programme verboten.

Solche DEI-Programme umfassen etwa Workshops und Seminare, auch außerhalb des Curriculums, zu critical race theories, social justice,  Rassismus, sexueller Identität und sexueller Orientierung (wobei solche Schulungen für Lehrende und Verwaltungsbedienstete oft obligatorisch sind). Ferner gehören zu solchen Programmen das affirmative housing (nach Identitätsmerkmalen zusammengesetzte Wohnheime) und Aktivitäten von affirmative groups. Sie sollen Selbstwirksamkeit und Zugehörigkeit stärken. Zudem werden Inklusionspolitiken administrativ implementiert, etwa Verwaltungsstäbe eingerichtet, die geschlechtersensible Kursbeschreibungen sicherstellen sollen. Schließlich gibt es Stipendienprogramme oder Mentorate für spezielle Gruppen.

Verwandt mit solchen DEI-Programmen sind besondere Zulassungsprogramme für unterrepräsentierte Minderheiten im Rahmen der sogenannten affirmative action, die der US-Supreme Court in der Rechtssache Grutter v. Bollinger 2003 gebilligt hatte, soweit sie der educational mission dienen (und nicht als allgemeine Wiedergutmachungs- oder Gerechtigkeitspolitik angelegt waren).

2023 verbot der Supreme Court in der Rechtssache Students for Fair Admission v. Harvard hingegen weitreichend Praktiken der affirmative action, etwa Zulassungsquoten für bestimmte ethnische Gruppen oder einen Punktebonus bei Zugehörigkeit zu einer solchen Gruppe, als diskriminierend.

Die Debatten um affirmative action und DEI-Programme zeigen anschaulich die tiefreichende ideologische Spaltung in den USA hinsichtlich der Frage, wie Chancengerechtigkeit in einem meritokratischen Grundsätzen folgenden Bildungs- und Wissenschaftssystem verstanden wird und wie „strukturelle Diskriminierungen“ perzipiert werden.

Rechtliche Unterschiede zwischen den USA und Deutschland bzw. der EU

Um die zugrundeliegenden Konflikte und die rechtlichen Maßnahmen in den Bundesstaaten ein wenig einordnen zu können, sollte man sich hierzulande immer auch der rechtlichen Unterschiede zwischen der EU bzw. Deutschland und den USA in Fragen der Wissenschaftsfreiheit und des Antidiskriminierungsrechts vergegenwärtigen.

Das Hochschulrecht in den USA ist weit weniger konstitutionalisiert als in Deutschland. Das betrifft gleichermaßen das Organisations- wie das Zulassungsrecht: Im Gefolge der ausgreifenden Rechtsprechung des BVerfG zu Art. 5 Abs. 3 GG bestehen in Deutschland extensive verfassungsrechtliche Bindungen für die Binnenorganisation von Hochschulen und für professorale Partizipationsrechte. Die Machtfülle, die den boards of trustees, Präsidenten und Provosts, davon abgeleitet auch Dekanen, in den USA zukommt, wäre schlicht verfassungswidrig. Annäherungen an ein strong dean-Modell, wie es das Hochschulgesetz in Hamburg vorgesehen hat, wurden von Karlsruhe verworfen. In der Entscheidung zur Studienplatzvergabe von 2017 bekräftigte das BVerfG zudem, dass die Zulassung von Studenten im Kern nach Kriterien individueller Eignung erfolgen müsse. Sonderquoten und Punkte-Boni für ethnische Gruppen wären also (auch) in Deutschland verfassungswidrig.

In den USA ist die Wissenschaftsfreiheit stärker durch Arbeitsrecht und soft law geprägt als durch Verfassungsrecht. Eine ausdrückliche Verfassungsgarantie gibt es nicht. Der US-Supreme Court hat die Wissenschaftsfreiheit als Prinzip des Ersten Zusatzartikels anerkannt. Für viele Konfliktkonstellationen liegt aber keine konsolidierte Rechtsprechung vor. In der Folge gibt es zwar einen recht robusten Schutz für Konflikte um die Wissenschaftsfreiheit in den arbeitsrechtlich durchformten Beziehungen zwischen Universitätsleitung und Lehrenden. Der Schutz der Universitäten gegenüber Gesetzgebung und Regierung fällt hingegen schwächer aus. Prognosen der Erfolgsaussichten von Gerichtsverfahren sind mit erheblichen Ungewissheiten verbunden.

In Fragen des Antidiskriminierungsrechts setzt die EU einen Rahmen, der das Problem struktureller Diskriminierungen mit dem Schutz individueller Interessen und Besonderheiten zu verbinden sucht. Einstellungen und Beförderungen nach strikten Gruppenquoten ohne Einzelfallbetrachtung sind europarechtswidrig. Bestimmte Maßnahmen von DEI-Programmen, wie sie bislang in den USA praktiziert wurden (etwa: Ausschreibungen von Stellen vorbehalten für einzelne ethnische Gruppen oder sexuelle Orientierungen), wären in Europa in dieser Form rechtswidrig, auch wenn die dahinter liegenden Zielsetzungen, die Adressierung struktureller Diskriminierungen, sich im Europarecht durchaus abbilden.

Vorreiter: Florida

Den Reigen der Bundesstaaten, die gesetzgeberische Maßnahmen gegen DEI-Aktivitäten und, aus ihrer Sicht, politischen Aktivismus an staatlichen Universitäten ins Werk setzten, eröffnete Florida mit der Senate Bill 266, in Kraft getreten am 1. Juli 2023.

Zu den Änderungen des Florida Early Learning-20 Education Codes gehörten insbesondere ein Verbot von DEI-Statements für Zulassungs-, Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen (sec. 1001.741 (1) (b)) sowie das Verbot, state or federal funds (sec. 1004.06 (2)) für Diskriminierungen im Sinne einer sehr ausgreifenden Legaldefinition in sec. 1000.05 zu verwenden oder to „advocate for diversity, equity, and inclusion, or promote or engage in political or social activism, as defined by … regulations of the Board of Governors“.

Die Legaldefinition von Diskriminierungen in sec. 1000.05 umfasst einerseits klassische Diskriminierungstatbestände, wie wir sie aus Art. 3 Abs. 3 GG oder Art. 21 EUGRC kennen, daneben aber auch Tatbestände, die auf vom Gesetzgeber angesonnene Grundannahmen der critical race theories und critical gender theories zielen:

„(4)(a) It shall constitute discrimination on the basis of race, color, national origin, or sex under this section to subject any student or employee to training or instruction that espouses, promotes, advances, inculcates, or compels such student or employee to believe any of the following concepts:

7. A person, by virtue of his or her race, color, sex, or national origin, bears personal responsibility for and must feel guilt, anguish, or other forms of psychological distress because of actions, in which the person played no part, committed in the past by other members of the same race, color, national origin, or sex.

8. Such virtues as merit, excellence, hard work, fairness, neutrality, objectivity, and racial colorblindness are racist or sexist, or were created by members of a particular race, color, national origin, or sex to oppress members of another race, color, national origin, or sex.“

Ausdrücklich aufgenommen in den hochschulgesetzlichen Kanon der Diskriminierungen ist die Gleichstellung von race und Antisemitismus, wobei Letzterer im Sinne der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) legal definiert wird (sec. 1000.05 (8)).

 Das Board of Governors in Florida als oberstes Leitungsorgan des Systems staatlicher Universitäten in Florida hat Durchführungsbestimmungen zu „promote or engage in political or social activism“ erlassen und so die Tatbestandsmerkmale der Ausgabenverbote von sec. 1004.06 (2) näher definiert. Diese Ausführungsregeln enthalten ausdrücklich Sonderregelungen für „classroom instruction“ und „student-led organizations“ zugunsten der Lehrfreiheit und studentischen Selbstorganisation. Typische Aktivitäten von DEI-Büros dürfen hingegen nicht mehr aus staatlichen Mitteln finanziert werden. Daraus folgt zugleich: Das Hochschulrecht in Florida kennt kein pauschales Verbot für gender studies oder Rassismusstudien. Bestimmte Lehrinhalte aus den critical theories werden jedoch, so sie affirmierend unterrichtet werden, zu Diskriminierungen erklärt und können dann sanktioniert werden.

Die Universitäten in Florida haben in der Folge mehrstufige Checklisten für Verwaltung und Lehrende erstellt, welche Ausgaben verboten sind. Diese Entscheidungsbäume geraten recht unübersichtlich und bieten Anlass für allerlei Zweifelsfragen.

Texas

Wohl auch deshalb wählte Texas eine andere Regulierungstechnik als Florida, als es mit Wirkung zum 1. Januar 2024 durch Senate Bill 17 den Texas Education Code änderte. Interessant ist besonders sec. 51.3525. Texas beschränkt sich nicht auf Finanzierungsfragen, sondern statuiert unmittelbare Verbote: Gesetzlich untersagt werden staatlichen Universitäten der Betrieb von DEI-Büros, die Forderung und Berücksichtigung von DEI-Statements bei Zulassungs-, Einstellungs- und Beförderungsentscheidungen sowie obligatorische DEI-Trainings. Ausdrücklich nicht erfasst von dieser Regulierung sollen „academic course instruction“ und „scholarly research“ sein.

Senate Bill 17 sowie eine Neufassung durch Senate Bill 37, in Kraft getreten am 1. September 2025, führten zudem zu einer weitreichenden Neustrukturierung der Hochschulgovernance (sec. 51.3522): Teilhaberechte von Lehrenden und Studierenden werden beschnitten. Akademische Senate, faculty councils oder andere Repräsentationsgremien werden auf konsultative Funktionen beschränkt. Veto-Positionen oder dezisive (Mit-)Entscheidungsrechte (etwa in Berufungsverfahren, bei tenure-Entscheidungen oder der Gestaltung des Curriculums – also bei Vorgängen, die akademische Kompetenz erfordern) sind zwingend zu versagen. Das Letztentscheidungsrecht über Personal- und Lehrfragen wird bei den Boards of Regents der staatlichen Universitäten konzentriert. Diese sind durch universitätsexterne Personen besetzt, ernannt vom Governor mit Zustimmung des Senats von Texas. Ob diese vollständige Entmachtung der faculty mit der Wissenschaftsfreiheit im Sinne des vom US-Supreme Court anerkannten verfassungsrechtlichen Prinzips noch vereinbar ist, erscheint zumindest zweifelhaft.

Nur am Rande sei zudem erwähnt, dass Texas in diesem Jahr seine Gesetzgebung zu freier Rede auf dem Campus grundlegend geändert hat (sec. 51.9315). Wurden 2019 die Campus zu general public forums erklärt, begrenzte man in diesem Jahr das Rede- und Versammlungsrecht auf Universitätsangehörige. Zudem wurde gesetzlich klargestellt, dass disruptive Protestformen verboten sind und die Universität durch time, place, and manner restrictions sowie durch Disziplinarmaßnahmen und Sanktionen die Erfüllung der educational mission schützen darf.

Für die Versammlungs- und Redefreiheit auf dem Campus bilden die anti-israelischen Proteste nach dem 7. Oktober 2023 eine tiefe Zäsur: Waren Republikaner bis dato in der Regel entschiedene Gegner von speech regulation an Universitäten, kritisierten sie bis dahin scharf die Idee von safe spaces und sahen keinen Anlass, verbindliche Pflichten zur Rücksichtnahme auf „Gefühle“ der Sicherheit und Zugehörigkeit zur Universitätsgemeinschaft zu normieren, änderte sich das danach einschneidend.

Die in Texas vom Gesetzgeber verabschiedeten neuen Grenzsetzungen für die Redefreiheit auf dem Campus sind ein markantes Beispiel für Prozesse der Aneignung, Revision und Neubestimmung von eigentlich „progressiven“ Ordnungsfiguren seitens konservativ-rechtspopulistischer Kräfte. Ein anderes prominentes Beispiel wäre der Begriff der Diversität. Das zeigen die abschließenden Beispiele:

“Intellectual diversity“ in Ohio und Indiana

In Ohio begegnet uns zunächst das schon aus Florida und Texas vertraute Bild: Ohio Senate Bill 1 vom 28. März 2025 verbietet alle DEI-Programme. Es verpflichtet zudem zur Überprüfung der tenured faculty alle fünf Jahre (sec. 3345.453). Die Gewährung von tenure ist im (wie eingangs gesagt: arbeitsrechtlich geprägten) US-amerikanischen Wissenschaftsrecht ein zentrales Instrument zum Schutz der Wissenschaftsfreiheit. Nun gilt: Wer wiederholt Leistungs- und Verhaltenserwartungen als tenured faculty-Mitglied nicht erfüllt, kann trotz tenure-Gewährung entlassen werden. Zu einem Zentralbegriff der regelmäßigen Leistungs- und Verhaltensbewertung wird die „intellectual diversity“. Diese wird gesetzlich (sec. 3345.0217) nicht etwa intellektuell als Vielfalt an Forschungsmethoden, Forschungsfragen und Reflexion der Heterogenität an Vorverständnissen definiert, sondern schlicht politisch als „multiple, divergent, and varied perspectives on an extensive range of public policy issues.“

Jede staatliche Universität muss in Ohio zukünftig durch ihr oberstes Leitungsgremium politische Strategien zur Sicherung und Durchsetzung der so verstandenen „intellectual diversity“ verabschieden. Bei politisch kontroversen Themen, genannt werden in sec. 3345.0217 „climate policies, electoral politics, foreign policy, diversity, equity, and inclusion programs, immigration policy, marriage, or abortion“, müssten Studenten zu eigenen Schlussfolgerungen kommen können. Alle Kurse müssen diesem Gebot intellektueller Diversität entsprechen, andernfalls könnten sie nicht mehr genehmigt werden.

Wie sich nun dieses Recht der Studierenden zu eigenen Schlussfolgerungen auf Feldern kontroverser politischer Themen zu Instrumenten der Qualitätssicherung und zur Wissens- und Wahrheitsfunktion der Universität verhält, bleibt offen. In der Praxis führt das zu erheblichen Verwirrungen und Fehlentwicklungen: Darf sich eine Dozentin etwa zu einem studentischen Essay, der die Rechte des First Amendment nur auf ethnisch weiße Personen anwendbar erklärt, nicht mehr verhalten? Muss man gar, wenn der Essay rein handwerklich betrachtet gut geschrieben ist, ihn als preiswürdig behandeln (um ein Beispiel von der University of Florida zu bemühen)? Droht einem Jura-Dozenten, der abwegigen Rechtsdeutungen im Kontext politischer Kontroversen widerspricht oder sie negativ bewertet, letztlich die Entlassung wegen Verletzung des Gebots sogenannter „intellektueller Diversität“ (bei der es gemäß gesetzlicher Definition ja gerade nicht um epistemische Redlichkeit und hochschulpädagogische Standards geht)?

Ähnliche Fragen stellen sich auch im Bundesstaat Indiana mit Blick auf Senate Bill 202 vom März 2024. Indiana hatte sich zunächst für ein etwas anderes Vorgehen als Texas und Florida entschieden: DEI-Aktivitäten wurden nicht verboten, sondern umprogrammiert durch die Verpflichtung auf „intellectual diversity“. Die Boards of Trustees sollten Diversitätskommissionen einrichten, die in Fragen der kulturellen und intellektuellen Diversität Empfehlungen machen und Aufsicht ausüben (IN Code 21-27.4-4 (2024)). Qua Gesetz wurde eine Art affirmative action für die Zulassung konservativer Studierender nahegelegt. Durch die Senate Bill 289 wurde diese Strategie ein Jahr später revidiert, die Passage zu Diversitätskommissionen wurde mit Wirkung zum 6. Mai 2025 ganz gestrichen.

Weiterhin gilt aber: Die Boards of Trustees sollen Strategien und Regeln erarbeiten, die Beförderungen und die Erteilung von tenure ausschließen, sofern für ein Fakultätsmitglied folgende Prognosen erstellt werden (IN Code 21-39.5-2-1):

„(1) unlikely to foster a culture of free inquiry, free expression, and intellectual diversity within the institution;

(2) unlikely to expose students to scholarly works from a variety of political or ideological frameworks that may exist within and are applicable to the faculty member’s academic discipline; or

(3) likely, while performing teaching duties within the scope of the faculty member’s employment, to subject students to political or ideological views and opinions that are unrelated to the faculty member’s academic discipline or assigned course of instruction.“

Alle fünf Jahre werden die tenured faculty members zudem einer Evaluation unterzogen, ob sie diesen Anforderungen genügen. Ansonsten droht die Entlassung.

Schlussbemerkung und Ausblick

Wenn man von Deutschland aus die Entwicklungen des Hochschulsystems in den USA beobachtet, sollte man genau hinschauen, also  auch die Unterschiede im Verfassungs- und Antidiskriminierungsrecht sowie die Details der hochschulgesetzlichen Regulierungen in den Bundesstaaten betrachten.  Man findet neben potentiellen Verletzungen des First Amendments auch Novellierungen, die geltendem Recht in Deutschland entsprechen. Das gemahnt zur Vorsicht, bei der Einordnung wissenschaftspolitischer Entwicklungen in den USA, Gefühlen der Empörung und der Lust an der Skandalisierung freien Lauf zu lassen.

Die hochschulrechtliche Situation ist in einzelnen Bundesstaaten volatil; Regelungsinstrumente werden etabliert und alsbald wieder gestrichen. Hinzu kommen vage gehaltene, aber mit harten Sanktionen versehene Lehrvorgaben. Diese Situation führt bei Einrichtungsleitungen und Lehrenden zu einer erheblichen Verunsicherung, was gelehrt und wie finanziert werden kann. Diese Verunsicherung bewirkt einen „chilling effect“. Kritiker sagen, dass es den politisch Verantwortlichen gerade auf diesen Effekt ankommt.

So bedenklich manche der hier skizzierten Rechtsentwicklungen sind: Zur intellektuellen Redlichkeit gehört auch die Frage, ob es nicht auch einen Beitrag des nordamerikanischen Wissenschaftssystems selbst gibt, der dazu führte, sich nun in dieser misslichen Lage zu befinden.

Kritiker halten zumindest die Geistes-, Gesellschafts- und Kulturwissenschaften dort in Teilen für überideologisiert, weil und wenn das politisch-aktivistische Interesse gegenüber dem epistemischen Interesse ersichtlich die Überhand gewinnt. Es gebe Tendenzen zur geistigen Milieuverengung, die mehr über politische Gesinnungen als über intellektuelle Meriten gesteuert wird. Solche Entwicklungen erweisen sich für die Wissenschaft als ein systemisches Problem, das anzugehen unter dem Obwalten der Wissenschaftsfreiheit allerdings ihr selbst aufgegeben ist. Die hier vorgestellten Hochschulgesetze drohen das Problem zu vertiefen, soweit politische Ideologisierungen und identitätspolitische Konflikte im Hochschulkontext noch verschärft werden.

Das betrifft insbesondere den Umgang mit dem Thema Diversität. Die hat in der Universität eine epistemische Funktion. Vielfalt steigert potentielles Wissen. Wenn die Hochschulgesetzgebung diese Einsicht schlicht negiert, wird sie im Horizont der Wissenschaftsfreiheit zu einem Problem. Umgekehrt müssen Universitäten ihre Diversitätspolitiken aber auch primär und pragmatisch an dieser epistemischen Funktion ausrichten. DEI-Programme sind kein Selbstzweck und zuweilen gibt es auch Fehlentwicklungen. Ein lernender Umgang damit darf gerade an einer Universität kein Tabu sein.

Universitäten sind also gefordert, ihre spezifisch epistemische Funktion zu verteidigen. Dazu gehört auch, inneruniversitär Konflikte um das Verhältnis von politischem Aktivismus und Qualitätssicherung in der Wissensgenerierung mit der gebotenen Ernsthaftigkeit auszutragen. Kritische Wissenschaft und gemeinwohlorientierte Forschung haben an Universitäten ihren guten Ort, zugleich sind alle Wissenschaftler in der Pflicht, einander über Forschungsinteressen und -methoden Rechenschaft abzulegen: Wissenschaftsfreiheit ist etwas anderes als free speech mit tenure. Wissenschaftsfreiheit begründet auch keine korporative Autonomie zur Verfolgung beliebiger gesellschaftspolitischer Zwecke und Ziele.

Man könnte auch sagen: Es war zumindest strategisch-hochschulpolitisch ein Fehler der critical theories, Wissensfragen umstandslos zu bloßen Machtfragen zu erklären und das Spezifische der wissenschaftlichen Wissensproduktion, alteuropäisch: den Wahrheitsanspruch der Wissenschaft, zu verschleifen. Die Forschungen zu rechtspopulistischen Bewegungen lassen vermuten: Wenn die Wissenschaft ihre epistemische mit politischer Macht verwechselt, trägt sie selbst dazu bei, dass die Akzeptanz der Wissenschaftsfreiheit ebenso wie die der liberalen Demokratie schwindet.


SUGGESTED CITATION  Heinig, Hans Michael: Umbau in den Staaten: Neuere Entwicklungen im US-amerikanischen Hochschulrecht, VerfBlog, 2025/10/18, https://verfassungsblog.de/universitaten-usa-forschungsfreiheit-trump/.

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