Rettungsschirm für Grundrechte: Ein Online-Symposium auf dem Verfassungsblog
Die Konstitution der EU wird bestimmt durch die Grundrechtslage in ihren Mitgliedsstaaten. Ungarn ist das jüngste und bislang gravierendste Beispiel eines EU-Mitgliedsstaats, dessen Umgang mit den Grundrechten seiner Bürger darum Anlass zu größterBeunruhigung gibt.
Was kann die EU da tun? Was, wenn Vertragsverletzungsverfahren und politischer Druck nicht ausreichen, um die Situation in den Griff zu bekommen? Hilft uns das klassische Instrumentarium des Europarechts? Wo hört das Problem auf, ein rein innerstaatliches zu sein – aus Sicht des Rechts, aus Sicht der Politik? Und wie lässt sich verhindern , dass ein vom EuGH überwachter EU-weiter Grundrechtsschutz zu einem gigantischen Zentralisierungsschub in der EU führt?
Eine Forschergruppe um Armin von Bogdandy, Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg, hat zu diesem Thema jüngst ein Gutachten für das Auswärtige Amt verfasst. Darin formulieren die Autoren einen Vorschlag von immenser Tragweite: Der Europäische Gerichtshof solle sich für zuständig erklären, die Grundrechte von Unionsbürgern auch gegenüber deren eigenem Staat zu verteidigen, wenn in diesem Staat die nationale Justiz die Grundrechte in ihrem Wesensgehalt selber nicht mehr schützen kann oder will.
Wir haben Armin von Bogdandy, Matthias Kottmann, Carlino Antpöhler, Johanna Dickschen, Simon Hentrei und Maja Smrkolj gebeten, ihren Vorschlag auf dem Verfassungsblog vorzustellen und mit uns zu diskutieren.
Der Verfassungsblog ist ein Raum der Möglichkeiten: Hörsaal und Salon, Agora und Gerichtssaal, Newsroom und Versuchslabor für Ideen und Argumente. Hier wollen wir über die Konstitution Europas und die Zukunft unserer Verfassung debattieren, über Welt und Recht.
Im Dezember haben wir bereits mit dem Format des Online-Symposiums experimentiert, anlässlich des Euro-Fiskalpakts. Das wollen wir jetzt wieder versuchen und den Gesprächsraum weiter ausbauen:
In den nächsten Tagen werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu dem Heidelberger Vorschlag Position beziehen. Den Anfang machen ein in Budapest lehrender Verfassungsrechtler, eine Hamburger Politikwissenschaftlerin und eine Frankfurter Rechtshistorikerin und Verfassungsrechtlerin. Und das ist erst der Beginn. Wir laden Leserinnen und Leser ein, sich zum Streit und zur Debatte verführen lassen, die Stellungnahmen aus der Wissenschaft zu kommentieren und selbst Autoren werden. Und natürlich freuen wir uns über weitere Wortmeldungen versierter Expertinnen und Experten.
Die Beiträge werden deutsch oder englisch erscheinen, viele in beiden Sprachen. Der Verfassungsblog nimmt die Herausforderungen der europäischen Sprachenvielfalt an, er nimmt sie ernst und ist dem Prinzip der Mehrsprachigkeit verpflichtet. Wie sich damit auf einem Blog gekonnt umgehen lässt, ist ein Problem, das wir noch nicht gelöst haben, das ist uns bewusst. Wir arbeiten dran.
Vor allem aber: Wir freuen uns auf eine leidenschaftliche und fesselnde Debatte!
Alexandra Kemmerer
Christoph Möllers
Max Steinbeis
[…] einigen Monaten hatten wir hier auf dem Blog eine sehr spannende und vielschichtige Diskussion darüber, wie die EU reagieren kann und soll, wenn in einem Mitgliedsstaat Demokratie, Grundrechte […]