Die doppelte Büchse der Pandora
Einführung der erweiterten DNA-Analyse
In der vergangenen Woche hat der Bundestag verschiedene Änderungen des Strafverfahrensrechts beschlossen – darunter auch eine Erweiterung der DNA-Analyse auf äußere Merkmale durch einen neuen § 81e Abs. 2 S. 2 StPO. Künftig sollen anhand einer DNA-Spur von einer unbekannten Person nicht mehr nur das DNA-Identifizierungsmuster, die Abstammung und das Geschlecht der spurenverursachenden Person bestimmt werden dürfen, sondern auch die Farbe von Haut, Haaren und Augen sowie das Alter. Was der bayerischen Polizei bereits durch das dortige Polizeiaufgabengesetz gestattet ist, wäre damit auch den Strafverfolgungsbehörden in der gesamten Republik zum Zwecke der Strafverfolgung erlaubt.
Von Nutzen und Kosten
Die umstrittene Erweiterung bringt für die Ermittler*innen in Strafsachen gewisse Erleichterungen mit sich – deren Relevanz aber durchaus überschaubar ist: Sie betrifft nur Fälle, in denen zwar eine DNA-Spur vorhanden ist, die spurenlegende Person aber unbekannt und nicht auf anderem Wege zu ermitteln ist. In diesen Konstellationen sollen nun bestimmte äußere Merkmale anhand der DNA festgestellt werden können, um so die Suche nach dem/der Spurenverursacher*in einfacher zu machen.
Der Preis für diese Erleichterung ist erheblich: Für die Feststellung der äußeren Merkmale analysieren die Strafverfolgungsbehörden in erheblich größerem Umfang als bisher auch den codierenden Teil der DNA, der eine Vielzahl höchstpersönlicher Informationen über den/die Spurenverursacher*in enthält. Der Eingriff in diesem hochsensiblen Bereich ist nicht mehr auf eine Feststellung des Geschlechts beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die konkreten inhaltlichen Merkmale Haar-, Augen- und Hautfarbe sowie das Alter. Welche weitergehenden Aussagen über höchstpersönliche Eigenschaften und Merkmale einer Person sich aufgrund dieser vorgesehenen Analysen angesichts des technischen Fortschritts in der Zukunft machen lassen werden, ist heute nicht abzusehen. Angesichts dessen bedeutet die Analyse einen erheblichen Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, was im Verfassungsblog bereits an anderer Stelle eingehend problematisiert worden ist (anders BT-Drs. 19/14747, S. 27).
Stand der Technik und Diskriminierung
Hinter der Technik der erweiterten DNA-Analyse steht eine hochkomplexe Wissenschaft, die sich äußerst dynamisch entwickelt und in vielerlei Hinsicht erst am Anfang steht. Nicht anders als andere Formen der Spurenauswertung liefert diese Technik keine absoluten Ergebnisse, sondern Wahrscheinlichkeitsaussagen und weist gewisse Fehlerquoten auf. Dies birgt zum einen die Gefahr, dass strafprozessuale Ermittlungen in die falsche Richtung geleitet werden. Verlassen sich Beamt*innen zu sehr auf die Ergebnisse solcher Untersuchungen, obgleich es sich nur um Wahrscheinlichkeitsaussagen handelt, geraten andere Ermittlungsansätze schnell in den Hintergrund (zu solchen Mechanismen Singelnstein, StV 2016, 830).
Zum anderen wohnt der Technik ein erhebliches Potenzial für Diskriminierungen inne – denn ihre Zuverlässigkeit variiert mit den äußerlichen Merkmalen, die bestimmt werden (s. auch BT-Drs. 19/14747, S. 27). Bei der in diesem Kontext besonders bedeutsamen Hautfarbe liefert die Technik aussagekräftige und belastbare Ergebnisse bei sehr hellen und sehr dunklen Hauttypen. Hier liegen die Wahrscheinlichkeitsaussagen deutlich über 90 %. Sehr viel geringere Werte werden hingegen bei gemischten Pigmentierungen erreicht, die in Deutschland besonders häufig sind. Vergleichbares gilt für Augen- und Haarfarbe.
Die vom Bundestag beschlossene Befugnis hilft Ermittler*innen also vor allem dann, wenn Spurenverursachende eine sehr helle oder sehr dunkle Hautfarbe haben – und führt damit zu einer strukturellen Benachteiligung dieser beiden Gruppen. In der polizeilichen Praxis und in der öffentlichen Debatte wird sich diese Benachteiligung für People of Color (PoC) grundlegend anders auswirken als für Weiße mit blonden Haaren. Zum einen sind beide Gruppen in der deutschen Gesellschaft in sehr unterschiedlichem Maße vertreten, sodass sich die Bestimmung der Hautfarbe in sehr unterschiedlichem Maße als Ermittlungsansatz eignet. Zum anderen bedient die Feststellung einer dunklen Hautfarbe rassistische Einstellungen und wird vor allem im öffentlichen Diskurs grundlegend anders wahrgenommen. Die Situation ist also mit der Debatte um die Änderung von Ziffer 12 des Pressekodex vergleichbar (Nennung der Staatsangehörigkeit bzw. Herkunft von Tatverdächtigen bei Straftaten).
Dies macht zugleich deutlich, dass die Argumentation der Gesetzesbegründung – die Bestimmung der Hautfarbe sei im Prinzip nichts anderes als die Aussage eines Zeugen, die ja auch über das Aussehen einer Person Auskunft gebe (BT-Drs. 19/14747, S. 27 f.) – nicht zu überzeugen vermag. Erstens können Zeug*innen – wenngleich auch hier ein bias zu berücksichtigen ist – nicht nur über Menschen mir sehr hellen und sehr dunklen Hautfarben mehr oder weniger zuverlässig Auskunft geben. Und zweitens sagen Zeug*innen eben nicht nur über die Hautfarbe aus, sondern zeichnen ein vielseitigeres Bild mit dem Ergebnis, dass sich in den Ermittlungen kein derart extremer Fokus auf die Hautfarbe ergibt, wie dies bei der erweiterten DNA-Analyse der Fall ist.
Das Spiel der AfD
Die beschlossene Befugnis der erweiterten DNA-Analyse hat somit das Potential, zu erheblichen Diskriminierungseffekten zu führen, wenn weitergehende Ermittlungen sich gegen Angehörige bestimmter gesellschaftlicher Gruppen richten oder der öffentliche Diskurs entsprechende Ermittlungen aufgreift. Je nachdem wie die Befugnis in der Praxis umgesetzt wird und wie sich der dem zugrunde liegende Stand der Forschung weiterentwickelt, kann sich die Befugnis zu einer Form von institutionellem oder strukturellem Rassismus entwickeln.
Unabhängig davon spielt der Gesetzgeber mit der Einführung der Befugnis das Spiel der AfD. Ein zentrales Bemühen der extremen Rechten besteht seit Jahren darin, Migration und Herkunft mit Kriminalität zu verknüpfen. Wie weit diese völkische, rassistische Strategie bereits gediehen ist, lässt sich praktisch täglich im öffentlichen Diskurs besichtigen. Zwar wird die kriminologische Fachwelt nicht müde darzulegen und zu begründen, dass Kriminalitätsaufkommen nichts mit Staatsangehörigkeit, Herkunft oder Hautfarbe zu tun hat, dass diese Verbindung mehr verwirrt als erklärt. Die öffentliche Debatte über Kriminalität aber ist in deutlichem Maße von Rassismus geprägt. Dem muss sich eigentlich entgegenstellen, wer sich den Werten des Grundgesetzes und insbesondere Art. 3 Abs. 3 GG verpflichtet fühlt. Die Einführung einer Befugnis, die Hautfarbe von potentiellen Tatverdächtigen zu ermitteln, sendet freilich ein anderes Signal aus.
So ganz geheuer war dem Gesetzgeber die neue Befugnis dann wohl auch selbst nicht. In der Gesetzesbegründung heißt es, die Maßnahme sei zwar „an sich nichtdiskriminierend“ (BT-Drs. 19/14747, S. 28). Im Fall „der möglichen Zuordnung der Spur zu Angehörigen einer Minderheit“ dürfe es aber bei den weiteren Ermittlungen „nicht zu einem Missbrauch dieses Umstandes im Sinne rassistischer Stimmungsmache oder Hetze kommen“ (BT-Drs. 19/14747, S. 28). Was das genau bedeutet und was konkret dagegen unternommen werden könnte oder sollte, verrät die Gesetzesbegründung trotz dieser Einsicht in die Problematik dann aber nicht.
Damit bleibt es also Polizei und Staatsanwaltschaft überlassen, bei entsprechenden Befunden aus der Ermittlungsmaßnahme sensibel und zurückhaltend zu agieren. Dies gilt sowohl für Ermittlungen gegenüber Angehörigen der jeweiligen Gruppe, als auch für Ermittlungsmaßnahmen, bei denen Dritte bzw. die Öffentlichkeit Kenntnis von den Befunden erlangen. Inwieweit hier in der Praxis ein professionelles Vorgehen stattfindet, wird sich zeigen.
Schluss
Zusammenfassend besehen öffnet der Gesetzgeber mit der Einführung der erweiterten DNA-Analyse gleich zwei Büchsen der Pandora. Zum einen bedeutet der erweiterte Zugriff auf den codierenden Teil der DNA erhebliche Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht, deren Intensität von heute aus betrachtet schwer abzusehen sind. Zum anderen birgt die geplante Befugnis in § 81e Abs. 2 S. 2 StPO die Gefahr, Diskriminierung und Rassismus Vorschub zu leisten – sei es durch Ermittlungen gegenüber Angehörigen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, sei es durch die Auswirkungen dessen auf den gesellschaftlichen Diskurs über Kriminalität. Demgegenüber fällt der Nutzen der erweiterten Befugnis derart bescheiden aus, dass man sich fragen muss, warum der Gesetzgeber sie eingeführt hat.
Sehr geehrter Herr Singelnstein,
schon hier und jetzt wird nicht gleichermaßen gegen verschiedene gesellschaftliche Gruppen ermittelt, sondern aufgrund der polizeilichen Erfahrung mit diesen Gruppen die Ermittlungsarbeit erstaunlich weitgehend auf bestimmmte Gruppen konzentriert. Das hat wenig mit Diskriminierung, sondern viel mehr mit der praktischen Realität zu tun, in der nicht alle Gruppen gleichermaßen auffällig sind. Den es stimmt einfach nicht, dass die Herkunft keinerlei Auswirkungen auf das Kriminalitätsaufkommen hat, sie ist einer von mehreren Faktoren, unter diesen aber durchaus ein wesentlicher.
Diskriminierung ist natürlich in der Praxis ein Resultat davon, und ist auch praktisch gar nicht vermeidbar, will man auch nur halbwegs effektiv und effizient arbeiten. Die weiter reichende DNA Analyse könnte hier aber gerade eben Effekten dieser Art entgegen treten, indem sie zusätzliche Erkenntnisse liefert und damit bestimmte Ermittlungsansätze von vornerhein ausschließt.
Gerade durch solche weiter reichenden Untersuchungen könnten Verfälschungen und Fehlannahmen aufgrund von unterbewusst Einfluss nehmenden rassistischen Annahmen bekämpft und eingeschränkt werden.
Weiter gehend könnte man übrigens auch bereits hier und heute und dies erstaunlich weitgehend die ethnische Herkunft des unbekannten Täters auf diese Weise bestimmen.
Statt dann aufgrund unterbewusster Fehleinflüsse in einem Fall anzunehmen, dass die Tat beispielsweise von einem Flüchtling begangen wurde, könnte so von Beginn an durch die Analyse und Feststellung, dass die Täter DNA nicht von einem solchen stammt ein anderer Ermittlungsansatz frei von rassistisch geprägten Fehlannahmen verfolgt werden.
Dies würde die Diskriminierung bestimmter Gruppen in vielen praktischen Fällen reduzieren und ein deutlich effektiveres Arbeiten ermöglichen.
Selbst der gesellschaftliche Diskurs über die Frage der Herkunft und ihrer Verbindung zur Kriminalität könnte dadurch positiv beeinflusst werden, da in etlichen Fällen eine Vorverurteilung bestimmter Gruppen – wie sie hier und jetzt real immer öfter geschieht – polizeilich bereits ausgeschlossen werden kann, bevor man den Täter tatsächlich gestellt hat.
Bei der genannten Methode handelt es sich also ganz im Gegenteil zu Ihren Befürchtungen um ein herausragend wertvolles Ermittlungsinstrument, welches Diskriminierung reduziert und unterbewusst rassistische Fehlansätze verhindert. Nehmen wir als praktische Beispiel an, ein junges Mädchen sei in der Nähe einer Flüchlingsunterkunft vergewaltigt und ermordet worden. Rechte Gruppen instrumentalisieren dann diese Tat und behaupten im Netz der Täter sei sicher ein Flüchtling. Diese Hetze nimmt Fahrt auf und Flüchtlinge werden deswegen angegriffen. Eine DNA Analyse aber ergibt blonde Haare und eine ausschließlich westeuropäische Abstammung. Schon ist der ganze Ermittlungsansatz ein anderer und kann genau dieser Instrumentalisierung im öffentlichen Diskurs entgegen getreten werden.
Ich kann Ihnen allerdings dahin gehend zustimmen, dass die Fernwirkungen aufgrund der sich ständig noch weiter entwicklenden Technologie in diesem Bereich schwer abzuschätzen sind. Andererseits ist es zwingend erforderlich, bei Vorliegen einer Straftat diese aufzuklären wenn dies möglich ist – da dies die Grundlage für die Aufrechterhaltung des Rechtsfriedens wie des sozialen Friedens in der Gesellschaft überhaupt darstellt. Anlasslos wird eine solche Analyse ja nicht durchgeführt und die praktische Erfahrung aus Bayern zeigt, dass sie allein aus Kosten-, Zeit- und Arbeitsaufwandsgründen nur bei schwerwiegenden Straftaten erfolgt, wo ihre Anwendung meiner Überzeugung nach definitiv verhältnismässig ist, wenn man sich vor Augen hält, was für Verbrechen hier verfolgt werden.
Die Persönlichkeitsrechte eines Verbrechers unter allen Umständen schützen zu wollen, obwohl dieser ein Verbrechen gegen einen anderen Menschen begangen hat ist genau der Fehlweg, den man niemand mehr in der allgemeinen Mehrheit der Bevölkerung verkaufen kann und der auch falsch ist, weil ein Verbrecher schlicht und einfach in seinen Persönlichkeitsrechten eingeschränkt werden muss, da man sonst seiner auch mit konventionellen anderen Methoden ja nicht habhaft wird.
Von daher sind Ihre Befürchtungen meiner Ansicht nach gegenstandslos und eher abstrakten und theoretischen Ängsten und Überlegungen entsprungen als der tatsächlichen Notwendigkeit.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhard,
da liegen Sie nun einmal falsch bzw. steht Ihrer Ansicht die insoweit einhellige empirische Wissenschaft entgegen: Herkunft ist kein kriminogener Faktor. Auch nicht einer von vielen, sondern gar keiner.
Die Konzentrierung der Ermittlungsarbeit, die Sie erwähnen, speist sich aus rassistischen Vorurteilen und strukturellem confirmation bias, die zur “kriminalistischen Erfahrung” euphemisiert werden. Beispielhaft dafür nachstehend das Zitat eines Bundespolizisten vom Hamburger Hauptbahnhof: “Die Dicklippigen sind alles Drogendealer”. Dreimal dürfen Sie raten, wen der Beamte bevorzugt kontrolliert…
Effizienz und Effektivität sind bei der Polizeiarbeit in einem freiheitlich verfassten Rechtsstaat übrigens nachrangige Erwägungen – auch gegenüber den Persönlichkeitsrechten eines Verdächtigen (NICHT “Verbrechers”).
Von daher ist Ihre Kritik leider von 1. klassisch deutscher Obrigkeitshörigkeit 2. wissenschaftsfernen Fehlvorstellungen und 3. einem fragwürdigen Rechtsstaatsverständnis getragen.
MfG
Den Mittelteil noch einmal bitte:
Was hat die Frage, ob einem Spurenverursacher eine bestimmte Herkunft zugeordnet werden kann, mit der Frage zu tun, ob eine bestimmte Herkunft der Neigung zur Kriminalität förderlich ist (“Herkunft ist kein kriminogener Faktor”)?
Sehr geehrter Herr jansalterego,
fürchten Sie lieber den übergriffigen Datenkapitalismus anglo-amerikanischer Prägung als die im Vergleich zu diesem geradezu kindlich harmlosen Handlungen des Staates.
Zu Ihrer anekdotischen Effidenz vom Hamburger Hauptbahnhof möchte ich noch anmerken, dass es leider auch bei der Polizei eine Menge unfähiger Mitarbeiter gibt.
Viel interessanter ist es daher, Polizeibeamte in ihrer Arbeitsweise zu untersuchen, welche in einem Bereich extrem erfolgreich sind und die Gründe für diesen Erfolg zu suchen. Und hier gehe ich jede Wette ein, dass der besagte Beamte im Hamburg nicht sonderlich erfolgreich ist.
Im weiteren sind Effizienz und Effektivität in der Polizeiarbeit die Grundlagen der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung an sich. Sinnloses Ansammeln von Daten ist nämlich das genaue Gegenteil davon, ebenso jede Form von Überwachungsstaat. Je effizienter und effektiver die Polizei ist, desto weniger Überwachung ist erforderlich, desto freier kann die Gesellschaft leben.
Ein freiheitlich verfasster Rechtsstaat braucht die bestmöglichste Polizei, vor allem anderen. Leider sind wir davon in Deutschland noch ein weites Stück entfernt.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Sie haben sicher recht, dass sich strafprozessuale Ermittlungen in besonderer Weise gegen „auffällige“ (wie Sie schreiben) gesellschaftliche Gruppen richten. Aber resultiert dies aus einer besonderen Kriminalitätsbelastung oder aus der wahrgenommenen Andersartigkeit dieser Gruppen? Konzentriert sich die Ermittlungsarbeit auf bestimmte gesellschaftliche Gruppen, weil bei diesen besonders viele Straftaten festgestellt werden? Oder werden bei diesen besonders viele Straftaten festgestellt, weil sich die Ermittlungsarbeit auf sie konzentriert? Diese Fragen lassen sich wohl kaum voneinander trennen.
Unabhängig davon muss ich Ihnen entschieden widersprechen: Ob Menschen Straftaten begehen, also die zentralen sozialen Normen des Zusammenlebens verletzen, hat nichts mit der Herkunft oder Staatsangehörigkeit zu tun und schon gar nichts mit der Hautfarbe. Es hängt vielmehr von den sozialen Umständen ihres Aufwachsens und ihres Lebens ab.
Im Übrigen geht es hier nicht um Persönlichkeitsrechte eines „Verbrechers“, wie Sie schreiben, sondern um die Rechte einer spurenverursachenden Person – die noch nicht mal tatverdächtig sein muss. Sie scheinen also die Möglichkeiten der neuen Befugnis deutlich zu überschätzen, deren Eingriffsintensität aber nicht hinreichend erkannt zu haben.
Ob die neue Befugnis in der Praxis tatsächlich geeignet ist, Diskriminierung zu reduzieren, wie Sie schreiben, bleibt abzuwarten. Ich bin was das angeht sehr viel weniger optimistisch als Sie.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Singelnstein
Sehr geehrter Herr Singelnstein,
vielen Dank für Ihre Antwort. Sie schreiben selbst, dass die sozialen Umstände des Aufwachsens und des Lebens entscheidende Faktoren sind. Zitat:
>>Es hängt vielmehr von den sozialen >>Umständen ihres Aufwachsens und ihres >>Lebens ab.
Genau diese Umstände sind aber je nach der Herkunft sehr verschieden und genau deshalb hat die Herkunft so eine Bedeutung. Als praktisches Beispiel: Eine Person welche in einem städtischen Slum in Pakistan sozialisiert wurde und nun als junger Mann hierher kommt, unterscheidet sich im Schnitt (!) eindeutig von gleichaltrigen jungen Männern welche in Deutschland aufgewachsen sind.
Natürlich kann man hier – wenn man immer mehr ins Detail geht und alles genauer und noch genauer betrachtet – alle möglichen Relativierungen finden. Junge deutsche Männer aus einem Problemviertel einer Großstadt im Ruhrgebiet sind hier beispielsweise wieder näher, junge deutsche Männer aus einem Dorf im Bayerischen Wald wieder entfernter etc etc
Dieses ins Beliebige zerpflücken und relativieren ändert aber nichts daran, dass man allein aufgrund der Herkunft gewisse Wahrscheinlichkeiten feststellen kann.
Sie haben natürlich recht, dass hier der Bestätigungsfehler ein Problem darstellt. Dass man also bestimmte Gruppen mehr verfolgt und daher bei diesen mehr feststellt, womit sich die ursprüngliche Annahme zu bestätigen scheint. Dies ist in der praktischen Polizeiarbeit ein sehr typischer und sehr weit verbreiteter Fehler. Ungeachtet dessen aber gibt es unabhängig davon definitiv unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten bei unterschiedlichen Herkünften. Dies im Sinne einer – Alle Menschen sind gleich – Ideologie zu negieren wäre ebenso falsch wie Menschen rassistisch zu kategorisieren.
Zur Frage der Rechte spurenverursachender Personen: Spuren werden ja nicht ohne Grund erhoben. Eine Spurensicherung erfolgt de facto immer nur dann, wenn eine Straftat vorliegt und zwar in der praktischen Realität nur dann, wenn eine schwerwiegende Straftat vorliegt. Hier werden nun alle möglichen Spuren gesichert, beispielsweise auch Fingerabdrücke, Ohrabdrücke, Haare, serologische Spuren etc etc
Dies auch von Personen welche gar nicht der Täter waren. Was ist mit den Persönlichkeitsrechten in Bezug auf diese Spuren und diese Personen ? Und inwiefern unterscheidet sich die Sicherung dieser Spuren und ihre Analyse von der Sicherung und Analyse von DNA Material ? Bei einem Einbruch werden beispielsweise an der Türe Fingerabdrücke und DNA Spuren gesichert. Beide stammen in Wahrheit von einem Amazon Paketboten welcher völlig unschuldig ist und den Einbruch nicht begangen hat. Dennoch wurden sein Spuren gesichert und analysiert. Da der gleiche Amazon Paketbote viel später wegen einer ganz anderen Straftat erkennungsdienstlich behandelt wurde hatte man dann seine Fingerabdrücke und er wurde damit des Einbruchs verdächtig. Die Ermittlungen ergaben aber, dass er diesen nicht begangen hat.
Die neue weiterrreichende DNA Analsyse ist im Prinzip nichts anderes. Sie ist keine Revolution, sondern lediglich die Evolution bestehender Techniken und bestehender Prozedere.
Die Rechte spurenverursachender Personen sind auch hier und heute sehr eingeschränkt, wenn eine Straftat vorliegt bei der Spuren gesichert werden. Denn wie soll man sonst überhaupt einen Täter ermitteln, wenn man bei der Spurensicherung dahin gehend eingeschränkt wird, dass nur Spuren welche tatsächlich dem Täter gehören (den man ja eben nicht kennt) gesichert und ausgewertet werden dürfen.
Diskriminierung und (unterbewusste) rassistische Vorurteile beherrschen im Weiteren die Ermittlungen umso mehr, je weniger Spuren man hat. Ein Einbruch: keine Spuren: dem folgend befragt man die Nachbarschaft nach dem Auftreten von rumänischen Bettlern in der letzten Zeit. Ein astreiner Fehler. Am Ende stellte sich heraus, dass der Einbruch Beschaffungskriminalität eines blonden und blauäugigen deutschen Drogensüchtigen war.
Beschließend kann ich Ihnen aber durchaus zustimmen, dass die Fernwirkungen neuer Technologie immer sehr schwer abzuschätzen sind. Ich will aber als optimistisches Beispiel die immensen Erfolge der bisherigen DNA Analyse anführen. Dies hat zur Aufklärung einer sehr großen Anzahl von Straftaten geführt und ist eines der wichtigsten Ermittlungsinstrumente überhaupt geworden. Die positiven Folgen sind direkt spürbar und messbar. Ohne die moderne DNA Analyse würden sehr viel weniger Verbrechen aufgeklärt werden, die Täter nicht bestraft und insgesamt dem folgend auch mehr Verbrechen begangen werden.
Wie man sieht ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese neue Methoden der DNA Analyse einen positiven Nutzen in der Kriminalitätsbekämpfung haben durchaus hoch, wenn man als Vergleich die bisherigen Erfolge der DNA Analyse heran zieht.
Etwas weniger Mißtrauen gegenüber dem Staat (der sehr viel weniger übergriffig ist in Bezug auf Daten als private Großkonzerne) und mehr Optimismus in die positiven Auswirkungen von technologischer Entwicklung sind meiner Überzeugung nach nicht per se falsch.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
es ist sicher richtig, dass in anderen Ländern mitunter andere soziale Bedingungen herrschen als in Deutschland, in manchen Ländern auch solche, die eher kriminogen wirken. Nur sind es dann eben diese sozialen Bedingungen in *manchen* Ländern, die bei *bestimmten* Menschen *unter Umständen* kriminogen wirken können, über die man sprechen muss und nicht über „die Herkunft“. Wer den Anschein erweckt, dass die Herkunft das entscheidende Kriterium sei, stellt eine große Gruppe unter Verdacht, aus der auch nur eine sehr kleine Minderheit strafrechtlich erfasst wird, und leistet damit Rassismus Vorschub.
Nicht zuletzt sei daran erinnert: Bei der erweiterten DNA-Analyse geht es gar nicht um die Herkunft, sondern um die Hautfarbe.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Singelnstein
Sehr geehrter Herr Singelnstein,
die anders gerarteten sozialen Bindungen welche Sie hier anführen sind nicht die Ursache, sondern vielmehr ein Symptom, eine Folge der anderen Kultur dieser Länder. Und der kulturelle Einfluss wird heute hier in Deutschland drastisch unterschätzt. Beispielsweise ist es unter den Mhallamiye-Kurden keineswegs eine sehr kleine Minderheit welche strafrechtlich erfasst wird, sondern eher eine Mehrheit.
Mit Rassismus hat das nichts zu tun, sondern einfach mit der Anerkennung realer Tatsachen. Aber gut, da Sie so sehr betonen, dass es gar nicht um die Herkunft geht, sondern nur um die Hautfarbe (im Weiteren Sinne):
Sind dann (wie ein anderer Nutzer hier schon so rihtig angemerkt hat) Phantombilder, unklare Aufnahmen von Überwachungskameras, Zeugenaussagen und dergleichen ebenfalls rassistisch bzw. fördern diese dann ebenso den Rassismus ?
Und worin liegt der Unterschied wenn eine Frau einen sexuell übergriffigen Täter als schwarzhaarig und wie ein Flüchtling aussehend beschreibt oder wenn wir die DNA des Täters nach der tatsächlichen Haar- und Hautfarbe untersuchen ?
Der Unterschied liegt darin, dass die Zeugenaussage deutlich weniger verlässlich ist und per DNA Test dann heraus käme, dass der Täter gar keine schwarzen Haare hatte (er trug ledigliich eine schwarze Mütze) sondern blonde Haare hatte. Der Unterschied ist: vorher können wir nur vermuten dass die Zeugenaussage der Frau richtig ist, im anderen Fall – der weiterführenden DNA Analyse aber – wissen (!) wir es gesichert.
Und gerade gesichertes Wissen ist die beste Prävention gegen das Greifen rassistischer Vorurteile und verhindert eine Verfälschung der Ermittlungen und wirkt daher gerade eben gegen Rassismus. Sie leistet damit eben keinen Vorschub wie Sie schreiben, sie vermindert diesen durch zusätzliche und valide Daten die man sonst nicht hätte.
Die gesamte Kriminalgeschichte zeigt dies klar auf. Wenn vor 200 Jahren etwas bei einem Einbruch gestohlen wurde und Zigeuner hielten sich in der Nähe auf wurde lapidar erklärt, diese seien die Diebe. Dann führte man die Sicherung und Untersuchung von Fingerabdrücken und konnte die tatsächlichen Täter ermitteln. Damit wurde die Verfälschung der Ermittlungsergebnisse reduziert.
Das gleiche Grundprinzip gilt für jede technische Neuerung die uns bessere Informationen über einen Täter liefert. Es gilt ebenso für Phantombilder, Aufnahmen von Kameras usw usf. Es galt und gilt insbesondere für die bisherigen Methoden der DNA Analyse welche ein Triumph der Kriminalitätsbekämpfung sind. Es ist vor allem anderen die DNA Analyse, welche selbst viele Jahre zurückliegende Straftaten nun endlich aufklärbar macht und auch tatsächlich in einer immensen Anzahl aufklärt.
Die evolutionäre Weiterentwicklung dieser Methode kann daher nur Gut sein und uns weiter zu einer noch objektiveren und sachlicheren Arbeit führen.
Hochachtungsvoll
“Die vom Bundestag beschlossene Befugnis hilft Ermittler*innen also vor allem dann, wenn Spurenverursachende eine sehr helle oder sehr dunkle Hautfarbe haben – und führt damit zu einer strukturellen Benachteiligung dieser beiden Gruppen.”
Die strukturelle Diskriminierung soll darin liegen, dass das Beweismittel nicht in Bezug auf jede Bevölkerungsgruppe gleich effektiv ist? Das ließe sich nun wirklich gegen fast jedes Beweisverfahren einwenden: Videoaufnahmen und Zeugenaussagen sind viel bessere Beweismittel, wenn jemandes Aussehen besonders stark vom Durchschnitt abweicht. Fingerabdrücke sind bei Asylantragstellern ein besonders effektives Beweismittel, weil sie bei denen flächendeckend erfasst werden. Manche Spuren werden sogar überhaupt nur von bestimmten Gruppen hinterlassen. Sperma wird nur von Männern hinterlassen, wird also auch immer nur Männer überführen. Ist das nicht auch unfair? Letztlich passiert hier doch genau dasselbe: Nur bestimmte Bevölkerungsgruppen (in diesem Fall: sehr helle und sehr dunkle Hauttypen) hinterlassen brauchbare Spuren (in diesem Fall: DNA-Spuren, aus denen sich belastbare Ergebnisse hinsichtlich der Hautfarbe ergeben) – die anderen haben bei diesem Beweismittel eben “Glück” gehabt.
Sehr geehrte/r torbengm,
vielen Dank für Ihren Beitrag. Sie haben natürlich vollkommen recht, dass es auch andere Beweismittel bzw. Auswertungsmethoden gibt, die je nach Sachverhalt unterschiedlich gut geeignet sind. Allerdings betrifft das nicht „fast jedes Beweisverfahren“, wie sie schreiben. So ist es bei den von Ihnen genannten Fingerabdrücken nicht eine Frage der Eignung oder Auswertung, sondern des Umfangs der Erhebung. Ebenso macht es einen Unterschied, ob bestimmte Spuren eben nur von einer bestimmten Gruppe hinterlassen werden können (ihr Beispiel Sperma) oder ob die Eignung aus dem stets vorhandenen Beweismittel bzw. der Auswertungsmethode resultiert.
Diese Unterschiede in der Eignung, die aus dem Beweismittel selbst bzw. der Auswertungsmethode resultieren, kann man natürlich einfach als Glück oder Pech ansehen. Das bedeutet dann allerdings auch, den gesellschaftlichen Kontext und die Folgen dieser Unterschiede bei Anwendung der neuen Befugnis zu negieren. Das entscheidende Problem ist ja weniger, dass die Methode in verschiedenen Konstellationen zu unterschiedlich guten Ergebnissen kommt, sondern was daraus folgt – nicht anders übrigens als bei den von Ihnen genannten Zeug*innenaussagen, die hier tatsächlich ähnlich problematisch sind. Was macht das mit dem Vorstellungsbild der Polizeibeamt*innen? Welche weiteren Ermittlungsschritte gegenüber Angehörigen der jeweiligen Gruppe werden in welcher Weise unternommen? Wie wirken sich solche Feststellungen auf den Diskurs aus? Es geht eben nicht um irgendein Beweisverfahren, sondern um die Feststellung der Hautfarbe.
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Singelnstein
Sehr geehrter Herr Singelnstein,
ergänzend zu Ihren Ausführunge möchte ich noch anmerken, dass gerade Zeugenaussagen sehr oft hochproblematisch sind, da sie noch sehr viel stärker als die Wahrnehmungen von Polizeibeamten (welche sich in der Mehrheit wirklich um eine objektive Ermittlung sehr bemühen!) von Vorurteilen, und auch von (teilweise unterbewusstem) rassistischem Denken beeinflusst werden.
Die Feststellung der “Hautfarbe” bzw. (technisch theoretisch möglich) der Herkunft würde gerade eben hier diese allzu typischen Fehler in Zeugenaussagen einschränken. Praktisches Beispiel: Zeugen haben einen Einbrecher fliehen sehen. Und wie beschreiben sie ihn? Als Osteuropäisch, vermutlich rumänisch. Also beschreiben sie schwarze Haare, obwohl der Einbrecher in Wahrheit Dunkelblond war. Solche Fehler geschehen tagtäglich. Ein Mann belästigt kleine Mädchen. Es muss ein Flüchtling sein. Schon wird er entsprechend beschrieben. Und Polizeibeamte müssen natürlich mit dem arbeiten was an Daten vorliegt.
Je weniger Daten, desto mehr greifen Vorurteile und rassisttische Stereotype. Je mehr Daten und je genauer, desto mehr kann man sich von diesen befreien.
Gerade deshalb sehe ich – in zugegebenermasen optimistischer Weise – die neuen Methoden der DNA Analyse als ein hervorragendes Werkzeug gerade eben gegen Diskriminierung und gegen Rassismus.
Hochachtungsvoll
“Der Eingriff in diesem hochsensiblen Bereich ist nicht mehr auf eine Feststellung des Geschlechts beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die konkreten inhaltlichen Merkmale Haar-, Augen- und Hautfarbe sowie das Alter.”
Aber es ist kein Problem, wenn die Polizei ein Fahndungsfoto veröffentlicht, das die meisten dieser Merkmale ebenfalls abbildet?
Aufgrund der hitzigen Debatte hier, will ich nur daraufhinweisen, dass bei uns die größte Gefahr, die aus rassistischen Motiven begangenen Straftaten sind.DNA-Analyse der Hautfarbe usw. nutzen bei der schieren Anzahl Weißhäutiger nichts und reduzieren schon deshalb auf nur einen möglichen Bereich der Kriminalität, der eben gar nicht der größte bei uns ist. Abzulehnen ist deshalb auch die Meinung, dass solche DNA-Analyse etwas gegen Rassismus sein könnte. Denn hier wird schon auf der Basis reiner Vorurteile das Nichtfremde verfremdet, was sich jedoch nicht gegen rassistische Vorurteile rechtfertigen muss. Wichtiger erscheint mir, dass zum Teil sogar tödliche Potenzial an Rassismus besser strafrechtlich in den Griff zu bekommen. Es ist auch nicht einzusehen, warum ein nordafrikanischer Freund von mir nur deshalb bei uns Angst haben muss, nur weil zufällig ein Nordafrikaner eine schwere Straftat begangen hat. Was ist mit den vielen Deutschen angesichts der vielen rassistischen Straftaten?
Sehr geehrter Anton,
laut der Kriminalitätsstatistik 2019 lag die Zahl rassistisch motivierter Straftaten im Jahr 2018 bei 1664 Straftaten insgesamt.
Wollen Sie daher allen ernstes behaupten, rassistisch motivierte Straftaten seien die größte Gefahr ? Dies möchte ich nicht dahin gehend verstanden wissen, dass sie keine Gefahr darstellen. Sondern lediglich darauf hinweisen, wie gering diese Anzahl in Wahrheit ist.
Und auch die Qualität dieser Straftaten ist im Schnitt keineswegs hoch, der Anteil an tatsächlich schwerwiegenden Verbrechenstatbeständen ziemlich gering im Vergleich zu anderen Deliktsfeldern.
Schwerwiegend rechtsextremistisch motivierte Straftaten gehen darüber hinaus in vielen Bereichen zurück. Beispielsweise sank die Anzahl von Angriffen auf Asylbewerberwohnheime von 312 solchen Angriffen im Jahr 2017 auf nur noch 173 solche Angriffe im Jahr 2018.
Mit dem Schreckgespenst der rechtsextremen Straftaten verhält es sich in Wahrheit wie mit der scheinbaren “Flüchtlingskriminalität” welche ebenso völlig verzerrt und an der Realität vorbei dargestellt wird, um damit politische Ziele zu erreichen.
Die tatsächlich größte Bedrohung geht weder von Flüchtlingen noch von Rechtsextremen aus, sondern von der organisierten Kriminalität welche zunehmend unser Staatsgefüge und die Gesellschaft an sich zersetzt. Das reicht inzwischen weit über die sogenannten Clans hinaus, welche darüber hinaus welche fast ausnahmslos (noch) durch sei mehreren Jahrzehnten bereits hier lebende Gruppen gebildet werden.
Im Jahr 2018 wurden nicht weniger als 6483 OK Täter erfasst, davon 2023 deutsche Staatsangehörige (davon sehr viele mit Migrationshintergrund) und 4460 ausländische Staatsangehörige. Der Anteil von “Flüchtlingen” (Zuwanderern) innerhalb dieses Personenkreises lag dabei nur bei 464 Personen.
Im weiteren ist es erstaunlich, dass sie rassistische Straftaten nur mit weißer Haut in Verbindung bringen. Beispielsweise war der rechtsextremistisch motivierte Terroranschlag in München im OEZ durch D. Sobolny, einem iranischen (!) Staatsangehörigen, keineswegs diesem (ebenfalls im Kern rassistischen) Stereotyp zuzurechnen. Sie beklagen also hier Einflussnahme durch rassistische Vorurteile, unterliegen aber selbst diesen (Rechtsextrem = Weißhäutig). Nehmen wir an, der Attentäter wäre zunächst unerkannt entkommen. Dann hätte Vorurteile wie die Ihren die Wahrscheinlichkeit reduziert, hier den schwarzhaarigen und eher dunkelhäutigeren iranischen Täter zu ermitteln.
Und inwieweit sind wissenschaftlich gesicherte Fakten (Daten) nun Vorurteile wie Sie schreiben? Wenn ich mit einer wissenschaftlichen Methode die Haut- und Haarfarbe etc ermittele, inwiefern ist dies dann ein Verfremden von Nichtfremden? Ich sichere DNA und ermittelte die dazu gehörige Person. Das ist schlicht und einfach rational, logisch, wissenschaftlich und damit gerade eben nicht beeinflusst von Vorurteilen im Gegensatz zu vielen anderen Ermittlungsansätzen.
Ihr ideologisches Unbehaben in allen Ehren, aber wenn wir Ihren Vorurteilen folgen, würden sich viele Fälle eben gar nicht aufklären lassen. Beispielsweise kam es (einzelfallweise) vor, dass eine Asylbewerberunterkunft von den eigenen Bewohnern angezündet wurde. Ihrem rassistischen (!) Vorurteil weißhäutiger Täter als primäer Problemgruppe folgend würden Sie entsprechend nur in Richtung Rechts ermitteln. Die wissenschaftliche DNA Analyse würde sofort belegen, dass der Täter in Wahrheit aus Afrika stammte und damit weitere Ermittlungsansätze bieten, welche Ihnen verstellt sind.
Beschließend muss kein nordafrikanischer Fruend von Ihnen irgendwelche Angst vor der Polizei in Deutschland haben, gleichgültig wieviele und was für Straftaten andere Nordafrikaner begangen haben. Die Polizei in Deutschland ermittelt größtenteils so neutral wie es überhaupt nur möglich ist. Wer die Polizei in anderen Ländern kennt, sollte diese immense Errungenschaft hier in Deutschland erst recht zu würdigen wissen.
Aber nehmen wir einmal theoretisch an, Ihr Freund käme aufgrund Täterbeschreibung und räumlichem Kontext sogar als Verdächtiger in Frage. Das Vorliegen einer DNA Probe bedeutet zugleich, dass man seine Präsenz am Tatort mit Leichtigkeit sofort aussschließen kann.
So werden Unschuldige in Wahrheit geschützt, die in anderen Konstellationen sogar in Untersuchungshaft genommen werden könnten.
Es sollte also die Angst Ihres Freundes mindern, wenn die Polizei mehr rein objektive Verfahren zur Verfügung hat.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
auch an dieser Stelle ist ihre Darstellung leider mindestens sehr verkürzt. Hasskriminalität stellt nach Auffassung aller Expert*innen ein massives Problem dar. Da Sie sich hier nur auf das Hellfeld beziehen, empfehle ich mal einen Blick in den Deutschen Viktimisierungssurvey. Dort können Sie sich einen Eindruck vom tatsächlichen Ausmaß des Problems verschaffen.
Was rechtsextrem motivierte Straftaten angeht führen sie ebenfalls nur einen sehr kleinen Ausschnitt an, der einen falschen Eindruck vermittelt. Wenn man sich diesen Deliktsbereich insgesamt und über längere Zeit ansieht muss man feststellen, dass die Zahlen hier in den vergangenen drei Jahrzehnten stetig zugenommen haben und sich nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau bewegen.
Mit freundlichen Grüßen,
Tobias Singelnstein
Sehr geehrter Herr Singelnstein,
keineswegs möchte ich meine Ausführungen als eine Relativierung von Hasskriminalität verstanden wissen, gleichgültig ob sie von Rechten, Linken, Islamisten oder sonstigen Gruppierungen ausgeht. Dennoch ist keine der genannten Gruppierungen zur Zeit in ihrer Bedrohlichkeit und in ihrem negativen Wirken derart problematisch wie die organisierte Kriminalität. Nicht mal im Ansatz.
Meine Angaben zur organisierten Kriminalität bezogen sich im übrigen ebenfalls nur auf das Hellfeld und entsprechende Forschungen zum Dunkelfeld zeigen klar auf, welch immensem Problem man hier inzwischen gegenübersteht. Aber das alles führt vom eigentlichen Thema fort, und wir sollten die Frage des Für und Wieder dieser neuen Methoden nicht daran festmachen, was es für unterschiedliche Bedrohungen gibt. Rechtsextreme Straftaten lassen sich ebenso mit dieser neuen Methode deutlich besser zuordnen und aufklären, es spielt in Wahrheit gar keine Rolle welchen Kriminalitätsbereich wir uns hier heraus suchen. Nehmen wir also explizit uns nur die Bekämpfung rechter Hasskriminalität heraus.
Wie schon bei den NSU Morden kam es immer wieder zu Fehlermittlungen aufgrund von gewissen Fehleinschätzungen welche auch auf rassistischen Vorurteilen beruhten. So ging man beispielsweise davon aus, dass die Morde nicht von Rechtsextremisten, sondern beispielsweise von anderen Türken begangen wurden. Solche Fehler können durch die diskutierte Methode der DNA Analyse in Zukunft vermieden werden. Die Erkennung und Bekämpfung rechtsextremistischer Hasskriminalität wird dadurch deutlich erleichtert. Den Rechtsextreme werden weiter zunehmend sich nicht mehr öffentlich zu ihren Taten bekennen, da dies für ihre politischen Ziele negativ ist. Daher wird immer unklar sein, ob eine Straftat aus dem Bereich der Hasskriminalität tatsächlich von Rechten begangen wurde oder nicht, oder von wem sie überhaupt begangen wurde.
Wenn man wie Sie also rechtsextremistisch motivierte Straftaten als großes Problem sieht, dann ist diese neue Methode sehr gut geeignet, die Bekämpfung solcher rechtsextremistischer Straftaten zu erleichtern.
Hochachtungsvoll
Es ist schon erstaunlich, was für einen widerlichen, verharmlosenden, rassistischen, wissenschaftsfeindlichen Mist man so in hochzivilem Ton von sich geben kann…
Sehr geehrter Herr Jansalterego,
meine Äußerungen sind also Ihrer Auffassung nach widerlicher, wissenschaftsfeindlicher und RASSISTISCHER Mist, wenn ich auf die Möglichkeiten der Bekämpfung von Rechtsextremistischen Straftaten durch die DNA Analyse hinweise?
“Widerlich” ist eine rein persönliche Empfindung Ihrerseits und steht Ihnen ganz selbstverständlich zu. “Wissenschaftsfeindlich” sind meine Ausführungen jedoch keineswegs, berufe ich mich doch gerade eben auf eine wissenschaftliche Methode (DNA Analyse) und sehe ich die wissenschaftlichen Neuerungen positiv. Meine Ausführungen sind daher gerade eben ganz im Gegenteil wissenschaftsfreundlich. Eventuell übersehe ich in meiner optimistischen Bewertung der Nutzung wissenschaflicher Möglichkeiten negative Fernwirkungen derselben, worauf Herr Singelnstein ja bereits hingewiesen hat.
Inwiefern aber irgend etwas was ich äußerte rassistisch gewesen sein soll, wo ich doch explizit die Bekämpfung rechtsextremistischer Hassstraftaten an mehreren praktischen Beispielen angeführt habe, erschließt sich mir in keinster Weise.
Da Sie darüber hinaus noch die Verharmlosung ansprachen: es ist gerade eben die inflationäre und beliebige Verwendung des Begriffs Rassismus und gleich gelagerter Vorwürfe durch Personen wie Sie, welche zu einer gedanklichen Relativierung dieser Begriffe und damit zu deren Verharmlosung führt, bis dahin wo Rassismus als Begriff kein Unbehagen mehr erzeugt. Wenn nämlich jede abweichende Meinung sofort mit dem Begriff Rassismus belegt wird, dann sind Sie es, der hier die Verharmlosung durch stetige Relativierung und Neubelegung des Begriffs betreibt.
Beschließend muss ich konstatieren, dass Sie leider zum eigentlichen Thema, nämlich der Frage ob solche erweiterten DNA Analysen sich in der Kriminalitätsbekämpfung negativ oder positiv auswirken leider rein gar nichts geäußert haben. Gegebenenfalls wollen Sie das ja noch nachholen.
Die Gegenargumente von Herrn Singelnstein beispielsweise haben mir im Gegensatz zu Ihren Phrasen und Worthülsen durchaus viel zu Denken gegeben.
Hochachtungsvoll