14 June 2018

Put it back: Ein Vorschlag für ein NetzDG, das die Meinungsfreiheit wahrt

Zankapfel NetzDG

Das „Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken“ (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) hatte bereits während seiner kurzen Entstehungszeit heftige Kritik ausgelöst und wird von zahlreichen Beobachtern auch in seiner in Kraft getretenen Fassung für unionsrechts- und grundgesetzwidrig gehalten. In Zweifel stehen vor allen Dingen die Gesetzgebungskompetenz des Bundes und die Vereinbarkeit des NetzDG mit der Meinungs- und Informationsfreiheit. Gegenwärtig sind drei Anträge auf vollständige bzw. teilweise Aufhebung des NetzDG im Bundestag anhängig (hier, hier und hier). Auch bei den Regierungsfraktionen steht das NetzDG unverändert auf der rechtspolitischen Agenda. Im Koalitionsvertrag heißt es, die am 1.7.2018 erstmals fälligen Berichte der Plattformbetreiber sollen zum Anlass genommen werden, „das Netzwerkdurchsetzungsgesetz insbesondere im Hinblick auf die freiwillige Selbstregulierung weiterzuentwickeln“.

Forderungen zur Weiterentwicklung des NetzDG betreffen jedoch nicht nur die bisher noch gar nicht praktisch umgesetzte Selbstregulierung der Plattformen, sondern auch und vor allen Dingen die Auswirkungen des NetzDG auf die Meinungs- und Informationsfreiheit. Um die einseitige Ausrichtung des NetzDG auf das Löschen von Inhalten auszugleichen, wird insbesondere angemahnt, sog. Put-back-Verfahren zu installieren, also Verfahren, in denen der Nutzer eines sozialen Netzwerks die Wiederherstellung gelöschter, aber von der Meinungsfreiheit gedeckter Beiträge erreichen kann. In ihrer Empfehlung vom 1.3.2018 „für wirksame Maßnahmen im Umgang mit illegalen Online-Inhalten“ fordert die Europäische Kommission die Mitgliedstaaten dazu auf, Host-Providern Vorgaben zu einem benutzerfreundlichen Umgang mit sog. Gegendarstellungen zu machen, mit denen ggf. die Rückgängigmachung einer Löschungsentscheidung erwirkt werden kann. Nicht zuletzt folgt aus dem Stadionverbot-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts v. 11.4.2018, dass Facebook & Co. ihre Nutzer nicht willkürlich und ohne Beachtung von Verfahrensregeln von der Kommunikation ausschließen dürfen. Das Verwaltungsgericht München und die Landgerichte Berlin und Frankfurt am Main haben entsprechende Pflichten zur Gewährleistung legaler Meinungen bereits anerkannt.

Gefragt ist demnach ein ganzheitlicher Regulierungsansatz, der darauf abzielt, dass Anbieter großer Universalplattformen gleichermaßen rechtswidrige Inhalte löschen und rechtmäßige Kommunikation nicht willkürlich beeinträchtigen. Ein politisch mehrheitsfähiger Kompromiss in diesem Sinne könnte darin bestehen, das auf dem Auge der Kommunikationsfreiheit weitestgehend blinde NetzDG um den Aspekt einer Gewährleistungspflicht für die Meinungs- und Informationsfreiheit zu ergänzen. Nach dem im Folgenden wiedergegebenen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des NetzDG nebst Begründung soll den Anbietern thematisch unspezifischer sozialer Netzwerke mit mehr als zwei Millionen registrierten Nutzern im Inland (§ 1 Abs. 1 und 2 NetzDG), die bereits derzeit den Berichts- und Compliance-Regeln der §§ 2 und 3 NetzDG im Hinblick auf rechtswidrige Inhalte unterliegen, zusätzlich aufgegeben werden, Verfahren zu installieren und hierüber in transparenter Weise zu berichten, in denen Nutzer geltend machen können, dass einer ihrer Inhalte zu Unrecht gelöscht oder gesperrt wurde, weil der betreffende Inhalt weder gegen allgemeine Gesetze noch gegen Rechte Dritter verstößt.

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netwerkdurchsetzungs-Änderungsgesetz, NetzDGÄG)

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz gilt für Telemediendiensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Plattformen im Internet betreiben, die dazu bestimmt sind, dass Nutzer beliebige Inhalte mit anderen Nutzern teilen oder der Öffentlichkeit zugänglich machen (soziale Netzwerke). Plattformen mit journalistisch-​redaktionell gestalteten Angeboten, die vom Diensteanbieter selbst verantwortet werden, gelten nicht als soziale Netzwerke im Sinne dieses Gesetzes. 3Das Gleiche gilt für Plattformen, die zur Individualkommunikation oder zur Verbreitung spezifischer Inhalte bestimmt sind.

(2) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks ist von den Pflichten nach den §§ 2 und 3 befreit, wenn das soziale Netzwerk im Inland weniger als zwei Millionen registrierte Nutzer hat.

(3) Rechtswidrige Inhalte sind Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.

(4) Rechtmäßige Inhalte sind Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die nicht gegen allgemeine Gesetze verstoßen und keine absoluten Rechte verletzen.

§ 2 Berichtspflicht

(1) Anbieter sozialer Netzwerke, die im Kalenderjahr mehr als 100 Beschwerden über rechtswidrige Inhalte oder über die Löschung oder Sperrung rechtmäßiger Inhalte erhalten, sind verpflichtet, einen deutschsprachigen Bericht über den Umgang mit diesen Beschwerden über rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen mit den Angaben nach Absatz 2 halbjährlich zu erstellen und im Bundesanzeiger sowie auf der eigenen Homepage spätestens einen Monat nach Ende eines Halbjahres zu veröffentlichen. Der auf der eigenen Homepage veröffentlichte Bericht muss leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar sein.

(2) Der Bericht hat mindestens auf folgende Aspekte einzugehen:

1. Allgemeine Ausführungen, welche Anstrengungen der Anbieter des sozialen Netzwerks unternimmt, um strafbare Handlungen auf den Plattformen zu unterbinden und die Zugänglichkeit rechtmäßiger Inhalte zu gewährleisten,

2. Darstellung der Mechanismen zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte und von Beschwerden über die Löschung oder Sperrung von Inhalten sowie der Entscheidungskriterien für die Löschung und Sperrung von rechtswidrigen Inhalten,

3. Anzahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Beschwerden über rechtswidrige Inhalte, aufgeschlüsselt nach Beschwerden von Beschwerdestellen und Beschwerden von Nutzern und nach dem Beschwerdegrund, sowie Anzahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Beschwerden über die Löschung oder Sperrung von Inhalten nach § 3 Absatz 2 Nummer 6,

4. Organisation, personelle Ausstattung, fachliche und sprachliche Kompetenz der für die Bearbeitung von Beschwerden zuständigen Arbeitseinheiten und Schulung und Betreuung der für die Bearbeitung von Beschwerden zuständigen Personen,

5. Mitgliedschaft in Branchenverbänden mit Hinweis darauf, ob in diesen Branchenverbänden eine Beschwerdestelle existiert,

6. Anzahl der Beschwerden, bei denen eine externe Stelle konsultiert wurde, um die Entscheidung vorzubereiten,

7. Anzahl der Beschwerden über rechtswidrige Inhalte, die im Berichtszeitraum zur Löschung oder Sperrung des beanstandeten Inhalts führten, aufgeschlüsselt nach Beschwerden von Beschwerdestellen und von Nutzern, nach dem Beschwerdegrund, ob ein Fall des § 3 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe a vorlag, ob in diesem Fall eine Weiterleitung an den Nutzer erfolgte sowie ob eine Übertragung an eine anerkannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung nach § 3 Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b erfolgte,

8. Anzahl der Beschwerden über die Löschung oder Sperrung von Inhalten nach § 3 Absatz 2 Nummer 6, die im Berichtszeitraum zur Wiederherstellung des betreffenden Inhalts führten, aufgeschlüsselt nach dem ursprünglichen Beschwerdeführer (Beschwerdestelle oder Nutzer), dem Grund der Löschung oder Sperrung, ob die Löschung oder Sperrung nach § 3 Absatz 2 Nummer 2, nach Nummer 3 1. Halbsatz, nach Nummer 3 2. Halbsatz Buchstabe a oder nach Nummer 3 2. Halbsatz Buchstabe b erfolgte und ob die Entscheidung über die Wiederherstellung nach § 3 Absatz 2 Nummer 6 Buchstabe c vom sozialen Netzwerk oder von einer Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung getroffen wurde.

89. Zeit zwischen dem Eingang einer Beschwerde über rechtswidrige Inhalte Beschwerdeeingang beim sozialen Netzwerk und Löschung oder Sperrung des rechtswidrigen Inhalts, aufgeschlüsselt nach Beschwerden von Beschwerdestellen und von Nutzern, nach dem Beschwerdegrund sowie nach den Zeiträumen „innerhalb von 24 Stunden“/„innerhalb von 48 Stunden“/„innerhalb einer Woche“/„zu einem späteren Zeitpunkt“,

10. Zeit zwischen dem Eingang einer Beschwerde über eine Löschung oder Sperrung eines rechtmäßigen Inhalts und seiner Wiederherstellung,

911. Maßnahmen zur Unterrichtung des Beschwerdeführers sowie des Nutzers, für den der beanstandete Inhalt gespeichert wurde, über die Entscheidung über die Beschwerde.

§ 3 Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte

(1) Der Anbieter eines sozialen Netzwerks muss ein wirksames und transparentes Verfahren nach Absatz 2 und 3 für den Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte und über die Löschung oder Sperrung rechtmäßiger Inhalte vorhalten. Der Anbieter muss Nutzern ein leicht erkennbares, unmittelbar erreichbares und ständig verfügbares Verfahren zur Übermittlung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte und über die Löschung oder Sperrung rechtmäßiger Inhalte zur Verfügung stellen.

(2) Das Verfahren muss gewährleisten, dass der Anbieter des sozialen Netzwerks

1. unverzüglich von der einer Beschwerde über einen rechtswidrigen Inhalt Kenntnis nimmt und prüft, ob der in der Beschwerde gemeldete Inhalt rechtswidrig und zu entfernen oder der Zugang zu ihm zu sperren ist,

2. einen offensichtlich rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt; dies gilt nicht, wenn das soziale Netzwerk mit der zuständigen Strafverfolgungsbehörde einen längeren Zeitraum für die Löschung oder Sperrung des offensichtlich rechtswidrigen Inhalts vereinbart hat,

3. jeden rechtswidrigen Inhalt unverzüglich, in der Regel innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde entfernt oder den Zugang zu ihm sperrt; die Frist von sieben Tagen kann überschritten werden, wenn

a) die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Inhalts von der Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung oder erkennbar von anderen tatsächlichen Umständen abhängt; das soziale Netzwerk kann in diesen Fällen dem Nutzer vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Beschwerde geben,

b) das soziale Netzwerk die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Beschwerde einer nach den Absätzen 6 bis 8 anerkannten Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung überträgt und sich deren Entscheidung unterwirft,

4. im Falle der Entfernung den Inhalt zu Beweiszwecken sichert und zu diesem Zweck für die Dauer von zehn Wochen innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinien 2000/31/EG und 2010/13/EU speichert,

5. den Beschwerdeführer und den Nutzer über jede Entscheidung unverzüglich informiert und seine Entscheidung ihnen gegenüber begründet,

6. bei Beschwerden über die Löschung oder Sperrung eines Inhalts durch einen Nutzer, für den der gelöschte oder gesperrte Inhalt gespeichert wurde, wenn die Beschwerde innerhalb von zehn Wochen nach der Löschung oder Sperrung beim Anbieter des sozialen Netzwerks eingeht, und der Nutzer seinen vollständigen Namen und seine ladungsfähige Anschrift angibt,

a) unverzüglich von der Beschwerde Kenntnis nimmt und prüft, ob die Löschung oder Sperrung nach Nummer 2, Nummer 3 1. Halbsatz, Nummer 3 2. Halbsatz Buchstabe a oder Nummer 3 2. Halbsatz Buchstabe b erfolgte,

b) bei einer Löschung oder Sperrung nach Nummer 3 2. Halbsatz Buchstabe b den Beschwerdeführer über diesen Umstand informiert,

c) bei einer Löschung oder Sperrung nach Nummer 2, Nummer 3 1. Halbsatz oder Nummer 3 2. Halbsatz Buchstabe a den Inhalt entweder unverzüglich wiederherstellt oder die Entscheidung über die Wiederherstellung einer nach den Absätzen 6 bis 8 anerkannten Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung überträgt und sich deren Entscheidung unterwirft.

(3) Das Verfahren muss vorsehen, dass jede Beschwerde und die zu ihrer Abhilfe getroffene Maßnahme innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinien 2000/31/EG und 2010/13/EU dokumentiert wird.

(4) 1Der Umgang mit Beschwerden muss von der Leitung des sozialen Netzwerks durch monatliche Kontrollen überwacht werden. 2Organisatorische Unzulänglichkeiten im Umgang mit eingegangenen Beschwerden müssen unverzüglich beseitigt werden. 3Den mit der Bearbeitung von Beschwerden beauftragten Personen müssen von der Leitung des sozialen Netzwerks regelmäßig, mindestens aber halbjährlich deutschsprachige Schulungs- und Betreuungsangebote gemacht werden.

(5) Die Verfahren nach Absatz 1 können durch eine von der in § 4 genannten Verwaltungsbehörde beauftragten Stelle überwacht werden.

(6) Eine Einrichtung ist als Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung im Sinne dieses Gesetzes anzuerkennen, wenn

1. die Unabhängigkeit und Sachkunde ihrer Prüfer gewährleistet ist,

2. eine sachgerechte Ausstattung und zügige Prüfung innerhalb von sieben Tagen sichergestellt sind,

3. eine Verfahrensordnung besteht, die Regelungen vorsieht über

a) den Umfang und Ablauf der Prüfung von Beschwerden über rechtswidrige Inhalte und von Beschwerden über die Löschung oder Sperrung rechtmäßiger Inhalte,

b) Mitwirkungspflichten sowie Vorlagepflichten der angeschlossenen sozialen Netzwerke,

c) die mit einer Begründung versehene Information von Beschwerdeführern nach Absatz 2 Nummer 6 über die Entscheidung der Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung über eine Wiederherstellung eines gelöschten oder gesperrten Inhalts, regelt und die Möglichkeit der Überprüfung von Entscheidungen vorsieht,

4.d) Entscheidungsvorgaben für die Prüfer, die in der Spruchpraxis eine gesetzes- und grundrechtskonforme Unterscheidung zwischen rechtswidrigen und rechtmäßigen Inhalten zu gewährleisten geeignet sind und den Interessen der Anbieter sozialer Netzwerke Rechnung tragen, eine Beschwerdestelle eingerichtet ist und

54. die Einrichtung von mehreren Anbietern sozialer Netzwerke oder Institutionen getragen wird, die eine sachgerechte Ausstattung sicherstellen. Außerdem muss sie für den Beitritt weiterer Anbieter insbesondere sozialer Netzwerke offenstehen.

(7) Die Entscheidung über die Anerkennung einer Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung trifft die in § 4 genannte Verwaltungsbehörde.

(8) Die Anerkennung kann ganz oder teilweise widerrufen oder mit Nebenbestimmungen versehen werden, wenn Voraussetzungen für die Anerkennung nachträglich entfallen sind.

(9) Die Verwaltungsbehörde nach § 4 kann auch bestimmen, dass für einen Anbieter von sozialen Netzwerken die Möglichkeit zur Übertragung von Entscheidungen nach Absatz 2 Nummer 3 Buchstabe b für einen zeitlich befristeten Zeitraum entfällt, wenn zu erwarten ist, dass bei diesem Anbieter die Erfüllung der Pflichten des Absatzes 2 Nummer 3 durch einen Anschluss an die Regulierte Selbstregulierung nicht gewährleistet wird.

(10) Ansprüche auf Löschung oder Sperrung rechtswidriger Inhalte und auf Wiederherstellung rechtmäßiger Inhalte bleiben unberührt.

§ 4 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 2 Absatz 1 Satz 1 einen Bericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstellt oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig veröffentlicht,

2. entgegen § 3 Absatz 1 Satz 1 ein dort genanntes Verfahren für den Umgang mit Beschwerden von Beschwerdestellen oder Nutzern, die im Inland wohnhaft sind oder ihren Sitz haben, nicht, nicht richtig oder nicht vollständig vorhält,

3. entgegen § 3 Absatz 1 Satz 2 ein dort genanntes Verfahren nicht oder nicht richtig zur Verfügung stellt,

4. entgegen § 3 Absatz 4 Satz 1 den Umgang mit Beschwerden nicht oder nicht richtig überwacht,

5. entgegen § 3 Absatz 4 Satz 2 eine organisatorische Unzulänglichkeit nicht oder nicht rechtzeitig beseitigt,

6. entgegen § 3 Absatz 4 Satz 3 eine Schulung oder eine Betreuung nicht oder nicht rechtzeitig anbietet,

7. entgegen § 5 einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten oder einen inländischen Empfangsberechtigten nicht benennt, oder

8. entgegen § 5 Absatz 2 Satz 2 als Empfangsberechtigter auf Auskunftsersuchen nicht reagiert.

(2) 1Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 7 und 8 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den übrigen Fällen des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu fünf Millionen Euro geahndet werden. 2§ 30 Absatz 2 Satz 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist anzuwenden.

(3) Die Ordnungswidrigkeit kann auch dann geahndet werden, wenn sie nicht im Inland begangen wird.

(4) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist das Bundesamt für Justiz. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz erlässt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium des Innern, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur allgemeine Verwaltungsgrundsätze über die Ausübung des Ermessens der Bußgeldbehörde bei der Einleitung eines Bußgeldverfahrens und bei der Bemessung der Geldbuße.

(5) Will die Verwaltungsbehörde ihre Entscheidung darauf stützen, dass nicht entfernte oder nicht gesperrte Inhalte rechtswidrig im Sinne des § 1 Absatz 3 sind, so soll sie über die Rechtswidrigkeit vorab eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen. Zuständig ist das Gericht, das über den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid entscheidet. Der Antrag auf Vorabentscheidung ist dem Gericht zusammen mit der Stellungnahme des sozialen Netzwerks zuzuleiten. Über den Antrag kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. 5Die Entscheidung ist nicht anfechtbar und für die Verwaltungsbehörde bindend.

§ 5 Inländischer Zustellungsbevollmächtigter

(1) Anbieter sozialer Netzwerke haben im Inland einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen und auf ihrer Plattform in leicht erkennbarer und unmittelbar erreichbarer Weise auf ihn aufmerksam zu machen. An diese Person können Zustellungen in Verfahren nach § 4 oder in Gerichtsverfahren vor deutschen Gerichten wegen der Verbreitung rechtswidriger Inhalte und der Löschung oder Sperrung rechtmäßiger Inhalte bewirkt werden. Das gilt auch für die Zustellung von Schriftstücken, die solche Verfahren einleiten.

(2) Für Auskunftsersuchen einer inländischen Strafverfolgungsbehörde ist eine empfangsberechtigte Person im Inland zu benennen. Die empfangsberechtigte Person ist verpflichtet, auf Auskunftsersuchen nach Satz 1 48 Stunden na