Wahlrecht zwischen Pest und Cholera
Update 31.8.09: Guter Artikel zu der Problematik in der NYT.
Das ist mal echt ein hard case, wie er im Buche steht: Der US Supreme Court wird, unter Mitwirkung der neuen Richterin Sonia Sotomayor, in den nächsten Wochen den Fall “Citizens United vs. Federal Election Commission” zu entscheiden haben. Dabei geht es um die Frage, ob der Wahlausschuss, um einen fairen Wahlkampf zu gewährleisten, kurzerhand ganze Kinofilme verbieten kann.
Der Film ist sicherlich kein Gipfelwerk des Lichtspielschaffens: “Hillary. The Movie” ist, dem Trailer nach zu urteilen, ein Trumm Propaganda von der grobschlächtigsten Sorte. Den Typen, die diesen Kübel Stinkzeug angerührt haben, möchte ich mich allenfalls mit Nasenklammer nähern. Und doch… verbieten? Durch eine Regierungsbehörde? Gerade in Wahlkampfzeiten?
Im Kern der Auseinandersetzung steht ein Gesetz, das u.a. – sieh an, sieh an – den Namen von John McCain trägt (der Mann war echt interessant, bevor er Präsident werden wollte). Das McCain-Feingold-Gesetz zur Reform der Wahlkampffinanzierung von 2002 verbietet Unternehmen und Gewerkschaften, Geld für parteiliche Wahlkampfkommunikation zur Verfügung zu stellen – was bei dem Anti-Hillary-Streifen wohl in großem Umfang der Fall war. Der Supreme Court hat jetzt signalisiert, dass er den Fall zum Anlass nehmen will, die Verfassungsmäßigkeit dieser Klausel generell zu überprüfen. Die neue Richterin Sonia Sotomayor wird dabei eine
Den Wahlkampf von Big Money sauber halten, da sind wir natürlich alle dafür (zumal wenn es gegen die fiesen Hillary-Hasser geht). Wer das Geld hat, einen ganzen Kinofilm für die Verbreitung seiner Standpunkte bzw. für die Diskreditierung seines Gegners produzieren zu lassen, der kann sich damit einen unfairen Vorteil im politischen Meinungswettbewerb verschaffen.
Das ist die eine Seite.
Andererseits: Wenn es bei uns eine Behörde gäbe, die das Recht hätte, Anzeigenkampagnen von Vereinigungen und Bürgerinitiativen für oder gegen bestimmte politische Kandidaten oder Meinungen zu verbieten – dann wäre mir überhaupt nicht wohl. Wahlkampf heißt Wettbewerb von Meinungen – und wenn es jemand gibt, der die Macht hat, bestimmte Meinungen aus diesem Wettbewerb hinauszuschnipsen, dann ist das mehr Macht, als ich irgendjemand einzuräumen bereit wäre. Die große und traditionsreiche Bürgerrechtsorganisation ACLU hat denn auch im Verfahren “Citizens United” gegen die Wahlbehörde und für die Verfassungswidrigkeit der Klausel im McCain-Feingold-Act Partei ergriffen.
Und einen schönen Gruß an den Election Law Blog.
[…] Siehe dazu auch hier, hier und hier. […]
[…] in ihrem Blog präzise zusammengefasst, warum das Verfahren “Citizens United vs. FEC” (hier schon kurz behandelt) alle Aufmerksamkeit verdient, die es bekommen kann. Auch unsere diesseits des […]
[…] den Themen der ersten Wochen: Lissabon-Begleitgesetz, Citizens United, Anonymisierung im Internet, Obamacare, Wahlrechtsgleichheit, Rottmann, katalanischer Separatismus, […]