Ende einer Irrfahrt
Warum sich Carola Rackete nach italienischem Recht nicht strafbar gemacht hat
Die deutsche Kapitänin des Rettungsschiffes „SeaWatch 3“, Carola Rackete, wird von der Staatsanwaltschaft in Agrigento (Sizilien) beschuldigt, sich durch die unerlaubte Einfahrt in italienische Küstengewässer, durch die Nichtbeachtung des Anlegeverbots im Hafen von Lampedusa und durch das Rammen eines „Kriegsschiffs“ bei der Einfahrt in den Hafen strafbar gemacht zu haben. Ihr drohen Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren. Außerdem könnte die Organisation “SeaWatch“ zu einem Bußgeld bis zu 50.000 Euro verurteilt und das Schiff, bereits jetzt vorübergehend beschlagnahmt, dauerhaft dem Schiffseigner entzogen werden. Nach italienischem Straf- und Verfassungsrecht sind die Vorwürfe gegen die Kapitänin der „SeaWatch 3“ indessen haltlos.
Die strafrechtliche Verfolgung von Carola Rackete ist der vorläufig letzte Akt einer seit über 2 Jahren zu beobachtenden Eskalation von Maßnahmen Italiens gegen die Seenotrettung im zentralen Mittelmeerbereich im Allgemeinen und gegen nichtstaatliche Hilfseinrichtungen im Besonderen. Die Anschuldigung, diese Organisationen würden mit der Seenotrettung einen „Taxidienst“ für illegale Einwanderer, in versteckter Zusammenarbeit mit Schleppernetzwerden, einrichten wollen, wurde bereits unter der vorherigen Mitte-Links-Regierung im ersten Halbjahr 2017 erhoben. Der damalige Innenminister Minniti hatte einen Verhaltenskodex für die NGOs ausgearbeitet und Druck ausgeübt, diese Maßregeln zu unterschreiben.
Aber erst seit der Amtsaufnahme der neuen, von der „Lega“ und der „Fünf-Sterne-Bewegung“ im Juni 2018 gebildeten Regierung und der gegenüber zivilgesellschaftlichen Organisationen offen feindseligen Politik des Innenministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten Matteo Salvini, Generalsekretär der „Lega“, hat Italien konsequent die Seenotrettung behindert und die Ausschiffung von Schiffbrüchigen in italienischen Häfen untersagt.
Die Zahl der Ertrunkenen und im Meer Verschollenen ist im ersten Halbjahr 2019 auf über 10 Prozent der aus Libyen und Tunesien abgefahrenen Flüchtlingen und Migranten angestiegen, prozentual fünfmal mehr als im selben Zeitraum 2018. Das hat benennbare Gründe: die aktive Zusammenarbeit Italiens und der EU mit der libyschen Küstenwacht; die Anerkennung einer –fiktiven – libyschen search-and-rescue-Zone von 100 Seemeilen vor der nordafrikanischen Küste, in der im Prinzip nur libysche Schiffe in Zusammenhang mit Seenotrettung operieren können; die Verfolgung von privaten Rettungsorganisationen und die Beschlagnahme ihrer Schiffe; die Unterbrechung der von der EU koordinierten Operation „European Navy Force Mediterranean“ (Operation Sophia) und die gezielten Abschreckungsmaßnahmen, auch gegenüber Handels- und Fischereischiffen, die sich mit Schiffbrüchigen konfrontiert sehen.
Was ist vor diesem Hintergrund von Anschuldigungen gegen die Kapitänin der SeaWatch 3 zu halten? Dasselbe Gericht in Agrigento, das jetzt verantwortlich für das Strafverfahren ist, hatte bereits in einem sehr ähnlich gelegen Fall in einem Urteil vom 7. Oktober 2010 die der Beihilfe zu illegaler Einreise Angeklagten in vollem Umfang freigesprochen. Es ging um das deutsche Rettungsschiff „Cap Anamur“, das ebenfalls, im Jahr 2004, unerlaubt in das italienische Küstengewässer eingelaufen und die geretteten Flüchtlinge im Hafen von Porto Empedocle bei Agrigento ausgeschifft hatte.
Das Gericht hat sich dabei im Wesentlichen auf § 51 des Strafgesetzbuchs gestützt, laut dem ein Vergehen dann nicht strafbar ist, wenn es in Ausübung einer rechtlichen, im Gesetz verankerten Verpflichtung begangen wird. Im Fall der Cap Anamur, resultierte diese Verpflichtung aus den SAR und SOLAS Konventionen des internationalen Seerechts, die vorsehen, dass eine Seenotsrettungsaktion erst dann beendet ist, wenn die Schiffbrüchigen in einem sicheren Hafen („port of safety“) ausgeschifft werden. Bis zur Ausschiffung besteht die Pflicht des Schiffskapitäns, die Menschen ohne Gefahr für Leib und Leben in Sicherheit zu bringen.
Nach der italienischen Verfassung ist Völkerrecht höherrangig gegenüber nationalem Recht. Nach Ansicht der Richter aus Agrigento durfte, ja musste sogar das Verbot der Einfahrt der Cap Anamur in die Küstengewässer missachtet werden, um höheres Rechtsgut zu schützen. Auch damals waren zunächst der Verantwortliche der Organisation, der Kapitän und der Erste Offizier im Hafen verhaftet und das Schiff beschlagnahmt worden. Bis zum Freispruch und der Rückübergabe des Schiffes waren mehr als fünf Jahre vergangen…
Im Kern ist die rechtliche Lage in Bezug auf die SeaWatch heute dieselbe, auch wenn sich das politische Umfeld radikal verändert hat. Allerdings hat die italienische Regierung kürzlich zwei Gesetzesdekrete verabschiedet, in denen eine Verschärfung der Bestimmungen zur Einwanderung, zum Asylrecht und zur Einfahrt in die Küstengewässer geregelt wird.
Im ersten „Sicherheitsdekret“ vom 4. Oktober 2018, im Dezember vom Parlament mit Abänderungen in ein Gesetz umgewandelt, wird u.a. der Rechtsschutz aus humanitären Gründen abgeschafft, das Konzept der sicheren Herkunftsländer und das Verfahren an den Grenzen in das Asylverfahren eingeführt und die Aufnahme von Asylbewerbern in der Weise neu geregelt, dass keine Integrationsmaßnahmen mehr durchgeführt werden können.
Einschlägiger für unseren Fall ist das Zweite Sicherheitsdekret vom 14. Juni 2019, das noch binnen 60 Tagen nach Inkrafttreten in Gesetz umgewandelt werden muss, gleichwohl aber schon rechtswirksam ist. Das Dekret ermächtigt den Innenminister, einem Schiff die Einfahrt in die Küstengewässer zu verbieten, wenn sich an Bord „illegale Einwanderer“ befinden. Bei Zuwiderhandeln kann eine Geldbuße zwischen10.000 und 50.000 Euro verhängt und im Wiederholungsfall das Schiff beschlagnahmt werden.
Das Dekret nimmt Bezug auf Artikel der Internationalen Seerechtskonvention von Montego Bay, in dem eine Ausnahme vom Prinzip der „friedlichen Durchfahrt“ von Küstengewässern vorgesehen ist, u.a. auf Grund von möglicher Verletzung nationaler Einwanderungsbestimmungen. In der Tat hat der Innenminister auf Grund dieser Norm der SeaWatch 3, nach erfolgter Rettungsaktion von 52 Menschen in internationalen Gewässern, die Einfahrt in italienische Küstengewässer formell untersagt und damit erst den „casus belli“ geschaffen.
Aber auch die Nichtbeachtung dieses Verbots sowie die Verweigerung, einem Anhalte-und Umkehrbefehl der Finanzpolizei nachzukommen, ist von der vorrangigen Verpflichtung, die Schiffbrüchigen in Sicherheit zu bringen, im Sinne des § 51 Strafgesetzbuch gedeckt. Die Beschuldigung gegen die Kapitänin beruft sich allerdings auch auf § 1099 des Navigationskodex, nach dem die Nichtbefolgung der Anordnung eines „Kriegsschiffs“ mit bis zu zwei Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Es handelt sich aber auch hier um nationales Gesetz, das gegenüber der Pflicht der Kapitänin, die Menschen nach Tagen auf hoher See in einen sicheren Hafen zu bringen, zurückstehen muss.
Schwieriger stellt sich die Lage gegenüber dem Vorwurf, beim nächtlichen Einlaufen in den Hafen von Lampedusa vorsätzlich ein Boot der Finanzpolizei gerammt und damit das Leben der Polizisten in Gefahr gebracht zu haben. Über den genauen Ablauf dieses Vorfalls bestehen verschiedene Versionen, u.a. auch die Vermutung, das Boot der Finanzpolizei habe absichtlich die Einfahrt in den Hafen physisch verhindern und damit die Risikolage schaffen wollen. In diesem Fall wird die Beschuldigung auf § 1100 des Navigationskodex gestützt, der 2 bis 10 Jahren Freiheitsstrafe wegen Widerstand gegen ein Kriegsschiff androht.
Der Begriff „Kriegsschiff“ wird im Kodex nicht definiert. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob ein Polizeiboot die Voraussetzungen für die Klassifizierung als „Kriegsschiff“ erfüllt. Sehr zweifelhaft ist ebenfalls, ob die Kapitänin vorsätzlich gehandelt hat.
In jedem Fall müsste § 54 des Strafgesetzbuchs Anwendung finden, der, ähnlich wie im deutschen Strafrecht, den rechtfertigenden Notstand und damit Straffreiheit dann vorsieht, wenn das Vergehen aus der Notwendigkeit begangen wird, einen schweren Schaden für den Beschuldigten oder Drittpersonen abzuwenden, unter Einhaltung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit.
Der leitende Staatsanwalt von Agrigento hat in einer Anhörung vor dem italienischen Senat am 2. Juli 2019 erklärt, es gäbe keinerlei Hinweise auf eine Verbindung der NGO Schiffe zu den Schmugglernetzwerken.
Die Debatte um die SeaWatch 3 zeigt erneut die tiefe Spaltung in der gegenwärtigen italienischen Gesellschaft. Auf der einen Seite rassistische und sexistische Hasstiraden auf die deutsche Kapitänin, die über die social networks externalisierten niedrigsten Instinkte von Menschen, die überzeugt sind, auf der politisch korrekten Welle zu schwimmen, weil es der Innenminister ihnen vormacht. Auf der anderen Seite eine anwachsende breite Solidaritätsbewegung, viele tausend Menschen, die in wenigen Tagen über eine halbe Million Euro für die Seawatch und die Seenotrettung gespendet haben. Musiker, Schauspieler, populäre Sängerinnen, Bürgermeister, Abgeordnete, Bürgerinitiativen, Freundeskreise, die ihre Empörung über den kulturellen Niedergang öffentlich Ausdruck geben und die das Andere Italien repräsentieren – und dafür erneut mit Beschimpfungen beworfen werden.
Die Aufblasung der Seawatch 3 Affäre soll von den wirklichen Problemen des Landes ablenken, zu denen die Tatsache gehört, dass Italien seit zwei Jahren nicht mehr ein Einwanderungs- und Asylland ist, sondern, erneut, ein Auswandererland. In den letzten 4 Jahren sind mehr als eine halbe Million Italiener, überwiegend jung und mit Hochschulabschluss, abgewandert, in andere EU Länder sowie nach Süd-und Nordamerika. Davon ist in der öffentlichen Debatte aber keine Rede.
Endlich mal ein klares Bekenntnis zu einer manichäischen Sicht auf die italienische Gesellschaft:
„Die Debatte um die SeaWatch 3 zeigt erneut die tiefe Spaltung in der gegenwärtigen italienischen Gesellschaft.
– Auf der einen Seite rassistische und sexistische Hasstiraden auf die deutsche Kapitänin, die über die social networks externalisierten niedrigsten Instinkte von Menschen, die überzeugt sind, auf der politisch korrekten Welle zu schwimmen, weil es der Innenminister ihnen vormacht.
– Auf der anderen Seite eine anwachsende breite Solidaritätsbewegung, viele tausend Menschen, die in wenigen Tagen über eine halbe Million Euro für die Seawatch und die Seenotrettung gespendet haben. Musiker, Schauspieler, populäre Sängerinnen, Bürgermeister, Abgeordnete, Bürgerinitiativen, Freundeskreise, die ihre Empörung über den kulturellen Niedergang öffentlich Ausdruck geben und die das Andere Italien repräsentieren – und dafür erneut mit Beschimpfungen beworfen werden.“
Im Vergleich dazu handelt es sich bei den Jedi und Sith in Star Wars um in zahlreiche Grautönen ausdifferenzierte Antagonisten.
1 Lampedusa ist nicht der nächste sichere Hafen gewesen (die Sea Watch war viel näher an der Küste Afrikas als an Lampedusa). Und damit meine ich nicht als Alternative einen Hafen in Libyen, die Sea Watch hätte stattdessen auch Tunesien ansteuern können.
2 Die Kapitänin hat damit die in Seenot geratenen über eine unnötig lange Strecke transportiert (mehr als 200 Seemeilen) obwohl in viel kürzerer Distanz eine sichere Küste gewesen wäre.
3 Dann hat sie die in Seenot geratenen Menschen weitere 2 Wochen de facto an Bord ihres Schiffes gefangen gehalten, statt in dieser Zeit einen anderen Hafen anzusteuern (und erneut spreche ich hier nicht von Libyen). In den mehr als zwei Wochen hätte sie von Ägypten bis nach Spanien und sogar darüber hinaus jedes andere Land anfahren können.
Stattdessen bestand sie darauf ausschließlich Lampedusa anzufahren und gefährdete damit das Leben und die Gesundheit der in Seenot geratenen an Bord ihres Schiffes. Folgerichtig erkrankten auch viele unnötig.
4 Damit hat diese Kapitänin nicht nur eklatant gegen jedes Recht verstoßen, sie hat ihre politische Agenda über die Gesundheit und das Leben der Flüchtlinge gestellt!
Die Einfahrt in den Hafen von Lampedusa aus politischen Gründen war ihr wichtiger als Leib und Leben und die Gesundheit der Flüchtlinge.
Das ist die wahre Perversion hier, die Heuchelei sondergleichen. Dass hier Menschen welche in Seenot gerieten für die politischen Ziele von Linken instrumentalisiert werden und dies so weitgehend, dass ihr Leben damit gefährdet wird.
5 Das Verhalten dieser gewissenlosen und das Leben von Flüchtlingen gefährdenden Frau ist also nicht nur strafbar, es ist vor allem auch moralisch falsch.
Beispielsweise wurden die Flüchtlinge deshalb krank, weil die Kapitänin die Einfahrt in Lampedusa erzwingen wollte. Dies allein ist bereits strafrechtlich relevant.
Die Kapitänin rettete also keine Menschenleben, sie gefährdete sie. Allein dies muss rechtlich geahndet und hart bestraft werden. Ansonsten steht zu befürchten, dass noch mehr Flüchtlinge durch gewissenlose Linke Agiteure gefährdet werden. Gerade wer für Flüchtlinge ist, sollte daher alles daran setzen, diesen Umtrieben ein Ende zu bereiten.
1 Tunesien als sicheren Hafen zu sehen ist auch nach den Angaben des Auswärtigen Amtes nicht so klar, wie sie es hier behaupten. Auch die Foltervorwürfe von Amnesty International müssen z. B. ernstgenommmen werden
2 Die Strecke ist nur dann „unnötig lang“ wenn Tunesien 1. Überhaupt sicher genannt werden kann und 2. Die Migranten auch aufgenommen hätte.
3. Ihre Behauptung, sie hätte beliebige andere Häfen ansteuern können ist nur teilweise zutreffend. Die Zeit dazu hätte zwar gereicht, aber 1. Hat die Rettungsleitstelle in Rom Libyen für zuständig erklärt, was jedoch wie sie auch sagen keine Alternative ist. 2. Hätte die gleiche Tortur, die sie jetzt mitmachen mussten auch vor jedem beliebigen anderen Land stattfinden können, wenn dieses sich ebenfalls weigert, einen sicheren Hafen zu öffnen. 3. Hat die Kapitänin nach eigenen Angaben auch in Frankreich und Malta angefragt. Malta hat davon sofort abgelehnt, Frankreich gar nicht geantwortet. So viele Möglichkeiten außer auf Gut Glück loszuschippern hatte sie also nicht.
4. Und 5. Sind mit 1-3 auch erledigt. Der wahre Logikfehler ist hier auch das sie den „Linken“ unterstellen mit der Seenotrettung eine politische Agenda zu betreiben und das alle Seenotretter auch notwendig links sind. Mich würde da interessieren, welches politische Ziel damit erreicht wird. Außerdem Menschen, die andere aus Seenot retten zu unterstellen, eben diese zu gefährden und damit zu implizieren, ohne sie ginge es den Flüchtlingen besser ist wohl leider fern ab von jeder Realität. Natürlich gäbe es bessere Möglichkeiten als die private Seenotrettung. Z. B. Die „Operation Sophia“ oder „Mare nostrum“. Das ist aber politisch nicht gewollt. Und trotz aller politischer Gestaltungsfreiheit darf von dem Grundsatz „Jeder verdient es gerettet zu werden“ nicht abgewichen werden.
Tunesien und Ägypten sind genausowenig sicher wie Libyen.
Der nächstgelegene sichere Hafen war gerade der angefahrene.
Wenn man im Golf von Aden schiffbrüchig wird, ist der nächste sichere Hafen dann Eilat, Israel?
Wie ist es mit der Notwendigkeit der Gestattung der Einreise zur Prüfung auf internationalen Asylschutz, dann wenn das Boot mit den Migraten an Bord sich im Staatsgebiet (Küstengewässer) oder an dessen Grenze (12sm) befindet und der Kapitän (oder
Migranten selber) von Bord aus entsprechende Anträge stellen (per Mail, sms)?
Sehr geehrter Herr Rydberg,
Tunesien ist für in Seenot geratene Menschen zweifelsohne ein sicherer Hafen und dass sie sich dazu versteigen das Gegenteil zu behaupten zeigt klar ihre politische Zielsetzung auf, nämlich dass Seerecht für die illegale Einwanderung nach Europa zu missbrauchen. Denn keineswegs geht es hier um Menschen in Seenot in dem Sinne für den die dafür bestehende Gesetzgebung gedacht war, sondern um Einwanderer welche diese Gesetzgebung ausnutzen um ihr Ziel der Einwanderung nach Europa zu erreichen und nichts anderes. Zu diesem Zweck begeben sie sich vorsätzlich und absichtlich in Seenot.
Die Gesetze zur Seenotrettung waren aber nie dafür gedacht, dass Menschen sich absichtlich in Seenot bringen um dadurch eine Einwanderung zu ermöglichen.
In dem Zeitraum in welchem die Sea Watch unterwegs war hätte zudem auch jedes andere Land im Mittelmeer problemlos angefahren werden können, selbst bis in die Niederlande oder direkt nach Deutschland hätte man fahren können. Oder wollen sie nun behaupten, dass Spanien, die Niederlande oder Deutschland hier ebenfalls die Einfahrt verweigert hätten?
Im Weiteren unterstelle ich es den Seenotrettern nicht, dass sie eine politische Agenda verfolgen – und dies selbst auf Kosten der Flüchtlinge und deren Leib und Leben – sie verfolgen definitiv eine solche Agenda und dies auch dann, wenn sie damit das Leben und die Gesundheit der Flüchtlinge riskieren – was auch hier einmal mehr der Fall war.
Selbst nach deutschen Gesetzen wäre dies strafrechtlich relevant, und würde entsprechende Tatbestände durch Unterlassen bedeuten.
Darüber hinaus haben Kapitäne die aus Seenot geretteten gemäß der SAR Konvention von 1979 in jedem Fall schnell (so schnell als möglich) an den nächstgelegenen sicheren Ort zu bringen. Von Schnell kann bei mehr als zwei Wochen nun keine Rede mehr sein. Damit hat die sogenannte Seenotretterin Rackete selbst gegen die SAR Konvention verstoßen, indem sie die in Seenot geratenen eben nicht schnell, sondern unnnötig lange auf dem Schiff vor Lampedusa warten ließ.
Sie fragten beschließend nach dem politischen Ziel: das Ziel ist es vor allem anderen, dass Sterben im Mittelmeer zu beenden. Und das wird nicht geschehen, solange scheinbare Retter unter dem Vorwand der Seenotrettung die Einwanderung nach Europa auf diesem Weg ermöglichen. Die Ertrunkenen im Mittelmeer gehen damit nicht zuletzt auch auf das Konto ihrer sogenannten Retter. Der Grundsatz dass möglichst jeder gerettet werden muss wäre in der Realität gerade eben viel eher umsetzbar, wenn man die Einwanderung über das Mittelmeer unterbinden würde, den dann würden die Menschen gerade eben nicht mehr den Versuch unternehmen es auf dem Meer zu versuchen und damit auch nicht mehr in Seenot geraten. Das bedeutet in der Realität eben tatsächlich, dass die sogenannten Seenotretter durch ihr Tun indirekt das Leben der Flüchtlinge gefährden und diese dazu bewegen, sich eben absichtlich (!) in Seenot zu begeben um auf diese Weise nach Europa einzuwandern.
Gerade um die Zahl der in Seenot geratenden so weit wie möglich zu reduzieren muss zwingend diese Route geschlossen werden. Und das geht nur indem man die sich selbst absichtlich in Seenot bringenden zum nächsten sicheren Hafen transportiert und der ist nicht in Italien. Und dies eben schnell, also umgehend – wie es die SAR Konvention vorsieht und nicht in mehr als zwei Wochen um damit auf Kosten der Gesundheit von Flüchtlingen seine linke Agenda voran zu treiben.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhardt
Spezifisch übrigens nochmal zu Tunesien wo ich erst vor kurzem im Urlaub war: es gibt keinen einzigen, ja nicht einen einzigen Fall in Tunesien bei dem ein in Seenot geratener Flüchtling durch die Tunesier gefoltert wurde. Nicht einen einzigen. Was die Apologeten des Missbrauchs der SAR Konvention zum Zweck der Einwanderung in die EU an Tunesien in Wahrheit stört ist, dass es dort de facto kein Asylrecht gibt und Tunesien deshalb ins Land kommende Flüchtlinge dann sehr schnell und ohne Prüfung ihrer Anliegen wieder aus Tunesien rauswirft. Damit wäre ihr Missbrauch der SAR Konvention zum Zweck der illegalen Einwanderung hintertrieben und das stört die Menschenleben gefährdenden Seenotretter natürlich erheblich, da ein Zusammenbruch dieses Systems der illegalen Einwanderung auch das Ende ihrer Pfründe, ihrer eitlen bigotten Selbstdarstellung und der Möglichkeit ihren Helferkomplex auf Kosten anderer Menschen auszuleben bedeuten würde.
Gegen Tunesien spricht die Tatsache, dass die Geretteten dort kein Asylantrag stellen können. Der ist im tunesischen Rechtssystem schlichtweg nicht vorhanden.
Der Anspruch auf eine Asylverfahren ist aber nun mal ein nicht verhandelbares Menschenrecht und eben nicht, wie Sie es darstellen, etwas das stört. Wobei mir die Frage erlaubt ist: Wen stört das eigentlich?
Sehr geehrter Herr Wagner,
sie sagen es: in Tunesien wäre kein Asylantrag möglich und nur deswegen, allein deshalb meiden die sogenannten Seenotretter die tunesischen Häfen – welche aber gemäß der SAR Konvention: 1 die nächstgelegenen Häfen wären, 2 gemäß der SAR Konvention das Ziel wären, welches schnell (also unmittelbar) anzulaufen wäre und 3 welche für in Seenot geratene absolut sicher sind (um es noch mal zu betonen: es gab und gibt in Tunesien nicht einen einzigen Fall wo ein in Seenot geratener gefoltert oder sonstwie mißhandelt worden wäre).
Nun zur Frage ob der Anspruch auf ein Asylverfahren ein nicht verhandelbares Menschenrecht darstellt. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Wenn dem so ist dann gilt dies eben nicht nur im Mittelmeer sondern weltweit und dann hat jederman weltweit wenn er in internationalen Gewässern in Seenot gerät ein Menschenrecht darauf in die EU transportiert zu werden damit dort sein Asylantrag geprüft wird. Denn wo und warum sollte es dann eine Grenze von der Entfernung zur EU her geben? Wenn ich mehr als 200 Seemeilen von Lampedusa entfernt aber nur 30 Seemeilen von Tunesien entfernt ein Recht darauf habe, dass ein Asylantrag in der EU geprüft wird wenn ich in Seenot gerate, dann muss dieses nicht verhandelbare universelle Menschenrecht auch vor der Küste Saudi-Arabiens im Golf von Hormuz gelten, oder vor der Küste Chinas etc.
Dann hat jeder Mensch der sich absichtlich (!) selbst in Seenot begibt in internationalen Gewässern ein Recht darauf in die EU transportiert zu werden wenn ein EU Schiff das nächste zu seiner Position ist, schlicht und einfach weil es keinerlei Rechtsgrundlage in irgendeiner Form gibt welche hier von der Entfernung her eine Grenze ziehen würde. Dann paddele ich einfach im Schlauchboot vor der Küste Chinas neben ein EU Schiff, werfe die Paddel über Bord, schneide mit dem Messer das Schlauchboot auf und erkläre dass ich in Seenot bin. Dann muss das EU Schiff meinen Asylantrag ermöglichen.
Oder 2: die SAR Konvention gilt als vorrangig gegenüber der Stellung des Asylantrags, weil die Rettung der Menschenleben aus der Seenot höherrangig ist als die Frage ob sie dann einen Asylantrag stellen können. Wenn dem so ist, dann müssten die sogenannten Seenotretter auch im Mittelmeer sich an diese Konvention halten und demzufolge eben Tunesien oder vor der östlichen Küste Libyens auch Ägypten anlaufen.
Meiner rein persönlichen Meinung nach sollte durchaus Menschen außerhalb des Gebietes der EU die Möglichkeit gegeben werden, in der EU einen Asylantrag zu stellen. Eine solche Antragstellung von außerhalb des Gebietes der EU wäre in jedem Fall eine sehr wichtige weitere Maßnahme um das Sterben im Mittelmeer zu beenden. Dazu muss beispielsweise in Nordafrika die Möglichkeit geschaffen werden, in dort von uns aufzubauenden und zu betreibenden Asylunterkünften unterzukommen und dort seinen Antrag zu stellen und prüfen zu lassen. Die südlichen Mittelmeer-Anrainer-Staaten würden dies sicher begrüßen, wenn wir diese Asylunterkünfte dort finanzieren und auch betreiben würden, da es sie erheblich entlasten würde.
Es wäre auch wirtschaftlich sinnvoller, weil die Kosten für den Betrieb einer solchen Unterkunft dort wesentlich geringer sind als hier.
Gleichzeitig aber muss zwingend dieser Perversion des Seerechts ein Ende gesetzt werden, den solange diese scheinbaren Retter in ihrem scheinheiligen und selbstgefälligen Helferkomplex weiter Menschen Hoffnung machen, auf diese Weise in die EU einwandern zu können, wird das Sterben auf dem Mittelmeer weiter gehen und werden noch tausende weitere Menschen qualvoll ertrinken, nur damit ein paar Pseudo-Retter ihre politische Agenda voran treiben können.
Das was diese NGOs da im Mittelmeer veranstalten, ist eigentlich an Zynismus und Menschenverachtung nicht mehr zu überbieten. Deshalb muss das beendet werden, nicht um damit Asylverfahren in der EU zu verunmöglichen, sondern gerade eben umgekehrt für die Flüchtlinge, um Menschenleben zu retten und das Sterben im Mittelmeer zu beenden.
Die Sperrung der Seeroute durch den konsequenten Rücktransport aller sich selbst absichtlich in Seenot bringenden nach Afrika allein reicht dabei natürlich nicht aus. Es müssen definitiv weitere Maßnahmen getroffen werden, unter anderem viel mehr Aufklärung in den Herkunftsländern, die Möglichkeit auch von außerhalb der EU einen Asylantrag stellen zu können und vor allem auch erhebliche Hilfestellungen für die Hunderttausenden von in Nordafrika gestrandeten Flüchtlingen welche dort festhängen und gar nicht mehr in die EU wollen, sondern nur noch zurück in ihre Heimatländer, was sie sich aber finanziell nicht leisten können.
Solange aber dieses perverse und menschenverachtende System des Mißbrauchs der Seenotrettung weiter geht, wird auch das Massensterben weiter gehen.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
ich möchte nur auf drei Aspekte Ihrer ausführlichen Replik eingehen und dabei von hinten anfangen. Für die Notwendigkeit und Pflicht zur Rettung Schiffbrüchiger ist es unerheblich, wie diese in die Gefahr geraten sind. Bei der Bergrettung in den Alpen, die teilweise lebensgefährlich für die Retter ist, wird diese Frage auch nicht gestellt. Und dort gibt es genügend Leichtsinn oder fast schon Vorsatz, wenn wegen Lawinengefahr gesperrte Gebiete betreten werden.
Ihre Vorwürfe gegenüber den privaten Seerettern kann ich weder nachvollziehen noch gutheißen. Das Problem sind nicht diese, sondern die EU und Italien/Malta, die versuchen mit teilweise populistischen Vereinfachungen die Leute zu diskreditieren, die eine Aufgabe übernommen hat, von der sich sowohl die EU als Ganzes, aber auch die reguläre Schifffahrt auf Druck vor allem der Italiener zurückgezogen hat. Alle Behauptungen, die Seenotretter würden über einen Pullfaktor die Situation verschärfen, haben sich im Übrigen nicht verifizieren lassen. Und die behauptete Überlastung Italiens durch die Bootsflüchtlinge ist vor dem Hintergrund der Zahlen nicht haltbar. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass die bisherigen Zahlen zeigen, dass mehr Menschen Italien verlassen als nach Italien migrieren.(Quelle: italienischer Flüchtlingsrat)
Zum dritten polemisieren Sie unnötig und auch realitätsfern: Ein im Indischen Ozean in Seenot geratener, der Asyl beantragen will, wird sicherlich nicht nach Lampedusa gebracht. Es sei denn, das Schiff, das ihn aufgenommen hat, entscheidet in eigener Verantwortung, dass es seine Route nicht ändern möchte und den Zielhafen (Lampedusa) anlaufen will.
Die übrigen Fragen bezüglich der Bedeutung und der Wirkmächtigkeit des Asylrechts sind hier in anderen Blogbeiträgen schon genügend herausgearbeitet worden.
Das Sterben im Mittelmeer (und an anderen stellen) wird nur dann wendet werden können, wenn Europa bereit ist, seine Verantwortung zu leben und Wege zu gestalten, die diese Flucht unnötig machen.
Hochachtungsvoll
A. Wagner
>Die Zahl der Ertrunkenen und im Meer Verschollenen ist im ersten Halbjahr 2019 auf über 10 Prozent der aus Libyen und Tunesien abgefahrenen Flüchtlingen und Migranten angestiegen,
Das ist absichtlich irreführend geschrieben.
In 2019 sind bisher 500 Menschen im Mittelmeer ertrunken.
In 2016 waren es über 5000.
Sehr geehrter Herr Wagner,
mit keinem einzigen Wort bestreite ich die absolute Notwendigkeit der Seenotrettung, sondern ganz im Gegenteil. Meiner Rechtsauffassung nach steht die SAR Konvention über dem vermeintlichen Recht innerhalb der EU einen Asylantrag stellen zu könnnen.
Und es ist gewiss eine Schande, dass die unzähligen Kriegsschiffe der Seestreitkräfte der EU Staaten nicht konzentriert für die Seenotrettung eingesetzt werden, zumal wir sie ja ohnehin beschafft haben und unterhalten. Hier hätten sie mal eine sinnvolle Aufgabe.
Dass selbst diejenigen welche sich und andere absichtlich in Seenot bringen trotzdem gerettet werden müssen ist selbstverständlich. Mit keinem Wort habe ich dies bestritten.
(anbei: wie ist es eigentlich strafrechtlich zu bewerten, andere Menschen absichtlich mit in Seenot zu bringen – welche die Tragweite dieser Handlung vielleicht gar nicht verstanden haben und nicht wissen wie ihnen da geschieht ?!)
Was ich hingegen absolut bestreite ist, dass die SAR Konvention nicht mehr gelten soll, sobald die in Seenot geratenen an Bord eines Schiffes sind. Die Konvention ist absolut eindeutig: die in Seenot geratenen sind schnell (umgehend) in den nächsten sicheren Hafen zu bringen. Das wäre im vorliegenden Fall ein Hafen in Tunesien. Das heißt, die vermeintlichen Seenotretter verstoßen selbst gegen die Konvention, sobald sie die Geretteten aufgenommen haben. Und ebenfalls sind mehr als zwei Wochen auf See das Gegenteil von schnell und daraus folgend erkrankten auch mehrere Flüchtlinge an Bord ihres sogenannten Retters. Nichts anderes als eine Straftat der gefährlichen Körperverletzung durch Unterlassen.
Ein Schiff das in Seenot geratene aufnimmmt kann und darf eben nicht wie Sie im Weiteren behaupten selbstverantwortlich entscheiden welchen Hafen es anfährt. Stattdessen sind ihm hier enge Grenzen gesetzt, und dies mit Recht, um Leben und Gesundheit der in Seenot geratenen nicht weiter zu gefährden, wie es die scheinbaren Retter im Mittelmeer getan haben.
Europa hat nicht die Verantwortung die Probleme in anderen Kontinenten zu lösen. Europa hat die Verantwortung geltendes Seerecht so anzuwenden wie es ist und zwar deshalb, weil nur dadurch das Sterben auf dem Mittelmeer beendet werden kann. Die Zahlen sprechen einfach für sich. Es ist absurdistisch wenn sie behaupten, die privaten NGOs welche hier agieren wären kein Pullfaktor. Ich habe selbst mit Flüchtlingen gesprochen die genau dies sagten: dass einer der Gründe warum sie sich auf dieses Wagnis einließen gerade eben die Präsenz dieser Pseudo-Retter war.
Die Flucht über das Mittelmeer kostet zur Zeit je nach Ausführung zwischen 5000 und 15 000 Euro. Sie ist daher in jedem Fall unnötig und erfolgt nicht von denjenigen welche tatsächlich in existenzieller Not sind, sondern von den im Vergleich eher begüterten welche sich davon eine wirtschaftliche Rendite erhoffen.
Dieses ganze perverse System hat also weder mit Menschenrechten noch mit gesundem Menschenverstand noch mit geltendem Recht zu tun, sondern dient allein der Durchsetzung einer religiöse Formen annehmenden Ideologie und der Befriedigung des Helfersyndroms zu vieler dieser scheinbaren Retter.
Im Weiteren: Auch wenn aus Italien mehr gebildete und vermögende Italiener auswandern als nicht ausgebildete und mittellose Afrikaner
dort einwandern, ändert das nichts an der Rechtslage und dem Fakt, dass die scheinbaren Seenotretter sich selbst nicht an die SAR Konvention halten. Und deren Regelungen haben eben auch Vorrang vor einem vermeintlichen Rechtsanspruch auf die Verbringung in das Gebiet der EU.
Dazu noch ein Punkt: Gemäß dem geltenden Recht haben diejenigen welche in Seenot geratene aufnehmen diese zum nächsten sicheren Ort zu bringen. Dies kann gemäß dem Gesetz auch ein anderes (größeres) Schiff sein.
Hier wäre die Lösung schlechthin: die Unzahl an weitgehend nutzlosen Kriegsschiffen der EU Staaten nimmt die in Seenot geratenen noch außerhalb der Hoheitsgewässer der EU auf und bringt diese dann zurück in ihre Herkunftsländer (meist an der Westafrikanischen Küste). Welche sichere Häfen sind (Senegal, Ghana, Nigeria etc)
Denn wenn man ihrer Lgik folgt nach der keineswegs der nächste sichere Hafen anzusteuern ist, sondern ein sicherer Ort (und gemäß dem geltenden Recht ist ein sicherer Ort nicht zwingend ein Hafen, sondern auch ein anderes Schiff kann dieser sichere Ort sein) – dann sollten größere EU Kriegsschiffe die in Seenot geratenen aufnehmen und dann sind diese in Sicherheit und können im weiteren zurück nach Westafrika gefahren werden.
Würde man so verfahren, kämen nicht mal mehr 100 pro Jahr im Mittelmeer ums Leben. Ihre Auffassungen aber verschuldeten bereits den Tod von Zehntausenden, welche sich absichtlich in Lebensgefahr brachten vor allem deshalb, weil sie diese Möglichkeit vor Augen hatten.
So haben eben nicht zuletzt die scheinbaren Seenotretter das Leben von tausenden Menschen auf dem Gewissen, welche starben weil sie auf den Transport durch eben diese Pseudoretter ins Gebiet der EU hofften.
Hochachtungsvoll
Ihre Ausführungen sind logisch und kohärent, und Ihnen ist beizupflichten. Ich möchte aber noch einen anderen Aspekt einbringen, der die politische Zielrichtung dieser »Rettungs«-Aktionen beweist (denn stünde »Humanität« im Vordergrund, wäre der effiziente Mitteleinsatz erstes Gebot).
Mit den Millionen, die in die Fake-»Seenot-Rettung« (genauer: den Fährdienst) für ein paar Desperados gesteckt werden (welche sich ohne diesen »Fährdienst« gar nicht erst in Gefahr gebracht hätten…) , könnte zigtausende Afrikaner zuhause zu Arbeit und Brot verholfen werden, die auf diese Weise von vorneherein vor verzweifelten Mittelmeer-Überfahrten bewahrt blieben.
Sehr geehrte Frau Decourroux,
drei Anmerkungen zu Ihren Ausführungen.
1. Alle ernsthaften Studien haben den Pull-Faktor der Seenotrettung verneint.
2. Die von Ihnen angesprochenen Hilfen zur Selbsthilfe in afrikanischen Gebieten sind, wie von mir mehrfach angesprochen, mit eine Aufgabe der EU.
Sie retten jedoch keinesfalls die Menschen, die eine teilweise jahrelange Wanderung hinter sich haben.
3. Ihre Vorschläge machen genau in den Ländern, die dringend auf solche Veränderungen angewiesen sind, solange keinen Sinn, wie dort Krieg/kriegerische Auseinandersetzung herrscht, an denen teilweise die EU/einzelne Mitgliedsländer als direkter/indirekter Konfliktpartner beteiligt sind
Sehr geehrter Herr Wagner,
leider war ich berufliich einige Zeit verhindert, sehen Sie mir daher bitte die verspätete Antwort nach.
Der primäre Pull-Faktor für Migranten aus Afrika in die EU ist die Präsenz von afrikanischen Migranten innerhalb der EU. Das heißt, dass die Einwanderung selbst ihr eigener Pull-Faktor ist.
Die notwendigen Netzwerke, Verbindungen, auch die notwendigen Investitionen werden vor allem anderen durch die bereits nach Europa gelangten zur Verfügung gestellt.
Je mehr Menschen daher auf diese Weise illegal in die EU gelangen, desto stärker wird der Sog.
Und noch bevor wir die Probleme in den Herkunftsländern angehen wäre es noch viel dringender, die katastrophale Lage der Flüchtlinge in Libyen zu beenden. Um dies zu tun muss man den Flüchtlingen in Libyen helfen in ihre Heimatländer zurück zu kehren. Was übrigens sehr viele von ihnen tun würden, hätten sie die Mittel dazu.
Der nächste Schritt wäre dann, entsprechende Asylzentren an geeigneter Stelle (südlich der Sahara!) zu errichten und dort – noch vor der lebensgefährlichen Durchquerung der Wüste die Asylanträge prüfen zu können. Dies würde sowohl das Sterben im Mittelmeer, als auch das viel extremere Sterben in der Wüste sehr weitgehend verringern.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
eine kurze Replik, weil ich Wiederholungen ermüdend und unnötig finde.
Auch der mehrmalige Hinweis auf Tunesien ändert nicht an der Tatsache, dass Tunesien kein sicheres Land (kein Asylrecht) ist.
Zweitens sind EU-Kriegschiffe auf Druck Italiens nicht mehr im Mittelmeer beauftragt.
Dass die SAR-Retter sich an das Seerecht halten, bestätigen die ital. RichterInnen. Offen bleibt im aktuellen Fall nur die rechtliche Bewertung der Situation im Hafen.
Mein Hinweis auf die Tatsache, dass größere Schiffe durchaus bis zum Zielhafen fahren dürfen, entspricht dem intern. Seerecht.
Aus welcher Quelle speist sich die Information, dass „vermögende“ Italiener das Land verlassen.
Im Übrigen habe ich den Hinweis nur deshalb erwähnt, weil in Italien eben nicht der von Salvini behauptete nicht zu bewältigende Notstand vorherrscht.
@eine kurze Replik, weil ich Wiederholungen ermüdend und unnötig finde.
Auch der mehrmalige Hinweis auf Tunesien ändert nicht an der Tatsache, dass Tunesien kein sicheres Land (kein Asylrecht) ist.“
Es ist für die verschiedenen, hier maßgeblichen Seerechts- und Seenotrettungsvereinbarungen völlig unerheblich ob in den dort definierten „sicheren Häfen“ ein Recht auf Asylantrag besteht.
Mit einem einzigen Satz bestätigen sie die Absicht, Seenotrettung mit der Herbeiführung eines Asylverfahrens innerhalb der EU zu verquicken.
Das ist unredlich und wiederläuft dem Sinn des Seerechts.
In Tunesien wird kein Geretteter gefoltert, eingesperrt oder sonstwie staatlich drangsaliert. Er wird wenn nötig medizinisch erstversorgt und mit Nahrung ausgestattet. Nach Seerecht erfüllt Tunesien damit vollunfänglich die Definition eines sicheren Hafens/Ort.
Der Gerettete hat allerdings kein Recht auf einen Asylantrag. Und darum fahren die NGOs nach Lampedusa und Malta – und instrumentalisieren damit das Seerecht politisch und weltanschaulich. Das mag Professor Hein und Kommentator Herr Wagner persönlich gutheißen, ihre Rechtsauffassungen werden dadurch aber nicht richtig.
Ihre Ausführungen sind falsch.
1. Das Recht auf Asyl ist ein übergeordnetes Rechtsgut, abgeleitet aus den allgemeinen Menschenrechten. Diese wiederum sind die höhere Rechtsnorm, nicht die untergeordnete.
2. Dass die ital. Justiz, im Gegensatz zu Herrn Salvini, diese Rechtsauffassung inzwischen mehrfach, auch dieses Mal wieder bestätigt hat, dürfte vielleicht langsam auch in Deutschland angekommen sein.
3. Fakt bleibt, dass Tunesien nicht nur meine Rechtsauffassung nach, keine Option ist, weil dort eben dieses grundlegende Recht auf Asyl nicht ermöglicht wird.
Unabhängig davon ist mir natürlich klar, dass die EU dringend zu einer Einigung kommen muss, was grundsätzliche Regeln für Asylsuchende an Europas Südgrenze betrifft. Es kann nicht angehen, dass die Mittelmeeranrainer damit alleine gelassen werden und sich die nordischen (und östlichen) Staaten mehr oder weniger Zurückhalten. Die EU muss dies als Gemeinschaftsaufgabe begreifen. Allerdings setzt dies voraus, dass Italien die gemeinsame Blockadepolitik mit anderen Staaten aufgibt.
Sehr geehrter Herr Wagner,
Sie schrieben:
– Das Recht auf Asyl ist ein übergeordnetes Rechtsgut, abgeleitet aus den allgemeinen Menschenrechten. Diese wiederum sind die höhere Rechtsnorm, nicht die untergeordnete. –
Ebenso ist das Recht auf Leben (SAR Konvention) ein Menschenrecht und das Recht auf körperliche Unversehrtheit.
Nun waren die scheinbaren Retter mehr als zwei Wochen unnötig auf See um damit das Menschenrecht auf Asyl durchzusetzen. Nachweislich erkrankten dadurch etliche Flüchtlinge und wurden an ihrer Gesundheit geschädigt. Sie wäre nicht erkrankt und nicht geschädigt worden, wären sie umgehend nach Tunesien gelangt.
Wir haben hier also zwei konkurrierende Rechte: einmal das Menschenrecht auf Asyl, einmal das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit und auf Leben. Was ist nun höher zu gewichten? Das unveräußerliche Recht auf Leben und Gesundheit oder ein Recht auf Asyl in der EU ?
Im weiteren wären die Flüchtlinge in Tunesien absolut sicher, auch dann wenn sie keinen Asylantrag stellen können. Und die Sicherheit vor Verfolgung ist doch laut Ihnen in Wahrheit der primäre Grund für ihre Flucht, oder doch nicht ?!
Asylzentren südlich der Sahara, durch die EU geschaffen und betrieben würden zudem diese ganze Situation vollständig auflösen: damit wäre das Recht darauf einen Asylantrag zu stellen gewahrt und zugleich keine Flucht durch die Wüste und über das Meer mehr notwendig.
Damit fiele das ganze perverse derzeitige System in sich zusammen.
Warum Sie stets mit keinem Wort auf diesen Teil meiner Ausführungen eingehen zeigt klar auf, dass Sie (aus welchen Gründen auch immer) meine Ausführungen in ihrer Ganzheitlichkeit nicht verstehen oder nicht verstehen wollen.
Die Sperrung der Seeroute ist nur ein (kleiner!) Teil der dringend sofort notwendigen Maßnahmen um das Massensterben vor allem in der Wüste und die Zustände in Libyen für Flüchtlinge so weit wie möglich zu beenden.
Es ist viel mehr notwendig um die illegale Einwanderung nach Europa zu stoppen und zugleich das Recht auf Asyl zu erhalten:
Die Seenotrettung muss komplett unter die Kontrolle souveräner Staaten gestellt werden. Hierzu müssen Kriegsschiffe eingesetzt werden.
Es muss Asylzentren südlich der Sahara geben.
Jeder auf dem Mittelmeeer aufgegriffene muss umgehend in seine Heimat oder in diese Asylzentren verbracht werden.
Ich sehe praktisch keine andere Möglichkeit dem Sterben ein Ende zu bereiten. Das diese praktische Möglichkeit von so vielen (zu vielen) aus Legalismus, der Überbetonung der Formen vor den Inhalten, der Überbetonung des Gesetzeslautes vor dem Gesetzessinn verweigert wird ist meiner Überzeugung nach ein Beweis dafür, dass es hier eben weder um die Rettung von Menschen, noch um Asyl für Flüchtlinge geht sondern darum, möglichst viel Einwanderung nach Europa zu ermöglichen.
Hochachtungsvoll
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
zu den von Ihnen aufgeworfenen Fragen habe ich mich schon geäußert.
Allerdings tatsächlich nicht klar genug.
Ich verweise hier nochmals auf die Ausführungen des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages.
[https://www.bundestag.de/resource/blob/535236/262c8b171d4d88f9710a25df757194b5/wd-2-106-17-pdf-data.pdf]
Zu Ihrem Vorschlag der Asylzentren südlich der Sahara:
1. Ich sehe da kaum Staaten, die dazu geeignet sind.
2. Einige Staaten haben zurecht abgewunken.
3. Ich galaube nicht, dass bei der derzeitigen Unfähigkeit der EU-Staaten ein geminsames Konzept zu erarbeiten, es zu einem gemeinsamen Konzept mit afrikanischen Staaten kommen kann.
Grundsätzlich haben Sie Recht. Auf dem Weg zum Mittelmeer sterben sehr viele Menschen, die im Bewusstsein der Bevölkerung und der EU kaum Beachtung finden. Aber im gegensatz zum Mittelmeer, wo die EU handeln kann (und muss) kann sie dies weder in der Sahara noch in den anderen Konfliktregionen ohne nicht selbst zu einer Konfliktpartei zu werden.
Sehr geehrter Herr Wagner,
in der SAR Konvention wird ein Ort als sicherer Ort nicht über die Frage definiert ob man dort Asyl erhält oder nicht, sondern über die Frage, ob an dem sicheren Ort die Seenot nachhaltig beendet werden kann.
Den Begriff eines sicheren Landes kennt die SAR Konvention erst recht nicht.
Tunesien mag kein sicheres Land sein im Sinne der Frage des Asylrechts – es ist aber definitiv ein sicherer Ort im Sinne der SAR Konvention.
Es ist daher mehr als abstrus die SAR Konvention zu ignorieren, Flüchtlinge mehr als zwei Wochen auf einem Schiff festzuhalten und damit weiter in Seenot zu halten und einen anfahrbaren sicheren Ort nicht anzufahren, weil man damit seiner Ideologie gemäß mit allen Mitteln illegale Einwanderer auf den Boden der EU verbringen will.
Es ist eben dieser Mißbrauch der SAR Konvention welcher das primäre Problem darstellt.
Ich teile jedoch ihre Ansicht, dass die Seenotrettung primär durch staatliche Schiffe (Kriegsschiffe) durchgeführt werden sol