10 August 2023
Widerspruchsresponsive Nachhaltigkeit
Am 09. Juli 2023 haben die Europäische Union und Aotearoa Neuseeland ein umfangreiches Freihandelsabkommen abgeschlossen, das die Europäische Kommission mit Blick auf Nachhaltigkeitsfragen als ambitioniertestes Abkommen aller Zeiten bezeichnet. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass der Regelungsumfang in vielerlei Hinsicht umfassender und progressiver ist als in anderen Abkommen. Dennoch sind Defizite bei der Ausgestaltung des Streitbeilegungsverfahrens auszumachen, die auch darin begründet liegen, dass das Nachhaltigkeitskapitel es nicht vermag, einen für seine Widersprüche sensibilisierten, kritischen Nachhaltigkeitsbegriff zu etablieren. Continue reading >>
2
01 December 2022
Demokratie in der Supra-EU
Heute soll CETA, das Umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen der EU mit Kanada, durch den Bundestag gebracht werden. Die absehbare Zustimmung von Bundestag und Bundesrat zu CETA darf nicht dazu führen, die verfassungsrechtliche und demokratietheoretische Problematik der „Ausschüsse“ einfach ad acta zu legen. Die EU ist dabei, das Regieren mittels transnationaler Ausschüsse oberhalb der EU systematisch auszubauen, insbesondere im Rahmen umfassender Freihandelsverträge. Dies bedarf dringend klarer Leitplanken und Stoppschilder seitens des Bundesverfassungsgerichts. Continue reading >>
0
17 March 2022
Vorläufig teilweise verfassungskonform
Das Ende der „größten Verfassungsbeschwerde der Geschichte“ kommt recht unspektakulär daher: Fast fünfeinhalb Jahre nach der mündlichen Verhandlung über eine einstweiligen Anordnung zum Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) zwischen Kanada und der EU erklärte das Bundesverfassungsgericht mit seinem am 15. März 2022 veröffentlichten Beschluss vom 9. Februar 2022 die drei Verfassungsbeschwerden und den Organstreit der Fraktion Die Linke für teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. Gerade einmal 29 Randnummern benötigte der Zweite Senat für die Begründetheitsprüfung, die damit in Anbetracht der Bedeutung des Verfahrens nicht nur recht knapp, sondern sogar etwas kürzer als die Folgenabwägung im Rahmen der einstweiligen Anordnung ausfiel. Continue reading >>
0
26 February 2021
Durchsetzungsunfähig
Am 18. Februar hat die EU-Kommission unter dem Titel „An Open, Sustainable and Assertive Trade Policy“ ihre Handelsstrategie für die kommenden Jahre veröffentlicht. Eine Priorität liegt dabei auf der verbesserten Durchsetzung der Nachhaltigkeitskapitel in den EU-Handelsabkommen. Allerdings nehmen EU-Handelsabkommen diese Kapitel ausdrücklich von den üblichen Sanktionsmechanismen aus und eignen sich deshalb nicht dazu, Arbeitnehmerrechte oder Umweltschutzstandards effektiv durchzusetzen. Doch auch ohne Änderungen an den bestehenden Regelungen könnte die Kommission zeigen, dass sie ihr Versprechen eines nachhaltigen Welthandels ernst meint. Zivilgesellschaftliche Akteure spielen dabei eine wichtige Rolle. Continue reading >>
0
03 February 2021
Ein kleiner Meilenstein
Am 25. Januar 2021 hat zum ersten Mal ein „Panel of Experts“ auf Initiative der EU über die Verletzung von Standards der nachhaltigen Entwicklung im Rahmen eines Freihandelsabkommens entschieden. Obwohl es keine rechtlichen Hebel zur Durchsetzung der Entscheidung gibt, setzt der Panelbericht EU-Korea materiellrechtlich neue Maßstäbe. Durch die Emanzipation der überprüften Arbeitnehmerschutzstandards vom Handelsbezug legt es zudem den Grundstein für zukünftige Streitbeilegungsverfahren, die sich allein gegen die Verletzung von Nachhaltigkeitsstandards richten. Continue reading >>
0
02 December 2020
Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung
Mitte November eskalierte der Konflikt zwischen Marokko und der Westsahara nach dreißig Jahren Waffenruhe. Die Rolle, die die EU in den letzten Jahren in der Region eingenommen hat, zeigt, dass hier hauptsächlich wirtschaftliche Interessen zählen. Wie vom EuGH bestätigt stützt der aktuelle Kurs der EU die marokkanischen Souveränitätsansprüche und perpetuiert damit den völkerrechtswidrigen Zustand in der Westsahara. Continue reading >>02 September 2019
König Midas, Hauptmann Kettensäge und die Mittel des Völkerrechts zum Schutz der Biodiversität
Spätestens seit der Veröffentlichung des UN Global Assessment Report im Mai 2019 wissen wir, dass etwa eine Million der insgesamt acht Millionen Arten vom Aussterben bedroht sind – mehr als jemals zuvor in der Geschichte unseres Planeten. Das sechste globale Massensterben von Tieren und Pflanzen erfordert ein konzertiertes Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft. Doch nationale Alleingänge, wie des US-Präsidenten Trump und seines brasilianischen Amtskollegen Bolsonaro, nehmen zugunsten der heimischen Wirtschaft unwiederbringliche Verluste der Artenvielfalt in Kauf, die den Bestand der Ökosysteme weltweit gefährden. Welche Mittel hält das Völkerrecht bereit, um dem entgegenzuwirken? Continue reading >>
0