22 October 2024
Kein Mut zur Lücke!
Der jüngst eingebrachte Gesetzentwurf zum besseren Schutz des Bundesverfassungsgerichts stellt einen wichtigen Schritt dar. Allerdings klafft weiterhin eine große Lücke in diesem Schutz. Das Wahlverfahren sowie die 2/3-Mehrheit für die Richterwahl, die Senatsmehrheiten für gerichtliche Entscheidungen und die Gesetzeskraft bestimmter Urteile verbleiben im Bundesverfassungsgerichtsgesetz und damit dem Zugriff einer einfachen Mehrheit im Bundestag ausgesetzt. Auch wenn politische Mehrheiten für eine weiterreichende Grundgesetzänderung nicht aufzubringen sind, besteht gleichwohl ein schonender Weg, um das Bundesverfassungsgerichtsgesetz stärker abzusichern: ein Zustimmungserfordernis durch den Bundesrat bei Änderungen des BVerfGG. Continue reading >>
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22 October 2024
Vertretene Organe
Der Deutsche Bundestag hat kürzlich erstmals konkrete Gesetzesentwürfe zur Absicherung des Bundesverfassungsgerichts beraten. Nachdem das Plenum Vorschläge zur Änderung des Grundgesetzes sowie des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes diskutiert hat, ist nun der Rechtsausschuss damit befasst. Ein Blick auf die geplanten Regelungen lässt jedoch Unklarheiten hinsichtlich der Zuständigkeitsverteilung im Rahmen des vorgesehenen Ersatzwahlmechanismus erkennen, die dringend behoben werden sollten. Continue reading >>
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17 October 2024
Welche Mutter, welcher Schutz?
Bei Fehlgeburten besteht derzeit kein Anspruch auf gesetzlichen Mutterschutz. Viele fordern deshalb einen gestaffelten Mutterschutz, zuletzt auch mit einer (unzulässigen) Verfassungsbeschwerde. Aus soziologischer Perspektive gehe ich im Folgenden diskursiven Implikationen dieser Forderung nach. Ein Mutterschutz nach Fehlgeburt würde Betroffenen auch symbolisch den Status einer Mutter verleihen. Was sich viele trauernde Eltern wünschen, könnte allerdings fundamentalistische Diskurse zum „Schutz des ungeborenen Lebens“ bestärken, deren Akteure das Recht auf selbstbestimmte Abtreibung einschränken möchten. Continue reading >>
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19 August 2024
Erledigt und Pech gehabt?!
Setzt eine Fortsetzungsfeststellungsklage im Falle sich typischerweise kurzfristig erledigenden Verwaltungsakt zusätzlich einen qualifizierten Grundrechtseingriff voraus? So ist es, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Damit wird eine eigentlich materiellrechtliche Frage in die Zulässigkeit der Klage verlagert. Es besteht das Potential den Individualinteressen der Kläger*innen nicht ausreichend gerecht zu werden. Continue reading >>
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02 August 2024
Wahlrechtsbonus für vergangene Verdienste?
In der „unangefochtenen Einsicht“, dass ein perfektes Wahlsystem nicht existiert, billigte das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 30. Juli 2024 das Herzstück der Wahlrechtsreform: die Zweitstimmendeckung. Wer die Entscheidung in Gänze liest, könnte gleichwohl den Eindruck gewinnen, das BVerfG schaffe mit der CSU als „seit Jahrzehnten staatstragend im Parlament befindlicher Partei“ ganz nebenbei ein neues Gut von Verfassungsrang. Erneut erreicht eine Wahlrechtsdiskussion in Deutschland damit ihren Endpunkt bei der CSU. Das wäre vermeidbar gewesen. Continue reading >>
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31 July 2024
Zwischen Prinzipientreue und Pragmatismus
Mit seinem Urteil zur Wahlrechtsreform der Ampelkoalition vom 30. Juli 2024 hat das Bundesverfassungsgericht den Kern der Reform – die Zweitstimmendeckung – bestätigt, aber die Sperrklausel partiell beanstandet. Der Beitrag gibt einen ersten Überblick über die wesentlichen Erwägungen des Gerichts und ordnet sie kritisch in den wahlrechtlichen und politischen Kontext ein. Continue reading >>12 July 2024
Eiltransport gegen Eilrechtsschutz
Mit der Auslieferung von Maja T. nach Ungarn zur Strafverfolgung hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin Fakten geschaffen, die sie nicht mehr rückgängig machen kann. Die einstweilige Anordnung des Bundesverfassungsgerichts, nicht auszuliefern, kam zwar schnell, lief aber ins Leere, weil die Polizei Maja T. schon ins Ausland verbracht hatte. Die Feststellung der Generalstaatsanwaltschaft, man könne außerhalb des deutschen Staatsgebiets nichts mehr für Maja T. tun, ist blanker Hohn. Ihr Vorgehen ist mit Blick auf die Rolle und Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in Auslieferungsverfahren rechtsstaatswidrig, weil es gegen das Prinzip der Gewaltenteilung verstößt. Continue reading >>24 May 2024
Schutz vor einer Politik durch Köpfe
Das BVerfG bleibt seiner restriktiven Rechtsprechung zum politischen Beamten treu. Die Kritik an dem Beschluss schießt aus allen Rohren – aber mit Platzpatronen. Die Entscheidung geht den überfälligen Schritt, einer Politik durch Köpfe im gesetzesvollziehenden Teil der Exekutive die Grenzen aufzuzeigen. Amtscourage, nicht politische Konformität, ist das Leitbild des Personals der Republik. Continue reading >>
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22 May 2024
Amtsgedanke und neutralisierter Demokratiebegriff
Die Frage, wie ein demokratisches Personalverfassungsrecht aussehen sollte, wird selten gestellt. Die Leerstelle betraf bislang auch und gerade die Institution des sogenannten politischen Beamten, die nach § 54 Abs. 1 BBG, § 30 Abs. 1 BeamtStG jederzeit in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden können. Mit einem jetzt veröffentlichten Beschluss vom 9. April 2024 hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts diese Lücke geschlossen. Mit wenig plausiblen Gründen opfert das Gericht eine für das Personalverfassungsrecht des Grundgesetzes wesentliche Institution auf dem Altar seiner Entpolitisierungsbestrebungen. Continue reading >>
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27 April 2024