Eine Lehrstunde Verfassungsrecht für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht
Man kann es kaum anders sagen: Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat mit einem am 17. Juni 2020 veröffentlichten Beschluss vom 20. Mai diesen Jahres (2 BvR 2628/18) dem deutschen Staatsangehörigkeitsrecht eine regelrechte Lehrstunde in Sachen Verfassungsrecht erteilt. Und man kann für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht nur hoffen, dass es sich diese Lehrstunde zu Herzen nimmt. Denn was die Kammer mit diesem etwa 20-seitigen Beschluss zu einem staatsangehörigkeitsrechtlichen Wiedergutmachungsanspruch nach Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG dem deutschen Staatsangehörigkeitsrecht ins Stammbuch geschrieben hat, reicht weit über die konkret gefällte Entscheidung hinaus.
I. Der hypothetische Staatsangehörigkeitsausschluss und seine ganz realen Folgen
Der Entscheidung der Kammer lag folgender durchaus nicht untypischer Sachverhalt zu Grunde: Eine 1967 in den Vereinigten Staaten geborene Frau mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit beantragte im Jahre 2013 die Einbürgerung nach Art. 116 Abs. 2 GG. Der hier vornehmlich relevante Satz 1 bestimmt: „Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern.“ Ihren Anspruch auf Einbürgerung stützte die US-Bürgerin darauf, dass ihrem 1921 geborener Vater von den Nazis mit Veröffentlichung im Deutschen Reichsanzeiger vom 7. Juni 1938 die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14. Juli 1933 entzogen worden war. Der Vater, der als Jude vor den Nazis in die USA geflohen war, war mit der Mutter, einer US-Staatsangehörigen, nicht verheiratet, hatte die Tochter aber rechtlich als sein Kind anerkannt.
Wer auf diese Fallkonstellation und Art. 116 Abs. 2 GG einen unbefangenen ersten Blick wirft, wird kaum anders können, als anzunehmen, dass dieser Grundgesetzartikel genau für Fälle wie diese bestimmt war. Anders aber das für solche Fälle zuständige Bundesverwaltungsamt als nachgeordnete Behörde des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat. Und auch das Verwaltungsgericht Köln und das Oberverwaltungsgericht Münster verneinten einen Anspruch auf Einbürgerung. Der Grund hierfür ist auch für Jurist:innen, die mit dem Staatsangehörigkeitsrecht nicht so vertraut sind, durchaus etwas überraschend. Das Staatsangehörigkeitsrecht betrachtet Erwerbs- und Verlustgründe nicht nach dem heute geltenden Recht, sondern aus der Perspektive des Rechts, das zum Zeitpunkt des relevanten Ereignisses gegolten hat. Dieser Ansatz führt allerdings mitunter zu Entscheidungen, die aus heutiger Sicht zu unerträglichen Ungerechtigkeiten führen. Dem deutschen Staatsangehörigkeitsrecht war das bislang aber relativ egal; es zog sich auf seinen Standpunkt formaler „Logik“ zurück. Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt aber mit erfreulicher Eindringlichkeit klar gemacht, dass solche Ungerechtigkeiten dem Staatsangehörigkeitsrecht nicht egal sein dürfen und zwar aus Gründen der Verfassung.
II. Die formale Logik des Hypothetischen verhindert Wiedergutmachung
Wie kam es nun in dem vorliegenden Fall zum Ausschluss von der deutschen Staatsangehörigkeit? Zum Zeitpunkt der Geburt im Jahre 1967 konnte ein nichtehelicher Vater die deutsche Staatsangehörigkeit seinen Kindern nicht vermitteln. Auch dann nicht, wenn er sie als Kinder anerkannte. Das änderte sich erst 1993. Seitdem kann auch der nichteheliche Vater die deutsche Staatsangehörigkeit vermitteln, wenn er das Kind bis zu dessen 23. Geburtstag anerkennt (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Staatsangehörigkeitsgesetz, StAG). Für Kinder, die vor dem 1. Juli 1993 geboren wurden, wurde als Übergangsregelung ein besonderer Einbürgerungsanspruch geschaffen, der allerdings voraussetzte, dass eine nach deutschem Recht wirksame Anerkennung vor dem 23. Geburtstag erklärt wurde und dass die Betroffenen seit drei Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben (§ 5 StAG).
Von noch traurigerer Berühmtheit sind die Fälle von Kindern deutscher Mütter und ausländischer Väter, die vor 1974 geboren wurden. Denn deutsche Mütter konnten ihren Kindern ihre deutsche Staatsangehörigkeit erst nach einer Gesetzesänderung vermitteln – nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 37, 217) die bis damals geltende Regelung als Verstoß gegen die Gleichbehandlung von Mann und Frau (Art. 3 Abs. 2 GG) gewertet hatte. Lassen sich in „gewöhnlichen“ Staatsangehörigkeitskonstellationen schon mit wenig Phantasie leicht Fälle denken, in denen eine solche Übergangsregelung nicht greift, so potenziert sich das Problem in den staatsangehörigkeitsrechtlichen Fällen, in denen es um einen Staatsangehörigkeitserwerb aus Gründen der Wiedergutmachung geht.
Dabei ist völlig klar, dass historische Wiedergutmachung des Nazi-Unrechts immer nur im Irrealis erfolgen kann, also in einem gedanklichen Modus des „was wäre, wenn das alles nicht passiert wäre“. Angesichts der Monstrosität der bis heute nachwirkenden Nazi-Zeit und des damit verbundenen Unrechts muss Wiedergutmachung notwendig an ihrem eigenen Anspruch scheitern (ausführlicher hier). Als verfassungspolitischer Grundsatz muss Wiedergutmachung gleichwohl danach streben, Zustände herzustellen, die sich soweit wie möglich einem Zustand annähern, als wäre das menschenverachtende Nazi-Unrecht (doch) nicht geschehen, und darf daher nicht in formalem Denken verharren. Die gängige Sicht im Staatsangehörigkeitsrecht, allen voran die des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. BVerwG, Urteil vom 27.3.1990 – 1 C 5/87), wendet auf die Wiedergutmachungsfälle aber eine formal-hypothetische „Logik“ an. Abkömmling im Sinne des Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG könne nur sein, wer – das Nazi-Unrecht hinweggedacht – die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hätte. Durch diesen formalistischen Rost fiel nun die Beschwerdeführerin der vorliegenden Entscheidung, denn selbst wenn ihr Vater nicht von den Nazis ausgebürgert worden wäre, hätte sie die deutsche Staatsangehörigkeit mangels Vorliegen der Voraussetzungen der Einbürgerung nach § 5 StAG nicht erwerben können.
III. Das Bundesverfassungsgericht erinnert daran, woran es bei der Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht eigentlich gehen muss
Diese hypothetische Logik als Ausdruck eines Bürokratismus der besonders kalten Sorte ist es, die das Bundesverfassungsgericht in seiner Kammerentscheidung des dann doch nicht (mehr) mitmacht. Dogmatisch dreht sich der Fall um die Frage, ob zu den Abkömmlingen nach Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG alle Personen zählen, die von jemandem abstammen, der aufgrund des Nazi-Unrechts die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, oder ob sich dies auf die Personen beschränkt, die nach der hypothetischen Logik, also dem irrealen Hinwegdenken der Nazi-Zeit und ihrer Folgen für die Lebensläufe der Überlebenden, die Staatsangehörigkeit tatsächlich erworben hätten. Die Kammer lässt keinen Zweifel daran, dass Verwaltungspraxis und Gerichte hier schon längst hätten erkennen müssen, dass sie sich mit der hypothetischen Staatsangehörigkeitslogik auf dem verfassungsrechtlichen Holzweg befunden haben. Hierbei erteilt die Kammer den Instanzgerichten, aber auch dem Bundesverwaltungsgericht, auf das sich die Instanzgerichte ausführlich berufen haben (vgl. Rn. 34 – 45), wie eingangs erwähnt, eine Lehrstunde in Sachen verfassungskonformer Auslegung. So erinnert die Kammer lehrbuchhaft daran, dass bei unterschiedlichen Auslegungsmöglichkeiten einer Norm, derjenigen der Vorzug zu geben ist, die der Wertentscheidung der Verfassung besser entspricht:
„Handelt es sich – wie hier – um eine Norm der Verfassung selbst, so gebietet der Gedanke der Einheit der Verfassung eine Auslegung, die mit deren übrigen Wertentscheidungen im Einklang steht.“ (Rn.33).
Als weitere Verfassungsnormen, die die Auslegung des Abkömmlingsbegriffs in Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG mitbestimmen, sieht die Kammer in erster Linie Art. 6 Abs. 5 GG, der per Verfassungsauftrag die Ungleichbehandlung nichtehelicher Kinder verbietet, und ebenso das Gleichbehandlungsgebot von Männern und Frauen aus Art. 3 Abs. 2 GG. Dabei lässt die Kammer bei letzterem offen, ob auch hier ein Verstoß vorliegt, da sie schon einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 5 GG angenommen hat. Mit dem gedanklichen Ausgangspunkt des besonderen Diskriminierungsverbots hebt die Kammer dann – anders als das Bundesverwaltungsgericht – hervor, dass der Wortlaut und die systematische Stellung für eine weite Auslegung des Begriffs Abkömmling sprächen. Bei Art. 116 Abs. 1 GG, als der Verfassungsnorm, die die deutsche Staatsangehörigkeit von Flüchtlingen und Vertriebenen „deutscher Volkszugehörigkeit“ betrifft, ist nämlich anerkannt, dass der Begriff des „Abkömmlings“ nicht nach dem ehemals geltenden Staatsangehörigkeitsrecht in Bezug auf den Geburtserwerb eingeschränkt wird:
„Für die demnach gebotene gleichmäßige Begünstigung ehelicher und nichtehelicher Abkömmlinge in Bezug auf Vater wie Mutter nur in Absatz 1 GG, nicht jedoch in Absatz 2, gibt es keinen durchgreifenden sachlichen Grund.“ (Rn. 51).
Die Kammer hält es dabei nicht mal für erforderlich, sich mit den gewundenen Versuchen des Bundesverwaltungsgerichts, zwischen unterschiedlichen Bedeutungen der Staatsangehörigkeit für „deutsche Volkszugehörige“ einerseits im Sinne einer Regelung, die „das ungewisse staatsangehörigkeitsrechtliche Schicksal der volksdeutschen Flüchtlinge und Vertriebenen einschließlich ihrer „fremdvölkischen“ Familienangehörigen auffangen“ solle, und andererseits mit dem damit vorgeblich nicht vergleichbaren Regelungszweck von Art. 116 Abs. 2 GG, weiter auseinanderzusetzen (Rn. 42). Stattdessen betont die Kammer mit allem Nachdruck, dass die Handhabung der Einbürgerungen mit Wiedergutmachungsgehalt (so der etwas sperrige staatsangehörigkeitsrechtliche Jargon) geleitet sein müsse von dem Bestreben, das Nazi-Unrecht, auch wenn es nicht wirklich wieder gut zu machen ist, doch zumindest in seinen bis heute andauernden Auswirkungen auch mit den Mitteln des Staatsangehörigkeitsrechts so weit wie irgend möglich zu begrenzen:
„Der Gesetzeszweck der Wiedergutmachung steht einer einengenden Auslegung des Art. 116 Abs. 2 GG grundsätzlich entgegen (vgl. BVerfGE 8, 81 <86>), was ebenfalls gegen eine Eingrenzung des Abkömmlingsbegriffs und für eine Einbeziehung der nichtehelichen Kinder eines ausgebürgerten Vaters in diesen Begriff spricht. Die Staatsorgane der Bundesrepublik Deutschland können zwar die Tatsachen nicht ungeschehen machen, die durch die Unrechtsmaßnahmen der Nationalsozialisten geschaffen worden sind. Die Ausbürgerung von jüdischen Staatsbürgern im Sinne der nationalsozialistischen Gesetzgebung bleibt ein historisches Geschehen, das als solches nicht nachträglich beseitigt werden kann. Art. 116 Abs. 2 GG will aber das Unrecht, das den ausgebürgerten Verfolgten angetan worden ist, im Rahmen des Möglichen ausgleichen (vgl. BVerfGE 54, 53 <67 f.>).“ (Rn. 52)
IV. Gesetzgeber sollte den Impuls aufgreifen
Direkt gegen die Idee der formal-hypothetischen Logik formuliert die Kammer, dass es so im Grunde zur Fortsetzung von ansonsten als Unrecht erkannten Regelungen mit anderen Mitteln käme:
„Eine großzügige Prüfung erscheint auch deshalb angezeigt, weil im Rahmen der Prüfung der Wiedereinbürgerung beziehungsweise der Behandlung als nicht ausgebürgert Regelungen des Staatsangehörigkeitsrechts perpetuiert werden können, die zwar nicht aus der Zeit des Nationalsozialismus stammen, gleichwohl aber den Wertentscheidungen des Grundgesetzes zuwiderlaufen.“ (Rn. 52)
Das Bundesverfassungsgericht stellt hiermit die Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht vom Kopf auf die Füße. Das Augenmerk ist nicht auf längst überkommene staatsangehörigkeitsrechtliche Regelungen zu legen, sondern auf das Unrecht, das den Opfern der Nazi-Zeit und ihren Nachfahren angetan wurde.
Im Zuge der Diskussion um die Auswirkungen des Brexit hatte das Thema der Einbürgerungsansprüche mit Wiedergutmachungsgehalt und ihrer restriktiven Handhabung in der Praxis, die nicht nur die Fälle nichtehelicher Kinder betreffen, die Politik erreicht. Das Bundesinnenministerium reagierte mit Erlassen, die für einige Konstellationen erleichterte Einbürgerungen im Ermessenswege (§ 14 StAG) vorsehen. Von Teilen der Opposition (FDP, Linke und Grüne) im Bundestag und aus den Ländern kamen dagegen Vorstöße für eine gesetzliche Regelung von erweiterten Rechtsansprüchen. Gerade angesichts der dem Staatsangehörigkeitsrecht eigenen Beharrungskräfte (hierzu die teilweise beschämende Darstellung von Nicolas Courtman) sollte nicht darauf vertraut werden, dass die Kammerentscheidung, gerade auch in ihrem grundsätzlichen Potenzial im Hinblick auf die Wiedergutmachungslogik des Art. 116 Abs. 2 GG, von der Rechtsanwendung von alleine umgesetzt wird. Wiedergutmachung, das hat diese Entscheidung der 2. Kammer nochmal deutlich vor Augen geführt, braucht rechtssichere Zugänge zur deutschen Staatsangehörigkeit. Hier auf eine großzügige Handhabung von Ermessensnormen zu hoffen, wäre nach allen Erfahrungen wenig ratsam. Zweifel in der Rechtsanwendung sollten durch den Gesetzgeber selbst geregelt werden. Sonst ist zu befürchten, dass zu viele Zweifelsfälle auf der Strecke bleiben.
Ein sehr guter Kommentar, erstaunlich zeitig erschienen, zu einem aktuellen Thema. Aber als Experte in der Anhörung des Bundestages weiß der Autor genau, worüber er schreibt.
Eine Anmerkung am Anfang: die konkreten Ausbürgerungen von emigrierten Juden wurden nicht im “Deutschen Rechtsanzeiger”, sondern im “Deutschen Reichsanzeiger” veröffentlicht, der allerdings seit 1933 eher zum „Deutschen Unrechtsanzeiger“ verkommen war (dieser Freud´sche Versprecher findet sich erstaunlicherweise auch direkt im Urteil des Bundesverfassungsgerichts…). Das am Rande, denn das Thema ist zu ernst: die meisten Ausbürgerungen erfolgten dann durch die berühmt-berüchtigte 11. Verordnung vom 25. November 1941 zum Reichsbürgergesetz von 1935 – damit verloren alle Juden, die sich in Sicherheit, d.h. außerhalb des Deutschen Reichs und der besetzten Gebiete befanden, automatisch ihre deutsche Staatsangehörigkeit. Für diese Überlebenden und ihre Nachkommen fingen nach 1949 aber die Probleme an, als die deutschen Behörden, zunächst die immer noch mit vielen alten Nazijuristen verseuchten Innenministerien, dann ab 2000 das Bundesverwaltungsamt, sekundiert von der deutschen Verwaltungsgerichtsbarkeit bis zum Bundesverwaltungsgericht, eine sog. hypothetische staatsbürgerliche Betrachtung an die Fälle anlegten: hätten die jüdischen Emigranten oder deren Nachkommen nach ihrer Ausbürgerung auch so die deutsche Staatsbürgerschaft behalten, unter Anwendung aller grundgesetzwidrigen und später sogar aufgehobenen Bestimmungen in RuStAG von 1913? Durch die Hintertür wird hier nämlich nichtiges Recht wieder angewandt. Und damit fielen bis 1953 geborene Kinder von Müttern, die mit Ausländern verheiratet waren (entgegen Art. 3 Abs. 2 GG), die hier behandelten bsi 1993 geborenen nichtehelichen Kinder (entgegen Art. 6 Abs. 5 GG), adoptierte Kinder und viele andere Fallgruppen aus dem Bereich von Art. 116 Abs. 2 GG heraus – bis heute. Der Artikel von Nicholas Courtman ist lesenswert, seine Betroffenengruppe (Webseite https://www.article116exclusionsgroup.org/) hat haarsträubende Fälle gesammelt und den Betroffenen ein Forum gegeben – der Autor will nicht verschweigen, dass er auch ein Mitglied der Gruppe ist, weil ihn die immer noch aktuelle Verwaltungspraxis zunehmend anwiderte und im Jahre 2020 doch einigermaßen verstörte.
Erstaunlich ist, dass der Abkömmlingsbegriff in Abs. 1 (bei Volksdeutschen, deutschen Volkszugehörigen) seit Jahrzehnten viel weiter ausgelegt wurde als in Abs 2 des gleichen Artikels 116 GG – methodologisch ein Husarenritt der Verwaltung, allerdings mit Segen des BVerwG. Als ob Kinder von Russlanddeutschen oder Banater Schwaben irgendwie wichtiger seien als amerikanische oder englische Juden oder Nichtjuden, die von Berliner oder Münchner jüdischen Emigranten abstammen. Liest man diese Verwaltungsentscheidungen und Rechtsprechung, bleibt man sprachlos ob des unterschwelligen Antisemitismus zurück. Es war höchste Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht diesem Schandfleck der deutschen Verwaltung und der sie stützenden Rechtsprechung bis zum BVerwG in den Fällen der nichtehelichen Kinder ein Ende und den seit 1949 daran beteiligten Behörden und Gerichten aus gewichtigen verfassungsrechtlichen Gründen die Leviten gelesen hat.
Das Problem hat sich durch den Brexit verschärft, aber zahlenmäßig nicht so sehr, wie man denken könnte: es gab seit dem Jahre 2000 stabil ca. 4-5000 erfolgreiche Anträge, leider aber sehr viele nicht erfolgreiche aus den hier benannten Gründen. (Im Vergleich zu über 100000 Einbürgerungen pro Jahr fallen die Emigranten und ihre Nachkommen allerdings nicht so sehr ins Gewicht). Tatsächlich sind bei den Deutschen Vertretungen in London, Edinburgh etc. die Antragszahlen fast explodiert – um 4000 % seit 2016.
Zwei weitere offene, und auch nach dieser grundlegenden Entscheidung des BVerfG ungelöste Fallgruppen sind die Emigranten und deren Nachkommen mit nachfolgender Naturalisierung und die Nachkommen von jüdischen Emigranten, die von den Nazis zwar verfolgt und in die Emigration getrieben, aber nie die deutsche Staatsbürgerschaft hatten. Zum einen: ab 1933, als Emigranten staatenlos wurden, sei es durch im „Deutschen Reichsanzeiger“ veröffentlichte, sei es durch die Sammelausbürgerung im November 1941, erfolgten nachfolgende Einbürgerungen, auch schon bis zum Jahre 1949, als das Grundgesetz und Art. 116 Abs. 2 in Kraft trat: seitdem müssen sich die Nachkommen – bis heute – belehren lassen, dass mit der Einbürgerung ihre Vorfahren ohnehin nach § 25 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hätten, Pech gehabt, lieber staatenlos geblieben, z.B. in den Niederlanden, den USA oder dem UK nach 1933 oder 1945. Als ob die Emigranten freiwillig emigriert wären und die Staatenlosigkeit seit 1933 irgendwie ein angenehmer Status gewesen wäre, die UN-Konvention über den Status der Staatenlosen kam erst 1951, die Nansenpässe des Völkerbundes waren zwar eine Hilfe, aber keine Lösung. Die anderen problematischen Fälle sind Juden, die bis 1933 im Deutschen Reich staatenlos waren oder Bürger von Drittstaaten wie z.B. Polen waren (am prominentesten: Marcel Reich-Ranicki), die sie aber auch nicht haben wollten. Bis 1933 war eine Einbürgerung von Juden sehr schwierig, ab Juli 1933 sogar verboten. Dazu kamen ab 1938 Juden aus dem Sudetenland, 1939 aus Memel und Danzig, die zusammen mit den ethnischen Deutschen in diesen Gebieten nicht sammeleingebürgert wurden, weil sie Juden waren: diese Juden mussten auch fliehen, ab 1949 war ihnen der Weg in die Deutsche Staatsbürgerschaft aber verstellt, weil sie nie Deutsche im Sinne von Art. 116 Abs. 2 GG gewesen waren (vielleicht nach Art. 116 Abs.1 GG, die aber nicht in Deutschland wohnten). Diese Praxis hat das Bundesverwaltungsgericht auch Anfang der 1980er Jahre für eine Danziger Familie bestätigt: nie deutsche Staatsbürger, deswegen kein Anspruch nach Art. 116 Abs. 2 GG.
In der Tat ist der Gesetzgeber hier gefragt (besonders bei der Ausweitung des Anspruchs nach Art. 116 Abs. 2 GG auf z.B. Danziger, Memeler und Sudetendeutsche Juden). Aber nachdem die große Koalition ausgerechnet am 30. Januar 2020, am 87. Jahrestag von Hitlers Machtergreifung und nur einen Tag nach der großen Feierstunde im Bundestag zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslager Auschwitz, den Gesetzesentwurf der Opposition niedergestimmt hatte – im Hammelsprung, weil plötzlich auch die AfD diesen Gesetzesentwurf unterstützt hatte und die Mehrheiten eher knapp wurden -, ist Zeit innezuhalten. Nach dieser Sternstunde der Großen Koalition am 30.1.2020, übrigens sekundiert von Philipp Amthor (jetzt weiß man, warum er nicht ganz bei der Sache war), aber auch eher seriösen Politikern wie Dr. Middelberg (CDU) und Prof. Castelucci von der SPD, sollte dieser Entwurf wieder aufgenommen werden, nachdem jetzt das Bundesverfassungsgericht seinen Finger in die lange schwärende eitrige Wunde dieser skandalösen Verwaltungspraxis seit 1949 gelegt hat. Denn diese Fragen müssen schon nach der Wesentlichkeitstheorie im Gesetz geregelt werden, nicht in praktisch nicht öffentlichen Erlassen des Innenministeriums, die seit Ende August 2019 die Situation vielleicht etwas verbessert haben. Länder wie Österreich und die Tschechische Republik haben das für ihre Emigranten sogar so im September 2019, praktisch gleichzeitig, entschieden. Hier in Deutschland etwas Geschichtsbewusstsein zu zeigen, auch nach schönen Sonntagsreden in Gedenkstunden im Deutschen Bundestag wie z.B. am 29. Januar 2020, das sind wir den Betroffenen schuldig, besonders vor dem Hintergrund einer derartig ignoranten, verqueren und obendrein verfassungswidrigen Verwaltungspraxis seit 1949. Stattdessen sollten wir froh sein, wenn sich die Emigranten der dritten Generation wieder unbefangen auf Deutschland zubewegen und dessen Staatsbürgerschaft beantragen – jeder restituierte Staatsbürger einer Berliner oder Kölner jüdischen Familie aus jetzt London, New York oder Tel Aviv kann nur ein Gewinn für unser Land sein, und diese Leute haben ein Recht darauf, dass das Unrecht auch nach mehr als 75 Jahren wiedergutgemacht wird.
My husband is one of the people affected – his mother was born in Breslau, whence the family fled when her father escaped from the prison camp he had been taken to after Kristallnacht. She arrived in Australia in January 1939, when the paperwork shows the family as stateless. We have been told that my husband might be given German citizenship at the discretion of the authorities, but we are still waiting to hear. We are aware of one person in the same situation who succeeded and many others who did not. Discretionary seems to be the same as arbitrary in this instance.
Wirklich eine „Lehrstunde Verfassungsrecht für das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht“?
Man kann es auch anders sagen: Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat in einem am 17. Juni 2020 veröffentlichten Beschluss vom 20. Mai diesen Jahres (2 BvR 2628/18) seine bisherige Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 5 GG im Bereich des Staatsangehörigkeitsrechts (BVerfGE 135, 48 ) weiterentwickelt – mit guten Gründen, aber mit in den dogmatischen Konsequenzen teils unklarer Reichweite. Nicht jede im Ergebnis zustimmungswürdige Entscheidung ist indes eine „Lehrstunde in Sachen Verfassungsrecht“.
Verfassungsrechtliche liegt der Fall an der Schnittstelle der Wiedergutmachung von (staatsangehörigkeitsrechtlichem) NS-Unrecht (Art. 116 Abs. 2 Satz 1 Satz 1 GG), der staatsangehörigkeitsrechtlichen Diskriminierung nichtehelicher Kinder deutscher Väter, die selbst nicht Gegenstand der Verwerfung einer nach dem Geschlecht des Elternteils deutscher Staatsangehörigkeit differenzierenden Vermittlung deutscher Staatsangehörigkeit (BVerfGE 37, 217) war und die erst 1993 endgültig aus dem geltenden Staatsangehörigkeitsrecht getilgt worden ist, und dem Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 2 GG – und wirft hier auch die Frage auf, ob/inwieweit es verfassungsrechtlich gefordert ist, staatsangehörigkeitsrechtliche Diskriminierungen der Vergangenheit mit Wirkung für die Zukunft zu korrigieren.
Der Vater der 1967 geborenen Klägerin war als Jude aus Deutschland in die USA geflohen. 1938 entzogen ihm das nationalsozialiste Regime die deutsche Staatsangehörigkeit. Seine nichtehelich geborene, von ihm anerkannte Tochter hat die amerikanische Staatsangehörigkeit. Der Vater selbst hat von der Möglichkeit der antragsabhängigen Wiedereinbürgerung (wohl) keinen Gebrauch gemacht; Art. 116 Abs. 2 GG trägt den dafür guten Gründen der Erlebnisgeneration durch die Erstreckung des Wiedereinbürgerungsrechts auf Abkömmlinge Rechnung. Die nach § 10 RuStAG 1974 (RuStAÄndG 1974 v. 20.12.1974, BGBl. I, 3714) geschaffene Möglichkeit der Einbürgerung des nichtehelichen minderjährigen Kindes eines Deutschen stand der Klägerin nicht offen. Denn diese erforderte neben einer auch nach deutschen Gesetzen wirksamen Feststellung der Vaterschaft, dass das Kind seit fünf Jahren seinen dauernden Aufenthalt im Inland hat; Art. 4 RuStAÄndG, das den Einbürgerungsanspruch auch dem nach dem 31. März 1953 geborenen volljährigen Kind zubilligt, verzichtet nicht auf das Erfordernis eines mehrjährigen Inlandsaufenthalts. Dieses Gesetz stellt insoweit den nichtehelichen Vater (vormals) deutscher Staatsangehörigkeit weiterhin – und auch für „Altfälle“ – anders und schlechter als das ehelich geborene Kind einer Mutter, die im Zeitpunkt der Geburt des Kindes Deutsche war (Art. 3 RuStAÄndG), für die kein Inlandsaufenthaltserfordernis des Kindes vorgesehen war. Für den nichtehelichen Vater verzichtet das Gesetz erst seit 1993 auf das Inlandsaufenthaltserfordernis – aber eben ohne eine Regelung, die den seit dem 1. April 1953 geborenen nichtehelichen Kindern deutscher Väter, die bisher vom Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch Geburt ausgeschlossen waren, einen Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ohne Inlandsaufenthalt eröffnet (§ 5 Nr. 2 StAG ). Dass die Anerkennung der Vaterschaft nicht nach deutschen Gesetzen wirksam gewesen oder nach Vollendung des 23. Lebensjahres erfolgt sei, war nicht das Problem.
„Knackpunkt“ des Falles ist – nach dieser Perspektive – die Rechtsauffassung, dass Art. 6 Abs. 5 GG nicht gebiete, nichtehelichen Kindern deutscher Väter ohne Weiteres den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit zu ermöglichen (so BVerwGE 68, 220 ; Buchholz 130 § 4 RuStAG Nr. 7 ) und daher im Jahre 1993 keine Altfallregelung“ zu schaffen war, die – und sei es durch einen befristeten Erklärungserwerb – einen Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eröffnet. Dass die 1993 geschaffene Regelung nicht nur rechtpolitisch angezeigt, sondern (aus heutiger Sicht) nach Art. 6 Abs. 5 GG verfassungsrechtlich geboten war und es bereits seinerzeit (zumindest) einer Übergangsvorschrift bedurft hätte, ist – aus meiner persönlichen Sicht der richtige und – der wichtige Kern des Beschlusses. Zweifel bleiben indes, ob das Bundesverfassungsgericht dies bereits bei einer Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 1997 so konsequent entschieden hätte. Als „living instrument“ darf und muss das Grundgesetz in seiner Auslegung indes entwicklungsoffen sein.
Eine – gar generelle – Abkehr von dem staatsangehörigkeitsrechtlichen Grundsatz, dass es für den Staatsangehörigkeitserwerb kraft Abstammung auf die Rechtslage im Zeitpunkt der Geburt ankommt, liegt hierin nicht. Es geht um nicht um die Bewältigung irgendwelcher – tatsächlicher wie vermeintlicher – „Ungerechtigkeiten“. Es geht um die Bewältigung eines Problemes der „Übergangsgerechtigkeit“, ob/inwieweit eine mit dem Grundgesetz unvereinbare staatsangehörigkeitsrechtliche Rechtslage stets mit Wirkung für die Vergangenheit als nichtig zu qualifizieren ist oder der demokratisch legitimierte Gesetzgeber befugt und berufen ist, die staatsangehörigkeitsrechtlichen Fernwirkungen durch Übergangsregelungen, etwa durch fristgebundene Erklärungsrechte oder Einbürgerungsansprüche, zu bewältigen. Dass befristete Erklärungsrechte geeignet sind, das Spannungsverhältnis zwischen dem Anspruch der Betroffenen auf Gleichbehandlung und dem Grundsatz der Rechtssicherheit im Staatsangehörigkeitsrecht aufzulösen, hat das Bundesverfassungsgericht für Übergangsregelung des Art. 3 Abs. 6 und 7 RuStAGÄndG anerkannt (B. v. 22.1.1999 – 2 BvR 729/96>).
Die Kritik, die „formale Logik des Hypothetischen verhindert Wiedergutachung“, berücksichtigt dies nicht hinreichend. Tabbara selbst benennt als Maßstab, dass Wiedergutmachung danach streben muss, Zustände herzustellen, die sich soweit wie möglich einem Zustand annähern, als wäre das menschenverachtende Nazi-Unrecht (doch) nicht geschehen. Das ist exakt der Maßstab des Bundesverwaltungsgerichts, der von ihm insoweit als „Ausdruck eines Bürokratismus der besonders kalten Sorte“ kritisiert wird.
Bei Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG geht es dann um die Frage, ob ein „staatsgehörigkeitsrechtlicher“ oder ein „biologischer“ Begriff des „Abkömmlings“ maßgeblich ist; jedenfalls bei einem Staatsangehörigkeitsrecht, das noch nach Geschlecht des Elternteils und der Ehelichkeit des Kindes differenziert (hat), macht dies einen Unterschied. Der staatsangehörigkeitsrechtliche Abkömmlingsbegriff liegt bei einer Regelung, die an den Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen anknüpft, jedenfalls nicht fern, wenn die Regelung bezweckt, dieses Entzug hinwegzudenken.Die Weitergabe einer deutschen Volkszugehörigkeit (Art. 116 Abs. 1 GG) ist ein rein biologischer Vorgang, die Weitergabe der Staatsangehörigkeit war und ist ist ein staatsangehörigkeitsrechtlich geordneter Vorgang.
Bei Anwendung des biologischen Abkömmlingsbegriffs in Art. 116 Abs. 2 GG geht die Regelung über eine „Wiedergutmachung“ hinaus, welche die vom NS-Regime bewirkte „Ausbürgerung“ als nicht geschehen behandelt. Es kommt dann für „ausgebürgerter“ NS-Verfolgte auch nicht mehr auf die Art. 6 Abs. 5 GG verletzende Schlechterstellung an. Dies bewirkt eine Besserstellung im Verhältnis zu jenen nichtehelichen Vätern deutscher Staatsangehörigkeit, die im Ausland lebend vor 1993 die Vaterschaft für ein nichteheliches Kind anerkannt haben. Die Verknüpfung der Argumentation zu Art. 116 Abs. 2 Satz 1 mit der zu Art. 6 Abs. 5 GG lässt letztlich offen, ob die zu Art. 6 Abs. 5 GG geführte Argumentation auch für nichtehelich Väter auch für Personen gilt, die nicht von dem Entzug ihrer Staatsangehörigkeit durch das NS-Regime betroffen waren. Begründungsbedürftig, aber mit Blick auf die grundlegenden Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 6 Abs. 5 GG nicht leicht zu begründen ist, wenn den nichtehelichen Kinder auslandsdeutscher Väter, die nicht verfolgt worden sind, der Schutz des Diskriminierungsverbotes des Art. 6 Abs. 5 GG in einem durch das Grundgesetz überwundenen Rechtsverständnis der Staatsangehörigkeit zuteil werden soll; es geht eben nicht nur um die nichtehelichen Kinder von nach 1945 in etwa südamerikanische Staaten ausgewanderten Nazi-Tätern fortbestehender deutscher Staatsangehörigkeit. Der Argumentation des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls lassen sich tragfähige verfassungsrechtliche Gründe für eine solche Besserstellung nicht entnehmen – für die indes gute verfassungspolitische und historische Gründe gibt. In Verbindung mit dem verfassungsunmittelbaren Wiedereinbürgerungsanspruch öffnet der auslegungsoffene Abkömmlingsbegriff des Art. 116 Abs. 2 Satz 1 GG dem Bundesverfassungsgericht einen Weg, die Folgewirkungen einer generellen, wiedergutmachungsunabhängigen Diskriminierung nichtehelicher Väter deutscher Staatsangehörigkeit im Ausland in einem Einzelfall mit Wiedergutmachungsbezug ohne eine Übergangsregelung zu „bereinigen“, die nach der Logik der Argumentation nach Art. 6 Abs. 5 GG für Altfälle bei der Aufhebung der Inlandsklausel im Jahre 1993 angezeigt gewesen wäre.
Das Bundesverfassungsgericht stellt damit nicht „die Wiedergutmachung im Staatsangehörigkeitsrecht vom Kopf auf die Füße“ (Tabbara). Bereinigt werden für den in Art. 116 Abs. 2 GG erfassten Personenkreis die Spätfolgen eines zwischenzeitlich überwundenen, nach Geschlecht und Ehelichkeit der Geburt diskriminierenden Staatsangehörigkeitsrechts. Dies ist richtig und wichtig. Rückschlüsse auf die staatsangehörigkeitsrechtliche „Wiedergutmachung“ etwa in Fällen, in denen von Verfolgung bedrohte Menschen Deutschland schon vor dem 30. Januar 1933 verlassen, die Staatsangehörigkeit des Zufluchtlandes erworben und deswegen die deutsche Staatsangehörigkeit verloren haben, oder in den weiteren von Courtman (Deutscher Bundestag – Ausschuss für Inneres und Heimat –, A-Drs. 19(4)370) gelisteten Fallkonstellationen lässt der Beschluss nicht zu. Hier ist weiterhin Politik gefordert.