26 Mai 2023
Verhältnismäßigkeit, Normenklarheit und § 129 StGB
Der Anwendungsbereich von § 129 StGB wirft mehr Fragen auf, als er klare Antworten gibt; dabei kreist die strafrechtliche Diskussion erkennbar um das „Ob“ und „Wie“ der Begrenzung eines zu weit geratenen oder jedenfalls als zu weit empfundenen Tatbestands. Daraus resultiert offenbar auch, dass die Frage, inwieweit die Unterbrechung von Routinen und täglichen Abläufen durch Aktionen der „Letzten Generation“ sich unter diese Norm subsumieren lässt, allgemein als offen angesehen wird. Schon diese Gegebenheiten legen jedoch nahe, dass es geboten ist, den gordischen Knoten strafrechtsdogmatischer Erwägungen mit dem scharfen Schwert des Verfassungsrechts zu durchschneiden: § 129 StGB ist in seiner derzeitigen Form verfassungswidrig! Continue reading >>
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03 März 2023
Bezirksämter ohne Legitimation
mit deutlichen Worten hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin Mitte November vergangenen Jahres die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen in Berlin vom 26. September 2021 für ungültig erklärt. Aufgrund der Wiederholungwahl, die daraufhin am 12. Februar 2023 stattfand, haben sich nicht nur die Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus, sondern auch in einigen Bezirksverordnetenversammlungen verschoben. Dass sich diese Stärkeverhältnisse durch die Wiederholungswahl verändert haben, wirft die Frage auf, ob die Wiederholungswahl auch Auswirkungen auf die Wahl der Mitglieder des Bezirksamtes hat. Offenbar führt es zu einem demokratietheoretischen „Störgefühl“, dass die Bezirksbürgermeister / innen (und die anderen Mitglieder des Bezirksamtes) gleichwohl für die verbleibende Dauer der Wahlperiode – ca. 3,5 Jahre – im Amt bleiben sollen. Continue reading >>
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14 Februar 2023
Handlungsbedarf im Gefahrenabwehrrecht
Mit einem Beschluss vom 9. Dezember 2022, bekannt geworden am 3. Februar 2023, hat das Bundesverfassungsgericht verschiedene Vorschriften des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes von Mecklenburg-Vorpommern für verfassungswidrig und nichtig bzw. (jedenfalls) unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Im Ausgangspunkt erfasst die Entscheidung allein Regelungen des Landesrechts eines einzelnen Bundeslandes. Jedoch ergeben sich Folgefragen und ‑probleme auch für andere (landes-) gesetzliche Regelungen, zumal schon die Vorgaben aus der vorangegangenen Entscheidung zum BKA-Gesetz aus dem Jahre 2016 bislang nicht überall und durchgängig umgesetzt worden sind. Continue reading >>
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30 Juni 2020
Haftung auf Umwegen
In einem fleischverarbeitenden Betrieb sowie dessen Umfeld in Rheda-Wiedenbrück stiegen die Infektionen mit COVID-19 vor kurzem explosionsartig an. Auch weil es in den Unternehmen womöglich zu Verstößen gegen Corona-Auflagen kam, kündigten mehrere Politiker an prüfen zu lassen, ob das Unternehmen herangezogen werden könne, um für die verursachten Kosten aufzukommen. Während sich die Haftung eines Unternehmens gegenüber Privaten durchaus begründen lässt, sieht es im öffentlichen Recht anders aus: Die eher unelastischen Vorschriften namentlich des Gefahrenabwehrrechts stoßen hier schnell an Grenzen, und es zeigt sich, dass das öffentliche Recht auf solche Konstellationen nicht vorbereitet ist. Continue reading >>
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