05 November 2024
Irritierend distanzlos
Das LG Erfurt hatte in einem knapp begründeten Urteil im August erstmals Eigenrechte der Natur anerkannt. Nachdem die gewagte (einzel)richterrechtliche Herleitung der Eigenrechte einiger Kritik begegnet war, legte das Gericht in seinem Urteil vom 17.10.2024 mit nunmehr ausführlicher Begründung nach. Andreas Gutmann wollte hier auf dem Verfassungsblog einige der kritischen Einwände gegen das zweite Urteil widerlegen. Doch seine Kritik an der Kritik geht meines Erachtens fehl. Continue reading >>
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28 October 2024
Fruchtbare Irritationen
Im August 2024 hat das LG Erfurt als erstes deutsches Gericht Rechte der Natur anerkannt. Diese können demnach in den Dieselfällen eine „schutzverstärkende“ Wirkung zugunsten der geschädigten Fahrer*innen entfalten. Das Urteil hat – auch über Deutschland hinaus – für Aufsehen und Kritik gesorgt. Am 17. Oktober hat das Gericht nun ein zweites ähnliches Urteil verkündet, das die Gelegenheit bietet, nochmals einen Blick auf die Besonderheiten der Erfurter Konstellation zu werfen. Diese Besonderheiten irritieren nicht nur die deutsche Rechtswissenschaft, sondern auch die Diskussionen über Rechte der Natur in produktiver Weise. Continue reading >>26 August 2024
Pioniertat oder Bärendienst?
Immer häufiger erkennen nationale Gerichte der Natur eigene subjektive Rechte zu, etwa in Kolumbien oder Peru. Inspiriert davon unternahm das LG Erfurt in einem Urteil zu einem der „Dieselfälle“ vom 2. August 2024 nun den wenig überzeugenden Versuch, „Eigenrechte der Natur“ aus der EU-Grundrechtecharta abzuleiten: Rechte der Natur seien bei der Schadensbemessung „schutzverstärkend“ zu berücksichtigen. Dabei erweckt das Gericht fälschlich den Eindruck, die Betrachtung „der Natur“ als Rechtssubjekt sei bereits „common ground“. Damit trägt das LG Erfurt aber eher zum Gegenteil bei. Continue reading >>27 September 2023
Verwaltung ohne Verantwortung
Mit Urteil vom 6. September 2023 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) in erster Instanz erstmalig über eine Schadensersatzklage geflüchteter Personen gegen die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) entschieden und die Klage abgewiesen. Politische und zivilgesellschaftliche Vereinigungen sowie die Wissenschaft weisen schon länger auf systemische Mängel bei der Geltendmachung von Rechtsverletzungen gegenüber Frontex hin. Die Entscheidung des EuG perpetuiert diese Mängel, weil sie Bewertungsmaßstäbe nicht berücksichtigt, die aus menschenrechtlicher Sicht geboten sind. Eine dogmatisch überzeugende Integration dieser Maßstäbe in das Unionsrecht würde die Rechte geflüchteter Personen wahren und so das unionale Recht auf effektiven Rechtsschutz stärken. Continue reading >>
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03 April 2023
Die private Durchsetzung des Unionsrechts
Welche Ansprüche bestehen bei Verstoß gegen unionsrechtlich fundierte Normen, die keine eigenen Rechtsfolgenanordnungen vorsehen – diese Frage ist seit einigen Jahren zu einem zentralen Thema (auch) des Privatrechts geworden. Im Kern geht es um ein Problem, das sich in allen föderal organisierten oder supranational beeinflussten Rechtsordnungen stellt: Wie kann trotz der Ebenentrennung von (unionalen) Rechten („rights“) und (nationaler) Rechtsdurchsetzung („remedies“) eine wirksame Durchsetzung der Regeln der höheren Ebene durch die niedrigere Ebene gewährleistet werden – und welche Rolle spielt in diesem System das Privatrecht? Die Diesel-Entscheidung C-100/21 der Großen Kammer des EuGH gibt neue Impulse für eine Debatte, die das Privatrecht noch lange beschäftigen wird. Continue reading >>
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