BVerfG: Karlsruhe hilft Opfer von EC-Kartenbetrug
Wenn einem das Konto leergeräumt wird, will man sich wehren können: Normalerweise hat man einen Anspruch gegen die Bank, die Belastung wieder gutgeschrieben zu bekommen, sofern man glaubhaft machen kann, dass es dabei nicht mit rechten Dingen zugegangen ist – also dass man nicht das Geld einfach selbst abgehoben hat oder fahrlässig mit der PIN-Nummer umgegangen ist.
Ein solcher atypischer Verlauf liegt vor, wenn man die neue EC-Karte gar nicht erst bekommen hat und dann mit dieser Karte Geld aus dem Automaten gezogen wurde. So verhielt es sich bei einer Frau aus Frankfurt/Oder, die daraufhin ihre Bank verklagen wollte und Prozesskostenhilfe beantragte. Vergebens: Amts- und Landgericht versagten die PKH, weil kein Anspruch ersichtlich sei: Das Geld sei mit der richtigen PIN ohne Fehlversuche abgehoben worden – das spreche dafür, dass die Dame selbst an dem Verlust schuld sei. Ihren Einwand, die Karte sei ihr gar nicht zugegangen und jemand bei der Bank könne sich Zugang zu ihrer PIN verschafft und das Geld abgehoben haben, akzeptierten die Richter nicht.
Hätten sie aber müssen, so die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts. Diese Fallkonstellation, wo die Karte nicht zugegangen ist, sei höchstrichterlich noch nicht entschieden. Daher hätten die Richter der Frau nicht den Zugang zum Rechtsschutz verwehren dürfen.
Der Fall ist heikel. Wenn die Bank tatsächlich verurteilt wird, dann steht die Vermutung im Raum, dass jemand in der Sphäre der Bank sich a) die neu verschickte Karte und b) die dazugehörige PIN verschaffen kann. Das kann es eigentlich nicht geben, oder?
a) Es geht ja erst einmal nicht um den Fall, sondern um die Prozesskostenhilfe. Zum Fall selbst lässt sich wenig sagen – es ist nach den vorgelegten Informationen auch nicht völlig auszuschließen, dass der Betrug in der Sphäre der Frau passierte.
b) Sehr viel entscheidender ist, dass das Verfassungsgericht sich mit solchen Fällen wieder als der Anwalt des kleinen Mannes (hier: der kleinen Frau) geriert, der den großen anonymen Institutionen (hier: der Bank) scheinbar schutzlos ausgeliefert ist. Wie viele solcher Entscheidungen GEGEN die Beschwerdeführer werden bekannt? Die allermeisten Nichtannahmebeschlüsse (aus Zeitmangel zu Recht meist ohne Begründung) verschwinden in der Anonymität der Jahresstatistik.
Gut möglich ist auch, dass Karte und PIN weder bei der Bank abgeschöpft wurden, noch bei der Frau angekommen sind, sondern das Leck auf dem Postweg liegt. Der Postbote könnte zugegriffen haben, aber auch ein Dieb die Briefe aus dem Briefkasten entwendet. In beiden Fällen müsste die Bank das Geld erstatten, obwohl kein Bank-Angestellter zugelangt hat. Die Bank hat sich eben dafür entschieden, Karte und PIN über einen unsicheren Zustellungsweg an die Kunden zu bringen (anders als etwa bei einer persönlichen Übergabe in der Filiale oder bei einem Einschreiben mit persönlicher Übergabe und Prüfung der Identität durch den Briefträger über den Personalausweis), und die Bank kann dann nicht die Risiken dieser Entscheidung allein auf die Kunden abwälzen.
Gut möglich ist auch, dass Karte und PIN weder bei der Bank abgeschöpft wurden, noch bei der Frau angekommen sind, sondern das Leck auf dem Postweg liegt. Der Postbote könnte zugegriffen haben, aber auch ein Dieb die Briefe aus dem Briefkasten entwendet. In beiden Fällen müsste die Bank das Geld erstatten, obwohl kein Bank-Angestellter zugelangt hat. Die Bank hat sich eben dafür entschieden, Karte und PIN über einen unsicheren Zustellungsweg an die Kunden zu bringen (anders als etwa bei einer persönlichen Übergabe in der Filiale oder bei einem Einschreiben mit persönlicher Übergabe und Prüfung der Identität durch den Briefträger über den Personalausweis), und die Bank kann dann nicht die Risiken dieser Entscheidung allein auf die Kunden abwälzen.
Es geht gar nicht darum dass die Bank ein Verschulden treffen muss – wir reden nicht über einen Schadenersatzanspruch, sondern über vertragliche Ansprüche.
Die Verfügung mittels PIN und EC-Karte stellt einen Auftrag/eine Anweisung des Vertragspartners an die Bank dar, woraufhin diese berechtigt/verpflichtet ist, den Auftrag auszuführen, wodurch sich der Kontostand des Kunden ändert.
Hat nun ein beliebiger Dritter diesen Auftrag erteilt, ist dieser Auftrag nicht wirksam, da nur der Vertragspartner oder ein Bevollmächtigter dazu berechtigt ist, Aufträge an die Bank zu geben. Die Bank trägt also prinzipiell die Beweislast dafür, dass ein wirksamer Auftrag vorliegt. Kann die Bank aber nicht einmal den Zugang der EC-Karte und PIN beweisen (könnte ja auch jemand bei der Post geklaut haben), kann sie auch nicht beweisen dass der Kunde einen Auftrag an sie gegeben hat.
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Thomas Stadler und Barney vom Seewolf, Maximilian Steinbeis erwähnt. Maximilian Steinbeis sagte: BVerfG: Karlsruhe hilft Opfer von EC-Kartenbetrug: Wenn einem das Konto leergeräumt wird, will man sich wehren kön… http://bit.ly/73nu9k […]