19 September 2023
Plebiszit gegen die Naturnahme
Der Abbau fossiler Brennstoffe erfordert einen rechtlichen Rahmen, der es ermöglicht, dass Bodenschätze angeeignet und kommerzialisiert werden. Die dazugehörigen Verwaltungsverfahren sind dabei regelmäßig technisch ausgestaltet und ermöglichen es kaum, strukturelle Fragen (etwa, ob trotz Klimakatastrophe weiterhin Erdöl gefördert werden soll) zu thematisieren. Eine Abkehr von diesen überkommenen Grundsätzen des rechtlichen Umgangs mit dem Rohstoffabbau war jüngst in Ecuador zu beobachten: Hier stimmten am 20. August 2023 knapp 59% der Wähler*innen bei einer nationalen Volksabstimmung dafür, die Ölbohrungen im amazonischen Yasuní-Nationalpark, einem Biodiversitätshotspot und Wohnort indigener Gruppen in freiwilliger Isolation, zu stoppen. Über 700 Millionen Barrel Öl sollen nun im Boden belassen werden. Es handelt sich um einen der weltweit seltenen Fälle der direktdemokratischen Entscheidung über den Rohstoffabbau. Indem sie die Frage der Zukunft der Erdölförderung im Yasuní zum Gegenstand offener politischer Debatte macht, erlaubt sie, dies in einem Kontext zu diskutieren, der über das konkrete Projekt hinausreicht. Continue reading >>
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11 Juli 2023
Wir können alles. Außer Versammlungsfreiheit.
Die Versammlungsfreiheit gerät unter Druck. Immer öfter versuchen staatliche Behörden in verblüffender Verkennung verfassungsrechtlicher Prinzipien dieses Grundrecht zu entkernen. Der neueste Akt dieser Entwicklung stammt aus Baden-Württemberg. Per Allgemeinverfügung vom 7.7.2023 verbietet die Stadt Stuttgart bis zum Ende des Jahres Blockadeaktionen der Klimabewegung, bei denen sich Aktivist*innen auf die Straße kleben oder anderweitig mit der Straße oder anderen Personen verbinden. Was zunächst als lokale Randnotiz erscheinen mag, erweist sich beim näheren Blick als Lehrstück eines sowohl zweck-, als auch rechtswidrigen Umgangs des Staates mit Klimaprotesten. Continue reading >>30 Mai 2023
Von Brokdorf nach Neukölln
Die Räume für zivilgesellschaftlichen Protest scheinen sich zunehmend zu verengen. Vor diesem Hintergrund besorgniserregend ist auch das Verbot zweier pro-palästinensischer Versammlungen in Berlin. Die Verbote beruhen nicht nur auf einer Gefahrenprognose, welche die hohen Anforderungen, die Art. 8 GG an ein präventives Versammlungsverbot stellt, grundsätzlich verkennt. Vielmehr stützen die Bescheide diese Gefahrenprognose auch maßgeblich auf rassistische Zuschreibungen. Continue reading >>
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22 Februar 2022
Monkeys in Their Own Right
A few months after the landmark Los Cedros decision, Ecuador’s Constitutional Court has ruled on another important case for the Rights of Nature. For the first time, the Constitutional Court has explicitly recognized that individual animals are protected by the Rights of Nature which also include the right to free development of animal behavior. Continue reading >>
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10 September 2021
Gibt Bayern der Natur Rechte?
„Gib der Natur Rechte!“, fordert ein Volksbegehren in Bayern, das natürliche Eigenrechte in die bayerische Landesverfassung aufnehmen möchte. Bayern wäre mit solchen Rechten nicht allein, denn in den letzten Jahren haben zahlreiche Rechtsordnungen Rechte der Natur anerkannt. Für die dringenden ökologischen Fragestellungen unserer Zeit können sich Rechte der Natur als eine wertvolle Chance erweisen. Continue reading >>13 November 2020
Verquere Schuldzuweisungen
Die Geschehnisse um die „Querdenker*innen“-Demonstration in Leipzig am vergangenen Wochenende gaben reichlich Anlass zu – teilweise berechtigter – Kritik. Die Diskussion war dabei geprägt von gegenseitigen Schuldzuweisungen der staatlichen Gewalten. Diese sind in weiten Teilen wohlfeil und juristisch unhaltbar. Continue reading >>16 Juli 2020
Wird der Bremer Polizei nun auf die Finger geschaut?
Die Ausweitung polizeilicher Befugnisse im neuen Bremer Polizeigesetz ist vergleichsweise moderat ausgefallen. Zahlreiche in jüngerer Zeit bundesweit publik gewordene Skandale lassen jedoch vermuten, dass der Polizeiapparat Rassismus, Sexismus, Gewaltexzesse und das Vorgehen gegen ohnehin marginalisierte Gruppen wenn nicht gar strukturell begünstigt, so doch jedenfalls deren effektive Aufklärung erschwert. Der Bremer Entwurf enthält allerdings verschiedene Instrumentarien zur Kontrolle und rechtsstaatlichen Einhegung dieser Probleme. Continue reading >>14 Juli 2020
Gegen den Verschärfungsstrom?
In den letzten Jahren haben zahlreiche Länder ihre Polizeigesetze (PolG) geändert, und das hieß: Verschärft. Die Mittel der Polizei wurden durch waffentechnische Aufrüstung und die Einführung neuer Gefahrenbegriffe bei gleichzeitiger Herabsetzung der Eingriffsschwelle stark erweitert. Die rot-grün-rote Koalition in Bremen geht einen anderen Weg. Der nunmehr vorliegende Vorschlag für ein neues PolG wird von der Opposition als „Antipolizeigesetz“ kritisiert und lässt sich wohl eher mit dem Berliner Entwurf vergleichen: Zwar sollen einerseits der Polizei mehr Befugnisse eingeräumt, auf der anderen Seite jedoch auch Einschränkungen vorgenommen und wesentliche Kontrollmechanismen eingeführt werden. Der vorliegende Beitrag gibt einen schlaglichtartigen Überblick über die geplanten Änderungen. Continue reading >>06 Juni 2020
Unbequemes Adbusting ist grundrechtlich geschützt
Als Adbusting werden Aktionsformen bezeichnet, die Werbeplakate durch satirisch-politische Botschaften ersetzen. Die Sicherheitsbehörden verfolgen diese Praxis vergleichsweise intensiv. schon die strafrechtliche Ermittlung selbst stellt einen Grundrechtseingriff dar, der selbstverständlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren muss. Daran bestehen oft erhebliche Zweifel. Continue reading >>08 April 2020