22 December 2010

Markttransparenz ist nicht gefährlich

Das BVerfG hat heute eine weitere Folge in der Serie “Karlsruhe befreit die freien Berufe” gesendet: Diesmal sind es die Zahnärzte, denen das Verfassungsgericht die Freiheit bescheinigt, an virtuellen Marktplätzen im Internet teilzunehmen, ohne dabei von ihren Kartell– Berufsorganisationen mit Unterlassungsverfügungen und Bußgeldbescheiden behelligt zu werden.

Es geht dabei um ein Portal, wo registrierte User sich von Zahnärzten für ihre gewünschte Behandlung unverbindliche Angebote machen lassen können.

Ein Zahnarzt, der daran teilgenommen hatte, war daraufhin vom Berufsgericht getadelt worden: Sein Angebot sei nicht seriös gewesen und habe nur dem Zweck gedient, potenzielle Patienten in seine Praxis zu locken. Dies verstoße gegen die berufsrechtliche Pflicht, sich – das ist echt süß – “kollegial” zu verhalten.

Außerdem ist eine Menge vom Vertrauensverhältnis zwischen Zahnarzt und Patient die Rede, und wie fies das sei, da so ganz kalt und anonym eine Kostenschätzung abzugeben, wo man sich doch überhaupt noch nicht in die Augen geblickt hat.

Mit einem Wort: Da schlottert im Jahre 2010, wo doch nun wirklich jede Oma ihrem Enkel den Weihnachtsgoethe per Amazon zustellen lässt, eine gestandene Berufsorganisation vor diesem komischen gruseligen neuen Ding, das aus Amerika kommt und sich Intanet oder so ähnlich nennt. Nicht zu fassen.

Die fleißige 2. Kammer des Ersten Senats erinnert die Zahnarztorganisationen daran, dass eigentlich niemand etwas dagegen haben kann, wenn der Markt für Zahnarztleistungen transparenter gemacht wird – jedenfalls nicht aus ehrenwerten Gründen.

Foto: Christoph Gommel, Flickr Creative Commons


SUGGESTED CITATION  Steinbeis, Maximilian: Markttransparenz ist nicht gefährlich, VerfBlog, 2010/12/22, https://verfassungsblog.de/markttransparenz-ist-nicht-gefhrlich/, DOI: 10.17176/20181008-125526-0.

One Comment

  1. Muriel Wed 22 Dec 2010 at 11:55 - Reply

    Vielleicht nicht gefährlich, tut aber manchmal weh…
    Und wo kämen wir denn da hin, wenn so honorige Leute wie Ärzte oder Rechtsanwälte sich wie Unternehmer verhalten könnten/dürften/müssten.

Leave A Comment

WRITE A COMMENT

1. We welcome your comments but you do so as our guest. Please note that we will exercise our property rights to make sure that Verfassungsblog remains a safe and attractive place for everyone. Your comment will not appear immediately but will be moderated by us. Just as with posts, we make a choice. That means not all submitted comments will be published.

2. We expect comments to be matter-of-fact, on-topic and free of sarcasm, innuendo and ad personam arguments.

3. Racist, sexist and otherwise discriminatory comments will not be published.

4. Comments under pseudonym are allowed but a valid email address is obligatory. The use of more than one pseudonym is not allowed.




Explore posts related to this:
BVerfG, Berufsfreiheit, Berufsrecht, Bundesverfassungsgericht, Standesrecht, Zahnärzte


Other posts about this region:
Deutschland