Restitution durch Schiedsgerichtsbarkeit
Die Restitution nationalsozialistischer Raubkunst beschäftigt uns seit Jahrzehnten. Zwar sind die juristischen Sachfragen, wie könnte es anders sein, vielfach im Lichte verfassungsrechtlicher Maßgaben zu sehen, und sie finden durch das öffentliche Recht insgesamt ihre Rahmung, da bisher die allermeisten Restitutionen aus öffentlicher Hand erfolgen. Gleichzeitig folgt die Thematik in ihrem Kernbereich („Restitution“) jedoch weitreichend der Logik eines zivilrechtlichen Konflikts zwischen dem ursprünglichen und dem aktuellen Eigentümer, und so mag es akzeptabel sein, dass sich auf dem Verfassungsblog auch einmal eine Person aus der Privatrechtswissenschaft äußert.
Aus dieser Perspektive liegt es auf der Hand: Entgegen vieler Stimmen aus dem öffentlichen Recht liegen gegenwärtig im Feld der Restitution nationalsozialistischer Raubkunst die größten versöhnungspolitischen Chancen nicht darin, ein „Restitutionsgesetz“ anzustreben, sondern vielmehr darin, die bestehenden Möglichkeiten „privatautonomer“ Streitbeilegung durch Errichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit auszuschöpfen. Um diese These argumentativ zu unterfüttern, stellt dieser Beitrag die beiden in diesem Feld kürzlich angestoßenen politischen Initiativen zur Diskussion. Den Anfang machte das 20. Kulturpolitischen Spitzengespräch am 13. März 2024, bei dem Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände beschlossen, die sogenannte „Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturguts, insbesondere aus jüdischem Besitz“ durch eine Schiedsgerichtsbarkeit zu ersetzen. Wenige Wochen später, am 17. April 2024, wurde ein Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und des Bundesministeriums der Finanzen für ein „Gesetz zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut“ öffentlich gestellt.
Bisherige Rahmung der historischen Verantwortung durch internationales „soft law“
Am 3. Dezember 1998 verständigten sich 42 Staaten auf der Holocaust-Era Assets Conference in Washington auf die sogenannten „Washingtoner Prinzipien“ zum Umgang mit nationalsozialistischer Raubkunst. Zu diesem Zeitpunkt waren nach den gängigen Schätzungen ca. 100.000 der unter der NS-Herrschaft in Deutschland und in den „angeschlossenen“ bzw. kontrollierten Gebieten entzogenen ca. 600.000 Kunstwerke noch nicht wieder restituiert oder kompensiert. Schließt man sämtliche Kulturgüter, insbesondere Judaica, Bücher und Archivalien ein, entzog das NS-Regime Objekte im Millionenbereich. Für diese Gegenstände sollen nach Art. 8 der Washingtoner Prinzipien, bei denen es sich um formell unverbindliches „soft law“ handelt, „gerechte und faire Lösungen“ gefunden werden.
Diesem starken Appell zur Aufarbeitung verbliebener vermögensrechtlicher Unrechtsschwerpunkte sind insbesondere fünf Staaten gefolgt: Neben Deutschland sind dies Österreich, die Niederlande, Frankreich sowie das Vereinigte Königreich. Diese Staaten haben gemäß Art. 10 und 11 der Washingtoner Prinzipien eine Kommission zur „Klärung strittiger Eigentumsfragen“ eingerichtet. Seither sind viele tausende von Entscheidungen über „gerechte und faire“ Lösungen vorgelegt worden, seien es (in aller Regel) unverbindliche Empfehlungen solcher Kommissionen, seien es, wie hierzulande vielfach Praxis, bilateral verhandelte Vereinbarungen zwischen Anspruchsteller und Anspruchsgegner, also dem Träger des jeweiligen Museums.
Am 3. Dezember 2023 hatten nun diese Washingtoner Prinzipien ihren 25. Jahrestag. Zu diesem Anlass haben am 5. März 2024 etwas mehr als 20 Staaten in einer weiteren „Washingtoner Erklärung“ Best Practices vorgelegt. Hierbei handelt es sich um einen Katalog von 15 Appellen dazu, wie die 11 Prinzipien von 1998 zu verstehen und anzuwenden seien. Inhaltlich ist vieles repetitiv, zugleich bleibt manches ebenso abstrakt wie in den Prinzipien von 1998 und damit zur konkreten Lösung von Fällen nicht immer weiterführend. Erst recht fehlt jegliches vergleichendes Anschauungsmaterial, aus dem üblicherweise eine Entscheidung darüber generiert wird, welche der vorgefundenen Praktiken als „die beste“ gelten kann. Zudem bräuchte es für diese Entscheidung einigermaßen konsentierter Maßstäbe. Vorschläge jenseits der bisher vorgefundenen Praxis würden in der üblichen Terminologie der transnationalen Rechtsvereinheitlichung (insbesondere durch nichtbindende Instrumente) eher als „Model Rules“ bezeichnet werden.
Ungewiss bleibt auch die Legitimationskraft der formulierten Appelle. Schließlich haben nach aktuellem Stand nur 25 Staaten die aktualisierte Erklärung unterzeichnet, also kaum mehr als die Hälfte der ursprünglich teilnehmenden Staaten vor 25 Jahren. Bemerkenswert bleibt, dass die USA wie schon 1998 auch diese Erklärung initiiert, hingegen die Washingtoner Erklärung von 1998 bis heute in Kernbereichen nicht implementiert haben: Eine Kommission gemäß Art. 10 und 11 der Washingtoner Prinzipien 1998 zur „Klärung strittiger Eigentumsfragen“ in außergerichtlicher Streitbeilegung besteht dort bis heute nicht.
Die Washingtoner Prinzipien von 1998 bräuchten stattdessen zu ihrer Effektuierung ein genuin rechtsvergleichend-übergreifendes Projekt, in dem ein ausdifferenziertes Regelwerk anhand der bisher erkennbar gewordenen Entscheidungs- und „Kipp-Punkte“ zu generieren wäre. Etwas, was für dieses Projekt als Vorarbeit herangezogen werden könnte, nämlich ein rein wissenschaftlich generiertes „Restatement of Restitution Rules for Nazi-Confiscated Art“ (aus dem Hause des hiesigen Verfassers) wird in Kürze nach fünfjähriger und umfassender vergleichender Sichtung des Fallmaterials aus sechs Jurisdiktionen (Deutschland, Österreich, Niederlande, Frankreich, Vereinigtes Königreich, Schweiz) auf der Basis von ca. 1.300 ausgewerteten Fällen in einem 1.100 Seiten umfassenden Projekttext – in deutscher und englischer Fassung – vorgelegt. Ohne normative Anleitung zur präzisen Wertung werden auch in Zukunft Entscheidungen auf ebenso offen gehaltener wie oft zitierter „moralisch-ethischer“ Grundlage die Praxis bestimmen und kraft Natur der Sache ebenso volatil wie streitanfällig bleiben. Das gesamte Feld bedarf somit der Maßstabspflege.
Kleinmütiger Gesetzesentwurf
Der Koalitionsvertrag der gegenwärtigen Regierung hatte nun unter dem Stichwort „Erinnerungskultur“ Folgendes in Aussicht gestellt (S. 99):
„Wir werden uns weiterhin der Aufgabe stellen, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter – entsprechend dem Washingtoner Abkommen – an die Eigentümerinnen und Eigentümer zurückzuführen. Wir verbessern die Restitution von NS-Raubkunst, indem wir einen Auskunftsanspruch normieren, die Verjährung des Herausgabeanspruchs ausschließen, einen zentralen Gerichtsstand anstreben und die ‚Beratende Kommission‘ stärken“.
Die ersten drei dieser vier Punkte adressiert der besagte Referentenentwurf. Schon diese drei sehr „punktuellen“ Punkte verweisen auf einen beschränkten Anwendungsbereich dieses Gesetzes, verglichen mit den vielfach vorgetragenen Forderungen nach einem breit angelegten „Restitutionsgesetz“ zur Erfassung der Restitution aller betroffenen Kunstwerke und Kulturgüter, seien sie nun in öffentlichem oder privatem Eigentum. Und in der Tat: Der Entwurf sieht hohe Hürden vor, die erfüllt sein müssen, damit sich der Besitzer nach § 197 Abs. 1 Nr. 2 Var. 1 BGB nicht mehr auf die Einrede der Verjährung des Herausgabeanspruchs des Eigentümers berufen kann:
Erstens muss der damals vom NS-Regime verfolgte Eigentümer bzw. müssen seine Rechtsnachfolger bis heute Eigentümer des betreffenden Gegenstands sein. Dieses Eigentum wird aber meist „unterwegs“ verloren gegangen sein, am wahrscheinlichsten durch Ersitzung gem. § 937 BGB nach zehnjähriger Besitzzeit, sofern der Besitzer nicht bösgläubig war. Die Regelungen zur Ersitzung lässt der Entwurf unberührt, wie die Begründung auf S. 3 sehr deutlich ausführt: „Das Gesetz schafft keinen Anspruch auf Rückübertragung oder Wiedererlangung verlorenen Eigentums. Auch bleibt das Ersitzungsrecht nach § 937 BGB einschließlich der dort geltenden Beweislastregeln unberührt“. Schon damit erfasst der Entwurf nur einen winzigen Bruchteil der zu erwartenden Fallkonstellationen.
Zweitens darf der an sich bestehende Anspruch des Eigentümers nicht durch das Rückerstattungsrecht der Nachkriegszeit ausgeschlossen sein. Nach der deutschen Rechtsprechung ist ein allgemein-zivilrechtlicher Herausgabeanspruch nach Ablauf der jeweiligen Anmeldefristen für das Verfahren unter den Rückerstattungsgesetzen jedoch grundsätzlich ausgeschlossen. Diese Fristen sind seit Jahrzehnten abgelaufen. Ausnahme von dieser radikalen tabula rasa-Regel zur „geordneten Entwirrung der durch nationalsozialistische Unrechtsakte geschaffenen Fakten“ in der Nachkriegs- bzw. Nachwendezeit (vgl. Begründung S. 2 oben) anerkennt der Bundesgerichtshof nach jüngerer Rechtsprechung nur insoweit, als der damalige Anspruchsteller nicht in der Lage war, seinen Anspruch im Rückerstattungsverfahren anzumelden, etwa wenn der Anspruchsteller noch nicht einmal angeben konnte, wo bzw. bei wem sich der zurück zu erstattende Gegenstand befindet.
Drittens kann sich der aktuelle Besitzer weiterhin auf das Leistungsverweigerungsrecht der Verjährung berufen, wenn er bei Besitzerwerb (vor 30 Jahren und länger) gutgläubig war. Diese Gutgläubigkeit muss der Besitzer nach der im Entwurf vorgeschlagenen Normstruktur darlegen und beweisen. Dies wird nicht einfach sein. Die Schwierigkeiten in der Beweisführung zum wirksamen Eigentumserwerb vor langer Zeit sind aber ja gerade die zentrale Begründung, überhaupt eine Verjährung des Vindikationsanspruchs beizubehalten (vgl. S. 16 Mitte). Hier wir die Rechtsprechung daher nach allgemeinen Grundsätzen im Zivilprozess mit Beweiserleichterungen helfen müssen. Dies wiederum wird die praktische Wirksamkeit des intendierten Gesetzes noch weiter vermindern, zumal die Beweislastverteilung in § 937 Abs. 2 BGB nicht zugunsten des Anspruchstellers umgekehrt werden soll. Damit wird der Anspruchsteller weiterhin die Bösgläubigkeit des Besitzers darzulegen und zu beweisen haben. Spezifisch für NS-Raubkunst soll die Neuregelung auch für bereits verjährte Ansprüche gelten, also (echte) Rückwirkung entfalten (vgl. S. 18). Dies sei durch „zwingende Gründe des gemeinen Wohls“ bzw. durch „ein nicht – oder nicht mehr – vorhandenes schutzwürdiges Vertrauen des Einzelnen“ in der hier vorliegenden Konstellation gerechtfertigt.
Die Entwurfsbegründung prognostiziert unter diesen sehr hohen Anforderungen ein Fallaufkommen von 50 Klagen auf Herausgabe pro Jahr. Ob es da sinnvoll ist, einen „zentralen Gerichtsstand“ am Landgericht Frankfurt (§ 23a ZPO-E) einzurichten und ob es verhältnismäßig ist, einen flankierenden Auskunftsanspruch (§ 48a KGSG-E) gegenüber jedem „Inverkehrbringer“ von Kulturgut zu gewähren, wird man hinterfragen können.
Rechtspolitisch noch fragwürdiger erscheint allerdings die Regelung, dass ein Anspruchsteller, der unter diesen Maßgaben einen ehemals entzogenen Gegenstand zurückerhält, eine in der Nachkriegszeit von der Bundesrepublik Deutschland gezahlte Entschädigung für den Verlust dieses Gegenstands zurückzahlen muss (vgl. Art. 7 des Entwurfs zu einem „Gesetz zur Rückzahlung von Rückerstattungsleistungen“). Natürlich entspricht dies einer formalen Logik der Herausgabe ungerechtfertigter Bereicherungen. In der bisherigen Praxis der Restitution aus öffentlicher Hand scheint diese Maßgabe aber wohl schon länger eher nicht mehr allzu genau beachtet werden – mit guten Gründen. Viele Rückerstattungs- und Entschädigungsverfahren mündeten in summarischen Vergleichen zu einer Vielzahl von Schadensposten, so dass die auf den heute in Rede stehenden Gegenstand bezogenen damaligen Summen kaum identifizierbar sind, im Übrigen in aller Regel sehr gering bleiben dürften. Versöhnungspolitisch ist deswegen von der Rückforderung abzuraten. Alternativ könnte man die eintretende Bereicherung schlicht feststellen und den Restitutionsempfänger dann dazu einladen, ggf. freiwillig auf diesen Umstand einzugehen und eine ungerechtfertigte Bereicherung z.B. durch einen Beitrag zu einem Projekt der Erinnerungsarbeit seiner Wahl abzuführen. Der Entwurf meint es aber ernst: Der Restitutionsempfänger wird einer Mitteilungspflicht unterworfen (§ 2 Abs. 2), das entscheidende Gericht einer Pflicht zur Übermittlung einer Abschrift des Urteils (§ 2 Abs. 3) an das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, das dann über die Rückforderung zu bescheiden hat. Hierbei kann dann unter bestimmten Voraussetzungen auch von der Rückforderung abgesehen werden (§ 2 Abs. 1 S. 2). Trotzdem wird sich die Bundesrepublik Deutschland damit gegenüber den betroffenen Opfern und Anspruchstellern kaum Anerkennung erwerben können.
Insgesamt atmet der Entwurf damit einen kleinmütigen, zum Teil auch kleinlichen Geist, der dem Staat, der die historische Verantwortung für das NS-Unrecht primär zu übernehmen hat, nicht gut zu Gesicht steht. Man hat den Eindruck, dass jegliche grundlegende Reform der (Eigentums-) Rechtslage zugunsten der Opfer und ihrer Nachfahren peinlichst vermieden wird, sobald damit eine staatliche Entschädigungspflicht einhergehen könnte. Die heutigen Eigentümer, private Sammler ebenso wie öffentliche Museen, werden damit in den allermeisten Fällen in der Diskrepanz zwischen starken moralischen Appellen, medialem Druck einerseits und andererseits geltender Rechtslage weiterhin allein gelassen. Kleine Bereicherungen durch Restitutionen nach über 80 Jahren werden aber mit Nachdruck abgeschöpft. Rechtsverfolgungskosten des Anspruchstellers oder die gegenläufige Bereicherung des Besitzers durch die Nutzung des Gegenstands werden hingegen nicht in diese mit spitzem Bleistift notierte Rechnung eingestellt, jedenfalls nicht auf Ebene des intendierten Gesetzes. Die negative Signalwirkung durch diese Gestaltung bzw. ggf. diese Handhabung des Bereicherungsausgleichs im Zuge der Restitution dürfte auf immaterieller Ebene deutlich mehr kosten, als die Rückforderung materiell einbringt. Andere Länder, etwa das Vereinigte Königreich, zeigen sich in dieser Frage pragmatischer, indem sie kursorisch und auch eher großzügig Bereicherungsposten bemessen und im Zweifel gegeneinander aufheben. Insgesamt bahnt sich hier sicher nicht das große Restitutionsgesetz an, das so häufig gefordert wurde. Wenn der Entwurf tatsächlich (so) Gesetz wird, dürfte dies wohl zudem auf längere Zeit Wege zu einer umfassenden spezialgesetzlichen Regelung der Restitution sperren. Manche Beobachter sehen hierin bereits eine Strategie. Allerdings liegt der grundlegende Fehler schon in der Koalitionsvereinbarung. Der Entwurf setzt diese letztlich nur um.
Versöhnungspolitische Chancen der Schiedsgerichtsbarkeit
Nach dem 20. Kulturpolitischen Spitzengespräch am 13. März 2024 haben Bund, Länder und Kommunen zum vierten Punkt der Koalitionsvereinbarung „Stärkung der Beratenden Kommission“ verlautbart, dass an die Stelle der Beratenden Kommission eine Schiedsgerichtsbarkeit treten solle. Dem liegt folgende Konzeption zugrunde (vgl. die vom Verfasser im Auftrag der BKM durchgeführte Studie):
Bund, Länder und Gemeinden könnten eine gemeinsame Schiedsstelle einrichten zur Administrierung von Schiedsverfahren zwischen dem aktuellen Eigentümer, also regelmäßig dem öffentlich-rechtlich verfassten Träger der Einrichtung, die das betreffende Kulturgut hält, und dem Rechtsnachfolger des ursprünglichen Eigentümers. Die angedachte Schiedsstelle könnte (wie dies Schiedsstellen in aller Welt für die verschiedensten Streitgegenstände seit langem tun) das Muster für eine geeignete Verfahrensordnung vorhalten. Hierin sollte vor allem auch den speziellen versöhnungspolitischen Bedürfnissen des Verfahrensgegenstands Rechnung getragen werden (umfassend zu den Einzelheiten aaO.). Zusätzlich könnte die Schiedsstelle einen gegenstandsadäquaten Bewertungsrahmen bereitstellen, dies könnten aber auch andere Stellen tun, die Parteien müssten eben nur in ihrer jeweiligen Schiedsvereinbarung sowohl die Verfahrensordnung als auch den Bewertungsrahmen zu anwendbarem Recht erklären. Strukturell ist dies weltweite Praxis in der Schiedsgerichtsbarkeit. Man könnte dann ferner darüber nachdenken, einen – hinreichend breiten – Pool von für den speziellen Gegenstand und auch für das Schiedsverfahren überhaupt qualifizierten Schiedsrichtern einzurichten, aus dem die Parteien ihre parteibenannten Schiedsrichter wählen könnten. Das gesamte Verfahren würde auf gesetzlicher Grundlage ruhen (vgl. nochmals § 173 VwGO i.V.m. §§ 1029 ff. ZPO), die Einhaltung von Verfahrensgarantien sicherstellen, in Gestalt des Schiedsspruchs die Parteien bindende und auch vollstreckbare Ergebnisse erzeugen, die zudem (eingeschränkt auf gravierende Fehler von der Qualität einer ordre public-Verletzung) einer Nachkontrolle durch staatliche Gerichte unterworfen sind. Vor allem Letzteres ist eine zentrale Forderung in der seit langem geführten Debatte um die Reform des Verfahrens vor der Beratenden Kommission. Die Effektivität der gerichtlichen Nachkontrolle hängt dabei ersichtlich auch davon ab, wie präzise der materielle Bewertungsrahmen ausgestaltet ist: Wenn die Parteien nach § 1051 Abs. 3 ZPO das Schiedsgericht dazu ermächtigen, nach „Billigkeit“ zu entscheiden, hat eine inhaltliche Nachkontrolle des Schiedsspruchs durch staatliche Gerichte kaum Ansatzpunkte. Es ist deswegen zu empfehlen, dass die jeweiligen Parteien einen präzisen Bewertungsrahmen in ihre Schiedsvereinbarung einbeziehen, nicht etwa wie bisher „moralisch-ethische“ Maßgaben (so die aktuelle Verfahrensordnung der Beratenden Kommission), die allzu oft zu volatilen bis widersprüchlichen und damit natürlich dann zu wenig akzeptablen Ergebnissen geführt haben.
Eine weitere zentrale Forderung im Reformprozess war die „einseitige Anrufbarkeit“ des Spruchkörpers. Bisher mussten sich die Parteien zunächst auf eine Vereinbarung verständigen, um die Kommission zu aktivieren. Dies wurde zunehmend kritisiert, der Anspruchsteller solle kein „Bittsteller“ sein müssen. Auch diesem Desiderat kann im Rahmen einer Schiedsgerichtsbarkeit Rechnung getragen werden, nämlich durch sogenannte „stehende Angebote“, wie sie der internationalen Investitionsschiedsgerichtsbarkeit zugunsten des ausländischen Investors zugrunde liegen. Im hiesigen Feld müssten dazu die öffentlich-rechtlich verfassten Träger der in Rede stehenden Museen gegenüber der Allgemeinheit („ad incertas personas“) die Willenserklärung abgeben, mit jedem Anspruchsteller in das vorgesehene Schiedsverfahren zu gehen, und die Träger müssten sich dabei auch auf Dauer binden (deswegen „stehendes Angebot“ bzw. „standing offer“). Die künftige Schiedsstelle sollte also auch dafür ein Muster bereithalten. Dann könnte jeder Anspruchsteller dieses Angebot durch eigene Willenserklärung annehmen, und die erforderliche Schiedsvereinbarung wäre geschlossen. Damit wäre dann der Weg zu staatlichen Gerichten im