23 April 2015
Straßburg schützt anwaltliches Recht auf Justizkritik
Wenn ein Anwalt sich mit einem Justizskandal konfrontiert sieht, dann darf er das öffentlich anprangern. Solange er nicht lügt, beleidigt oder irreführende, ins Blaue hinein geäußerte oder nicht zur Sache gehörende Bemerkungen dabei macht, ist er vor Strafverfolgung sicher. In diesem Sinne hat die Große Kammer des Europäischen Gerichtshofs in Straßburg den verheerenden Eindruck, den das Gericht in der Sache Morice v. Frankreich vor knapp zwei Jahren hatte entstehen lassen, heute wieder korrigiert: Whistleblowing durch Anwälte ist erlaubt und geschützt. Continue reading >>
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15 April 2015
Nackt in der Zelle: Menschenwürde im deutschen Strafvollzug
Ein Mensch wird mit Gewalt nackt ausgezogen und in eine Isolierzelle gesperrt. Einen Tag und eine Nacht sitzt er dort, dem lidlosen Auge der Überwachungskamera ausgesetzt, frierend, schlaflos, total entblößt. Und weder in der Verwaltung noch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit findet er irgendjemand, der dafür mehr als ein Achselzucken übrig hat. Das ist nicht in Weißrussland passiert und nicht in Abu Ghraib, sondern mitten in Deutschland, in einem ganz normalen hessischen Gefängnis. Das entnehmen wir einer heute veröffentlichten Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die wieder einmal eindrucksvoll demonstriert, worin der handfeste Nutzen der so oft als unjuristischer Sentimentalismus belächelten Menschenwürdegarantie des Art. 1 I Grundgesetz besteht. Continue reading >>14 April 2015
Betreuungsgeld in Karlsruhe: Wenn Bayern für mehr Zentralismus kämpfen
Beim Stichwort Betreuungsgeld fällt jedem, der die politische Debatte der letzten Jahre verfolgt hat, eine Menge Kopfschüttelnswertes ein. Wenn nun in ein paar Monaten das Bundesverfassungsgericht das Betreuungsgeld in seiner aktuellen Form für verfassungswidrig erklärt – und darauf scheint mir nach der heutigen Verhandlung vor dem Ersten Senat in der Tat einiges hinzudeuten – , dann wohl nicht wegen seiner gleichheits- und sozialpolitischen Auswirkungen, sondern wegen der politisch sonst so notorisch irrelevanten Frage der Gesetzgebungskompetenz. Es sieht ganz so aus, als habe der Bundesgesetzgeber damit seine föderalen Zuständigkeiten überschritten und im Revier der Länder gewildert. Gratuliere, CSU! Es wird bestimmt viel Spaß machen, das den paar Bayern, die tatsächlich noch an die bundesstaatliche Gewaltenteilung glauben, zu erklären. Continue reading >>26 March 2015
Prinz Charles macht sich um das britische Verfassungsrecht verdient …
... wenn auch eher mittelbar. In seinem heutigen Urteil "Evans", in dem es um die Veröffentlichung von Briefen des Prinzen an Minister der Regierung geht, zimmert der UK Supreme Court eine prekäre Balance zwischen den Verfassungsprinzipien der Rechtsstaatlichkeit und der Parlamentssouveränität. Continue reading >>23 March 2015
NPD-Verbotsantrag: Karlsruhe fordert mehr Beweise
Wer befürchtet hatte, dass das kein gutes Ende nimmt mit dem erneuten Versuch der Landesinnenminister, die NPD in Karlsruhe verbieten zu lassen, hat heute neue Nahrung für seine Sorgen erhalten: Das Bundesverfassungsgericht hat einen Beschluss veröffentlicht, wonach der Zweite Senat genauere Belege dafür anfordert, dass diesmal wirklich keine von Polizei und Nachrichtendiensten gesteuerte Spitzel die Erkenntnislage über die Verfassungsfeindlichkeit der Partei verunreinigen. Es sieht so aus, als ob der Senat jedenfalls keine lockereren Maßstäbe anlegt als die dreiköpfige Richterminderheit, die 2003 das Verfahren zu Fall brachte. Continue reading >>18 March 2015
Schweigende Mütter, zahlende (Schein-)Väter und der Unterschied zwischen einem Grundrechtseingriff und einer blöden Situation
Die so genannten Scheinväter sind unbestreitbar in einer blöden rechtlichen Situation: Sie haben womöglich jahrelang Unterhalt für das Kind gezahlt, den sie gar nicht hätten zahlen müssen, während der wahre Vater sich einen schlanken Fuß gemacht hat. Sie hätten zwar das Recht, denselben in Regress zu nehmen – aber um das machen zu können, müssten sie erst einmal wissen, um wen es sich überhaupt handelt. Und das weiß oft allein die Mutter. Und die will es nicht sagen. Kann man in so einer Situation die Mutter zwingen, den Namen rauszurücken? Ja, sagte 2011 der Bundesgerichtshof. Nein, sagt heute das Bundesverfassungsgericht. Grund: eine blöde rechtliche Situation ist kein Grundrechtseingriff. Jemanden zu zwingen, offenzulegen, mit wem man Sex hatte, schon. Continue reading >>17 March 2015
A European Network of Constitutional Law Blogs
When Hungary adopts an undemocratic constitution it is not just [...] Continue reading >>
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17 March 2015
Neues Verfassungsblog-Projekt: Ein Netzwerk europäischer Verfassungsblogs
Wir wollen wir ein Netzwerk europäischer Verfassungsblogs gründen, in dem Expert_innen aus allen Teilen Europas ihr Wissen und ihre Sichtweisen miteinander teilen und einer breiten europäischen Öffentlichkeit zugänglich machen. Unser Ziel ist, die Verfassungsvielfalt in Europa am Ende flächendeckend abdecken zu können. Um dies verwirklichen zu können, benötigen wir Ihre Unterstützung. Continue reading >>
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11 March 2015
Will Karlsruhe dem deutschen Föderalismus eine Adrenalinspritze setzen?
Dass Thüringen die Samstagsarbeit anders als der Bund regelt, ist verfassungsgemäß. Das Bundesgesetz sei nicht klar abschließend, so das BVerfG in einem heute veröffentlichten Senatsbeschluss. Das überrascht und wirft Fragen auf, was die verfassungspolitischen Motive hinter dieser Entscheidung sein könnten. Continue reading >>
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26 February 2015