05 August 2021

Wahlrechtsgrundsätze als Säulen der innerparteilichen Demokratie

Der Bundeswahlausschuss hat heute die Entscheidung des saarländischen Landeswahlausschusses bestätigt, die Landesliste der Grünen im Saarland nicht zur Wahl zuzulassen. Zu Unrecht wurde diese Entscheidung auf den Ausschluss der Delegierten aus Saarlouis für die Landesvertreterversammlung gestützt. Die Entscheidung ist aber im Ergebnis richtig, weil das Frauenstatut der Grünen mit elementaren Wahlrechtsgrundsätzen unvereinbar ist.

Querelen um die Anwendung des Frauenstatuts

Interne Querelen haben dem saarländischen Grünen-Landesverband in den letzten Wochen erhebliche bundesweite öffentliche Aufmerksamkeit verschafft. Im Fokus der Diskussion stand dabei das Frauenstatut der Grünen. Nach dem Prinzip der Mindestquotierung sind Listen mindestens zur Hälfte mit Frauen zu besetzen, wobei Frauen die ungeraden Plätze vorbehalten bleiben (§ 1 Abs. 1). Kommt eine Wahl von Frauen auf diesen Plätzen nicht zustande, kann die Versammlung von der Regel abweichen, wobei Frauen in einem „Frauenvotum“, an dem nur Frauen mitwirken dürfen, ein Veto geltend machen können (§ 1 Abs. 2 i. V. m. § 3). Das Saarland gehört nicht zu den Hochburgen der Grünen, sodass die Partei bisher immer nur von einem Abgeordneten vertreten war. Entgegen dem Frauenstatut (Platz 1 = ungerade) war das über Jahre mit Markus Tressel ein Mann. Nachdem dieser auf eine weitere Kandidatur verzichtet hatte, kam es jetzt zu einem Machtkampf, bei dem sich zunächst der langjährige Landesvorsitzende Hubert Ulrich in mehreren Kampfabstimmungen gegen die junge Juristin Jeanne Dillschneider durchgesetzt hatte. In der Folge erklärte das Bundesschiedsgericht der Grünen die Listenwahl allerdings für ungültig. Bei einer weiteren Landesvertreterversammlung wurde dann schließlich, nunmehr im Einklang mit dem Frauenstatut, Dillschneider an die Spitze der Liste gewählt.

Die Wahl ging diesmal offenkundig durch, weil das Bundesschiedsgericht der Grünen den Ausschluss der Delegierten aus Saarlouis, dem Kreisverband Ulrichs, verfügt hatte. Dieser Delegiertenausschluss steht auch im Mittelpunkt der Entscheidung des Bundeswahlausschusses, die Landesliste der Grünen letztlich nicht zur Wahl zuzulassen. Vor dem Bundeswahlausschuss war unstreitig, dass mehrere Parteimitglieder aus anderen Kreisverbänden nicht als Gäste zu der Mitgliederversammlung in Saarlouis zugelassen worden waren, auf der die Delegierten für die Landesvertreterversammlung gewählt wurden. Auch der Presse blieb nach dem oben verlinkten Bericht des Tagesspiegels der Zugang zur Delegiertenaufstellung verwehrt.

Der Bundeswahlausschuss hielt dies allerdings für keinen Grund, die Delegierten aus Saarlouis von der Vertreterversammlung auszuschließen und erkannte hierin eine Verletzung elementarer demokratischer Grundsätze. Die Diskussion im Bundeswahlausschuss dreht sich dabei um das Verhältnis von staatlichem Wahlrecht zu Parteisatzungsrecht. Die Mehrheit ging schließlich davon aus, dass ein nur innerparteilich satzungsrechtlich geregeltes Transparenzgebot den Ausschluss von Delegierten von einer Vertreterversammlung nicht rechtfertigen könne. Die Entscheidung geht an der Rechtslage vorbei, weil es auf ein satzungsrechtliches Transparenzgebot gar nicht ankam.

Wahl der Delegierten in Saarlouis verstieß gegen Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl

Denn die Wahl der Delegierten in Saarlouis verstieß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl. Dieser ist vom Bundesverfassungsgericht anlässlich einer Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Verwendung von Wahlcomputern bei der Bundestagswahl entwickelt und unmittelbar aus dem Demokratieprinzip abgeleitet worden. Danach ist die Öffentlichkeit der Wahl „eine Grundvoraussetzung für eine demokratische politische Willensbildung. Sie sichert die Ordnungsgemäßheit und Nachvollziehbarkeit der Wahlvorgänge und schafft damit eine wesentliche Voraussetzung für begründetes Vertrauen der Bürger in den korrekten Ablauf der Wahl“ (BVerfGE 123, 39 [68]). Öffentlichkeit der Wahl meint hier natürlich nicht, dass die Wähler ihre Stimmabgabe öffentlich machen müssten. Vielmehr geht es darum, dass der gesamte maßgebliche Wahlprozess von jedem Wahlberechtigten beobachtet werden kann, sodass sich jeder selbst vergewissern kann, dass keine Manipulationen stattfinden.

Ausdrücklich betont das BVerfG, dass sich der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl nicht nur auf die Wahlhandlung und Wahlauszählung, sondern auch schon auf das Wahlvorschlagsverfahren bezieht. Bis heute ist nicht im Einzelnen geklärt, welche Fehler bei der Kandidatenaufstellung zugleich einen Wahlfehler begründen. Das BVerfG hat in einer schon älteren Entscheidung eher vage betont, dass bei der Kandidatenaufstellung der Parteien jedenfalls die „elementaren Regeln“ beachtet werden müssten (BVerfGE 89, 243 [253]). Das Gericht nimmt bei dieser zurückhaltenden Prüfung die Gefahr in den Blick, dass einzelne Parteien eventuell sogar ganz bewusst durch Fehler bei der Wahlaufstellung die Gültigkeit der Wahl gefährden könnten. Tatsächlich zeigt der vorliegende Fall die Gefahr einer Ausdehnung des Wahlfehlerbegriffs ins Wahlvorfeld, weil interne Querelen einer einzelnen Partei im Extremfall eine Wiederholung der eigentlichen Wahl, hier also der Bundestagswahl, erforderlich machen könnten.

Wahlprüfung bezieht sich auch auf die parteiinterne Kandidatenaufstellung

Eine radikale Lösung dieses Problems bestünde darin, Wahlfehler innerhalb der Parteien für unerheblich zu erklären und die Wahlprüfung auf das staatliche Verfahren zu beschränken. Diesen Weg hat das BVerfG zu Recht nicht eingeschlagen, weil er das Gebot innerparteilicher Demokratie (Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG) völlig aushöhlen würde. In der Parteiendemokratie ist die Chance des einzelnen Bürgers, selbst in ein Parlament gewählt zu werden, so eng an die Parteien gebunden, dass die passive Wahlfreiheit und -gleichheit nur effektiv durchgesetzt werden können, wenn die Kontrolle im Wahlprüfungsverfahren auch die innerparteiliche Kandidatenaufstellung in den Blick nimmt. Schließlich hat aber auch jeder Bürger – ob selbst Wahlbewerber oder nicht – einen Anspruch darauf, zwischen demokratisch bestimmten Kandidaten wählen zu können.

Jeder Wahlberechtigte kann Fehler im Wahlverfahren mit der Wahlprüfungsbeschwerde angreifen. Ihr Gegenstand können auch die Verletzung elementarer Wahlrechtsgrundsätze bei der Kandidatenaufstellung durch die Parteien sein. In der erwähnten Entscheidung von 1993 erkannte das BVerfG einen solchen elementaren Wahlrechtsverstoß darin, dass einem CDU-Kandidaten lediglich drei Minuten Redezeit zu seiner Vorstellung eingeräumt worden waren (BVerfGE 89, 243 [260]). Schon bei der Delegiertenaufstellung sind elementare Wahlrechtsverstöße nicht auszuschließen. Der einzelne Wahlberechtigte kann sich nur dann von der Ordnungsgemäßheit des Verfahrens überzeugen, wenn er Zugang zu den maßgeblichen Aufstellungsversammlungen erhält. Finden diese unter Totalausschluss der Öffentlichkeit statt, besteht gar nicht erst die Chance, einen Wahlrechtsverstoß festzustellen, um diesen dann im Wahlprüfungsverfahren rügen zu können. Genau hier setzt der verfassungsrechtliche Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl an. Danach ist allerdings nicht nur eine Parteiöffentlichkeit geboten, sondern der grundsätzlich freie Zutritt jedes Wahlberechtigten als Gast zur Beobachtung parteiinterner Kandidatenaufstellung einschließlich der vorgelagerten Delegiertenwahl.

Folgen einer Verletzung von Wahlrechtsgrundsätzen bei der Kandidatenaufstellung

Wenn ein Gebietsverband, wie in Saarlouis geschehen, elementare Wahlgrundsätze verletzt, können die dort gewählten Delegierten nicht an einer besonderen Vertreterversammlung (§ 21 Abs. 1 S. 3 BWG) wie hier der Landesvertreterversammlung im Saarland teilnehmen. Andernfalls würde sich nämlich der Wahlfehler im weiteren Wahlverfahren bis hin zur Bundestagswahl selbst fortsetzen und wäre schließlich im Wahlprüfungsverfahren rügefähig. Das bedeutet aber nicht, dass die Vertreterversammlung wegen des Fehlers bei der Delegiertenaufstellung nicht mehr stattfinden dürfte. Andernfalls wären Wahlfehler in einem einzigen Gebietsverband ausreichend, um die Aufstellung einer Landesliste zu verhindern. Einzelne Gebietsverbände könnten sogar ganz bewusst die Aufstellung einer Landesliste torpedieren, indem sie ihr Verfahren nicht oder fehlerhaft abhalten. Damit würden die demokratischen Beteiligungsrechte der übrigen Verbände und ihrer Delegierten genauso verletzt wie das Recht der Wähler, die von ordnungsgemäß gewählten Delegierten aufgestellten Wahlbewerber zu wählen.

Gerade weil das BVerfG die Wahlprüfung auf sämtliche Abschnitte des Wahlverfahrens erstreckt, müssen Wahlfehler jeweils auf der untersten Ebene abgestellt werden; sie berühren die Gültigkeit übriger Wahlhandlungen nicht. Stellt ein Kreisverband seine Delegierten nicht ordnungsgemäß auf, so sind diese von der Landesvertreterversammlung auszuschließen, ohne dass damit die Gültigkeit des Wahlvorschlags der übrigen Delegierten der Landesvertreterversammlung berührt wäre. Das gleiche Prinzip wendet übrigens – insofern zu Recht – auch der Bundeswahlausschuss an. Denn die Nichtzulassung der grünen Landesliste im Saarland führt natürlich nicht dazu, dass die Wahl zwischen den übrigen Landeslisten jetzt nicht mehr stattfinden dürfte, sondern sie wird jetzt unter Ausschluss der Grünen zwischen den übrigen Parteien stattfinden.

Wahlrechtsverstöße durch das Frauenstatut der Grünen

Das ist im Ergebnis auch richtig. Gegen elementare demokratische Grundsätze verstößt nämlich das Frauenstatut der Grünen. Nach der zutreffenden einschlägigen landesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung sind so genannte Parité-Gesetze, die den Parteien eine geschlechterparitätische Besetzung ihrer Landeslisten vorschreiben, verfassungswidrig (dazu im Überblick Friehe NVwZ 2021, 39 ff.). Denn Demokratie beruht auf der gemeinsamen Willensbildung eines Volkes, das sich aus der Vielfältigkeit ganz unterschiedlicher Menschen zu einer politischen Schicksalsgemeinschaft verbunden hat – e pluribus unum. Deswegen verletzen Paritätsregelung nicht nur Wahlfreiheit und -gleichheit, sondern auch den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Dieser verbietet, das Wahlvolk nach bestimmten sozialen Gruppen in Teilelektorate aufzuspalten.

Zwar wird vielfach angenommen, Paritätsregelungen in Parteisatzungen rechtfertigten sich aus dem Prinzip der Parteifreiheit (so in einer Randbemerkung ThürVerfGH, NVwZ 2020, 1266 [1267]; andeutungsweise BVerfG [K] 2 BvR 3058/14 Rn. 25 mwNw). Ein solcher programmatischer Rabatt für die Beachtung von Wahlrechtsgrundsätzen durch Parteien kann allerdings nicht überzeugen. Mit entsprechender Argumentation ließen sich noch ganz andere Einschränkungen der Wahlrechtsgrundsätze durch innerparteiliche Regelungen rechtfertigen. Wie etwa wäre eine Satzungsregelung zu bewerten, wonach vordere Listenplätze für Kandidaten unter 30 Jahren reserviert wären? Für Kandidaten mit Migrationshintergrund? Dass die Fähigkeit zur Kandidatur vom Bestehen einer vorherigen Prüfung abhängig gemacht wird? Dass eine bestimmte Mindestmitgliedsdauer absolviert wurde? Dass eine erneute Kandidatur nach zwei Legislaturperioden im Parlament ausgeschlossen ist?

Im Fall des Frauenstatuts der Grünen kommt noch hinzu, dass es die ungeraden Plätze stets für Frauen reserviert. Im Falle kleinerer Landesverbände, denen nur ein aussichtsreicher Listenplatz zur Verfügung steht, kommt dies einem – wenn man sich denn an das Statut hält – faktischen Ausschluss von Männern in dem entsprechenden Verband von einem Bundestagsmandat gleich.

Fazit und Ausblick

Das letzte Wort über die saarländische Landesliste der Grünen wird wohl nach der Wahl das BVerfG im Wahlprüfungsverfahren sprechen. Das Gericht wird damit die Gelegenheit erhalten, seine Rechtsprechung zu Wahlfehlern und ihren Folgen bei der innerparteilichen Kandidatenaufstellung zu schärfen. Dabei sollte Karlsruhe die Wahlrechtsgrundsätze auch für das innerparteiliche Verfahren stärken. Gerade in Zeiten zunehmender politische Polarisierung ist es wichtig, dass sich die Legitimation des Bundestages auf allgemeinverbindliche Wahl- und Verfahrensgrundsätze stützen kann. Das gilt für die Öffentlichkeit der Wahl genauso wie für Allgemeinheit, Freiheit und Gleichheit der Wahl.

Der Autor dankt Frau Prof. Dr. Anika Klafki für wertvolle Hinweise und kontroversen Austausch zur Parité.


SUGGESTED CITATION  Friehe, Matthias: Wahlrechtsgrundsätze als Säulen der innerparteilichen Demokratie, VerfBlog, 2021/8/05, https://verfassungsblog.de/wahlrechtsgrundsaetze-als-saeulen-der-innerparteilichen-demokratie/, DOI: 10.17176/20210806-015912-0.

9 Comments

  1. Gert Lauken Fr 6 Aug 2021 at 13:23 - Reply

    Der Beitrag überzeugt mich nicht. Die in Bezug genommene Entscheidung BVerfG 123, 39 betraf nicht die Kandidat*innenaufstellung einer Partei, sondern die Durchführung des staatlich organisierten Wahlakts. Es gibt keinen Grundsatz, dass auch die Kandidat*innenaufstellung einer Partei öffentlich sein müsste. § 21 Abs. 3 (i.V.m. § 27 Abs. 5) BWahlG, der die Wahlrechtsgrundsätze enthält, sieht dieses nicht vor und legt nur fest: (Satz 1): „Die Bewerber und die Vertreter für die Vertreterversammlungen werden in geheimer Abstimmung gewählt.“ Wenn die Kandidaten*innenaufstellung einer Partei und die Wahl der hierzu berufenen Parteivertreter öffentlich i.S.v. Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG sein müssten, hätte – wie bei einer Gerichtsverhandlung oder einer Parlamentssitzung – grundsätzlich jeder das Recht (!), eingelassen zu werden und teilzunehmen, nicht nur andere Parteimitglieder oder die Medien.

  2. Sven Jürgensen Fr 6 Aug 2021 at 15:04 - Reply

    Lieber Matthias,

    herzlichen Dank, dass du dich des Themas angenommen hast. Deinen Ausführungen zum Öffentlichkeitsgebot kann ich nur beipflichten. Dieses speist sich im Verfahren der Kandidatenaufstellung aus zwei Quellen, wahlrechtlich aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG und parteienrechtlich aus dem Gebot der Öffentlichkeit als „demokratischer Grundsatz“ iSv Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG. Als einfachgesetzlicher Anknüpfungspunkt bietet sich dabei – wie Marco Penz überzeugend vorgeschlagen hat – Paragraph 31 BWahlG an, den man aber extensiv auslegen oder analog anwenden müsste. Damit kommen wir zum Problem: Meines Erachtens lässt sich die Geltung eins Öffentlichkeitsgebots gut begründen, ich habe dem einen guten Teil meiner Dissertation gewidmet. Das Problem ist bislang aber wenig diskutiert und ein solches Gebot schon gar nicht „herrschende Meinung“. Dass der Wahlausschuss einen Wahlvorschlag nicht auf der Basis einer bisher wenig diskutierten und aus abstrakten Prinzipien konkretisierungbedürftigen Rechtspflicht ablehnt, halte ich für durchaus richtig. Damit bleiben der Ausschluss der Delegierten und deine Paritéproblem. Zu ersterem hast du ja nicht abschließend Stellung genommen, das würde mich schon interessieren. So ein Ausschluss einer Delegation von der Versammlung wirkt natürlich schwer, aber immerhin geht es um eine satzungsmäßige Wahl, wenn die Delegierten vorher angekündigt haben dem nicht zu folgen, ist das für die Parteiorgane schon problematisch, denn auch innerhalb der Parteien entpflichtet das freie Mandat nicht von der geltenden Rechtslage. Es fragt sich also was Alternativen gewesen wären, jedenfalls müsste man sich damit auseinandersetzen (inwiefern das vor dem Bundeswahlausschuss geschehen ist, kann ich gerade nicht nachvollziehen). Nun zum zweiten: deine Ansicht zur Quotenregelung überzeugt mich nicht. Denn auch wenn man zur Verfassungswidrigkeit von staatlichen Quotenregelungen kommt, was auch nach den Entscheidungen aus Thüringen und Brandenburg und deinem Aufsatz alles andere als zwingend ist, muss das nicht für die Parteien gelten. Du erzeugst gerade mit deinen Beispielen den Eindruck, als seien solche Quoten demokratiefremd, obgleich sie der Durchsetzung demokratischer Prinzipien wie der Chancengleichheit und der Repräsentation dienen, die auch normativ im GG Rückhalt finden. Das staatsgerichtete Demokratiegebot beansprucht zudem in den Parteien nicht denselben Inhalt. Die Parteienfreiheit ist kein „Rabatt“, sondern eröffnet den Parteien Gestaltungsspielräume bei der Frage wie sie demokratische Prozesse gestalten möchten. Dies natürlich nicht grenzenlos, Öffentlichkeit ist ja z.b. ein Grundsatz den die Parteien m.E. weitgehend Rechnung zu tragen haben. Die Förderung demokratischer Teilhabe von Frauen lässt sich hier aber sehr wohl in Ansatz bringen, zumal die Listenaufstellung ohnehin ein Vorgang ist, der in allen Parteien stark von Proporzen geprägt ist (das Geschlecht tritt hier neben regionale Aspekte oder innerparteiliche Strömungen). So zu tun, als wenn Quoten irgendwie abstrus wären, wird der Sache gerade angesichts der Bedeutung der Entscheidung nicht gerecht. Erneut zeigt sich jedenfalls, wie wichtig die Regelung eines der Wahl vorgeschalteten Rechtsschutzverfahren wäre.

    Herzliche Grüße
    Sven Jürgensen

  3. Th. Koch Fr 6 Aug 2021 at 21:28 - Reply

    Der Beitrag lässt Raum für weitere Diskussionen:

    1. Zunächst versteht sich nicht für selbst, dass ein Parité-Prinzip auch bei der innerparteilichen Kandidatenaufstellung auf Bedenken stoßen muss. Für den Staat gilt im Zusammenhang mit Wahlen der Gleichheitss