30 June 2012

A switch in time: Der Chief Justice hat die Gesundheitsreform in letzter Minute gerettet

Ich habe nun den dissent gelesen und bin fasziniert – denn der dissent liest sich nicht wie der vor Wut schäumende Scalia, den ich erwartet hatte. Er liest sich wie das Urteil einer souveränen Mehrheit. Hat Chief Justice Roberts im letzten Moment die Seite gewechselt?

Die Anzeichen sind mehr als deutlich, sie sind eindeutig.

Zunächst die Einleitung – erwartet hätte ich ein Eingangsstatement, dass an diesem schicksalhaften Tag der Supreme Court die föderale Ordnung für immer verändert hat und dass die „Framers of the Constitution“ sich gerade im Grab umdrehen. Doch keineswegs:

Congress has set out to remedy the problem that the best health care is beyond the reach of many Americans who cannot afford it. It can assuredly do that, by exercising the powers accorded to it under the Constitution. The question in this case, however, is whether the complex structures and provisions of the Patient Protection and Affordable Care Act (Affordable Care Act or ACA) go beyond those powers. We conclude that they do.

Der ACA, so die vier Konservativen, habe versucht, kommerzielle Inaktivität zu regulieren, also – um im Bild der vieldiskutierten Wickard v. Filburn-Entscheidung zu bleiben – den Nichtanbau von Weizen. Dies aber gehe eindeutig über die Commerce clause hinaus, denn das heiße letztendlich

to make mere breathing in and out the basis for federal prescription and to extend federal power to virtually all human activity.

Dies hatte Richterin Ginsburg in ihrem Sondervotum besonders wütend gemacht („outlandish“) – doch warum der Zorn, da sie doch in der Mehrheit ist?

Die vier konservativen Richter entwickeln dann in aller Ruhe die Regelungslogik des Gesetzes und wiederholen immer wieder, diese sei vielleicht in sich stimmig, aber sie sei einfach nicht von der Kompetenz des Congress gedeckt, denn diese umfasse nun mal nicht die Erzeugung von commerce um ihn dann zu regulieren, sondern setze ihn voraus. Andernfalls verwandle sich seine Macht gerade in das „hideous monster“, das Hamilton in dem schönen anschaulichen Zitat beschrieb, das auch Ginsburg aufgreift.

Und schließlich lehnen sie auch die Necessary and Proper-Kompetenz ab, denn eine Versicherungspflicht sei eben nicht die einzige Möglichkeit das Finanzierungsproblem zu lösen; zu denken sei etwa an Steuerprivilegien für Versicherungen oder an Strafgebühren bei späterer Versicherung.

Sie lassen sich auch nicht darauf ein, reguliert werde nicht das Nichtkaufen von Versicherungsleistungen, sondern die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, verbunden mit der aktiven Entscheidung sich selbst zu versichern. Hier, so das Argument der Regierung (und auch das von Ginsburg), dürfe der Gesetzgeber auch präventiv tätig werden, weil ja absehbar sei, dass jede und jeder früher oder später Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen würde. Reguliert werde nur der Zeitpunkt (vorher) und die Form (Versicherung) der Finanzierung. Die Konservativen kaufen der Regierung das Universalitätsargument nicht ab. Es sei schlicht unwahr, dass praktisch alle jungen gesunden Menschen in Bälde Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen würden. Und es bleibe dabei: Die Entscheidung sich nicht zu versichern sei keine Tätigkeit sondern Untätigkeit.

„A few respectful responses to Justice Ginsburg’s dissent …“

Und nun gehen sie auf Justice Ginsburgs Sondervotum ein, eine teilweise zustimmende, teilweise abweichende Meinung – und bezeichnen es als „dissent“!

A few respectful responses to JUSTICE GINSBURG’s dissent on the issue of the Mandate are in order. That dissent duly recites the test of Commerce Clause power that our opinions have applied, but disregards the premise the test contains.

Wieder bestehen sie auf ihrer Inaktivitäts-Theorie:

To say, for example, that the inaction here consists of activity in “the self- insurance market,” ibid., seems to us wordplay. By parity of reasoning the failure to buy a car can be called participation in the non-private-car-transportation market. Commerce becomes everything.

Und nun zeigt sich, dass Justice Ginsburg’s Sondervotum tatsächlich ursprünglich als dissent zu einem Mehrheitsvotum angelegt war, das Chief Justice Roberts verfasst hatte:

The dissent claims that we “fai[l] to explain why the individual mandate threatens our constitutional order.” Ante, at 35. But we have done so. It threatens that order because it gives such an expansive meaning to the Commerce Clause that all private conduct (including failure to act) becomes subject to federal control, effectively destroying the Constitution’s division of governmental powers.

Ginsburg („[t]he dissent“) schreibt tatsächlich:

In failing to explain why the individual mandate threatens our constitutional order, THE CHIEF JUSTICE disserves future courts.

Moment – “the Chief Justice”? Und: „We … ‘fai[l] to explain’“? Offenbar war nicht mehr genug Zeit, alles ordentlich zu redigieren – obwohl sich Ginsburg’s Votum im Übrigen immer auf den „dissent“ bezieht, nicht auf „the majority“. Diese Stelle wurde offenbar übersehen, ebenso wie die nicht ganz zutreffende Bezeichnung von Ginsburg’s Votum als „dissent“ statt als „opinion“ – immerhin befindet sie sich in diesen Passagen tatsächlich in Abweichung zum Urteil von Roberts, wenngleich sie ihm eben in anderen Fragen auch zustimmt und damit zur Mehrheit zählt.

„a creature never hitherto seen“

Und nun wird es noch deutlicher: Die dissenters wenden sich nun der Tax Clause zu – ohne auch nur mit einem Wort darauf einzugehen, dass die Mehrheit unter Roberts das Gesetz unter diesem Titel für verfassungsgemäß erklärt hat!

Sie erklären stattdessen, dass sie sich dazu eigentlich gar nicht veranlasst sehen, denn ein Gesetz könne nur entweder eine Ausübung der regulatory power im Rahmen der Commerce Clause sein (und dann gegebenenfalls durch eine penalty für die Nichtbefolgung abgesichert sein) oder eine Ausübung der Taxing Power, die dann aber gerade keinen Strafcharakter habe. Beides gehe nicht, es wäre eine „creature never hitherto seen in the United States Reports: A penalty for constitutional purposes that is also a tax for constitutional purposes.“

Und anders als Roberts fragen sie nicht „whether Congress had the power to frame the minimum-coverage provision as a tax, but whether it did so.“ Zwar gehen sie auch auf das Argument der verfassungskonformen Auslegung ein, das auch Roberts’ Urteil bestimmt – doch sie lehnen es ab. In einem Ton, der keineswegs erraten lässt, dass sie in diesem Punkt unterlegen sind; für sie sprengt das Gesetz einfach die Grenzen der Auslegung. Und die einzigen Gegenargumente, die sie diskutieren, sind die der Regierung – nicht die der Mehrheit im Gericht.

Die bisherige Rechtsprechung habe immer eine klare Linie zwischen tax und penalty gezogen – sie habe vielleicht einmal eine vermeintliche Steuer zu einer Strafgebühr erklärt, aber nie umgekehrt. Und die penalty im ACA heiße nicht nur so, sie sei eindeutig angelegt als Bestrafung für die Nichtversicherung, nicht als Besteuerung des Tatbestands Nichtversicherung. Dies ergebe sich einerseits aus den Ausnahmen, andererseits daraus, dass sie im Titel I des Gesetzes geregelt sei statt im Titel IX, der überschrieben ist mit „Revenue Provisions“. Dass es kein explizit geregeltes Verschuldenserfordernis gebe – dies füge die Rechtsprechung traditionell hinzu –, die Steuerbehörde sie erhebe und dass sie nach Einkommen berechnet werde, mache eine Strafe nicht zu einer Steuer.

Und noch etwas: Chief Justice Roberts geht in seinem Urteil ja durchaus ausführlich auf die Frage ein, ob es sich um eine Kopfsteuer (direct tax) handelt, für die dann nämlich weitere Voraussetzungen gelten würden. Die dissenters dagegen halten dies nicht für notwendig:

Finally, we must observe that rewriting §5000A as a tax in order to sustain its constitutionality would force us to confront a difficult constitutional question: whether this is a direct tax that must be apportioned among the States according to their population. Art. I, §9, cl. 4. Perhaps it is not (we have no need to address the point); but the meaning of the Direct Tax Clause is famously unclear, and its application here is a question of first impression that deserves more thoughtful consideration than the lick-and- a-promise accorded by the Government and its supporters.

Dieser Punkt sei in den briefs der Regierung und auch in der mündlichen Verhandlung nur angerissen worden.

One would expect this Court to demand more than fly-by-night briefing and argument before deciding a difficult constitutional question of first impression.

Kein Wort dazu, dass dies dem Chief Justice in seinem Mehrheitsvotum genügte.

Und schließlich wollen sie auch nur noch en passant auf die Frage eingehen, ob der Anti-Injunction Act ein Prozesshindernis darstelle, weil es sich um eine Vorab-Klage gegen eine Steuerschuld handle; dies habe sich ja schon damit erledigt, dass festgestellt worden sei, dass es sich gerade nicht um eine Steuerschuld handle.

What the Government would have us believe in these cases is that the very same textual indications that show this is not a tax under the Anti-Injunction Act show that it is a tax under the Constitution. That carries verbal wizardry too far, deep into the forbidden land of the sophists.

„The Government“, nicht „the Chief Justice“ – denn der hat sich ja dann schließlich doch entschieden, genau diese Unterscheidung zu treffen!

Make them an offer they can’t refuse

Und schließlich ergeht sich der dissent auf 21 Seiten in Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit des tatsächlichen Zwangs der Bundesstaaten zur Teilnahme an der Medicaid-Ausweitung durch die Androhung des Verlustes aller Bundesmittel – obwohl doch genau dies der Inhalt von Roberts’ Mehrheitsvotum ist. Worin genau besteht der Dissens, der derart langatmige Ausführungen rechtfertigt? Kein Wort zu Roberts’ Urteil. Der einzige Roberts, der auftaucht, ist Owen Roberts (* 1875 … 1955), nicht der aktuelle Vorsitzende Richter John G. Roberts. Owen Roberts hatte in Butler entschieden, dass die Spending Power über die übrigen Kompetenztitel hinausgeht und damit dem Bundesgesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, über Bedingungen die Bundesstaaten auch in Bereichen zu steuern, in denen er nicht selbst gesetzgeberisch tätig werden dürfte. Doch hier, so die dissenters, handle es sich nicht um Steuerung sondern um Zwang, ein Angebot, das man nicht ausschlagen könne. Dass der Bundesgesetzgeber damit auch gar nicht gerechnet habe, ergebe sich auch daraus, dass es kein „backup scheme“ für den Fall gebe, dass ein Staat nicht mitmache.

In sum, it is perfectly clear from the goal and structure of the ACA that the offer of the Medicaid Expansion was one that Congress understood no State could refuse. The Medicaid Expansion therefore exceeds Congress’ spending power and cannot be implemented.

„Seven members of this Court agree that the Medicaid Expansion, as enacted by Congress, is unconstitutional“ – doch die Lösung, die die dissenters vorsehen, ist nicht die Rettung über die severability clause in 42 U.S.C. §1303, zu der sich Roberts mit Zustimmung der Liberalen durchgerungen hat.

We should not accept the Government’s invitation to attempt to solve a constitutional problem by rewriting the Medicaid Expansion so as to allow States that reject it to retain their pre-existing Medicaid funds. Worse, the Government’s remedy, now adopted by the Court, takes the ACA and this Nation in a new direction and charts a course for federalism that the Court, not the Congress, has chosen; but under the Constitution, that power and authority do not rest with this Court.

“For the reasons here stated, we would find the Act invalid in its entirety.”

Und auch im übrigen weigern sich die vier Konservativen, zu retten was bleibt. Der ACA sei in sich zu stark verwoben, um den Wegfall der Versicherungspflicht und der Ausweitung von Medicaid zu überleben. Denn es sei nicht klar bestimmbar, welche Teile des Gesetzes der Congress auch ohne diese Elemente erlassen hätte, welche also noch „Weihnachtsbaum“ seien und welche nur der „Baumschmuck“, der ohne Baum keinen Sinn mehr mache. Das Gericht könne dem Gesetzgeber kein Gesetz übrig lassen, das er in dieser Form womöglich gar nicht erlassen hätte. Und so gehen die vier davon aus, dass der gesamte 900seitige Patient Protection and Affordable Care Act verfassungswidrig ist.

Fast 17 Seiten verwenden sie auf ein Problem, das bereits in der Verhandlung als schwierig galt, und das zu lösen jedenfalls in diesem Umfang kein Anlass bestanden hätte, wenn die Richter bei der Redaktion ihres Votums bereits davon ausgegangen wären, dass die Versicherungspflicht „überlebt“.

„a switch in time“

Und Max Steinbeis hat es ja schon gesagt: Zufällig war es auch genau der (Owen) Roberts, der im Medicaid-Teil des dissents auftaucht, der sich im berühmten „switch in time that saved Nine“ in West Coast Hotel v. Parrish in letzter Minute entschied, Roosevelts New Deal zu retten. Dieser hatte nämlich damit gedroht, andernfalls die Zahl der Supreme-Court-Richter (neun) soweit um liberale Richter zu erhöhen („court packing“), bis er für seine Projekte eine Mehrheit hätte. Ob dieser Plan tatsächlich einen Einfluss auf das Urteil von Roberts hatte, ist unklar. Die Bedeutung von Chief Justice (John G.) Roberts’ Urteils allerdings ist mit West Coast Hotel durchaus zu vergleichen, hierin stimme ich Max zu – denn die Gesundheitsreform steht durchaus in der Tradition des ersten „R“ des New Deal in „Relief, Recovery, Reform“: Erleichterung, relief, für diejenigen, die aus finanziellen Gründen von der Teilhabe an einem System ausgeschlossen sind, das die Grundlagen für eine menschenwürdige Existenz sichert.

Roberts’ Kehrtwende erklärt auch Ginsburg’s Ärger darüber, dass Roberts mit seinen Ausführungen zur Commerce Clause den dissenters in dieser Frage zu einer Mehrheit verholfen, auch wenn diese sich seinen Ausführungen dazu nicht explizit anschließen. Sie fragt, warum er denn, wo er doch die Tax Clause anwendet, noch eine Präzedenzentscheidung zur Commerce Clause erzeugen muss. Roberts begründet dies in seinem Urteil damit, dass er die Tax Clause ausschließlich deswegen weit auslegt, weil das Gesetz andernfalls verfassungswidrig sei. Offenbar hat er am Ende doch Bedenken bekommen, dem Gesetzgeber nicht die nötige deference zu erweisen – und hat sich dann entschieden, das Gesetz nun doch zu retten:

… “every reasonable construction must be resorted to, in order to save a statute from unconstitutionality.” Hooper v. California, 155 U. S. 648, 657 (1895). The Government asks us to interpret the mandate as imposing a tax, if it would otherwise violate the Constitution. Granting the Act the full measure of deference owed to federal statutes, it can be so read.

Verfassungskonforme Auslegung also hat das Gesetz gerettet. Keineswegs, dies betont Roberts mehrfach, eine Einschätzung zur Weisheit seiner Regelungen.

Save the best for last

Und so kommt die erwartete Wut, die eine abweichende Meinung von Anfang an bestimmt hätte, erst in einem angehängten Teil am Ende. Sie ist an Schärfe kaum zu überbieten:

The Court today decides to save a statute Congress did not write. …

The Court regards its strained statutory interpretation as judicial modesty. It is not. It amounts instead to a vast judicial overreaching. It creates a debilitated, inoperable version of health-care regulation that Congress did not enact and the public does not expect. It makes enactment of sensible health-care regulation more difficult, since Congress cannot start afresh but must take as its point of departure a jumble of now senseless provisions, provisions that certain interests favored under the Court’s new design will struggle to retain. And it leaves the public and the States to expend vast sums of money on requirements that may or may not survive the necessary congressional revision.

The Court’s disposition, invented and atextual as it is, does not even have the merit of avoiding constitutional difficulties. It creates them. The holding that the Individual Mandate is a tax raises a difficult constitutional question (what is a direct tax?) that the Court resolves with inadequate deliberation. And the judgment on the Medicaid Expansion issue ushers in new federalism concerns and places an unaccustomed strain upon the Union. …

The values that should have determined our course today are caution, minimalism, and the understanding that the Federal Government is one of limited powers. But the Court’s ruling undermines those values at every turn. In the name of restraint, it overreaches. In the name of constitutional avoidance, it creates new constitutional questions. In the name of cooperative federalism, it undermines state sovereignty.

So kenne ich Dich, Antonin Scalia. Mit Kipling’schem stampfendem Jambus eingeleitet, marschiert dieser zweiseitige wirkliche Dissent in heiligem Zorn voran zum obersten Wert der amerikanischen Verfassung: der Freiheit:

It should be the responsibility of the Court … to remind our people that the Framers considered structural protections of freedom the most important ones, for which reason they alone were embodied in the original Constitution and not left to later amendment. The fragmentation of power produced by the structure of our Government is central to liberty, and when we destroy it, we place liberty at peril. Today’s decision should have vindicated, should have taught, this truth; instead, our judgment today has disregarded it.

Doch eines vergisst der verehrte Richter Scalia, etwas das das Bundesverfassungsgericht stets im Auge behalten hat. „„[D]as Freiheitsrecht wäre ohne die tatsächliche Voraussetzung, es in Anspruch nehmen zu können, wertlos.“ (BVerfGE 33, 303). For these reasons, I respectfully dissent.

Von NORA MARKARD

Ich habe nun den dissent gelesen und bin fasziniert – denn der dissent liest sich nicht wie der vor Wut schäumende Scalia, den ich erwartet hatte. Er liest sich wie das Urteil einer souveränen Mehrheit. Hat Chief Justice Roberts im letzten Moment die Seite gewechselt?

Die Anzeichen sind mehr als deutlich, sie sind eindeutig.

Zunächst die Einleitung – erwartet hätte ich ein Eingangsstatement, dass an diesem schicksalhaften Tag der Supreme Court die föderale Ordnung für immer verändert hat und dass die „Framers of the Constitution“ sich gerade im Grab umdrehen. Doch keineswegs:

Congress has set out to remedy the problem that the best health care is beyond the reach of many Americans who cannot afford it. It can assuredly do that, by exercising the powers accorded to it under the Constitution. The question in this case, however, is whether the complex structures and provisions of the Patient Protection and Affordable Care Act (Affordable Care Act or ACA) go beyond those powers. We conclude that they do.

Der ACA, so die vier Konservativen, habe versucht, kommerzielle Inaktivität zu regulieren, also – um im Bild der vieldiskutierten Wickard v. Filburn-Entscheidung zu bleiben – den Nichtanbau von Weizen. Dies aber gehe eindeutig über die Commerce clause hinaus, denn das heiße letztendlich

to make mere breathing in and out the basis for federal prescription and to extend federal power to virtually all human activity.

Dies hatte Richterin Ginsburg in ihrem Sondervotum besonders wütend gemacht („outlandish“) – doch warum der Zorn, da sie doch in der Mehrheit ist?

Die vier konservativen Richter entwickeln dann in aller Ruhe die Regelungslogik des Gesetzes und wiederholen immer wieder, diese sei vielleicht in sich stimmig, aber sie sei einfach nicht von der Kompetenz des Congress gedeckt, denn diese umfasse nun mal nicht die Erzeugung von commerce um ihn dann zu regulieren, sondern setze ihn voraus. Andernfalls verwandle sich seine Macht gerade in das „hideous monster“, das Hamilton in dem schönen anschaulichen Zitat beschrieb, das auch Ginsburg aufgreift.

Und schließlich lehnen sie auch die Necessary and Proper-Kompetenz ab, denn eine Versicherungspflicht sei eben nicht die einzige Möglichkeit das Finanzierungsproblem zu lösen; zu denken sei etwa an Steuerprivilegien für Versicherungen oder an Strafgebühren bei späterer Versicherung.

Sie lassen sich auch nicht darauf ein, reguliert werde nicht das Nichtkaufen von Versicherungsleistungen, sondern die Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen, verbunden mit der aktiven Entscheidung sich selbst zu versichern. Hier, so das Argument der Regierung (und auch das von Ginsburg), dürfe der Gesetzgeber auch präventiv tätig werden, weil ja absehbar sei, dass jede und jeder früher oder später Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen würde. Reguliert werde nur der Zeitpunkt (vorher) und die Form (Versicherung) der Finanzierung. Die