Jonathan Schramm, Cora Wegemund
Für einen leistungsfähigen Rechtsstaat braucht es sowohl eine wehrhafte Demokratie als auch hochqualifizierten Nachwuchs. Generell zeigt sich aber, dass bislang überraschend wenige das Ziel, den Rechtsstaat gegenüber autoritär-populistischen Tendenzen resilienter zu machen, mit der juristischen Ausbildung zusammenbringen. Dabei ist empirisch belegt, dass Bildung, die auf Risiken und Gefahren vorbereitet, einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Herausbildung eines kritischen Bewusstseins und auf die Bewältigung von Krisen hat.
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Eva Maria Bredler
Sexualisierte Gewalt gibt es keine, Reproduktion auch nicht, und jede darf selbst über ihren Körper bestimmen: So sieht die Welt nicht nur in Greta Gerwigs Film „Barbie“ aus, sondern auch in der juristischen Ausbildung. Dass Sexismus im Curriculum kaum vorkommt, ist kein theoretisches Problem, sondern macht sexistische Rechtsauslegung und -anwendung wahrscheinlicher. Die Forderung ist nicht neu: Statt rosaroter Brille braucht es dringend eine machtkritische Perspektive im Jurastudium.
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Hinnerk Wißmann
Wenn möglichst viele Menschen Jura studieren können sollen, dieses Studium auch in Zukunft zugleich akademisch grundständig und berufsbefähigend angelegt sein soll, und schließlich die eigene Verantwortung für den Studienweg gestärkt werden soll – dann gibt es nichts Besseres als das bestehende System des Staatsexamens.
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Nele Austermann
Was braucht es für eine Staatsexamensausbildung, die Jurist:innen ausbildet, die mit geistiger Unabhängigkeit, politischer Sensibilität, moralischer Orientierung rechtliche Entscheidungen und Aussagen treffen können? Zum einen braucht es eine antifaschistische Ausbildung über die Gefahren des Rechts im Rechtsstaat. Damit meine ich keine unpolitische Extremismusbildung, bei der in der staatsorganisationsrechtlichen Vorlesung die „Feinde“ des liberalen Rechtsstaats mit Konzepten der „wehrhaften Demokratie“ oder der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ bekämpft werden sollen.
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Johanna Croon-Gestefeld, Till Patrik Holterhus
Der Eindruck, dass es erst einer Gesetzesänderung bedürfte, um grundlegende Reformen des Jurastudiums anzustoßen, täuscht. Schon heute zeigt eine Initiative des Landes Niedersachsen, dass auch im bestehenden (bundes-)rechtlichen Rahmen auf wesentliche Aspekte der Kritik am etablierten Modell des Jurastudiums reagiert werden kann: Im Lüneburger Modell folgt das Jurastudium zum Staatsexamen einer stark veränderten Konzeption.
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Marina Giglberger
Das Erste Juristische Staatsexamen zählt aufgrund der Menge des in einem Block geprüften Stoffumfangs und der damit verbundenen langen Prüfungsvorbereitung zweifellos zu einer der anspruchsvollsten Prüfungsphasen des deutschen Hochschulsystems. Das JurSTRESS-Projekt konnte mithilfe moderner biopsychologischer Methoden und einem detaillierten, longitudinalen Design bestätigen, dass die Vorbereitung auf die Erste Juristische Staatsprüfung eine sehr belastende Zeit für die Studierenden darstellt. Besonders bedenklich sind dabei die hohen Raten an zu mindestens einem Messzeitpunkt auffälligen Werten in den Dimensionen Ängstlichkeit (48%), Depressivität (19%) und chronisches Stresserleben (59%).
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Anna Katharina Mangold
Dieser Beitrag beleuchtet einige Aspekte von Diskriminierung und juristischer Ausbildung und stellt Überlegungen vor, wie eine inklusive und möglichst diskriminierungsfreie juristische Ausbildung aussehen könnte und wie diskriminierende Strukturen in der juristischen Ausbildung verhindert werden könnten. Jura ist wie wenig andere Studiengänge geprägt von starken Exklusionen in der Auswahl von Lehrpersonal und Studierenden. Eine inklusivere personelle Auswahl könnte sich auf die Inhalte in der juristischen Ausbildung auswirken, der es bisher weitgehend an vertiefter thematischer Auseinandersetzung mit Rechtsfragen von Diskriminierung mangelt.
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Armaghan Naghipour
Die bundesdeutsche juristische Ausbildung ist darauf ausgerichtet, Jurist:innen auszubilden, die in allen Kernbereichen des deutschen Rechts einsetzbar sind - "Einheitsjuristen". Dieses Ziel, den „Einheitsjuristen“ möglichst breit einzusetzen, mag in Zeiten der juristischen Spezialisierung und Ausdifferenzierung der juristischen Arbeit anachronistisch erscheinen; es erklärt sich jedoch durch die staatliche Sichtweise, die die juristische Ausbildung prägt. Dabei bleibt aber vor allem eine diskriminierungssensible Ausbildung auf der Strecke.
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Personalrat der Referendar:Innen am Hanseatischen Oberlandesgericht
Für viele Absolvent:innen ist das Jurastudium nicht das Ende der juristischen Ausbildung. Das Referendariat, das auf das zweite Staatsexamen vorbereitet, bedeutet einen anderen Modus der Ausbildung, die nun mehr von praktischer Arbeit geprägt ist. Dieser Ausbildungsabschnitt ist von geringer Bezahlung und mitunter hohen Kosten geprägt; an seinem Ende steht abermals ein belastendes Examen. Um mehr Chancengleichheit herzustellen, sind Reformen notwendig.
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Sophie Früchtenicht
Während die Fragestellungen der sozial-ökologische Transformation wohl in die meisten unserer Lebensbereiche vorgedrungen sind, bleibt ein Bereich bisher noch überraschend unberührt: die juristische Ausbildung. Dabei ist weder die Rechtswissenschaft noch die juristische Ausbildung ganz unbeteiligt. Gerade in den Details der Transformation und ihrer Hintergründe wird deutlich, warum auch die Rechtswissenschaft am Thema der sozial-ökologischen Transformation nicht vorbeikommt.
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Lys Kulamadayil
Soziale Hierarchien werden in der juristischen Ausbildung in Deutschland widergespiegelt und reproduziert. Während in der Rechtssoziologie die soziale Reproduktion der juristischen Zunft schon lange Forschungsgegenstand ist, beschäftigen sich juristische Fakultäten selbst nur selten mit der Frage, wie die juristische Ausbildung zur Aufrechterhaltung und Reproduktion sozialer Hierarchien beiträgt. Noch seltener findet eine Reflektion darüber statt, wie diese Reproduktion sich auf die Rechtspraxis und ihren Beitrag zur gesellschaftlichen Ordnung in Zeiten einer stetig weiter auseinanderklaffenden Wohlstandsschere auswirkt.
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Frederik Janhsen
Die Diskussion um eine Reform der juristischen Ausbildung ist fast so alt wie die juristische Ausbildung selbst. Doch jedes Mal, wenn die Reform berechtigterweise auf der Tagesordnung politischer Gespräche steht, ist das Ergebnis fast schon festgeschrieben: So richtig zufrieden ist niemand, aber eine wirkliche Reform ist von den Entscheidungsträger:innen nicht erwünscht. Für eine attraktive, zukunftsfähige juristische Ausbildung ist ein Umdenken notwendig; es braucht einen intensiven Austausch aller Beteiligten und neue Entscheidungsstrukturen. Das Narrativ der „Reformunfähigkeit“ des Jurastudiums muss überwunden werden.
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Andreas Fischer-Lescano
Wir brauchen Jurist*innen und damit auch das Jurastudium, um die gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu bewältigen. Wir brauchen Jurist*innen, die angesichts des grassierenden Rechtsextremismus und der sozial-ökologischen Katastrophe nicht beim Wiederkäuen der Wissensbestände der Vergangenheit stehen bleiben, sondern die sich ihrer sozial-ökologischen Verantwortung bewusst sind und die die rechtspolitischen Kämpfe mit Engagement und Courage zu führen bereit sind. Aus den Ruinen der aktuellen Curricula und der aktuellen Lehr- und Lernmodelle werden wir daher das Jurastudium der Zukunft entwickeln müssen.
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Christopher Paskowski, Sophie Früchtenicht, Felix Hanschmann, Andreas Fischer-Lescano
Die Rechtswissenschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen: Ob dies die Resilienz gegen rechts oder die sozial-ökologische Transformation zur Bekämpfung des Klimawandels beziehungsweise die notgedrungene Anpassung an seine Folgen betrifft. Klar ist, dass die (deutsche) Rechtswissenschaft und damit auch die Rechtswissenschaftler*innen sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten mit zahlreichen neuen Fragestellungen beschäftigen (müssen). Während die Debatten auch hier auf dem Verfassungsblog zeigen, in welcher Diversität sich die Disziplin bereits heute mit einigen dieser Fragestellungen befasst, bleibt doch ein Thema unterbelichtet: ein ganzheitlicher Blick auf die Rolle der juristischen Ausbildung.
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