„Ein Katalysator für die europäische Identität“
Fünf Fragen an Aurore Gaillet
Nachdem heute auch der Bundesrat den Grundgesetzänderungen zustimmte, ist das Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur noch vor Zusammentritt des neuen Bundestags beschlossen. Dieser bemerkenswerte Vorgang berührt nicht nur nationale, sondern kerneuropäische Themen. Für eine (französische) Außenperspektive haben wir Aurore Gaillet befragt, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Toulouse Capitole.
1. Wenn Sie auf die Demokratie in Deutschland schauen – sind Ihre Sorgen mit der Bundestagswahl größer oder kleiner geworden?
Auf der einen Seite ist das Ergebnis der AfD besorgniserregend, auch wenn das nach den Landtagswahlen im Herbst 2024 keine Überraschung war. Vor allem die bundesweite Verdoppelung des AfD-Stimmenanteils von 10,3 auf 20,6 % macht die Krise des demokratischen Systems deutlich. Hinzu kommt die geographische Aufteilung der Stimmen nach der alten innerdeutschen Grenze – eine solche Aufteilung gibt es in Frankreich nicht. Der überraschende Stimmenanteil der Linken zeigt die Spaltung der deutschen Gesellschaft und die zunehmende Polarisierung.
Auf der anderen Seite ist der AfD-Anteil deutlich niedriger als der Anteil des Rassemblement National in Frankreich, der bei den Parlamentswahlen 2024 32 % der Stimmen holte. Und positiv ist die im Vergleich zu Frankreich hohe Wahlbeteiligung hervorzuheben: Während im Frankreich 67 % wählten, waren es in Deutschland 82,5 %.
Um direkter auf Ihre Frage zu antworten, gibt es ein weiteres Thema, das eher Hoffnung auf die Fähigkeiten der deutschen Demokratie macht: Während in Frankreich Krisenzeiten nicht günstig für parlamentarische Diskussionen sind (und sogar die Hyperpräsidentschaft stärken), ist in Deutschland die Kompromissfähigkeit, die durch die laufende Einigung zwischen CDU/CSU, SPD und Grünen belegt wird, bemerkenswert und zeigt ein Bewusstsein für politische Verantwortung. Es liegt jetzt in der Verantwortung der künftigen Koalition, die Ergebnisse des 23. Februar nicht zu schnell zu vergessen und darauf zu achten, dass sie auf die Spaltung der deutschen Gesellschaft Antworten findet.
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2. Während sich im Bundestagswahlkampf alles um Migration drehte, bestimmte das Thema Finanzen die ersten Wochen der Koalitionsverhandlungen. Wie wirkt der deutsche Umgang mit der Schuldenbremse aus Sicht des französischen Verfassungsrechts?
Die Schuldenbremse ist immer als eine deutsche Besonderheit wahrgenommen worden. Sie hat zwar das Entstehen einer kritischen Situation verhindert, wie sie derzeit in Frankreich besteht. Dort stehen die Schulden bei 113 % des BIP, in Deutschland bei 63 %. Zugleich hat die Schuldenbremse aber wichtige Investitionen verhindert. Die Probleme bei der Deutschen Bahn sind für Franzosen erstaunlich, die doch lange Zeit die deutsche Pünktlichkeit bewundert haben. Im europäischen Kontext wurden die Deutschen – zusammen mit anderen, etwa den Niederländern – immer als besonders sparsam wahrgenommen. Aber selbst die europäischen Begrenzungen werden jetzt neu bewertet.
Eine Parallele besteht insofern, als in beiden Ländern Regierungen an knappen Finanzen gescheitert sind: die Regierung Scholz im November, die Regierung Barnier im Dezember (als zum ersten Mal seit 1962 die französische Regierung nach einem Misstrauensantrag zurücktrat). Über den Umfang einer Schuldenaufnahme aber wird in Frankreich politisch, nicht rechtlich diskutiert. Die Entscheidung des BVerfG vom Herbst 2023 mit ihrer strikten Anwendung der Schuldenregeln wurde daher in Frankreich mit Interesse wahrgenommen.
Zugleich stößt die aktuelle deutsche Verfassungsänderung auf großes Interesse – sowohl mit Blick auf die Verteidigung als auch mit Blick auf die Infrastruktur. Hinsichtlich des Verfahrens wird wahrgenommen, dass der Bundestag nicht nur nach seiner Auflösung, sondern sogar nach der Neuwahl noch entscheiden kann – das ist in Frankreich nicht möglich: Dort beendet die Auflösung nicht nur die Parlamentssitzung (der Senat setzt seine Arbeit ebenfalls aus), sondern auch das Mandat der Abgeordneten. Es ist also ausgeschlossen, dass das alte Parlament – und erst recht die alte Nationalversammlung – nach der Auflösung wieder zusammentreten kann. Außerdem legt die Verfassung selbst fest, wann die neue Versammlung ihre Arbeit wiederaufnimmt, nämlich nach Art. 12 Abs. 3 „am zweiten Donnerstag nach ihrer Wahl“.
3. Die gegenwärtige sicherheitspolitische Neuordnung erinnert an die 1960er Jahre, in denen sich Europa zwischen den USA und Russland positionieren musste. Charles de Gaulle hat damals beiden Großmächten – und auch der NATO – misstraut. Er setzte auf europäische Souveränität in einem „Europa der Vaterländer“, geführt von einer deutsch-französischen Partnerschaft. Was können wir heute aus der deutsch-französischen Vergangenheit lernen?
In der Tat gab es früher zwischen Frankreich und Deutschland große Unterschiede: Mit seiner Entscheidung, dem Zustimmungsgesetz zum deutsch-französischen Vertrag von 1963 eine Präambel voranzustellen, die das deutsche Festhalten an der doppelten Integration – nämlich NATO und europäischer Integration – bekräftigte, nahm der Bundestag eine Gegenposition zu dem von Charles de Gaulle angestrebten Weg zu einem unabhängigen Europa ein. Auch die Versuche von Emmanuel Macron, nach seiner Wahl 2017 die europäische Dimension in der Verteidigungspolitik zu stärken, sind lange am deutschen Festhalten an der Zusammenarbeit mit den Amerikanern gescheitert. Noch 2020 hatte er seine „tiefe Meinungsverschiedenheit“ mit den Positionen von Annegret Kramp-Karrenbauer zum Ausdruck gebracht und deren Festhalten an der amerikanischen Sicherheit als „Fehlinterpretation der Geschichte“ bezeichnet.
Gleichzeitig haben sich die deutsch-französischen Beziehungen verstärkt, wenn sie auf gemeinsamen und verkörperten Werten beruhen: In diesem Zusammenhang werden oft die – wie der französische Ausdruck lautet – „Ehepaare“ De Gaulle/Adenauer (1958-1963), Giscard d’Estaing/Schmidt (1974-1981) und Mitterrand/Kohl (1982-1995) erwähnt, die die Wichtigkeit der deutsch-französischen Beziehungen verkörperten, ungeachtet verschiedener Reibungspunkte oder sogar unterschiedlicher politischer Zugehörigkeiten.
Was die Gegenwart betrifft: Während die von Bundeskanzler Olaf Scholz für 2022 ausgerufene „Zeitenwende“ offenbar ins Stocken geraten ist, verändert die Änderung der von 1945 geerbten und von den USA geformten Weltordnung die Lage grundlegend. Die Revitalisierung der deutsch-französischen Zusammenarbeit wird nun auf beiden Seiten des Rheins auf höchster politischer Ebene gefordert: Sie hat eine Chance, wenn sie auf gemeinsam wahrgenommenen Herausforderungen und dem gemeinsamen Willen beruht, vertrauensvolle und ausgewogene Beziehungen zu pflegen.
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4. Eine gemeinsame Herausforderung bleibt auch die Energiepolitik. Merz strebt eine Rückkehr zur Atomkraft an, auf die Frankreich traditionell vertraut. Wie könnte sich eine vertiefte deutsch-französische Zusammenarbeit in der Verteidigungs- und Energiepolitik auf das Machtgefüge innerhalb der EU auswirken?
Trotz des gemeinsamen Bezuges zur Atomkraft unterscheiden sich beide Bereiche in wesentlichen Fragen.
Bei der Verteidigung würde eine enge deutsch-französische Zusammenarbeit gerade mit Blick auf das atomaren Schutzschild auch andere Mitgliedstaaten unter Zugzwang setzen. Zugleich wirft eine solche Beteiligung auch viele Fragen auf, auf der technischen wie auf der politischen Ebene. Um die Abhängigkeit der Europäer von den USA zu verringern, müssen sowohl die industrielle Kapazität Europas als auch die Interoperabilität gestärkt werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Komplexität der Entscheidungsfindung in der EU uns zu engeren Kooperationskreisen führen wird.
Die Energiestrategie ist auch eine große Herausforderung, sowohl für die Souveränität als auch für die Wirtschaftskraft. Von einem Konsens über den „Energiemix“ sind wir jedoch noch weit entfernt: Welches Potenzial haben erneuerbare Energien wirklich? Wie stehen wir zur Kernenergie (speziell in Deutschland)? Welchen Anteil an fossiler Energie können wir akzeptieren, wenn man bedenkt, dass fossile Energie mit Souveränität unvereinbar ist?
5. Stichwort Souveränität: Trump, Putin und Co. regieren autoritär, und in Europa finden das viele durchaus attraktiv. Reicht die – deutsch-französisch gestärkte – EU, um dem etwas entgegenzusetzen, oder braucht es neue Formen europäischer Kooperation?
Es stellt sich in der Tat die Frage nach den Gründen für die Anziehungskraft autoritärer Regime. Legitimität und die wahrgenommene Effektivität der Entscheidungsfindung sind Faktoren dafür. Um sie in Bezug auf „Formen der Kooperation“ zu beantworten, muss man zwischen den verschiedenen Bereichen unterscheiden.
Eine wirksame Zusammenarbeit jenseits der EU ist bestimmt vorstellbar in Bereichen wie der Außen- und Sicherheitspolitik, in denen sich auch die EU selbst bisher nur schwach entwickelt hat. Verkleinerte und zwischenstaatliche Formate, die insbesondere Polen und das Vereinigte Königreich einbeziehen und eine Brücke zwischen der EU und der NATO schlagen, sind wünschenswert. Dies hindert allerdings nicht daran, weiterhin über die gemeinsame europäische Verteidigung nachzudenken, die als Katalysator für ein Zugehörigkeitsgefühl zur Union (und ihrer Werte) und damit der europäischen Identität bei den Bürgern wirken kann: Wie der Philosoph und Wirtschaftler Amartya Sen (und lange vor ihm Ernest Renan) bereits sagte, wird Identität auch „unter Widrigkeit“ aufgebaut.
Letztlich aber kann man autoritären Tendenzen nur durch eine entschlossene Politik entgegenwirken, die die Herausforderungen der Gegenwart auch tatsächlich bewältigt – im Bereich der Migration ebenso wie bei der Wirtschaft und der Umwelt. Wenn da nicht alle Mitgliedstaaten mitmachen, muss man innerhalb der EU – angetrieben von deutsch-französischen Impulsen – die Instrumente verstärkter Zusammenarbeit derjenigen Mitgliedstaaten nutzen, die den autoritären Entwicklungen etwas entgegenhalten möchten.
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Editor’s Pick
von MAXIMILIAN STEINBEIS

© „Aphrodite & Eros, Nordfries, Gigantomachie-Fries, Pergamonaltar, Pergamonmuseum, Berlin“ von Carole Raddato, lizenziert unter CC BY-SA 2.0.
Das Buch, das ich gerade lese, ist ein 1000-seitiger, halb vergessener Klassiker aus den 70er Jahren: die Romantrilogie „Ästhetik des Widerstands“ (trotz des Titels: ein Roman! Aber nicht nur…) des deutsch-schwedischen Schriftstellers Peter Weiß. Es beginnt in Berlin Mitte der 30er Jahre: drei junge kommunistische Arbeiter, die in fast hoffnungsloser Lage und Isolation ihre geistige und ästhetische Bildung vorantreiben. Noch kämpft die spanische Republik gegen den Faschismus – dann geht der Bürgerkrieg verloren, die geflüchteten Kämpfer werden interniert, verfolgt, ausgeliefert, vernichtet. Noch glauben sie an die Sowjetunion, das Land der Revolution – dann frisst diese ihre Kinder und Stalin schließt seinen Pakt mit Hitler. Noch bietet das Exil im neutralen Schweden Schutz – aber die Bewegungsspielräume im Untergrund werden verzweifelt klein. Es ist eh schon kaum und wird immer weniger auszuhalten – und doch ist es auszuhalten. Und es entsteht große Kunst daraus. Noch bin ich nicht fertig, es fehlen gut 100 Seiten. Aber fertig, das weiß ich jetzt schon, werde ich mit diesem Buch noch lange nicht werden.
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Die Woche auf dem Verfassungsblog
zusammengefasst von EVA MARIA BREDLER
Fasten your seatbelts: 2025 ist schon jetzt, gelinde gesagt, eine ziemlich turbulente Reise. Da könnte ein bisschen Farbe am Wegesrand wohltuend wirken – zumindest scheint das die EU zu denken, denn überall in Europa sind Bushaltestellen mit bunten Werbeanzeigen für NextGenerationEU tapeziert, das Vorzeigeprogramm aus von der Leyens erster Amtszeit. Doch die Farbe blättert ab, seit Entwürfe für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen der EU geleakt wurden: PÄIVI LEINO-SANDBERG (EN) erklärt, inwiefern die Entwürfe dem NextGenerationEU-Programm ähneln und warum sie angesichts der aktuellen geopolitischen Herausforderungen der EU wenig Hoffnung machen.
Das sind nicht die einzigen Herausforderungen der EU. Die Kommission hat kürzlich eine Reform der Rückführungsrichtlinie vorgeschlagen, um Durchsetzungslücken zu schließen. Obwohl der Vorschlag auf ein klares, modernes und vereinfachtes Rückführungsmanagement abzielt, wirft er erhebliche Bedenken für den Schutz der Betroffenen auf, so JONAS BORNEMAN (EN).
Auch mit den kürzlich vorgestellten „Omnibus“-Paketen will die EU die Reise entspannter gestalten. Die Reform zielt darauf ab, die Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichterstattung und Sorgfaltspflichten für Unternehmen zu vereinfachen, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu stärken. „Simplification promised, simplification delivered!“ – so stellte die EU-Kommission die Omnibus-Pakete vor. ALICE BERTRAM (EN) analysiert am Beispiel der geplanten Änderungen der Corporate Sustainability Reporting Directive, warum der Omnibus stattdessen auf rechtliche Unsicherheit und ökologischen Rückschritt zusteuert.
FREYA WOLFERS (DE) stimmt in die Omnibus-Kritik ein – sie zeigt, warum die geplanten Änderungen an der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) deren Durchsetzung erheblich schwächen könnten.
SAUMYA RAVAL and JELENA BÄUMLER (EN) ergänzen, dass die CSDDD-Reform die Realität sog. informal economies verkennt und damit nicht nur vulnerable Rechteinhabende im Globalen Süden benachteiligt, sondern auch das Ansehen der EU als Vorreiterin in Sachen Unternehmensverantwortung gefährdet.
Auch Deutschland sollte sich die CSDDD dieser Tage genauer ansehen: Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz könnte in den anstehenden Koalitionsverhandlungen geändert werden. MARKUS KRAJEWSKI (DE) zeigt, warum eine zeitweise Aussetzung oder gar vollständige Abschaffung des LkSG kaum mit den europa- und völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands vereinbar wäre.
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An der Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Völker- und Europarecht (Prof. Dr. Birgit Peters) der Universität Trier ist ab dem 01.08.2025 befristet bis 31.07.2028 eine Stelle als Wissenschaftliche/r Mitarbeiter/in (m/w/d) (E 13 TV-L, 50%) zu besetzen. Die Stelle ist zur wissenschaftlichen Qualifikation [Promotion] eingerichtet. Zu den damit verbundenen Aufgaben gehört die Mitarbeit in Forschung und Lehre; gute Englisch- oder Französischkenntnisse sowie Interesse und Spaß am Öffentlichen Recht, Völker- und Europarecht sollten gegeben sein.
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Internationale Pflichten einzuhalten ist inzwischen keine Selbstverständlichkeit mehr. Wir leben in einer Zeit, in der mächtige Staaten das Völkerrecht immer wieder brechen, ohne sich um eine Rechtfertigung zu bemühen. Angesichts aktueller Ereignisse appellieren 79 DEUTSCHSPRACHIGE VÖLKERRECHTLER*INNEN (EN) dringend an Entscheidungstragende auf Bundes- und Landesebene, Deutschlands internationale Verpflichtungen umzusetzen.
Auch Mexiko muss an seine Rechtspflichten erinnert werden. Die mexikanische Regierung hat kürzlich 29 mutmaßliche Drogenbosse in die USA überstellt – trotz laufender Auslieferungsverfahren ohne ordentlichen Prozess. Zwar sei es essenziell, die organisierte Kriminalität zu bekämpfen, doch RODOLFO GONZÁLEZ ESPINOSA (EN) warnt, dass Mexiko damit rechtsstaatliche Prinzipien missachtet und einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen habe.
Noch düsterer ist es um den Rechtsstaat in den USA bestellt, wo sich der Autoritarismus breitmacht – oder ist das schon Faschismus? Viele meiden diesen Begriff. ALANI GOLANSKI (EN) schaut sich die Definition genauer an und erkennt gute Gründe dafür, die zweite Trump-Administration bereits jetzt als faschistisch oder zumindest als quasi-faschistisch zu bezeichnen.
Währenddessen blockierte das Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina den jüngsten juristischen Schachzug der Republika Srpska, offiziell serbische Symbole einzuführen. CARNA PISTAN (EN) beschreibt den andauernden Kampf um Identität und Staatlichkeit nach dem Dayton-Abkommen, in dem Symbole spalten und die ethnischen Trennlinien weiter vertiefen könnten.
Das Bayerische Verfassungsgericht entschied in einer weniger symbolischen Angelegenheit: Es erklärte die Ausweitung der polizeilichen Befugnisse im Bayerischen Polizeiaufgabengesetz teilweise für verfassungswidrig. JULIAN SENDERS (DE) analysiert das Urteil und hofft, dass Karlsruhe (wo dieses Jahr Entscheidungen zu ähnlichen Rechtsfragen anstehen) mehr Klarheit zu den relevanten Gefahrenkategorien schaffen wird.
Schließlich ging unser Symposium über „Eyes Everywhere: Surveillance and Data Retention under the EU Charter“ (EN) zu Ende: GUIDO WESTKAMP (ENG) analysiert die La Quadrature du Net II-Entscheidung des EuGH, insbesondere das komplexe Netz aus Anonymität, Überwachung, Kreativität und Urheberrecht.
Und so geht unsere Reise weiter – genießen Sie die bizarren Landschaften, die leuchtenden Farben und das zurückhaltende Sonnenlicht auf dem Weg, und erwarten Sie nicht die Quadrature du Cercle.
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Ihnen alles Gute!
Ihr
Verfassungsblog-Team
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