Für trans*Menschen geht es um alles
Rechte Kräfte in den USA, Polen und Ungarn führen in Echtzeit vor, was trans*Menschen auch in Deutschland drohen könnte, wenn die AfD an die Regierung käme. In Ungarn ist es inzwischen unmöglich, den rechtlichen Geschlechtseintrag oder vergeschlechtlichte Vornamen im Laufe des Lebens zu ändern, also irgendeine Veränderung der staatlich erfassten Informationen über das eigene Geschlecht zu bewirken. Im US-Bundesstaat Idaho wurde dieses Jahr ein Gesetz verabschiedet, das rechtlich definiert, dass es bei Menschen ausschließlich die beiden Geschlechter Männer und Frauen gäbe und dieses Geschlecht bereits vor oder bei der Geburt erkennbar sei. Dasselbe Gesetz enthält eine Legaldefinition von „weiblich“: Personen, deren Körper Eizellen produzieren, produziert haben oder produzieren werden – Frauen werden also wieder als Gebärmaschinen imaginiert, The Handmaid’s Tale lässt grüßen. Im US-amerikanischen Bundesstaat Alabama wurden Universitäten und Hochschulen verpflichtet, Toilettennutzung nur noch gemäß dem bei Geburt zugewiesenen Geschlecht zu gestatten. In Missouri sollten gar Lehrer*innen bestraft werden, wenn sie Schüler*innen Informationen über trans*Menschen und Transitionen geben. Dieser letzte Versuch blieb zum Glück vorerst erfolgslos.
Diesem Drehbuch will auch die AfD folgen, wenn sie an die Macht käme.
Biologistische Geschlechtervorstellungen und Leugnung der Existenz von trans*Personen
Die AfD vertritt in ihrem Europa-Wahlprogramm ähnlich wie in dem Gesetz aus Idaho, dass es ausschließlich zwei Geschlechter gäbe und dies eine biologische Tatsache sei. Bislang fordert die AfD in Deutschland (noch) nicht, dass trans*Menschen ihr rechtlich registriertes Geschlecht gar nicht mehr ändern dürfen. Die AfD-Bundestagsfraktion setzt sich stattdessen für ein Verfahren ein, bei dem ein dreiköpfiges Gremium entscheiden soll, ob eine Person ihren rechtlichen Geschlechtseintrag ändern darf. Nach dem jüngst verabschiedeten Selbstbestimmungsgesetz bedarf es für die Änderung des Geschlechtseintrags aber gerade keiner Dritten mehr, maßgeblich ist allein die Auskunft der Person selbst.
Eine AfD-Mehrheit im Bundestag könnte dieses einfache Gesetz zu Grabe tragen. Mindestens wäre damit zu rechnen, dass die AfD die Voraussetzungen für eine Personenstands- und Namensänderung verschärfen würde und die Gesetzeslage möglicherweise noch hinter den Stand des vielfältig für verfassungswidrig erklärten Transsexuellengesetzes aus dem Jahr 1980 zurückfiele. So könnte die AfD den Vorbildern anderer rechtsautoritärer Regierungen nacheifern und die Möglichkeit, das rechtlich registrierte Geschlecht zu ändern, vollständig abschaffen.
Das wäre unzweifelhaft verfassungswidrig, war es doch gerade das Bundesverfassungsgericht, das 1978 die Korrekturmöglichkeit als verfassungsrechtlich geboten einforderte. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht (EGMR) sieht eine solche Korrekturmöglichkeit spätestens seit 2002 als menschenrechtlich geboten an (Christine Goodwin). Zudem wäre die Abschaffung der Korrekturmöglichkeit unionsrechtswidrig, allein durch die Akzessorietät des Unionsrechts zur EMRK (Art. 6 Abs. 3 EUV, Art. 52 Abs. 3 GRCh) und möglicherweise wegen eines Verstoßes gegen die Freizügigkeit (Art. 21 AEUV; dazu jüngst Audrey M. Plan). Der EuGH erkennt zudem bereits seit 1996 an, dass das Verbot der Geschlechtsdiskriminierung auch ein Verbot der Diskriminierung wegen Transidentität umfasst, und zwar unabhängig vom rechtlichen Geschlechtseintrag (P gegen S und Cornwall County Council). Zu bedenken ist freilich, dass das Unionsrecht nominell auch in Ungarn gilt – dennoch ist die Situation für trans*Menschen dort inzwischen nahezu unerträglich geworden (Amnesty International 2020; Human Rights Watch 2023; ILGA Europa 2023; Trans Rights Map 2024).
Wenn die AfD schreibt, dass es nur zwei Geschlechter gäbe und dies als biologische Tatsache präsentiert, stellt sie eine kontrafaktische Natürlichkeitsbehauptung auf, die die Wandelbarkeit des Geschlechts im Laufe des Lebens negiert. In diesem Weltbild erscheinen trans*Menschen und inter*Menschen als Abweichung von der „Normalität“ (vgl. etwa die tendenziöse Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion BT-Drs. 20/12187). Mit ihren Aussagen über Geschlecht stellt sich die AfD nicht nur in bewussten Widerspruch zum Geschlechterverständnis des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung zur „Dritten Option“ von 2017und in der Jahrzehnte zurückreichenden, 1978 beginnenden Rechtsprechungslinie zu Rechten von trans*Personen. Das binäre und biologistische Geschlechterbild der AfD ist eng mit ihrem Volksbegriff verknüpft: Die heterosexuelle Familie mit Kindern erscheint als Herzstück der „Volksgemeinschaft“, in unheilvoller Tradition nationalsozialistischer, rassistischer Vorstellungen (ausf. Wildt, Volk, Volksgemeinschschaft, AfD, 2017, S. 113 ff.).
In vielfältigen Formen schießt die AfD gegen das, was sie abfällig als „Gender-Ideologie“ bezeichnet, und versucht, Geschlechterforschung zu unterdrücken (AfD-Bürgerschaftsfraktion Hamburg 2024; AfD-Bundestagsfraktion 2020). Es ist freilich diese Forschung, die – naturwissenschaftlich belegt – die biologistische Natürlichkeitsbehauptung der AfD widerlegt (etwa SFB 1665 Sexdiversity mit 17 Teilprojekten, u.a. aus Genetik, Endokrinologie, Pharmakologie).
Rechtliche Transition als Bedingung gesellschaftlicher Teilhabe
Könnten trans*Personen das ihnen bei Geburt fremd zugewiesene, staatlich registrierte Geschlecht und vergeschlechtlichte Vornamen nicht ändern, so hätte dies erhebliche Konsequenzen: Sie wären vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. Stimmen rechtliches und wahrgenommenes Geschlecht nicht überein, können sich trans*Menschen nur noch mit Ausweisdokumenten ausweisen, die andere unter Umständen als vollkommen unpassend und daher als falsch wahrnehmen. Menschen, die eine medizinische Transition durchlaufen haben, sind phänotypisch vielfach überhaupt nicht mehr dem ihnen bei Geburt zugewiesenen Geschlecht zuzuordnen: Ein trans*Mann ohne sichtbare Brüste, dafür aber mit Bart, erscheint Dritten einfach als Mann. Kann er weder seinen Vornamen noch seinen Geschlechtseintrag anpassen, sehen Dritte einen Mann, der versucht, sich mit den Dokumenten einer Frau auszuweisen. Kaum eine*r wird ihm glauben, dass er seinen eigenen Ausweis zeigt. Alltagsgeschäfte werden dann unmöglich: ein Paket im Paketshop abzuholen, in einen Club zu kommen, Alkohol oder Zigaretten zu kaufen, ein Online-Ticket bei der Bahn zu kaufen und zu nutzen. Auch besonders wichtige Rechtshandlungen werden so erschwert: ein Bankkonto zu eröffnen, ein Studium aufzunehmen, einen Mietvertrag abzuschließen. Im schlimmsten Fall drohen Arbeitslosigkeit, Wohnungslosigkeit und Armut. Besteht der trans*Mann darauf, dass er sehr wohl seinen eigenen Ausweis zeigt, outen ihn der rechtliche Geschlechtseintrag und der vergeschlechtlichte Vorname als trans*Mann. In jeder dieser Situationen ist er der Gefahr ausgesetzt, trans-feindlich diskriminiert oder gar physisch angegriffen zu werden (2023: Anstieg von Hasskriminalität wegen geschlechtsbezogener Diversität um 105 %, Fallzahlen des BKA: Politisch Motivierte Kriminalität 2023, S. 11).
Lebensgefährliche Verbote medizinischer Versorgung
In ihrem Europawahl-Programm will die AfD geschlechtsaffirmative Operationen zunächst für Jugendliche verbieten und Hormonbehandlungen massiv einschränken. Im Thüringischen Landtag arbeitet die AfD bereits an der Umsetzung dieser Pläne: Sie will die Landesregierung bewegen, sich für solche Verbote auf Bundesebene einzusetzen. Würden medizinische Transitionen umfassend verboten, gäbe es offiziell kein Auseinanderfallen von Körpern und staatlich registriertem Geschlecht (jedoch weiterhin zwischen Identität und staatlich registriertem Geschlecht). Die Einschränkung der medizinischen Versorgung von trans*Kindern und Jugendlichen als Bundesthema verfolgt die AfD auch auf Landesebene. Mit diesen Verbotsplänen eifert die AfD internationalen Vorbildern nach: Als erster US-Bundesstaat verbot Arkansas 2021geschlechtsaffirmative medizinische Versorgung für trans*Jugendliche. Zwei Jahre später erklärte ein Bundesgericht das Gesetz in Arkansas für verfassungswidrig.
Medizinische Transitionsleistungen wie Hormonbehandlungen und Operationen zu verbieten, gefährdet die Leben von trans*Menschen. Das Suizidrisiko ist bei ihnen höher als bei der cisgeschlechtlichen Bevölkerung. Geschlechtsaffirmierende medizinische Behandlungen können dieses Risiko senken. Geschlechtsaffirmierende Hormontherapien führen zu mehr Zufriedenheit und besserer psychischer Gesundheit bei trans*Jugendlichen, Depressionen und Angstzustände nehmen ab. Wird trans*Kindern und trans*Jugendlichen eine medizinische Transition verwehrt, entwickelt sich ihre psychische Gesundheit hingegen negativ. Medizinische Expert*innen sprechen sich (im Gegensatz zum AfD-Wahlprogramm) daher dafür aus, auch bei antizipiertem Leidensdruck behandeln zu dürfen. Ein Verbot von geschlechtsanpassenden medizinischen Behandlungen von Kindern und Jugendlichen nimmt Suizide billigend in Kauf. Daran wird deutlich, dass es der AfD nicht um die Gesundheit und das Überleben von Kindern und Jugendlichen geht.
Vor dem Verbot geschlechtsaffirmativer Operationen käme es in Deutschland wohl zu einer Verschlechterung der aktuellen Versorgungssituation. Hier bietet sich ein Einfallstor für die transfeindliche Politik der AfD, weil der Zugang zu medizinischen Transitionsleistungen bereits jetzt unzureichend ist. Medizinische Transitionsleistungen für nicht-binäre trans*Personen werden derzeit nicht von den Krankenkassen bezahlt. Angesichts ihrer offenen Einschränkungspläne für die medizinische Versorgung von trans*Kindern und Jugendlich, würde die AfD einen solchen Zugang auch für nicht-binäre Erwachsene wohl kaum einführen. Im zweigeschlechtlichen Weltbild der AfD existieren nicht-binäre Menschen gar nicht. Wahrscheinlicher ist, dass die AfD die Kostenübernahme auch für binäre trans*Personen streichen würde. Ein solcher Schritt würde die Behandlung nicht gänzlich verbieten, aber zu einer Diskriminierung aufgrund des sozio-ökonomischen Status führen: Werden medizinische Transitionsleistungen nicht mehr von der Solidargemeinschaft getragen, können reiche trans*Menschen diese Behandlungen privat bezahlen. Arme trans*Personen hingegen verlieren ihren Zugang zu Transitionsleistungen oder müssen auf eine riskante Versorgung mit Hormonen über den Schwarzmarkt zurückgreifen. Auch das Sterberisiko würde sich dann ungleich verteilen. Denn wie oben ausgeführt: Medizinische Transitionen können Leben retten.
Trans*Kinder und Jugendliche auch auf Landesebene im Fokus
Die Angriffe der AfD auf trans*Kinder und Jugendliche beschränken sich keineswegs auf die Bundesebene. Im Falle einer Regierungsbeteiligung der AfD in Thüringen könnte die Partei die Rechte von jungen trans*Menschen insbesondere im Kontext Schule beschneiden, also in einem Bereich, dem sich trans*Kinder und Jugendliche nicht entziehen können, soweit Schulpflicht besteht.
So könnte die AfD die Teilnahme am Sportunterricht für trans*Kinder und Jugendliche erschweren. Bei einer AfD-Regierungsbeteiligung würden trans*Kinder und Jugendliche künftig Gefahr laufen, nicht nur im Sportunterricht geoutet und regelmäßig misgendert zu werden, sondern nicht einmal mehr sicher auf Toilette gehen zu können – bei einem langen Schultag eine körperliche Qual. Werden trans*Kinder und Jugendliche gezwungen, eine Toilette zu benutzen, die zwar ihrem bei Geburt zugewiesenem Geschlecht entspricht, aber nicht ihrem Geschlechtsauftreten übereinstimmt, müssen sie mit Irritation rechnen, die in offene Aggression umschlagen kann. Ohnehin können Schultoiletten für ausgrenzte Kinder und Jugendliche zu gefährlichen, weil sekludierten Orten ohne Überwachung durch Schulpersonal werden. Wie gefährlich Situationen auf Schultoiletten für trans*Jugendliche sein können, hat jüngst der tragische Tod der jungen nicht-binären Person Nex Benedict in Oklahoma gezeigt.
Auch sprachlich möchte die AfD trans*Kinder und Jugendliche in Thüringer Schulen unsichtbar machen. Gendergerechte Sprache möchte sie weder in Lehrmaterialien noch in der geschriebenen oder gesprochenen Sprache im Unterricht verwendet wissen.
Solch ein hasserfüllter Kampf gegen queeres Leben wird nicht am Schultor Halt machen. Auf Bundesebene hat die AfD bereits beantragt, LSBTIQ-Projekten, die sich an Kinder und Jugendliche richten, die Finanzierung zu entziehen. Die Thüringische Landtagsfraktion forderte das Einstellen staatlicher Förderung für queere Projekte schon 2022. Trans*Kindern und Jugendlichen sollen sowohl in der Schule als auch außerhalb alle geschützten Räume weggenommen werden, in denen sie sich sicher zu Erwachsenen entwickeln können.
Trans*Menschen schützen, nicht Transfeindlichkeit
Den angeblichen Schutz von Kindern und Jugendlichen führt die AfD an, um geschlechtliche Selbstbestimmung zu verhindern (so der AfD-Abgeordnete Martin Reichardt in der Parlamentsdebatte zum Selbstbestimmungsgesetz). Auch der Schutz von Frauen wird argumentativ in Stellung gebracht: Cis-Frauen sollen vor cis-Männern geschützt werden, während sonst feministische Politik nicht gerade zum Markenkern der AfD gehört. Die angeblich feministische Argumentation ist verdreht und transfeindlich: Cis-Männer könnten sich als trans*Frauen ausgeben (!), um Zugang zu Frauenräumen zu erhalten – als müsste sich ein Mann in Deutschland als trans*Frau ausgeben, um Gewalt gegen Frauen auszuüben. Außerdem verbreitet die AfD ohne jeden Nachweis die Behauptung, gerade von trans*Frauen gingen Gefahren für cis-Frauen aus. Wie ausgeführt sind es gerade trans*Frauen (und trans*Männer), die einer eklatanten Gefahr gewalttätiger Übergriffe ausgesetzt sind. Die AfD macht die Opfer zu angeblichen Täter*innen. Was die AfD eigentlich umtreibt, ist nicht der Schutz von Frauen, sondern ihre Furcht, ihre allzu klaren Vorstellungen von Weiblichkeit (und Männlichkeit) über Bord werfen zu müssen.
Wenn im Rahmen dieser Debatte eine trans*Frau ihren Zugang zu einem Frauen-Fitness-Studio (oder die sagenumwobene Frauensauna) gerichtlich durchsetzen will, weil ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Raum steht, ist zu fragen: Für wen besteht eigentlich eine Gefahr? Reichen Vorurteile oder Fehlinformationen aus, um trans*Personen an der Nutzung von Einrichtungen zu hindern?
Das Bundesverfassungsgericht urteilt schon seit Anfang der 1990er Jahre, dass Geschlechterstereotype und traditionelle Geschlechterrollen den Staat nicht leiten dürfen, weder bei der Auslegung von Gesetzen noch bei – vermeintlichen – Fördermaßnahmen zugunsten von Frauen (Nachtarbeit; Feuerwehrabgabe). Das Karlsruher Gericht hat darüber hinaus betont, dass Geschlechtergruppen in sich divers sind und das Grundgesetz die Einzelnen gerade davor schützt, so sein zu müssen wie die Mehrheit der Gruppe, der sie angehören. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund kann auch die Gruppe der Frauen nicht als homogen konzipiert werden. Manche Frauen sind eben trans. Die Zugehörigkeit von trans*Frauen zur rechtlichen Gruppe der Frauen hat auch der EuGH wiederholt klargestellt (K.B. gegen National Health Service Pensions Agency; Richards gegen Secretary of Work and Pensions).
Hier zeigt sich: Der Schutz von trans*Frauen ist eng verknüpft mit dem Schutz von cis-Frauen. Wird die Gruppe „der“ Frauen anhand von Stereotypen bestimmt, schadet das am Ende auch cis-Frauen. Cis-Frauen haben jahrzehntelang dafür gekämpft, gerade nicht mehr auf ihre körperlichen Eigenschaften reduziert zu werden, insbesondere ihre Gebärfähigkeit. Genau das passiert aber, wenn trans*Frauen wegen ihrer fehlenden Gebärfähigkeit nicht als „echte“ Frauen anerkannt werden.
Trans*Frauen sind nicht besonders gefährlich, sondern besonders gefährdet. Sie erleben Sexismus und Misogynie, eine Lebenserfahrung, die sie mit cis-Frauen teilen. Sie erleben außerdem Transfeindlichkeit. Zu oft bezahlen sie für ihre Existenz mit ihrem Leben, insbesondere wenn sie zusätzlich von Rassismus betroffen sind.
Beim Zugang zu Waren und Dienstleistungen würde es gegen transfeindliche Angriffe und Rhetoriken der AfD auf Landes- und Bundesebene helfen, das AGG ernstzunehmen und entschieden zu stärken. Gerichte können eine wichtige Rolle im Kampf gegen transfeindliche Diskriminierungen spielen.
Transnationale Solidarität
Die Transfeindlichkeit der AfD ist eingebettet in globale transfeindliche Strategien. Der Schutz der Leben von trans*Menschen sollte dieser Erkenntnis Rechnung tragen. Und so kann unser Beitrag nicht bei den Politiken der AfD in Deutschland stehenbleiben, sondern muss den Blick auch auf die menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands richten.
Solange nämlich Deutschland bessere Möglichkeiten zum Überleben für trans*Menschen gewährt als Länder, in denen die ideologischen Partner der AfD bereits an Regierungen beteiligt sind, müssen trans*Personen, die aus diesen Ländern fliehen, in Deutschland Schutz erhalten können. Das bedeutet, Verfolgung aufgrund von Transfeindlichkeit konsequent als Asylgrund anzuerkennen. Länder, in denen trans*Menschen aufgrund ihres Transseins mit gesellschaftlicher oder strafrechtlicher Verfolgung rechnen müssen, dürfen weder als sichere Herkunftsstaaten nach § 29a Abs. 2 AsylG noch als sichere Drittstaaten im Sinne des § 26a Abs. 2 AsylG anerkannt werden.
Schon während des Asylverfahrens müssen trans*Geflüchtete über die Bestimmungen des § 1 Abs. 3 SBGG hinaus das Recht erhalten, in ihrer geschlechtlichen Identität korrekt angesprochen zu werden, selbst wenn die Dokumente aus ihren Herkunftsstaaten diese geschlechtliche Identität nicht ausweisen. Auch Gerichte sollten sich bemühen, Kläger*innen entsprechend ihrer tatsächlichen, nicht ihrer rechtlichen Geschlechtsidentität anzusprechen und in den Entscheidungen entsprechend zu benennen. Bereits vor einer rechtlichen Personenstandsänderung können Personen, ohne Rechtssicherheit einzubüßen, in gerichtlichen Entscheidungen so benannt werden, dass ihre geschlechtliche Selbstbestimmung gewahrt wird (s. z. B. eine Entscheidung des OLG Frankfurt). Um schließlich das Überleben von trans*Geflüchteten zu sichern, muss ihre trans*spezifische Gesundheitsversorgung bereits während des Asylverfahrens sichergestellt sein.
Die AfD ist gefährlich für trans*Menschen. Aber sie erinnert uns gerade deswegen an die Menschlichkeit von trans*Personen. Überall auf der Welt.
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – SFB 1665 – 15637292.