Grenzenlose Freiheit – staatlich gefördert? Zum Verbot der Sonderung der Schülerinnen und Schüler an privaten Ersatzschulen
Grundgesetzlich garantierte Freiheitsrechte begründen in der Regel keine Leistungsansprüche gegen den Staat. Mit Recht ist das Bundesverfassungsgericht bei der Herleitung verfassungsunmittelbarer Förderansprüche – anders als bei den sozialen Teilhaberechten – zurückhaltend. Wenn solche bejaht werden, geschieht dies aufgrund der elementaren Bedeutung für die individuellen und sozialen Bedingungen des Freiheitsgebrauchs, und fast immer in enger Verknüpfung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG.
Das Recht zur Errichtung von Privatschulen in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG ist zweifellos ein Freiheitsrecht. In engem Zusammenhang stehend mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG), dem Recht der Eltern zur Pflege und Erziehung der Kinder (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG) sowie der Religions- und Weltanschauungsfreiheit (Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) schützt es die Gründung und den Betrieb von Privatschulen und spricht sich damit gegen ein staatliches Schulmonopol aus. Geschützt ist in den durch die Verfassung vorgegebenen Grenzen die Verfolgung eigener Bildungs- und Erziehungsziele und eine hieran orientierte eigenverantwortliche Prägung und Gestaltung der Unterrichtsinhalte und -methoden.
Einen Anspruch auf staatliche Finanzierung begründet das Grundrecht der Privatschulfreiheit im Einklang mit dem internationalen Recht zunächst einmal nicht; ein solcher Förderanspruch wurde bewusst nicht in den Art. 7 Abs. 4 GG aufgenommen. Ebenso wenig wie derjenige, der eine private Rundfunkanstalt oder ein Filmunternehmen gründet, aus Art. 5 Abs. 1 GG einen Anspruch auf staatliche Unterstützung ableiten kann, können auch private Schulträger mit Blick auf ihre grundrechtlich garantierte Freiheit keine staatliche Unterstützung einfordern. Entsprechend haben Ergänzungsschulen in privater Trägerschaft nach allgemeiner Ansicht keinen Förderanspruch gegen den Staat.
Anders ist dies zu Recht bei Ersatzschulen, d.h. Schulen, die ihrer Funktion nach an die Stelle öffentlicher Schulen treten und an denen daher die Schulpflicht erfüllt werden kann. Diese unterliegen nach Art. 7 Abs. 4 Satz 2 bis 4 und Abs. 5 GG einem besonderen Rechtsregime. Sie bedürfen der staatlichen Genehmigung, die nur erteilt werden darf, wenn die im Grundgesetz abschließend aufgeführten Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Diese beinhalten Anforderungen an die Gleichwertigkeit der Bildungsziele, die Qualifikation sowie rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Lehrkräfte sowie die allgemeine Zugänglichkeit unabhängig von den Besitzverhältnissen der Eltern (Sonderungsverbot).
Sozialstaatlicher Gehalt der Genehmigungsvoraussetzungen als Förderungsgrund
In den Genehmigungsvoraussetzungen spiegelt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der „sozialstaatliche Gehalt“ des Art. 7 Abs. 4 GG wider – und genau dieser „sozialstaatliche Gehalt“ ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts der eigentliche Grund für den Anspruch auf staatliche Förderung. Wie es in seiner grundlegenden Entscheidung zur Privatschulfinanzierung ausgeführt hat, liegt die Rechtfertigung des Förderanspruchs „nicht vorrangig in einer Art Aufwendungsersatz für die Wahrnehmung staatlicher (hoheitlicher) Aufgaben durch Private, sondern in der Förderung eigenverantwortlicher Miterfüllung der … allgemeinen (öffentlichen) Bildungsaufgaben“ (BVerfGE 75, 40 (66)). Dabei kommt dem sogenannten Sonderungsverbot in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG eine maßgebliche Bedeutung zu. Denn dafür, dass die Privatschulen allen Kindern und Jugendlichen unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ihrer Eltern gleichermaßen offen stehen müssen, erhalten diese vom Staat Fördergelder, um die Erfüllung ihrer Aufgaben bei der Miterfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages auch diesen Kindern und Jugendlichen gegenüber zu ermöglichen.
Je nach Bundesland liegt die staatliche Förderung der privaten Ersatzschulen – bei Anwendung unterschiedlicher Berechnungsmodelle – in Deutschland zwischen 60 bis 90 % der Vollkosten einer öffentlichen Schule je Schülerin bzw. Schüler.1) Im Vergleich mit der staatlichen Förderung von Privatschulen in anderen Staaten ist dieser Staatsanteil relativ hoch, insbesondere wenn man bedenkt, dass Ersatzschulen, abgesehen von den Genehmigungsvoraussetzungen des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG, gegenüber öffentlichen Schulen auch erhebliche Frei(heits)räume, insbesondere bei der Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler, der Verwirklichung eigener pädagogischer Konzepte sowie bei der Auswahl des Lehrpersonals, genießen. Diese Freiheit beruht, wie das Verfassungsgericht formuliert hat, auf „privatem Engagement“ im Bildungsbereich und muss daher von den Schulträgern auch durch eigene Leistungen (mit-)finanziert werden. Wo andere Staaten private Schulen noch stärker fördern, bis hin zu einer Vollfinanzierung wie etwa in den Niederlanden, tendiert deren curriculare und organisatorische Freiheit hingegen gegen Null.
Mangelnde Regulierung setzt Spirale sozialer Sonderung in Gang
Nimmt man die erforderliche Regulierung und Kontrolle der Einhaltung der Genehmigungsvoraussetzungen durch private Ersatzschulen genauer in den Blick, zeigen sich in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland teilweise erhebliche Defizite, welche Anlass zur Besorgnis geben. Nicht wenige Ersatzschulen erheben trotz des Sonderungsverbots Elternbeiträge, die sich viele Familien nicht leisten können (Wrase/Jung/Helbig, Defizite der Regulierung und Aufsicht von privaten Ersatzschulen in Bezug auf das Sonderungsverbot nach Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG). Da die Schulen die eingenommenen Elternbeiträge in den meisten Bundesländern nahezu unbegrenzt auf den staatlichen Förderanspruch aufschlagen können, setzt sich eine Spirale sozialer Sonderung in Gang: Wer hohe Elternbeiträge erhebt, kann seine Schule besser ausstatten und damit ein attraktives Bildungsangebot machen, das sich wiederum spezifisch an Besserverdienende richtet. Gerade in sozialen Ballungsräumen kommt es zu der sozialen Sonderung, die das Grundgesetz gerade verhindern wollte.2) Die Intention des verfassungsrechtlichen Förderanspruchs wird in ihr Gegenteil verkehrt.
Möglicherweise wegweisende Regelung in Baden-Württemberg
Ausdrücklich um die beschriebene „Fehlentwicklung“ zu korrigieren (so die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann), hat die von den Grünen und der CDU getragene baden-württembergische Landesregierung unter Federführung der Kultusministerin Eisenmann (CDU) jetzt einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der klare Vorgaben zur Erfüllung des Sonderungsverbots enthält und entsprechende staatliche Aufsichtsbefugnisse vorsieht (ein guter Überblick findet sich in der Pressemitteilung des Ministeriums). Mit etwas Optimismus kann man – trotz einiger problematischer Punkte wie der fehlenden Geschwistermäßigung, die vor allem für kinderreiche Familien wichtig ist – von einem Paradigmenwechsel sprechen: So ist in dem Gesetzesentwurf als Regel eine Begrenzung des durchschnittlichen Schulgeldes auf 160 EUR pro Monat vorgesehen, d.h. die durchschnittlichen Einnahmen aus nicht freiwilligen Elternbeiträgen (rechnerisch umgelegt auf alle Schüler_innen) sollen 160 EUR pro Schüler nicht überschreiten. Das schließt eine soziale Staffelung der Schulgelder nicht aus, sondern setzt sie voraus. Nach dem Gesetzentwurf haben alle Eltern das Recht, eine Bemessung des Schulgeldes anhand ihres Haushaltsnettoeinkommens zu verlangen, wobei der angebotene Prozentsatz fünf Prozentpunkte nicht übersteigen darf. Die Schule ist verpflichtet, dies den Eltern nachweislich anzubieten, ebenso wie sie die Eltern in einem Beratungsgespräch auf alle von der Schule angebotenen Möglichkeiten zur Vermeidung einer finanziellen Überforderung hinzuweisen hat (siehe Art. 2 Nr. 1 des Gesetzesentwurfs zur Änderung des baden-württembergischen Privatschulgesetzes).
Trotz dieser Begrenzungen in Bezug auf das Schulgeld ist eine auskömmliche Finanzierung aller Schulen in freier Trägerschaft sichergestellt: diese können allein durch das Schulgeld von durchschnittlich bis zu 160 EUR pro Schüler eine Finanzierung von bis zu 110 % der Vollkosten einer vergleichbaren öffentlichen Schule erwirtschaften. Entscheiden sie sich für den Verzicht auf Schulgeld, erhalten sie einen staatlichen Ausgleich, der bis zu 90 % der Vollkosten reichen kann. Die Kosten für die Gesamtförderung der privaten Schulen in Baden-Württemberg liegen damit bei fast einer Milliarde Euro.
Kritik am verfassungsrechtlich geforderten Gesetzesentwurf
Ein großer Schritt, möglicherweise. Just in dem Moment aber, wo die Landesregierung ihren Regierungsentwurf in den Landtag einbringt, legt die FDP-nahe Friedrich-Naumann-Stiftung ein Rechtsgutachten der Verfassungsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf vor, dessen rigorose Ablehnung staatlicher Vorgaben zum Sonderungsverbot staunen lässt. In dem Gutachten wird sowohl die Festlegung eines durchschnittlichen Höchstschulgeldes – vom Verfassungsgerichtshof relativ deutlich gefordert – als auch die vorgesehene Einkommensstaffelung kurzerhand für „verfassungswidrig“ erklärt. Betont wird in dem Gutachten hingegen der Anspruch von Schulen in freier Trägerschaft auf staatliche Finanzierung. Überspitzt zusammengefasst lässt sich das Gutachten auf den Punkt bringen: größtmögliche Förderung bei geringstmöglicher staatlicher Regulierung.
Überzeugen die verfassungsrechtlichen Einwendungen im Gutachten? Bereits in ihrer dogmatischen Fundierung basieren sie auf einem Verständnis des Fördereranspruchs, der von der Konzeption des Bundesverfassungsgerichts fundamental abrückt. So hat Frauke Brosius-Gersdorf bereits in früheren Veröffentlichungen deutlich gemacht, dass sie den Förderanspruch – anders als die Rechtsprechung – nicht im „sozialstaatlichen Gehalt“ der Genehmigungsvoraussetzungen begründet sieht, sondern darin, dass private Ersatzschulen „dem Staat eigene finanzielle Aufwendungen für entsprechende öffentliche Schulen ersparen und auf diese Weise die öffentlichen Haushalte entlasten“.
Doch schon dieser Ansatz, der die Begründung des Förderanspruchs und damit auch seine tatbestandlichen Voraussetzungen von den Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG zu entkoppeln sucht, ist sowohl grundrechtstheoretisch als auch dogmatisch nicht haltbar. Denn um den „Haushalt“ tatsächlich zu entlasten, müssen die privaten Ersatzschulen auch in qualitativer Hinsicht bestimmte Mindestbedingungen erfüllen – und diese sind eben genau in den Genehmigungsvoraussetzungen verfassungsrechtlich verankert. Gewährleistet die Ersatzschule nicht die Gleichwertigkeit der Lehrziele, werden Lehrkräfte nicht angemessen entlohnt oder bleibt ihre Qualifikation fragwürdig bzw. steht die Schule nicht allen Schülerinnen und Schülern unabhängig von den finanziellen Verhältnissen ihres Elternhauses offen, gerät die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrag des Art. 7 Abs. 1 GG in Gefahr. Faktisch handelte es sich bei der Förderung dann um eine „Fehlinvestition“ und nicht um eine „Entlastung“.
Auch die im Gutachten gemachten Einwendungen gegen die konkreten Regelungen in Baden-Württemberg halten einer genaueren Analyse nicht stand. So greift Frauke Brosius-Gersdorf die Begrenzung des durchschnittlichen Schulgeldes auf einen Höchstbetrag an, weil eine solche Grenze „zur Wahrung des Sonderungsverbots … ungeeignet“ sei. Dabei wird aber übersehen, dass gerade die in der Rechtsprechung mit Blick auf den Förderanspruch entwickelte Durchschnittsgrenze durchaus ein zentrales und effektives Mittel ist, um einer sozialen Sonderung entgegenzuwirken. Denn durch eben diese Begrenzung wird der ökonomische Mechanismus außer Kraft gesetzt, wonach sich Schulen vor allem an Kinder Besserverdienender wenden, um damit (noch) höhere Einnahmen zu erzielen. Das somit zulässige Schulgeld kann auch durch eine heterogene Schülerschaft erzielt werden, wodurch der ökonomische Fehlanreiz durch das Prinzip: „je höher die Elternbeiträgen, desto höher die Gesamteinnahmen des Trägers“ im System entfällt. Die Behauptung, dass auf der anderen Seite Schülerinnen und Schüler trotz „Eignung, Leistung und Befähigung“ abgelehnt werden müssten, weil ihre Eltern zu viel verdienten, ist gleichermaßen wenig überzeugend. Bei einer Überschreitung der Durchschnittsgrenze sieht die baden-württembergische Regelung sogar ausdrücklich vor, dass die Vermutung einer einkommensabhängigen Sonderung durch den Schulträger im Einzelfall widerlegt werden kann. Für zukünftige Schuljahre kann problemlos eine entsprechende Anpassung der Schulgeldstaffelung vorgenommen werden.
Kaum verständlich sind auch die Einwendungen gegen die einkommensabhängige Festsetzung des Schulgeldes in Höhe von maximal fünf Prozentpunkten des Haushaltsnettoeinkommens. Denn den Eltern muss diese nur nachweislich „angeboten“ werden, sie können sie also auch ablehnen; eine verpflichtende Offenlegung ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse, wie im Gutachten behauptet, ist damit gerade nicht verbunden.
Homogene Milieus an deutschen Privatschulen
Nach Studium des 125-seitigen Gutachtens resümiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung: Aus dem Gutachten von Frauke Brosius-Gersdorfs gehe „nicht schlüssig“ hervor, wie eine Schülerauswahl aus „monetären Gründen oder wegen der hohen gesellschaftlichen Stellung der Eltern praktisch vermieden werden“ und dieses Verbot „überprüfbar sein“ solle.3) Anscheinend lag das jedoch auch nicht im Fokus des Gutachtens, das sich zu empirischen Studien zur Zusammensetzung der Schülerschaft an deutschen Privatschulen ausschweigt. Und dies aus guten Gründen. Denn ungeachtet der zum Teil noch erheblichen Forschungsdesiderata in diesem Bereich und der Vorsicht, die gegenüber pauschalen Urteilen angesichts der Heterogenität und Pluralität der Privatschullandschaft und der sehr unterschiedlichen Privatschulträger angebracht ist, kann man jedenfalls feststellen, dass der seit Jahren zu beobachtende Boom der Privatschulen an sozioökonomisch schwachen Familien vorbeigeht. Umgekehrt bedeutet dies, dass es gerade Kinder aus Familien mit einem sozioökonomisch höheren Status sind, die das staatliche Schulwesen zugunsten von Privatschulen verlassen. Das gilt schulartübergreifend vor allem für städtische Regionen, in denen ein relativ dichtes Netz an Schulen mit verschiedenen Bildungsangeboten besteht. Nimmt man den Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund oder aus Arbeiterhaushalten an deutschen Privatschulen in den Blick, wird deutlich, dass viele private Schulen durch die von ihnen praktizierte Zugangsselektion ein vergleichsweise homogenes Milieu rekurrieren und sich der integrativen Funktion, die Schulen erfüllen sollen, weitgehend entziehen. Signifikant zugenommen hat in den vergangenen Jahren daher nicht nur die Anzahl der Privatschulen und der Schülerinnen und Schüler, die eine Privatschule besuchen, sondern auch die selektionsbedingte soziale und ethnische Segregation, und zwar in einem Maße, dass der Bildungsökonom Manfred Weiß vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung diesbezüglich von „fast schon als konstitutiv zu bezeichnende[n] Begleiterscheinungen eines parallel zum staatlichen Schulsystem existierenden Privatschulwesens“ spricht.4)
Dass das staatliche Schulwesen alles andere als frei ist von strukturellen Benachteiligungen entlang sozioökonomischer und ethnischer Kriterien und ebenfalls seinem Integrationsauftrag offensichtlich nur eingeschränkt nachkommt, ist nur ein schwaches Gegenargument. Es will schon nicht recht überzeugen, sich für die von den Privatschulen selbst mitverantworteten Segregationsleistungen unter Verweis auf das in dieser Hinsicht gleichermaßen kritikwürdige staatliche Schulsystem zu exkulpieren, sind Ersatzschulen als funktionale Äquivalente staatlicher Schulen doch nicht weniger auf die Integrationsaufgabe verpflichtet. Übersehen wird aber vor allem, dass Privatschulen infolge von Selektionsentscheidungen sowohl auf Seiten der Eltern als auch auf Seiten der Schulen einen verstärkenden Differenzierungseffekt erzeugen, der seinen gesellschaftlichen Hintergrund in wachsenden Milieuunterschieden findet. Aus der Sicht der Privatschulen ergibt die Auswahl der Schülerinnen und Schüler unter besonderer Berücksichtigung sozialer und ökonomischer Kriterien durchaus Sinn, bestimmt doch die Zusammensetzung der Eltern- und Schülerschaft nicht unwesentlich mit über die Generierung weiterer finanzieller und kultureller Ressourcen und das Image der Schule, was wiederum den Bedürfnissen einiger Eltern nach Milieunähe und Distinktion entgegenkommt.
Erfordernis staatlicher Regulierung und effektiver Kontrolle
Zur Verhinderung solcher Effekte, die in ihren individuellen und gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen verheerend sein können und die nicht zuletzt das Privatschulregime des Grundgesetzes im Allgemeinen und das dort verankerte Sonderungsverbot im Besonderen zu verhindern sucht, bedarf es einer klaren staatlichen Regulierung. Diese muss transparent und fair sein, den Ersatzschulträgern eine auskömmliche Finanzierung sichern und Umgehungen, etwa in Gestalt von Aufnahmebeiträgen, Zahlungen an Fördervereine, „freiwillige“ Spenden oder Aufwendungen für außerunterrichtliche Angebote, verhindern. Da die Genehmigungsvoraussetzungen nicht nur zum Zeitpunkt der Errichtung einer Privatschule gegeben, sondern im laufenden Betrieb fortwährend eingehalten werden müssen, bedarf es daneben aber auch einer wirksamen Kontrolle seitens der Schulaufsichtsbehörden, die bis dato in den Ländern scheinbar nur sehr halbherzig wahrgenommen worden ist.
In Bezug auf das Sonderungsverbot ist nicht zu bestreiten, dass seine effektive Durchsetzung zu einer – verfassungsrechtlich allerdings gerade gewollten und erlaubten – Einschränkung des Rechts der Privatschulträger auf Auswahl ihrer Schülerinnen und Schüler führt. Ebenso wie das Grundrecht der Privatschulfreiheit an sich, besteht dieses Recht jedoch von vornherein eben nur unter Berücksichtigung der in Art. 7 Abs. 4 Satz 3 und 4 GG normierten Genehmigungsvoraussetzungen. Von einem Eingriff in das von der Privatschulfreiheit geschützte Recht zur Auswahl der Schülerinnen und Schüler nach eigenen Kriterien könnte man höchstens dann sprechen, wenn den Privatschulen unter Verweis auf das Sonderungsverbot untersagt würde, ihre Schülerinnen und Schüler nach Eignung, Befähigung und fachlichen Leistungen auszuwählen. Aber zum einen wird man wohl nicht sagen wollen, dass Kinder und Jugendliche aus Familien, die das Schulgeld für den Besuch einer privaten Schule nicht aufbringen können, per se weniger geeignet und befähigt sind und sie die fachlichen Leistungen nicht gleichermaßen zu erbringen in der Lage sind. Zum anderen will nicht einleuchten, dass Kinder und Jugendliche, die zu der jeweiligen religiösen, weltanschaulichen oder pädagogischen Ausrichtung einer Schule passen, nur in bildungsnahen und sozioökonomisch besser gestellten Milieus zu finden sind.
References