POSTS BY Maximilian Steinbeis
15 April 2015

Nackt in der Zelle: Menschenwürde im deutschen Strafvollzug

Ein Mensch wird mit Gewalt nackt ausgezogen und in eine Isolierzelle gesperrt. Einen Tag und eine Nacht sitzt er dort, dem lidlosen Auge der Überwachungskamera ausgesetzt, frierend, schlaflos, total entblößt. Und weder in der Verwaltung noch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit findet er irgendjemand, der dafür mehr als ein Achselzucken übrig hat. Das ist nicht in Weißrussland passiert und nicht in Abu Ghraib, sondern mitten in Deutschland, in einem ganz normalen hessischen Gefängnis. Das entnehmen wir einer heute veröffentlichten Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die wieder einmal eindrucksvoll demonstriert, worin der handfeste Nutzen der so oft als unjuristischer Sentimentalismus belächelten Menschenwürdegarantie des Art. 1 I Grundgesetz besteht. Continue reading >>
14 April 2015

Betreuungsgeld in Karlsruhe: Wenn Bayern für mehr Zentralismus kämpfen

Beim Stichwort Betreuungsgeld fällt jedem, der die politische Debatte der letzten Jahre verfolgt hat, eine Menge Kopfschüttelnswertes ein. Wenn nun in ein paar Monaten das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld in seiner aktuellen Form für verfassungswidrig erklärt – und darauf scheint mir nach der heutigen Verhandlung vor dem Ersten Senat in der Tat einiges hinzudeuten – , dann wohl nicht wegen seiner gleichheits- und sozialpolitischen Auswirkungen, sondern wegen der politisch sonst so notorisch irrelevanten Frage der Gesetzgebungskompetenz. Es sieht ganz so aus, als habe der Bundesgesetzgeber damit seine föderalen Zuständigkeiten überschritten und im Revier der Länder gewildert. Gratuliere, CSU! Es wird bestimmt viel Spaß machen, das den paar Bayern, die tatsächlich noch an die bundesstaatliche Gewaltenteilung glauben, zu erklären. Continue reading >>
26 March 2015

Prinz Charles macht sich um das britische Verfassungsrecht verdient …

... wenn auch eher mittelbar. In seinem heutigen Urteil "Evans", in dem es um die Veröffentlichung von Briefen des Prinzen an Minister der Regierung geht, zimmert der UK Supreme Court eine prekäre Balance zwischen den Verfassungsprinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Parlamentssouveränität. Continue reading >>
23 March 2015

NPD-Verbotsantrag: Karlsruhe fordert mehr Beweise

Wer befürchtet hatte, dass das kein gutes Ende nimmt mit dem erneuten Versuch der Landesinnenminister, die NPD in Karlsruhe verbieten zu lassen, hat heute neue Nahrung für seine Sorgen erhalten: Das Bundesverfassungsgericht hat einen Beschluss veröffentlicht, wonach der Zweite Senat genauere Belege dafür anfordert, dass diesmal wirklich keine von Polizei und Nachrichtendiensten gesteuerte Spitzel die Erkenntnislage über die Verfassungsfeindlichkeit der Partei verunreinigen. Es sieht so aus, als ob der Senat jedenfalls keine lockereren Maßstäbe anlegt als die dreiköpfige Richterminderheit, die 2003 das Verfahren zu Fall brachte. Continue reading >>
18 March 2015

Schweigende Mütter, zahlende (Schein-)Väter und der Unterschied zwischen einem Grundrechtseingriff und einer blöden Situation

Die so genannten Scheinväter sind unbestreitbar in einer blöden rechtlichen Situation: Sie haben womöglich jahrelang Unterhalt für das Kind gezahlt, den sie gar nicht hätten zahlen müssen, während der wahre Vater sich einen schlanken Fuß gemacht hat. Sie hätten zwar das Recht, denselben in Regress zu nehmen – aber um das machen zu können, müssten sie erst einmal wissen, um wen es sich überhaupt handelt. Und das weiß oft allein die Mutter. Und die will es nicht sagen. Kann man in so einer Situation die Mutter zwingen, den Namen rauszurücken? Ja, sagte 2011 der Bundesgerichtshof. Nein, sagt heute das Bundesverfassungsgericht. Grund: eine blöde rechtliche Situation ist kein Grundrechtseingriff. Jemanden zu zwingen, offenzulegen, mit wem man Sex hatte, schon. Continue reading >>
17 March 2015

A European Network of Constitutional Law Blogs

When Hungary adopts an undemocratic constitution it is not just [...] Continue reading >>
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17 March 2015

Neues Verfassungsblog-Projekt: Ein Netzwerk europäischer Verfassungsblogs

Wir wollen wir ein Netzwerk europäischer Verfassungsblogs gründen, in dem Expert_innen aus allen Teilen Europas ihr Wissen und ihre Sichtweisen miteinander teilen und einer breiten europäischen Öffentlichkeit zugänglich machen. Unser Ziel ist, die Verfassungsvielfalt in Europa am Ende flächendeckend abdecken zu können. Um dies verwirklichen zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung. Continue reading >>
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11 March 2015

Will Karlsruhe dem deutschen Föderalismus eine Adrenalinspritze setzen?

Dass Thüringen die Samstagsarbeit anders als der Bund regelt, ist verfassungsgemäß. Das Bundesgesetz sei nicht klar abschließend, so das BVerfG in einem heute veröffentlichten Senatsbeschluss. Das überrascht und wirft Fragen auf, was die verfassungspolitischen Motive hinter dieser Entscheidung sein könnten. Continue reading >>
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26 February 2015

Gibt es eine Sauberkeitsvermutung für völkerrechtlich legitimierte Konflikte?

Wenn ein Krieg mit Mandat des UN-Sicherheitsrats oder im "Konsens der internationalen Gemeinschaft" geführt wird, dann kann man ganz ruhig davon ausgehen, dass dabei keine Kriegsverbrechen begangen werden. So sieht das heute der EuGH in seinem Urteil Sheperd. Kann man? Continue reading >>
11 February 2015

Gelegenheit macht Diebe: Von V-Männern, Strafrechtsdogmatik und dem Recht auf ein faires Verfahren

Darf die Polizei mich aktiv dazu bringen, ein Verbrechen zu begehen, nur damit sie mich hinterher deswegen verhaften kann? Das darf sie natürlich nicht, alles andere wäre ein Fußtritt in die Magengrube des Rechtsstaats. Die Strafjustiz darf sich die Kriminalität, zu deren Bekämpfung sie da ist, nicht selbst bauen. Nicht nur um meinet- und meiner Grundrechte willen. Sondern weil sie sonst in einen Wirbelkreislauf aus Ursache und Wirkung geriete, in dem sie sich selbst völlig ad absurdum führen würde. Darin sind sich im Prinzip alle einig, vom EGMR über das Bundesverfassungsgericht bis zum letzten Provinzlandgericht. Aber was passiert, wenn sie es trotzdem tut? Hier hört die Einigkeit ganz schnell auf, wie ein heute verkündeter Kammerbeschluss aus Karlsruhe zeigt, der, wenn mich nicht alles täuscht, die ohnehin nicht geringe Sorgenlast, die derzeit auf den Schultern des Straßburger Menschenrechtsgerichtshofs ruht, noch um einiges vermehren dürfte. Continue reading >>
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