Entweder Robe oder Kopftuch: gläserne Decke für muslimische Frauen?
Rechtsreferendarinnen kann nach geltender Rechtslage in Bayern das Tragen eines Kopftuches nicht weiterhin versagt werden. So hat das Augsburger Verwaltungsgericht (VG) am 30. Juni entschieden (Az. Au 2 K 15.457). Die Klägerin des Verfahrens, Aqilah Sandhu, war seit 2014 im Vorbereitungsdienst der Justiz, den sie kürzlich, trotz des Rechtsstreits, mit einer überdurchschnittlichen Note erfolgreich abgeschlossen hat. Während ihrer Station am Oberlandesgericht München (OLG) hatte sie eine Auflage erhalten, dass sie bei ‚hoheitlichen Tätigkeiten mit Außenwirkung’ kein Kopftuch tragen dürfe. Praktisch bedeutete dies für die Klägerin, dass sie stets hinten im Saal Platz nehmen musste, ohne selbst, wie eigentlich innerhalb der juristischen Ausbildung vorgesehen, in die Rolle der Richterin zu schlüpfen. Das Münchener Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass ‚keine Symbole oder anderen Merkmale getragen werden dürften, die objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung einzuschränken‘. Das VG Augsburg stellt jedoch in seiner Entscheidung vom Juni 2016 fest, dass es für ein solches Verbot an einer gesetzlichen Grundlage fehle. Bis auf weiteres, müsse es für junge Musliminnen im juristischen Vorbereitungsdienst möglich sein, ein Kopftuch zu tragen, ohne dass daraus Nachteile entstünden. Der Bayrische Justizminister Winfried Bausback erklärte, zwar habe er die Entscheidung mit Respekt zur Kenntnis genommen, aber so könne das Ergebnis nicht stehen bleiben. Seine Haltung sei klar, er wolle nicht, ‚dass Rechtsreferendarinnen auf der Richterbank, beim staatsanwaltschaftlichen Sitzungsdienst oder bei sonstigen hoheitlichen Tätigkeiten ein Kopftuch tragen.’
Nicht nur in Bayern wird über das Recht von Rechtsreferendarinnen, ein Kopftuch während des Dienstes zu tragen, gestritten. Auch in Berlin wird es Rechtsreferendarinnen wiederholt unter Berufung auf § 1 des sogenannten Berliner Neutralitätsgesetzes versagt, auch bei der Ausübung von hoheitlichen Aufgaben ein Kopftuch zu tragen. Als Folge werden kopftuchfragende Musliminnen von diesen freigestellt und erleben ein ‚amputiertes Referendariat’, wie Sandhu den für sie veränderten Ausbildungsdienst bezeichnete. Wie in ihrem Fall, geht es auch in den Berliner Fällen maßgeblich um die Grenzen staatlicher Neutralität.
Wann ist staatliches Handeln wirklich neutral?
Das Prinzip der staatlichen Neutralität ist in heutigen Zeiten besonders gefordert. Es soll über die Grenzen staatlicher Gerechtigkeit bestimmen: eine schwierige Aufgabe, insbesondere in Zeiten religiöser Vielfalt. Denn wann ist staatliches Handeln, oder Nichthandeln, wirklich neutral? In einem demokratischen Staat werden auch die demokratisch getroffenen Entscheidungen unweigerlich bestimmte religiöse Inhalte stärker widerspiegeln als andere, schützt die Religionsfreiheit nicht nur unterschiedliche Formen der Religionsausübung, sondern bietet dem Staat Raum für die Identifikation mit bestimmten religiösen Inhalten. Ob eine derartige Identifikation als gerechtfertigt anzusehen ist, oder aber als diskriminierend einzustufen, ist offenkundig nicht nur eine rechtliche, sondern auch eine politische Frage. Dies wird deutlich im Zusammenhang der unterschiedlichen Bewertung unterschiedlicher Symbole, insbesondere auch im Hinblick auf ihren religiösen Gehalt. Dass im Bayrischen Gerichtsaal ein Kreuz angebracht ist, scheint die staatliche Neutralität aus Sicht Vieler nicht zu stören, obwohl dieses Bekenntnis ja gerade nicht durch die individuelle Religionsfreiheit geschützt ist, und damit noch eindeutiger dem Staat zugeordnet werden könnte.
In unserer heutigen Gesellschaftsrealität, die gleichzeitig geprägt ist durch eine insgesamt abnehmende Religiosität, und ansteigende religiöse Vielfalt, ist auch die rechtliche Bewertung religiöser Ausdrucksformen in der Sphäre des Staates, einem Wandel unterlegen. Dies wird auch im Zusammenhang mit religiösen Gleichheitsansprüchen von Muslimen deutlich und wird bekräftigt durch die Errungenschaften der letzten Jahre. Das Tragen des Kopftuchs kann Lehrerinnen seit der neuen Kopftuchentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2015 (1 BvR 471/10 – Rn. (1-31), nicht mehr grundsätzlich untersagt bleiben. Muslimische Gemeinschaften haben inzwischen in vereinzelten Bundesländern den Status der Körperschaften des öffentlichen Rechts, Muslimischer Religionsunterricht wird inzwischen in einigen Schulen der meisten Bundesländer angeboten. Nun können, zumindest vorerst, muslimische Rechtsreferendarinnen, den bayrischen juristischen Vorbereitungsdienst uneingeschränkt und mit bedecktem Haupthaar durchlaufen.
Und doch: die Anti-Islam Rhetorik ist nicht zu übersehen. Islamophobie ist nicht mehr hinweg zu denken aus dem politischen Diskurs des ‚mainstreams’. Die Alternative für Deutschland (AfD) hat die Ablehnung ‚des Islams’ als erfolgreiches Mittel entdeckt, die Wählerschaft weiter zu vermehren. Die Realität der sogenannten ‚Flüchtlingskrise’, die wie Richterin des Bundesverfassungsgerichts Susanne Baer in ihrer Rede im Rahmen der I*CONS Konferenz 2016 in Berlin betonte, keine Flüchtlings- sondern treffender, eine Menschenrechtskrise ist, verstärkt die Ängste vor ‚Überfremdung’. Fest steht: das Leben in religiöser Vielfalt wird von einigen als Bedrohung wahrgenommen und stellt so eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar. Dies wird auch zukünftig hohe Anforderungen an das Recht stellen.
Religiöse Ausnahmen: Mittel zur Bekämpfung oder Ursache von Diskriminierung?
In dem Spannungsfeld zunehmender Islamophobie einerseits, und wachsender Selbstverständlichkeit mit welcher muslimisches Leben Teil unserer heutigen deutschen Gesellschaft ist, anderseits, entwickeln sich schwierige rechtliche Fragen. Selbst davon ausgehend, dass es insbesondere in Religionskonflikten darum geht seitens der Gerichte Einzelfallentscheidungen auf Grundlage einer Abwägung der im Einzelfall kollidierenden Rechte zu treffen, anstatt in paternalistischer Weise Grundsatzurteile über die Rolle von Religion und Diversität in unserer Gesellschaft insgesamt zu fällen, steht fest: diese Abwägungen sind schwierig. Dies gilt insbesondere dann, wenn wir entscheiden müssen, ob muslimischen Gläubigen rechtliche Ausnahmen gewährt werden, die vielleicht selbst die Gleichheit- und Freiheitserrungenschaften unserer heutigen Gesellschaft in Frage stellen. In der sogenannten Burkini-Entscheidung ging es um diesen Konflikt. Hier entschied das Bundesverwaltungsgericht 2013, es sei zumutbar für die muslimische Schülerin, deren Körper durch den Burkini verdeckt ist, am koedukativen Schwimmunterricht teilzunehmen. Zwar könne nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass es zu Berührungen mit männlichen Mitschülern käme und auch müsse sie diese in freizügiger Schwimmkleidung sehen. Aber, so das Gericht, durch den Integrationsauftrag des Grundgesetzes sei gefordert die Schülerinnen und Schüler auf ein Dasein in der ‚pluralistischen Gesellschaft in Deutschland vorzubereiten, in der sie einer Vielzahl von Wertvorstellungen, Überzeugungen und Verhaltensweisen begegnen würden, die sie für sich selbst ablehnten’.
Von staatlicher Seite wird der Wert der pluralistischen Gesellschaft wiederholt betont und die religiöse Vielfalt Deutschlands als Faktum anerkannt. Und doch stellt sich die Frage, auf welche ‚pluralistische Gesellschaft’ die Schüler und Schülerinnen laut Integrationsauftrag des Grundgesetzes vorbereitet werden sollen, wenn die faktische gesellschaftliche Vielfalt in wichtigen Gesellschaftssphären stark unterrepräsentiert bleibt, auch weil rechtliche Beschränkungen fortwirken. Wäre es nicht gerade sinnvoll, den größtenteils hochqualifizierten Frauen, die von den Kopftuchgesetzgebungen betroffen sind, den von ihnen angestrebten Zugang zum Arbeitsmarkt umfassend zu gewähren? Stünde nicht gerade eine Kopftuch tragende Prädikatsjuristin, tätig als Staatsanwältin oder Richterin, für die oftmals als fehlend angeprangerte erfolgreiche Integration? In Baden-Württemberg ist man da, wie Autor Wolfgang Janisch, anderer Ansicht: es heißt ‚Robe und Kopftuch vertragen sich nicht’. Laut dem jüngsten Gesetzentwurf der schwarz-grünen Landesregierung wird also das Kopftuchverbot für Roben-Trägerinnen, wie voraussichtlich auch bald in anderen Bundesländern, kommen. Dass der dortige Entwurf lediglich die hauptberuflichen Richterinnen berücksichtigt, nicht aber die ebenfalls in hoheitlicher Tätigkeit handelnden Schöffinnen, macht zusätzlich skeptisch.
Der Plural von Muslima lautet gem. Duden “Muslimas”.
„Selbst davon ausgehend, dass es insbesondere in Religionskonflikten darum geht seitens der Gerichte Einzelfallentscheidungen auf Grundlage einer Abwägung der im Einzelfall kollidierenden Rechte zu treffen, anstatt in paternalistischer Weise Grundsatzurteile über die Rolle von Religion und Diversität in unserer Gesellschaft insgesamt zu fällen, steht fest: diese Abwägungen sind schwierig.“
Ist die „paternalistische Weise“ nicht etwas männerfeindlich? Könnte nicht eine Mutter maternalistisch ebenso handeln und könnten damit die Gerichte in einem solch übertragenen Sinn in maternalistischer Weise solche Grundsatzurteile fällen? Oder saßen auf der Richterbank bei diesen Grundsatzurteilen nur Männer?
Sie hat “Paternalismus” geschrieben, nicht “Patriarchat”… Vulgo “autoritäre Bevormundung”. Der “Das ist aber männerfeindlich”-Beißreflex geht leider daneben.
PS: Danke für den lesenswerten Artikel
Kopftuch auf den Kopf aber kein Kreuz an die Wand? Oder wie wollen wir es machen?
Wäre doch super, wenn wir mal eine große Strafkammer hätten mit einer Vorsitzenden, die Kopftuch trägt, der eine Beisitzer ist Mormone und stellt Bilder seiner drei Ehefrauen vor sich auf der Richterbank auf, die andere Beisitzerin sitzt im Niquab daneben – an der Wand hintern den drei Richtern ein Kreuz mit Corpus.
Plot twist: Der Staatsanwalt erscheint ohne Robe – wie ist die Rechtslage?
“Dass der dortige Entwurf lediglich die hauptberuflichen Richterinnen berücksichtigt, nicht aber die ebenfalls in hoheitlicher Tätigkeit handelnden Schöffinnen, macht zusätzlich skeptisch.” Warum? Unvoreingenommen könnte man hierin eine sachlich begründete Differenzierung sehen, denn die Schöffinen nehmen gerade als Repräsentantinnen der Bevölkerung an der Entscheidungsfindung teil, während die Berufsrichterinnen als Individuen hinter dem Amt zurücktreten. Das muss man nicht überzeugend finden. Aber man muss auch nicht überall Islamophobie wittern…. Das trägt zur Qualität der Diskussion nicht bei.
Ob die geplante Gesetzgebung selbst auch Ausdruck einer Islamfeindlichkeit ist, lässt mein Beitrag bewusst offen. Allerdings scheint die Befürchtung weit verbreitet, dass eine kopftuchtragende Richterin sich nicht an Recht und Gesetz halten könnte, wegen anderweitiger bzw. entgegenstehender Überzeugungen (das Wort Scharia kommt in den meisten Artikeln vor, die ich zum Thema gelesen habe..) Diese Befürchtung ist hingegen bezogen auf offenkundig christliche Richterinnen und Richter, soweit für mich ersichtlich, selten vertreten. Dies stellt zumindest die Frage auf, WARUM zB Herr Bausback nicht will, dass selbst Referendarinnen mit Kopftuch auf der Richterbank sitzen und lässt die Frage zu, ob entsprechende Ressentiments eine Rolle spielen. Die Frage, ob religiöse Symbole ingesamt von dem Gerichtssaal ferngehalten werden sollten, ist dadurch nicht beantwortet, aber für die gelebte deutsche Vielfalt könnten Musliminnen die den Rechtsstaat repräsentieren, ein wichtiger Beitrag sein.
Sie nennen gute Argumente, warum es sinnvoll wäre, kopftuchtragende Richterinnen zuzulassen. Mit den Argumenten, die dem entgegenstehen, beschäftigen Sie sich dagegen nicht inhaltlich, sondern nur, indem sie über die mutmaßlichen Intentionen von Herrn Bausback spekulieren, den Sie dann in eine Reihe mit AfD/Islamophoben stellen. Sowenig ich Herrn Bausback schätze, so problematisch finde ich diese Art der Argumentation. Denn im Ergebnis heften sie damit allen, die sich gegen das Tragen eines Kopftuches durch Berufsrichterinnen aussprechen, das AfD-Label an. Meines Erachtens sollte die Diskussion besser inhaltlich geführt werden, als über die Intentionen, denn das ist spekulativ, es verhärtet die Fronten und ist mit Blick auf die Diskussionskultur und die Kompromissbereitschaft kontraproduktiv.
Ich versuche in meinem Beitrag, vor allem aus rechtspolitischer Sicht, zu verstehen, was hinter den Gegenstimmen steckt, auch um sie in den größeren Kontext einordnen zu können. Teil dessen ist es, die Intentionen der wichtigen Akteure zu identifizieren. Anders gesagt: diese sind Teil der politisch geführten Debatte und lassen sich meines Erachtens, in diesem Kontext, eben leider nicht loslösen von der ‚inhaltlichen Diskussion’, sondern färben diese (bestimmt, bedauerlicherweise). Keinesfalls will ich damit in Frage stellen, dass es legitime Argumente gibt, die gegen die Sichtbarkeit von religiösen Symbolen in Gerichtssälen insgesamt, sprechen.
Wäre doch gut, nach den Argumenten zu fragen, die “hinter den Gegenstimmen” stecken. Meinen Sie nicht?
Doch, das Argument des schutzwürdigen‘Vertrauens, in die religiös weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung’, sollte unbedingt noch weiter und in all seinen Facetten untersucht und besprochen werden.
Jetzt machen Sie deutlich, dass Sie nicht an den Argumenten interessiert sind, die “hinter den Gegenstimmen” stecken. Schade!
Ganz im Gegenteil.
Oh. Das hörte sich sehr ironisch an. Was wollen Sie denn genau erforschen hinsichtlich der Neutralität?
Wenn der Schiedsrichter beim Spiel FC Bayern gegen Arsenal das Trikot des FC trägt, wäre das neutral?
@Timo Schwander
„Sie hat “Paternalismus” geschrieben, nicht “Patriarchat”… Vulgo “autoritäre Bevormundung”. Der “Das ist aber männerfeindlich”-Beißreflex geht leider daneben.“
Nur ist eine „autoritäre Bevormundung“ nicht eine Sache von Vätern, sondern auch von Müttern (denken Sie nur an Norman Bates). Und dann könnte es genau so gut lauten: „anstatt in autoritär bevormundender Weise Grundsatzurteile über die Rolle von Religion und Diversität in unserer Gesellschaft insgesamt zu fällen.“
Von seiner Eytmologie evoziert eben „paternalistisch“ mehr als „autoritär bevormundend“. Es hat auch eine Geschlechtskomponente.
Aber der Verweis auf das Patriarchat hat was. So völlig abwegig ein Mißverständnis zu konstruieren: Chapeau!
@dd: Zu Ihrem FCB vs. Arsenal-Kommentar: Ihrer Meinung nach findet also vor deutschen Gerichten tagtäglich eine Auseinandersetzung “Islam gegen Wasauchimmer” statt?
@Jessi – Der Kleine Troll – Pearson: Sie meinen, Fußball sei eine Auseinanderstzung?
So viel gelernt, so wenig verstanden. Die Treue zum Grundgesetz wird “in heutigen Zeiten” offenbar schon als Islamophobie ausgelegt.
Nehmen Sie – besser früher als später – einfach zur Kenntnis, dass zentrale Dogmen des Islam unserem Grundgesetz zuwider laufen. Das Kopftuch ist ein Werkzeug zur Ungleichstellung von Frau und Mann, und hat deshalb auf dem Kopf einer vollendeten oder werdenden Richterin nichts verloren.
In der herangezogenen Rede der ehrenwerten Frau Bär wird dann “in heutigen Zeiten” auch gleich “Homophobie” als “Heterosexismus” gedeutet …
Wer glaubt sich als Minderheit einen guten Dienst zu tun, wenn er jene Mehrheit diskriminiert, die im allein seine Minderheitenrechte garantieren kann und will, und jene werdende Mehrheit fördert, die das weder kann noch will, wird eines Tages dem Ast nachtrauern auf dem er zuvor sowarm und trocken gesessen hat.
Diese Vögel singen offenbar noch im Rachen der Katze.
@pearson – um den Fussballvergleich auszubuchstabieren: vielleicht ist es ganz legitim, dass ein Trikot gewählt wird, durch das sichergestellt wird, dass in jedem Spiel der Eindruck der Unparteilichkeit gewährleistet ist …
Hier geht es ja grotesk zu. Nicht nur, dass dd – worauf Jessica Pearson zurecht hinweist – bei seiner Trikotanalogie offenbar davon ausgeht, dass vor deutschen Gerichten ständig Rechtsstreitigkeiten zwischen Team Islam und Team… – ja, Team was eigentlich? – ausgetragen werden. Eine merkwürdige Vorstellung. Aber man müsste dann selbst diese Analogie dann doch ehrlich angehen und noch einen Schritt weitergehen. Es geht ja nicht um rote oder blaue Kopftücher. Also: Team A trägt ein Trikot, Team B nicht. Darf der Schiri dann aus Gründen der Neutralität auch kein Trikot tragen?
@schorsch: Ja, macht man tatsächlich so im Fussball. Die Spieler in Trikots, der Schiri in neutralem Schwarz.
Entscheidung des International F. A. Board
Entscheidung 1:
Vorgeschriebene Grundausrüstung
Die vorgeschriebene Grundausrüstung darf keine politischen, religi sen oder pers nlichen Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen.
Das Team des Spielers, dessen vorgeschriebene Grundausrüstung politische, religi se oder pers nliche Slogans, Botschaften oder Bilder aufweist, wird vom Ausrichter des betreffenden Wettbewerbs oder der FIFA bestraft.
Unterwäsche
Spieler dürfen keine Unterwäsche mit politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bildern oder Werbeaufschriften mit Ausnahme des Herstellerlogos zur Schau stellen.
Ein Spieler oder das Team eines Spielers, der Unterwäsche mit politischen, religiösen oder persönlichen Slogans, Botschaften oder Bildern oder Werbeaufschriften mit Ausnahme des Herstellerlogos zur Schau stellt, wird vom Ausrichter des betreffenden Wettbewerbs oder der FIFA mit einer Strafe belegt.
@Sepp Blatter: Lesen Sie meinen Beitrag vielleicht nochmal, bevor Sie sich in bissigen Kommentaren versuchen. Der Rest ist dann endgültig off topic.
Hm, offenbar ist dem einen oder anderen hier die vermeintlich einfache Welt des Fußballs sehr viel sympatischer als die komplizierte des deutschen Verfassungsrechts. Keine Überraschung.
Das Dumme daran ist nur, das die Analogie gerade beim Kopftuch nicht trägt. Denn das ist nach den FIFA-Regeln gerade NICHT verboten. Aber das betrifft ja den Frauenfußball, der zählt nicht…
@schorsch: Warum so dünnhäutig? Ich sage doch gar nicht, dass deutschen Richtern verboten sein sollte, was Fussballer nicht dürfen. Mehr extrovertierte Persönlichkeiten auf der Richterbank (wie “Fischer im Recht”) werden den Rechtsstaat und das Vertrauen in seine Institutionen bestimmt voranbringen!
> …. dass vor deutschen Gerichten ständig Rechtsstreitigkeiten zwischen Team Islam und Team… – ja, Team was eigentlich? –
Team Grundgesetz! Falls es Ihnen entfallen sein sollte …
Nutzen Sie doch mal die Ruhe zwischen den Jahren zur Meditation über die Frage, wer hier “Treue zum Grundgesetz” und Islamophobie verwechselt.
Nun, die Sache ist doch eigentlich ganz einfach: Es muss bereits jeder Anschein einer fehlenden Unabhängigkeit der staatlichen Justiz vermieden werden. Lösung: (Hauptamtliche) Richter haben keine religiösen und politischen Symbole zur Schau zu tragen.
Wenn ich etwa an den Bericht in den Tagesthemen gestern zu den nicht veganen 5-Pfund-Scheinen denke, graut mich vor einem Richter mit Bindi auf der Stirn, der über Rechtsfragen eines Schlachthausbetriebs entscheidet. Ebensowenig ist es zu akzeptieren, wenn über der Richterrobe ein christliches Kreuz getragen wird, wenn es um die Zulässigkeit einer Kündigung wegen Kirchenaustritts bei der Caritas geht.
Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen. Und da, wie gesagt, bereits der Anschein fehlender Unabhängigkeit zu vermeiden ist, sind sämtliche religiösen und politischen Symbole, die ein Richter zur Schau trägt, zu verbieten.
Gut, dass das jetzt obergerichtlich geklärt ist. Und ganz einfach ist es auch noch.
Och komm, RiOLG. Sei nicht so streng. Wir wollen mehr Wellness und Authentizität für die Richter. Jeder soll da abhängen können, wie er will. Ein Kumpel von mir ist Nudist, der fängt auch bald sein Referendariat an!!1!
> Nutzen Sie doch mal die Ruhe zwischen den Jahren zur Meditation über die Frage, wer hier “Treue zum Grundgesetz” und Islamophobie verwechselt.
Wer über den sexuellen Mißbrauch von Kindern alias Kinderehe oder die offene Benachteiligung und Herabwürdigung von Frauen erst meditieren muss um zum Schluss zu kommen, dass sich diese Aspekte des Islam nicht mit unserem Grundgesetz in Einklang bringen lasen, sagt sehr viel mehr über den eigenen Zustand aus, als ihm lieb sein kann …
Leider wird m.E. der Umstand, dass ein Kopftuch ein religiöses Symbol sein soll, all zu oft unkritisch einfach angenommen.
Theologische Quellen geben keinen Hinweis auf ein Kopftuch.
Das Kopftuch ist also kein religiöses Bekenntnis, sondern Ausdruck politischer Natur.
Es mag sicher die eine oder andere geben, die meint ihr Kopftuch hätte religiösen Gehalt. Das sind aber fehlgeleitete Annahmen und bedürfen als solche keinen Schutz.
@The Populist: Sie hätten sich die paar Tage ruhig nehmen sollen. Das Kopftuch einer bayrischen Prädikatsjuristin als Symbol für Kindesmissbrauch?
– Keine weiteren Fragen an den Zeugen, Euer Ehren.
@schorsch: you are better than that, aren’t you?
@Max Mustermann: “Ob für den einzelnen Gläubigen zwingende Vorschriften in dem genannten Sinne bestünden, sei im Hinblick auf das Gebot strikter weltanschaulicher Neutralität des Staates nicht vom staatlichen Gericht verbindlich zu entscheiden. Es reiche deshalb aus, wenn aus den Umständen hinreichend deutlich hervorgehe, dass eine ernsthafte Glaubensüberzeugung vorliege.” BVerfGE 104, 337 (342f.)
Pardon, ungeschickte Auswahl – das war die Argumentation des Bf 🙂 Dann nehmen wir besser Kopftuch II, BVerfG, Beschl. v. 27.1.15, Az 1 BvR 471/10, Rn 83: “Die staatlichen Organe dürfen prüfen und entscheiden, ob hinreichend substantiiert dargelegt ist, dass sich das Verhalten tatsächlich nach geistigem Gehalt und äußerer Erscheinung in plausibler Weise dem Schutzbereich des Art. 4 GG zuordnen lässt, also tatsächlich eine als religiös anzusehende Motivation hat. Dem Staat ist es indes verwehrt, derartige Glaubensüberzeugungen seiner Bürger zu bewerten oder gar als „richtig“ oder „falsch“ zu bezeichnen”
Der Beitrag diskreditiert sich selbst, da er einzig mit Anti-Islam-Rhetorik und Islamophobie hantiert. Gibt es wirklich keine anderen Argumente, welche gegen religiöse Bekenntnisse während der Ausübung staatlicher Aufgaben sprechen? Sollten solche Gründe existieren, dann sind wohl diese vorrangig zu betrachten.
> Das Kopftuch einer bayrischen Prädikatsjuristin als Symbol für Kindesmissbrauch?
Na klar. Die Werbung des Doktoranden an der TU Darmstadt für den IS zeigt, dass auch durchaus hochgebildete Muslime der Radikalisierung anheim fallen können.
Zum Thema Kindesmißbrauch und Islam empfehle ich sich mal mit den 1400 Kindern, die in Rotherham über anderthalb Jahzehnte von der dortigen Pakistani-Community sexuell mißbraucht wurden zu beschäftigen.
Im Übrigen führen Pakistaner laut der PKS 2014 die Hitliste der Nationen beim Kindesmißbrauch in Deutschland an. Vermutlich ist das aber ein reiner Zufall …
Bildung schadet übrigens auch Verfassungsexperten nicht.
Bildung nennen Sie das also?
Sie haben irgendwann einmal versucht über den Islam und das Grundgesetz zu reden. Sie erinnern sich? Das war krude genug.
Inzwischen haben Sie das Thema gewechselt. Merken Sie das überhaupt? Nun faseln Sie, wenn ich Sie richtig verstehe, davon, dass “dem Pakistaner” der Kindesmissbrauch quasi im Blut liege.
Ich bin raus. Schönen Sonntag.
Voila! – ein faszinierender Artikel von Frau Weller!
Gerne attestieren wir insbesondere ihrer Aussage
“in einem demokratischen Staat .. schützt die Religionsfreiheit nicht nur die Religionsausübung, sondern bietet dem Staat Raum für die Identifikation mit bestimmten religiösen Inhalten”
die hundertprozentige grundgesetzliche Kompatibilität mit folgenden konkreten religiösen Inhalten:
9. Sure:
“Eine Aufkündigung des bisherigen Rechtsverhältnisses von seiten Allahs an diejenigen Heiden, die ihm andere Götter beigesellen.
Ihr wartet nun vier Monate ab! Dabei müßt ihr jedoch wissen, daß Gott die Ungläubigen früher oder später zuschande machen wird und daß er ihnen für nichts mehr garantiert. Und verkünde denen, die ungläubig sind, daß sie eine schmerzhafte Strafe zu erwarten haben!
Ausgenommen sind diejenigen Heiden, mit denen ihr eine bindende Abmachung eingegangen habt, und die euch hierauf in nichts von euren vertraglichen Rechten haben zu kurz kommen lassen. Ihnen gegenüber müßt ihr die Abmachungen einhalten, bis die ihnen zugestandene Frist abgelaufen ist.
Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo immer ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf!”
> Ich bin raus. Schönen Sonntag.
Ich bitte um Verzeihung.
Ja, es waren zu viele Fakten.
Ein beeindruckender Leuchtturm der “gesellschaftliche Vielfalt” ist die Familie der für Integration zuständigen Staatsministerin Özoğuz, deren Brüder einen Islamisten-Website betreiben.
Was bereits in der eigenen Familie nicht klappt, darf man getrost dem ganze Land verordnen …
Toleranz, die sich selbst abschafft, ist keine Toleranz, sondern die subtilste Form von Intoleranz.
Im Gedenken an den Waffenstillstand im Ersten Weltkrieg trugen die britischen Nationalteams im November eine Klatschmohn-Blüte auf den Trikots. Die Fifa hatte die Aktion im Vorfeld verboten – und die Verbände nun mit Geldstrafen belegt.
Die Gedanken des Artikels enden leider da, wo man eigentlich anfangen sollte: ” Wäre es nicht gerade sinnvoll, den größtenteils hochqualifizierten Frauen, die von den Kopftuchgesetzgebungen betroffen sind, den von ihnen angestrebten Zugang zum Arbeitsmarkt umfassend zu gewähren? Stünde nicht gerade eine Kopftuch tragende Prädikatsjuristin, tätig als Staatsanwältin oder Richterin, für die oftmals als fehlend angeprangerte erfolgreiche Integration?”. Den Grund dafür, dass Frauen “betroffen” sind statt Entscheidungen zu treffen, finde ich im Artikel nicht . Ob Frauen Integration demonstrieren, wenn sie sich für eine abweichende Kleidung entscheiden, ist gerade die Frage. Sie gegen den Zeitgeist (soweit es nicht vermessen ist, in Tagesaktualität Geist zu vermuten) deutlich zu bejahen scheint schwer zu fallen. Ich würde das Kopftuch gerne wie Tatoos, ein Kreuz, einen beim jeweiligen Geschlecht vielleicht aussergewöhnlichen Anstecker oder einen Zopf nach dem Motto behandeln, das es sich um private Entscheidungen handelt, wegen derer niemand Schlechtes zu denken berechtigt ist. Vor einigen Jahrzehnten konnte es heissen “Wenn er ohne Kravatte besser denkt, soll er sich halt nur zu besonderen Anlässen schick machen.”, eine Gelassenheit, die man heute aben auf Anderes ausdehnen sollte. Sollte es beim vom Träger von möglicherweise religiös zu Verstehendem zu behandelnden Fall um religöse Fragen geht, dürften die Regeln über die Befangenheit ausreichen.
Das alles wünschte ich mir umfassender behandelt als ich das eben versucht habe.
Das entscheidende Kriterium, ob Kleidung, Schmuck, Symbole oder Accessoires, eine politische Botschaft darstellen oder nicht, ist der Kontext in dem sie auftauchen.
Viele ältere Frauen trugen früher in meinem Dorf Kopftücher. Damit war jedoch keine politische Botschaft verbunden. Es war Teil der Arbeitskleidung.
Im gegenwärtigen Kontext des Islam ist das anders. Dort sind Kopftücher Vorboten einer (Re-)Islamisierung und die formale Tragepflicht deren Vollzugsanzeige.
In Zeiten einer nahezu monolithischen, männlich-islamischen Masseneinwanderung, die angeblich der Förderung von Diversität im von Inzucht bedrohten Lande dient, kann das Kopftuch in behördlichem Kontext nicht anders gewertet werden, als ein politisches Symbol.
Beeindruckend ist immerhin eine Werteakrobatik, die das Kunststück vollbringt Kopftücher allen ernstes als emanzipatorisches Element zu verorten, dessen sich bereits Grundschulmädchen in einem souveränen, feministischen Bewusstsein bedienen …