07 February 2025
Mehrdeutige Wortfolge, pauschale Kriminalisierung
Das Landgericht Berlin I hat mit Urteil vom 8. November 2024 die Wortfolge "From the river to the sea" als Kennzeichen der Hamas eingestuft und eine Angeklagte wegen Verstoßes gegen § 86a StGB (Verwenden von Kennzeichen terroristischer Organisationen) zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Angeklagte hatte sich auf Social Media explizit zur Hamas bekannt und den Slogan in Posts verwendet. Das Urteil geht über den Einzelfall hinaus, indem es generell die Wortfolge kriminalisiert. Dies ist besonders problematisch, weil die Formulierung mehrdeutig ist und in verschiedenen Kontexten – auch ohne Bezug zur Hamas – genutzt wird. Continue reading >>
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26 March 2024
Zwischen Fluss, Meer und Strafbefehl
Macht sich strafbar, wer den Satz „from the river to the sea, Palestine will be free“ verwendet? In aller Regel nicht. Der Slogan ist vieldeutig und Gerichte müssen bei mehreren Deutungsmöglichkeiten wegen der Meinungsfreiheit genau begründen, warum allein die strafbare Interpretation plausibel sein soll. Er kennzeichnet auch nicht die Hamas, denn verschiedene Akteure verwenden ihn seit Jahrzenten bis heute. Continue reading >>08 August 2022
Immer noch lückenhaft
Am 27. Juli 2022 hat die Bundesregierung ihren Entwurf für ein „Gesetz für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen sowie zur Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ offiziell vorgestellt, dessen Kern das geplante Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) bildet. Mit dem HinSchG wird der deutsche Gesetzgeber erstmals ein Stammgesetz zum Thema „Whistleblowing“ schaffen, also der Aufdeckung von Rechtsverstößen und anderen Missständen durch Organisationsinsider. Der Entwurf weist jedoch gerade in vielen besonders Whistleblowing-relevanten Bereichen erhebliche Lücken auf. Continue reading >>
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07 January 2021
Alles unter Verschluss
Das Bundesjustizministerium hat am 12. Dezember 2020 seinen Referentenentwurf zur Umsetzung der europäischen Whistleblowing-Richtlinie (2019/1937) (WBRL) an die Presse weitergereicht. Hinweise von Whistleblowern bezüglich Verschlusssachen sollen pauschal vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen bleiben. In der Praxis würde die Effektivität des Schutzes von Hinweisgebern in staatlichen Behörden hierdurch massiv untergraben. Ein mutigerer Weg ist möglich: Die Einsetzung eines Bundestransparenzbeauftragten. Continue reading >>29 October 2020
Ungleicher Schutz für Whistleblower
Bis zum 17. Dezember 2021 hat Deutschland Zeit, die europäische Whistleblowing-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen. Diese Richtlinie könnte Whistleblowern endlich den rechtlichen Schutz bieten, der ihnen in Deutschland aktuell fehlt. Allerdings strebt das Bundeswirtschaftsministerium eine auf europarechtliche Sachverhalte beschränkte „1:1-Umsetzung“ an. In der Praxis würde das zu unionsrechtlich induzierten, verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen und damit den allgemeinen Gleichheitssatz verletzen. Ein bloßer Verweis auf die Kompetenzordnung zwischen der EU und dem deutschen Gesetzgeber ändert hieran nichts, denn nationale Souveränität vermittelt kein Recht auf legislative Willkür. Continue reading >>10 July 2020