02 April 2021
Allgemeines „Kopftuchverbot“ durch die Hintertür?
Die Bundesregierung will eine parlamentsgesetzliche Rechtsgrundlage schaffen, um das äußerliche Erscheinungsbild von Beamtinnen und Beamten durch Verbote zu reglementieren. Der Entwurf, der bislang offenbar unterhalb des Radars der politischen Öffentlichkeit gesegelt ist, hat es in sich. Das ressortzuständige Bundesinnenministerium hat hier – wie die Begründung bestätigt – eine camouflierte „Kopftuch“-Regelung untergebracht. Der Bundesgesetzgeber scheint hier den Reformbedarf, den die Rechtsprechung des BVerwG ausgelöst hat, zu nutzen, versteckt in der (eher banalen) "lex Tattoo" eine empfindliche Einschränkung der Religionsfreiheit im öffentlichen Dienst von Bund und Ländern vorzubereiten. Continue reading >>
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01 Februar 2021
Beobachtung der AfD
Es geht das Gerücht herum, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz als Ergebnis umfassender Prüfungen die Gesamtpartei AfD zum „Verdachtsfall“ erklären wird, die damit als verfassungsfeindliche Bestrebung beobachtet werden könnte. Das hiergegen angerufene Verwaltungsgericht Köln hat einen „Hängebeschluss“ zur Sicherung des – noch anhängigen – Eilantrags vorläufig abgelehnt. Die materiellen Rechtsfragen, die mit dem Rechtsstreit verbunden sind, verdienen einen näheren Blick. Continue reading >>04 Januar 2021
Richtige Balance?
Der Europäische Haftbefehl ist nicht nur eine Dauerbaustelle des europäischen Grundrechtsschutzes, sondern zugleich das Produkt verketteter Fehlleistungen europäischer Institutionen. Kommission und Rat haben mit dem Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl 2002/584/JI politisch ein Instrument geschaffen, das einseitig Funktionsinteressen der Strafrechtspflege forciert. Grundrechte wurden hingegen von Anfang auf eine Floskel reduziert, von der die effektive Rechtsanwendung möglichst verschont werden sollte. Continue reading >>28 Dezember 2020
Mandat zu Meinungspflege?
Dem so genannten BDS-Beschluss des Deutschen Bundestags vom Mai 2019 kommt zwar als schlichter Parlamentsakt keine rechtliche Verbindlichkeit zu. Er hat aber eine nachhaltige Kontroverse ausgelöst. In diese Debatte hat sich auch der „Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus“ mit durchaus robusten Stellungnahmen eingeschaltet. Dies wirft ungeklärte verfassungsrechtliche Fragen auf. Continue reading >>19 November 2020
Verfolgung Strafunmündiger als Erziehungskonzept?
Ein Sechsjähriger wird vom Polizeipräsidenten Berlins "vorgeladen" in einer "Ermittlungssache" – weil er einer Erzieherin auf die Hand geschlagen haben soll. Die Kanonen des Strafrechts auf ein strafunmündiges Kind zu richten, ist nicht nur erziehungspolitisch höchst fragwürdig, sondern sieht auch stark nach einer Straftat im Amt aus: Auf Verfolgung Unschuldiger steht mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Continue reading >>04 Oktober 2020
Rechtsreferendarin in der Berliner Provinz
In Berlin ist erneut ein Streit über das Kopftuch im Referendardienst entbrannt. Der Präsident des Kammergerichts hat eine Dienstanweisung bekannt gegeben, wonach Rechtsreferendarinnen mit Kopftuch künftig die Anklageverlesung und Sitzungsvertretung übernehmen dürfen, wenn eine Ausbildungsperson sichtbar zugegen ist. Der Hauptrichter- und Staatsanwaltsrat des Landes Berlin meint, dies ohne Weisung des Justizministers für die Staatsanwaltschaften nicht beachten zu müssen. Der Erlass sei zudem verfassungswidrig. Die Abwehrreflexe hängen erkennbar mit Mentalitäten zusammen, die schon das aggressive „Neutralitätsgesetz“ prägten. Ferment dieser Regelung ist eine Melange aus anti-religiösen Ressentiments und einem muffigen Provinzialismus spezifisch Berliner Provenienz. Continue reading >>09 August 2020
Neutrale Strafverfolgung und demokratische Strukturverantwortung
Kürzlich hat die Generalstaatsanwältin des Landes Berlin die Ermittlungen wegen einer Anschlagsserie in Neukölln gegen Linke und Sozialdemokraten an sich gezogen, weil die bisherige Ermittlungsführung Anlass geben könnte, an der Unbefangenheit eines befassten Staatsanwalts zu zweifeln. Der Fall demonstriert in besonderer Weise, warum es notwendig ist, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte weiterhin sowohl dem internen als auch dem externen Weisungsrecht zu unterstellen. Continue reading >>21 Mai 2020
Herrschaftslegitimation und implizite Identitätskontrolle
Würde sich der Gerichtshof auf die Kritik des BVerfG konstruktiv einlassen und ein Kontrollniveau etablieren, das der demokratischen und rechtstaatlichen Struktur der Union wirklich gerecht wird, wäre er am Ende der eigentliche Gewinner. Auch Reservevorbehalte des BVerfG würden sich dann von selbst erledigen. Continue reading >>19 Januar 2020
Grundrechts-Mobile statt starrer Kompetenzschichten
Die Entscheidungen zum Recht auf Vergessen sind ein Befreiungsschlag zur institutionellen Selbstbehauptung, mit dem das BVerfG im Grundrechtsbereich gegen einen drohenden stillen Bedeutungsverlust ankämpft. Es ist aber auch der Versuch, bei der Formierung der gemeineuropäischen Grundrechtsarchitektur eine aktivere Rolle zu spielen. Institutionelle Konflikte sind hierbei vorprogrammiert. Continue reading >>03 September 2019