BVerfG: Gute Nachrichten für Blogger
Das Bundesverfassungsgericht hat das Landgericht Berlin in punkto Meinungsfreiheit eingenordet: Aggressive, zugespitzte, subjektive, personalisierende Anpranger-Berichterstattung – mit anderen Worten: Blogs – kann man nicht ohne weiteres unter Berufung auf das Persönlichkeitsrecht verbieten lassen.
Ein Website-Betreiber – offenbar ein Blogger, welcher Provenienz ist mir nicht ganz klar – hatte Ärger mit einem Anwalt, über dessen Treiben im Zusammenhang mit einem Bankskandal oder dergleichen er auf seiner Website berichten wollte. Es gab einen einigermaßen unfreundlichen Schriftwechsel, aus dem der Blogger zitierte – was ihm der Anwalt mit Hilfe des LG Berlin prompt verbot: Persönlichkeitsrecht, so das Landgericht – der Anwalt werde durch die Veröffentlichung seiner eigenen Worte in ein schlechtes Licht gerückt. Die Nickeleien zwischen dem Blogger und dem Anwalt seien für die Öffentlichkeit nicht weiter interessant, daher müsse hier die Meinungsfreiheit zurückstehen.
Das Persönlichkeitsrecht, so erinnert die 1. Kammer des Ersten Senats (Papier noch dabei), vermittelt
nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts seinem Träger keinen Anspruch darauf (…), öffentlich nur so dargestellt zu werden, wie es ihm selbst genehm ist.
Auch die Abwägung des LG zwischen Persönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit missfällt den Verfassungshütern auf das Heftigste: Dass eine Meinungsäußerung für die Öffentlichkeit total irrelevant ist, könne zwar ein Abwägungsgesichtspunkt sein.
Dies bedeutet aber nicht, dass die Meinungsfreiheit nur unter dem Vorbehalt des öffentlichen Interesses geschützt wäre und von dem Grundrechtsträger nur gleichsam treuhänderisch für das demokratisch verfasste Gemeinwesen ausgeübt würde. Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen.
Ich bin zwar insoweit vielleicht ein etwas untypischer Blogger, als ich nur selten Leute persönlich attackiere und meine Themenwahl doch stark am öffentlichen Interesse orientiere. Aber dazu bin ich Blogger genug, dass ich diese Entscheidung prima finde.
Das BVerfG hat sich schon in den Caroline-Sachen durch den EGMR korrigieren lassen müssen. Das könnte wieder so ein Fall werden.
Grundsätzlich ist das schon positiv. Damit wird die Waagschale deutlich hin zur Meinunugsfreiheit gestärkt.
Das Problem für den gemeinen Blogger ist allerdings auch, überhaupt einen Rechtstreit zu führen. Dann es entstehen ja nicht gerade geringe Kosten, die man im besten Fall trotzdem vorfinanzieren muss. Im schlechtesten Fall darf man sich durch die Instanzen klagen, bis man dann ein Gericht findet, was auch willig ist (in der Regel wird man wohl nur an 2-3 Gerichtsstandorten in Deutschlandverklagt werden), dem BVerfG in seiner Ansicht zu folgen.
Das Vertrauen in die Gerichte in punkto Meinungsfreiheit und Netzkultur ist denkbar gering.