20 June 2022
Versteckte Mahnung
Mit Beschluss vom 22. Juli 2021 hat das Bundesverfassungsgericht über eine sog. Nichtanerkennungsbeschwerde der Zentrumspartei entschieden. Der Beschluss des Zweiten Senats, dessen Begründung nun knapp ein Jahr später veröffentlicht wurde, gilt einer Schnittstelle von Wahl- und Parteienrecht. Er betrifft damit eine zentrale Stelle des Rechtes des politischen Prozesses. Auch wenn sich das Gericht daran gehindert sah, über die Verfassungsmäßigkeit der streitgegenständlichen Normen zu entscheiden, ist die Schrift an der Wand einigermaßen deutlich lesbar: Der Gesetzgeber sollte tätig werden. Continue reading >>
0
17 March 2022
Das Mengen- und das Intensitätsproblem der Parteitage
Digitalgestützte Entscheidungen unter Abwesenden stellen eine Verarmung gegenüber der Entscheidungsfindung und Anwesenden dar. Sie haben zusätzliche Kosten und Gefahren in mehreren Hinsichten. Die Hoffnungen auf eine Demokratisierung durch digitale Teilhabe der Mitglieder sind doch eher eine Illusion. Die Erweiterung auf digitale Mitgliederentscheide und auch die Durchführung von Parteitagen lediglich im Internetmodus stärkt die Leitungsebene der Parteien. Continue reading >>
0
16 March 2022
Repräsentation und Präsenz
Die innerparteiliche Demokratie ist durch Kompromisse gekennzeichnet. Parteitage befördern in ihrem traditionellen Format die Kompromissfindung: durch Repräsentation und Präsenz. Digitale Parteitage erweisen sich nicht in gleicher Weise als kompromissaffin. Darin liegt eine Verlockung für diejenigen, die kein Interesse am Kompromiss haben. Verfassungswidrig ist die Einführung des Digitalformats deswegen nicht, seine demokratischen „Kosten“ müssen aber eingepreist werden. Continue reading >>
0
14 March 2022
Die anderen Herzkammern der Demokratie
Parteitage sind das Herzstück der innerparteilichen Demokratie. Wenn das Grundgesetz den Parteien abverlangt, dass ihre innere Ordnung demokratischen Grundsätzen entsprechen muss, dann sind Parteitage das zentrale Instrument, mit dem dieses verfassungsrechtliche Gebot, das gleichzeitig Teil eines demokratischen Versprechens ist, eingelöst wird. Continue reading >>
0
21 January 2022
Bombe ohne Sprengkraft
Am Mittwoch dieser Woche gab die Staatsanwaltschaft Berlin bekannt, sie habe Ermittlungen wegen des Anfangsverdachts der Untreue (§ 266 StGB) gegen Verantwortliche der Partei Bündnis90/Die Grünen aufgenommen. Boulevardmedien sprechen von einer „politischen Bombe“. Dass sie strafrechtliche Sprengkraft enthält, ist jedoch zu bezweifeln. Das liegt – paradoxerweise – an der Weite des Untreuetatbestandes.
Continue reading >>08 November 2021
Wahlkampf ohne Diskurs?
In Brüssel wird zur Stunde über den Digital Services Act (DSA) verhandelt. Diskutiert werden dürfte dabei auch über politisches Microtargeting, eine Technik, bei der Daten der Plattformnutzer:innen ausgewertet werden, um personalisierte Werbung entlang ihrer Vorlieben und Interessen zu schalten. Artikel 24 des Entwurfes zum DSA sieht vor, Nutzer:innen zukünftig durch Transparenzvorschriften auf die Verwendung dieser Methode aufmerksam zu machen. Aber was ist das Problem an politischem Microtargeting? Kritiker:innen befürchten durch die Nutzung der Technik demokratiefeindliche Effekte, wie den Ausschluss von Bürger:innen vom gesamtgesellschaftlichen Diskurs bis hin zu ihrer Radikalisierung. Moralisch ist die Wahlkampftechnik umstritten, doch was sagt das Recht? Dieser Beitrag zeigt, dass PMT auch verfassungsrechtlich bedenklich sein könnte. Continue reading >>
0
26 October 2020
Auf der schiefen Bahn
Brandenburg und Thüringen haben 2019 als erste Bundesländer die politischen Parteien gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Kandidatenlisten paritätisch aufzustellen. Das Verfassungsgericht Thüringen hatte das Landesgesetz am 15.7. 2020 kassiert, am 23.10.2020 hat nun auch das Verfassungsgericht Brandenburg das Landesparitätsgesetz einstimmig für verfassungswidrig erklärt. Der Versuch, die Parteien und ihre Mitglieder bei der Kandidatenauswahl inhaltlichen Vorgaben des Gesetzgebers zu unterwerfen, war von vornherein zum Scheitern verurteilt. Continue reading >>16 October 2020
Kein Wahlkampf auf Staatskosten
In der letzten Woche hat der Bundestag eine Änderung des Abgeordnetengesetzes beschlossen. Künftig müssen Abgeordnete mit einem Ordnungsgeld rechnen, wenn sie ihre vom Bundestag bezahlten Mitarbeiter unzulässig für nicht-mandatsbezogene Tätigkeiten einsetzen. Damit soll vor allem verhindert werden, dass Abgeordnete im Wahlkampf unzulässig ihre parlamentarischen Mitarbeiter zum hauptamtlichen Wahlkampfteam umfunktionieren. Hintergrund ist ein entsprechender Hinweis des BVerfG, das die bisherigen Regelungen als nicht ausreichend bemängelt hatte. Bei genauer Hinsicht ist der Bundestag den Forderungen aus Karlsruhe aber nicht nachgekommen, sondern hat ein Aliud beschlossen. Aus praktischen wie aus verfassungsrechtlichen Gründen läuft der Versuch, den Einsatz von Abgeordnetenmitarbeitern im bzw. für den Wahlkampf zu unterbinden, weitgehend ins Leere. Continue reading >>
0
12 December 2019
Giving a Toss about the Social Media Cut and Thrust
Die aktuelle Wahl in Großbritannien wird schon jetzt als “fake news and disinformation general election” beschrieben. Wie auch immer die heutige Wahl ausgeht, klar ist, dass auch politische Parteien sich während des Wahlkampfs vor allem in sozialen Netzwerken äußerst fragwürdiger Methoden bedient haben. Ein Blick in die deutsche Rechtsordnung zeigt, dass eindeutig täuschendes Verhalten politischer Akteure nicht mit der Verfassung vereinbar wäre. Darüber hinaus besteht jedoch ein Flickenteppich gesetzlicher Regelungen, der Wahlwerbungen politischer Parteien in sozialen Netzwerken keine ausreichenden Grenzen setzt. Continue reading >>
0
23 July 2019