23 November 2021

Privilegien, Diskriminierung oder was?

2G und die Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften

Wie sich die Debatten wandeln. Im Frühjahr 2021 wurde intensiv über „Privilegien für Geimpfte“ diskutiert, die von vielen – einschließlich der Politik – als ungerechtfertigte Bevorzugung abgelehnt wurden (Stichwort: Neiddebatte). Jetzt haben sich die Zeiten gedreht: Die Pandemiebekämpfung setzt auf flächendeckenden Einsatz von 2G, will also Ungeimpfte im Gegensatz zu Geimpften (und ihnen gleichgestellten Genesenen) von weiten Bereichen des öffentlichen Lebens ausschließen. Hintergrund dieses Gesinnungswandels ist die Verfügbarkeit von Impfstoffen, die im Frühjahr nicht allen zugänglich waren, jetzt aber vielerorts zum Ladenhüter werden. Es scheint bei der Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften also auch darum zu gehen, ob die Ungeimpften für ihr Ungeimpft-Sein verantwortlich sind. Ist dies für die Frage nach der Gleichbehandlung relevant? Dürfen Ungeimpfte und Geimpfte jetzt unterschiedlich behandelt werden?

Die Frage nach der Gleichbehandlung ist letztlich immer eine Frage der Gerechtigkeit – das wissen wir schon seit der Antike. Dies erklärt auch, weshalb die Emotionen bei diesem Thema so hochkochen: Gerechtigkeitsvorstellungen motivieren häufig soziale Bewegungen: Werden Verhältnisse als ungerecht empfunden, ist der Kampf dagegen gerechtfertigt, vielleicht sogar moralische Pflicht. Aber: Es herrschen häufig unterschiedliche Vorstellungen über Gerechtigkeit. Der hier gewählte Zugang ist aufs Juristische beschränkt: Es soll um eine verfassungsrechtliche Analyse gehen.

Freilich ist auch Verfassungsrecht nicht unumstritten. Juristische Ergebnisse beruhen auf der Auslegung von Texten, einem Unterfangen, welches nie objektiv ist. Rechtliche Aussagen können demnach nicht zeitlos sein. Die Konkretisierung normativer Aussagen erfolgt durch die jeweils sprechende Person, gefärbt durch deren persönlichen Hintergrund und methodischen Zugang. Gleichzeitig aber sind Jurist*innen bei der Auslegung von Texten nicht völlig frei: Sie sind an die normativen Setzungen der Verfassung bzw. des Gesetzgebers gebunden. Um diesen möglichst gerecht zu werden, erfordert juristisches Argumentieren zumindest eine Reflexion des eigenen Vorverständnisses.

In diesem Sinne: Ich selbst bin gegen Covid-19 geimpft und doch stehe ich Impfpflichten grundsätzlich skeptisch gegenüber. Die Vorstellung, Menschen dazu zu zwingen, körperliche Eingriffe vornehmen zu lassen, die sie selbst ablehnen, die ihnen Angst machen, von deren Nutzen sie nicht überzeugt sind, widerspricht meinen Vorstellungen eines freiheitlichen Staates. Grundrechte sollen Menschen davor schützen, solchen Leidensdruck erleben zu müssen. Aber vielleicht gilt das nicht immer.

Will man die Verfassungsmäßigkeit einer Ungleichbehandlung analysieren, sind drei Schritte gedanklich zu unterscheiden. Erstens muss die Ungleichbehandlung präzise bestimmt werden. Das ist leicht, wenn sie der Rechtsnorm unmittelbar anzusehen ist und in unserem Falle geradezu trivial: In allen Bereichen, in denen 2G gelten soll, geht es um die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften. Zweitens – und das ist schon nicht mehr trivial – muss der Maßstab herausgearbeitet werden, nach dem geprüft werden soll, ob eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist. Drittens schließlich ist zu prüfen, ob die Rechtfertigung gelingt.

Zum Maßstab der Gleichheitsprüfung

Verfassungsrechtlich ist der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG einschlägig. Dieser gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. In der überkommenen Formulierung muss „wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich“ behandelt werden. Was aber in einer konkreten Fallkonstellation als „wesentlich gleich“ anzusehen ist, kann häufig unterschiedlich beantwortet werden. Die entscheidende Frage ist daher, wie weit die Prüfungsbefugnis des Bundesverfassungsgerichts geht; wie streng überprüft es die Entscheidung des Gesetzgebers oder der Exekutive? Inzwischen gilt nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reicht er von einem bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Das Bundesverfassungsgericht nennt drei Kriterien (neben den sachbereichsspezifischen Ausprägungen, die hier nicht passen), die einen strengen Prüfungsmaßstab begründen könnten: die Verfügbarkeit durch das Individuum, die Annäherung an die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG sowie die Betroffenheit von Freiheitsrechten. Hinsichtlich der Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften weisen diese in verschiedene Richtungen.

Verfügbarkeit durch das Individuum

Das erste Kriterium, die (fehlende) Verfügbarkeit durch die Einzelnen, spricht für einen weitmaschigen Prüfungsmaßstab: Die meisten Ungeimpften haben diese Entscheidung selbstverantwortlich getroffen: Sie könnten sich impfen lassen, sie wollen aber nicht. Andererseits gibt es Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können oder für die eine Impfung nicht zugelassen ist. Für sie, aber auch nur für sie, wäre nach diesem Kriterium ein strenger Prüfungsmaßstab anzunehmen.

Annäherung an die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG

Auch das zweite Kriterium, die Annäherung an die Diskriminierungsverbote des Art. 3 Abs. 3 GG, spricht nicht für einen strengen Rechtfertigungsmaßstab: Die Kategorien des Art. 3 Abs. 3 GG betreffen strukturell diskriminierungsgefährdete Gruppen, wie etwa Zuschreibungen wegen Rasse, Geschlecht oder religiöser Überzeugung. Die „Vulnerabilität“ solcher Gruppen resultiert aus tief in die Gesellschaft eingeschriebenen, lange andauernden, auf traditionellen Vorstellungen aufbauenden Diskriminierungen. Dies passt auf Ungeimpfte nicht. Ungeimpfte entstammen sehr unterschiedlichen Milieus, bis zur Corona-Pandemie spielte die Unterscheidung nach dem Impfstatus gesellschaftlich praktisch keine Rolle.

Betroffenheit von Freiheitsrechten

Nun aber zum dritten Kriterium, der besonders starken Betroffenheit von Freiheitsrechten: Es gibt kaum einen gravierenderen Eingriff als den zwangsweisen Eingriff in den eigenen Körper. Zu Recht wird dieser nur unter äußerst strengen Voraussetzungen zugelassen. Diese freiheitsrechtliche Sicht hat Folgen für die Gleichheitsprüfung: Weil ein Impfzwang einen so gravierenden Freiheitseingriff darstellt, müssen Ungleichbehandlungen nach dem Impfstatus streng auf ihre Rechtfertigung überprüft werden. Es gilt also – unabhängig davon, ob die Entscheidung, sich nicht impfen zu lassen, auf eigener Entscheidung oder auf medizinischen Gründen beruht – ein strenger Rechtfertigungsmaßstab für die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften.

Rechtfertigung unter Ungewissheit

Die Bewältigung der Corona-Pandemie findet unter erheblicher Ungewissheit statt. Sowohl über die genaue Funktionsweise des Krankheitserregers sowie seine Verbreitungswege wie auch über die Wirksamkeit des Impfstoffs können erst begleitend zur Pandemie-Entwicklung Erkenntnisse gewonnen werden. Valide empirische Forschung setzt Beobachtungsdauer voraus. Sie braucht Zeit; Zeit, die die Pandemie-Bewältigung nicht abwarten kann.

Es wäre ein Missverständnis, eine mögliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Nicht-Geimpfter nur anzuerkennen, sobald und soweit diese sich auf eine eindeutige wissenschaftliche Fundierung stützen kann. Auch ein strenger Rechtfertigungsmaßstab kann nicht bedeuten, dass unter Bedingungen von Unsicherheit keine Handlungsmöglichkeiten für den Gesetzgeber bestehen. Solange die Wissenschaft selbst nur mit Vermutungen und nicht hinreichend gesättigten Thesen arbeiten kann, ist es rechtlich ausreichend, auf die Plausibilität als Kriterium abzustellen. Der Gesetzgeber kann daher Entscheidungen treffen, die auf plausiblen Annahmen beruhen, d.h. vor allem nicht durch wissenschaftliche Untersuchungen widerlegt sind. Bei Streit in der Wissenschaft darf der Gesetzgeber eine vertretbare Meinung akzeptieren und seine Handlungen danach ausrichten.

Entscheidung unter Unsicherheit verlangt aber eine dauerhafte Beobachtung und Überprüfung des Geschehens wie des Fortschritts wissenschaftlicher Erkenntnisse. Sollte sich herausstellen, dass frühere plausible Vermutungen nicht länger haltbar sind, muss auch das Instrumentarium der Pandemie-Bekämpfung angepasst werden.

Zur Rechtfertigung

Das Anlegen eines strengen Rechtfertigungsmaßstabes führt nicht notwendigerweise dazu, dass eine Ungleichbehandlung immer unzulässig ist. Drei mögliche Rechtfertigungen seien hier untersucht.

Unmittelbare Gefährdung der Gesundheit Anderer

Die Gefährdung der Gesundheit anderer Menschen ist sicherlich ein Rechtfertigungsgrund, der höchsten Rechtfertigungsanforderungen genügt. Es wäre daher nicht schwer, eine Ungleichbehandlung von Geimpften und Nicht-Geimpften zu rechtfertigen, wenn zuträfe, dass Geimpfte nicht mehr ansteckend sein können. Wir wissen aber inzwischen, dass sich diese Hoffnung auf die Wirkung der Impfung nicht bewahrheitet hat. Auch Geimpfte können das Virus in sich tragen und andere Menschen infizieren.

Doch macht man es sich zu leicht, allein deshalb eine Rechtfertigung abzulehnen. Es geht nicht nur um binäre Kategorien, auch graduelle Unterschiede können zur Rechtfertigung herangezogen werden. Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft weisen Geimpfte durchschnittlich eine deutlich geringere Virenlast auf als Nicht-Geimpfte. Die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung Anderer ist damit kleiner.

Ob dieses Argument aber noch für 3G-Regeln gegenüber 2G-Regeln gilt, ist zweifelhaft. Immerhin kann auch mit einem negativen Test eine geringe Virenlast nachgewiesen und das Risiko der Ansteckung reduziert werden. Doch bleibt das Problem fehlerhafter negativer Tests und der Umstand, dass ein Test stets nur eine Momentaufnahme (RKI) darstellt. Die Rechtfertigungskraft dieses Arguments ist also uneindeutig – und klare wissenschaftliche Evidenz liegt wohl noch nicht vor. Als alleiniges Argument zur Stützung von 2G-Regeln wäre es angesichts eines strengen Prüfungsmaßstabes wohl zu schwach.

Überlastung des Gesundheitssystems: zwischen Eigen- und Fremdgefährdung

Ein wichtiges Argument der Impfgegner*innen verweist darauf, dass jeder Mensch über die körperlichen Risiken, denen er oder sie sich aussetze, selbst bestimmen dürfe. Zusammengefasst: Eigengefährdung müsse erlaubt – und ohne negative Folgen sein. Dieses Argument trifft im freiheitlichen Staat auf Resonanz. Im Gegensatz zur „guten Policey“ des absolutistischen Wohlfahrtsstaats soll jede Person selbst entscheiden können, wie sie ihr Leben führen will.

Andere halten dagegen, dass Menschen nicht auf eine liberale Monade verkürzt werden dürften. Da Menschen in Gemeinschaft mit Anderen leben, sind sie zu solidarischem Handeln aufgefordert. Beide Positionen haben grundsätzlich ihre Berechtigung. Kein Mensch lebt für sich allein, Rücksichtnahme auf die anderen Menschen ist erforderlich, auf der anderen Seite ist die individuelle Autonomie ein hohes schützenswertes Gut. Letztlich ist diese Spannung nicht prinzipiell auflösbar, sondern muss in jeder konkreten Situation ausgelotet werden – praktische Konkordanz nennen das die Jurist*innen. Ein schwieriges Unterfangen.

Für unsere konkrete Fragestellung aber ist die Auflösung nicht erforderlich. Denn es geht nicht um bloße Eigengefährdung. Eine „Überlastung des Gesundheitssystems“ ist eine Fremdgefährdung. Durch eine Überlastung der Intensivstationen laufen nicht nur später erkrankende Covid-Patient*innen Gefahr, keinen Behandlungsplatz zu bekommen, auch für andere Notfälle ist kein Platz; zudem werden – eigentlich erforderliche – Operationen verschoben. Die Intensivstationen sind weit überproportional mit ungeimpften Covid-Patient*innen belastet.

Selbstverständlich wäre theoretisch denkbar, zur Abhilfe die Zahl der Intensivplätze zu erhöhen. Dem Mangel an Pflegekräften könnte durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Bezahlung abgeholfen werden. Gerade letzterer Punkt bedarf dringend der Korrektur: Die traditionelle Geschlechterordnung konnotiert Pflege als „weiblich“ mit der Konsequenz schlechter Bezahlung.

Doch für die verfassungsrechtliche Beurteilung spielen diese denkbaren Alternativen keine Rolle. Die Vorratshaltung von einem hohen Anteil an Intensivplätzen verlangt Einbußen an anderer Stelle; jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden. Solche Abwägungen sind Kernaufgabe der Politik, sie sind nicht von der Verfassung vorgezeichnet. Rechtsdogmatisch übersetzt: Diese Einwände könnten in der Erforderlichkeitsprüfung als „mildere Mittel“ verortet werden. Da sie aber Einbußen an anderer Stelle verlangen, sind sie kein milderes Mittel, sondern ein aliud. Über Alternativen hat der demokratisch legitimierte Gesetzgeber zu entscheiden, nicht eine Verfassungsrechtler*in.

Impfanreiz

Ob das Heilsversprechen der Impfung, die Rückkehr zum „normalen“ Leben vor Corona, trägt oder nicht: Jedenfalls ist die Impfung möglichst aller das Standardmotto allen Redens über Corona. So wird 2G auch damit gerechtfertigt, dass der Ausschluss Ungeimpfter vom öffentlichen Leben einen Impfanreiz darstellen könnte. Empirisch hat das wohl einiges für sich, wie die langen Schlangen in Österreichs Impfzentren nach Verordnung der 2G-Regel zeigen. Geht das aber verfassungsrechtlich?

In der aufgeregten Debatte um Nudging in Deutschland gerieten Anreize unter den Generalverdacht des Paternalismus. Bei nüchterner Betrachtung stellt sich dies freilich ganz anders dar. Anreize sind seit langem Bestandteil des Instrumentariums staatlichen Handelns, man denke nur an Subventionen oder Steuererleichterungen.

Gegen Anreize spricht verfassungsrechtlich grundsätzlich nichts, außer wir befinden uns in den – wenigen – Bereichen, in denen der Staat zu Neutralität verpflichtet ist. So wären etwa Anreize, sich einer bestimmten Religionsgesellschaft anzuschließen, wegen der von der Glaubensfreiheit verbürgten staatlichen Neutralität, offensichtlich unzulässig. Für die Impfanreize gilt dies aber nicht. Zwar ist auch die Verweigerung einer Impfung grundrechtlich über das Recht der körperlichen Unversehrtheit geschützt, aber dies führt nicht dazu, dass der Staat verpflichtet wäre, sich „neutral“ zu Impfungen zu verhalten und keine Impfempfehlungen auszusprechen. Impfanreize sind also grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig. Typischerweise sind „Anreize“ aber als boni ausgestaltet, so dass diejenigen, die dem Anreiz folgen, etwas Zusätzliches, beispielsweise eine Leistung erhalten, auf die sie keinen Anspruch haben (Stichwort: Subvention).

Fraglich ist aber, ob der Ausschluss vom öffentlichen Leben noch einen zulässigen Impfanreiz darstellt. Denn dies ist ein „Anreiz“, der von seinem Gewicht her schon nah bei der Impfpflicht liegt. Ob man dies als zulässig erachtet, hängt dann wohl von der verfassungsrechtlichen Positionierung zur Impfpflicht ab. Diejenigen, die eine Impfpflicht für zulässig halten, werden auch mit einem Anreiz – als milderes Mittel – einverstanden sein. Für diejenigen aber, die eine allgemeine Impfpflicht für verfassungsrechtlich problematisch halten, stellt sich dies anders dar. Dann erscheint der gravierende Eingriff in Freiheitsrechte nicht mehr als bloßer Anreiz, sondern als praktisch der Anordnung einer Pflicht gleichgewichtig. Wie bereits erwähnt, halte ich Impfpflichten für grundsätzlich verfassungsrechtlich äußerst problematisch. Aus der Diskussion um das allgemeine Persönlichkeitsrecht kennen wir die Sphärentheorie: je näher die Intimsphäre betroffen ist, desto stärker der grundrechtliche Schutz. Was könnte aber näher stehen als der eigene Körper? Wie immer jeder einzelne das Verhältnis von Körper, Geist und Seele für sich bestimmt, der Zusammenhang von Körper und Selbst ist sehr eng. Vor dem Zwang, dem eigenen Körper Substanzen zuführen zu müssen, die man – aus welchen Gründen auch immer – für schädlich hält, schützt das Grundrecht der körperlichen Unversehrtheit. Als Impfanreiz verbrämt, versucht die Politik, eine Impfpflicht zu vermeiden. Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung trägt diese Unterscheidung nicht.

Im Ergebnis ist die Ungleichbehandlung von Geimpften und Ungeimpften dann zu rechtfertigen, wenn es einen relevanten Unterschied im Hinblick auf die Gefährdung anderer – sei es im unmittelbaren Kontakt oder in Folge der Überlastung des Gesundheitssystems – zwischen beiden gibt. Unverständnis gegenüber den Motiven der „Impfverweigerer“, moralische Vorwürfe, aber auch Impfanreize, die auf massive Eingriffe in Freiheitsrechte der Betroffenen setzen und damit einer Impfpflicht gleichkommen, rechtfertigen eine Ungleichbehandlung nicht.