Zur geplanten Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts
Die Ampel-Koalition plant eine Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts, mithin eine Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG), und verfolgt damit ihre im Koalitionsvertrag gesetzten Ziele. Dort heißt es auf S. 118 zum Thema Staatsangehörigkeit unter anderem: »Wir schaffen ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht. Dafür werden wir die Mehrfachstaatsangehörigkeit ermöglichen und den Weg zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit vereinfachen. Eine Einbürgerung soll in der Regel nach fünf Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen nach drei Jahren.« Inzwischen liegt ein Referentenentwurf (StAG-E) des BMI vor, der eine »Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts« anstrebt.
Einige Facetten zu den Reformplänen wurden bereits an anderer Stelle beleuchtet (siehe hier und hier und hier). Deshalb fokussiert sich dieser Beitrag auf die folgenden beiden Punkte, die – obwohl auch andere Änderungen geplant sind – Politiker der CDU/CSU und andere Stimmen aus dem konservativen Lager sowie Politiker der AfD besonders scharf kritisieren: Die Hinnahme von Mehrstaatigkeit und die Absenkung des Aufenthaltserfordernisses auf in der Regel fünf Jahre. Nach dem Abebben der ersten reflexartigen Kritikwelle Ende November/Anfang Dezember 2022, scheint eine kurze Einsortierung der geplanten Änderungen angezeigt. Diese zeigt, dass sich Deutschland damit in guter Gesellschaft vieler europäischer Nachbarstaaten befinden würde. Insgesamt sprechen gute Gründe dafür, sowohl Mehrstaatigkeit hinzunehmen als auch das Aufenthaltserfordernis abzusenken.
Verschiedene Wege führen zur deutschen Staatsangehörigkeit
Es gibt zahlreiche Wege eine Staatsangehörigkeit zu erlangen1) und auch die deutsche Staatsangehörigkeit kann auf vielen verschiedenen Wegen erworben werden. Grundlegend lässt sich anhand des Erwerbzeitpunkts unterscheiden: Man kann eine Staatsangehörigkeit bereits bei Geburt oder im Laufe des Lebens durch Einbürgerung erwerben.
Erwerb einer Staatsangehörigkeit bei Geburt
Hinsichtlich des Erwerbs einer Staatsangehörigkeit bei Geburt kennt das StAG zwei maßgebliche Regelungen. Das deutsche Regime folgt – wie die meisten europäischen Staaten – grundsätzlich dem ius-sanguinis-Grundsatz beziehungsweise dem Abstammungsprinzip: Ist ein Elternteil deutscher Staatsangehöriger, so erhält das Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, vgl. § 4 Abs. 1 StAG. Daneben kennt das StAG allerdings auch den ius-soli-Grundsatz beziehungsweise das Geburtsortprinzip: Nach § 4 Abs. 3 StAG erwirbt ein Kind ausländischer Eltern durch die Geburt in Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Nr. 1) und ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzt (Nr. 2). Da die Verleihung der Staatsangehörigkeit an die Geburt im Inland anknüpft, handelt es sich um eine – durch Nr. 1 und 2 eingeschränkte – ius-soli-Regelung. Nach der damaligen Gesetzesbegründung »soll den [in Deutschland] aufwachsenden Kindern ausländischer Eltern die deutsche Staatsangehörigkeit frühzeitig zuerkannt werden, um ihre Integration in die deutschen Lebensverhältnisse zu verbessern. Langfristig wird ferner die angestrebte Kongruenz zwischen inländischer Wohnbevölkerung und Staatsvolk (Staatsangehörigen) gesichert.«2)
Der nun vorliegende Referentenentwurf sieht eine (minimale) Änderung dieser ius-soli-Regelung vor, indem er das Aufenthaltserfordernis in Nr. 1 von acht auf fünf Jahre senkt, vgl. § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 StAG-E. Damit wird eine Kongruenz zur gewöhnlichen Einbürgerung nach § 10 StAG aufrechterhalten, schließlich liegt das Hauptaugenmerk der geplanten Änderungen auf den Einbürgerungsvoraussetzungen.
Einbürgerung: Erwerb einer Staatsangehörigkeit im Laufe des Lebens
Es gibt zahlreiche Wege die deutsche Staatsangehörigkeit nach Geburt, also im Laufe des Lebens zu erlangen. Die in der Praxis quantitativ bedeutendste Rechtsgrundlage für eine Einbürgerung ist § 10 StAG, der die Anspruchseinbürgerung normiert. Dieser enthält in Abs. 1 – neben dem erforderlichen Antrag – zahlreiche Voraussetzungen. Etwas vereinfacht ausgedrückt muss ein Einbürgerungsbewerber grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllen:
- rechtmäßiger, gewöhnlicher Aufenthalt im Inland seit acht Jahren;
- Handlungsfähigkeit nach § 37 Abs. 1 S. 1 StAG oder gesetzliche Vertretung;
- unbefristetes oder auf Dauer angelegtes Aufenthaltsrecht zum Zeitpunkt der Einbürgerung;
- geklärte Identität und Staatsangehörigkeit;
- Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes;
- Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit;
- ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (mündliche und schriftliche deutsche Sprachkenntnisse auf dem Niveau B 1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens für Sprachen);
- Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland (in der Regel durch Bestehen des Einbürgerungstests);
- eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts für sich und die unterhaltsberechtigten Angehörigen;
- keine Verurteilung wegen einer Straftat;
- Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse, insbesondere keine Verheiratung gleichzeitig mit mehreren Ehegatten.
An dieser Aufzählung sieht man, dass die Einbürgerung recht voraussetzungsreich ist. Insbesondere ist der erforderliche Aufenthalt im Vorfeld der Einbürgerung nur eine von vielen Voraussetzungen. Unbenommen bleibt, dass von bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise abgesehen werden kann, vgl. zum Beispiel § 10 Abs. 6, § 12 StAG.
Erleichterung der Einbürgerung
Der Referentenentwurf zielt auf eine Erleichterung der Einbürgerung, unter anderem indem das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit aufgegeben und das Aufenthaltserfordernis für die gewöhnliche Einbürgerung abgesenkt wird.
Zwei allgemeine Punkte sollten sich bezüglich der geplanten Liberalisierung vergegenwärtigt werden. Zum einen müssen Einbürgerungsvoraussetzungen generell vor dem Hintergrund demokratischer Teilhabe betrachtet werden: Das Bundesverfassungsgericht hat anerkannt, dass eine Kongruenz zwischen den Inhabern demokratischer politischer Rechte, also den Staatsangehörigen, und den dauerhaft einer bestimmten staatlichen Herrschaft Unterworfenen dem Grunde nach der demokratischen Idee entspricht.3) Allein schon diese Überlegung spricht gegen überzogene Einbürgerungsvoraussetzungen.
Zum anderen steht Deutschland nach dem Migrant Integration Policy Index von 2020 – ein internationaler Vergleich, der Staaten unter anderem hinsichtlich des Zugangs zur Staatsangehörigkeit vergleicht – auf Platz 30 (von 56) und damit etwa hinter Frankreich, Norwegen, Polen und dem Vereinigten Königreich. Einfach zu erlangen ist die deutsche Staatsangehörigkeit also derzeit nicht. Auch bei Umsetzung der geplanten Änderungen gäbe es zahlreiche Staatsangehörigkeiten die einfacher zu erlangen wären.
Hinnahme von Mehrstaatigkeit
Mehrfache Staatsangehörigkeit wird nach der derzeitigen Konzeption des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts nur ausnahmsweise zugelassen. Das Leitbild des StAG ist weiterhin ihre Vermeidung, wie unter anderem § 10 Abs. 1 Nr. 4 StAG zeigt, wonach Einbürgerungsvoraussetzung ist, dass der Einbürgerungswillige »seine bisherige Staatsangehörigkeit aufgibt oder verliert«. Zwar kann hiervon nach § 12 StAG ausnahmsweise abgesehen und mithin die Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit gestattet werden, allerdings sind die Kriterien für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit eng – es sei denn der Einbürgerungswillige besitzt die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaates oder der Schweiz, denn für diese Gruppen von Staatsangehörigen gilt gemäß § 12 Abs. 2 StAG die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG nicht. Insofern werden obige Gruppen von Staatsangehörigen bei der Einbürgerung bevorzugt und das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit nicht stringent aufrechterhalten. Diese Bevorzugung kann man aus Gleichbehandlungserwägungen hinterfragen. Für sonstige Einbürgerungswillige wird nach § 12 Abs. 1 S. 1 StAG von der Voraussetzung des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 StAG abgesehen und Mehrstaatigkeit mithin hingenommen, »wenn der Ausländer seine bisherige Staatsangehörigkeit nicht oder nur unter besonders schwierigen Bedingungen aufgeben kann.« Satz 2 von § 12 Abs. 1 StAG führt auf, wann solche Bedingungen anzunehmen sind. Es handelt sich um enge Fallgruppen, sodass Nicht-EU-Ausländern Mehrstaatigkeit regelmäßig nicht gestattet wird.
Die Vermeidung von Mehrstaatigkeit wird allerdings oft der Lebenswirklichkeit vieler Menschen nicht gerecht, da sie eine Verbundenheit zu mehr als einem Staat haben und auch ein legitimes Interesse, mehr als eine Staatsangehörigkeit zu besitzen. Zudem wird die nicht bestehende Möglichkeit der Mehrstaatigkeit regelmäßig als Einbürgerungshemmnis beschrieben: Zwar erfüllen zahlreiche in Deutschland wohnhafte Menschen die Voraussetzungen der Anspruchseinbürgerung, allerdings müssten sie ihre bisherige Staatsangehörigkeit ablegen – und dies wollen die betroffenen Personen oftmals nicht. Dadurch geht der integrationsfördernde Aspekt einer Einbürgerung verloren (siehe hierzu auch den Beitrag von den Sina Fontana).
Zu begrüßen ist deshalb, dass der Referentenentwurf eine ersatzlose Aufhebung von § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und § 12 StAG vorsieht und somit das Prinzip der Vermeidung von Mehrstaatigkeit aufgibt. Damit würde auch die bisherige, oben beschriebene Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit des Einbürgerungsbewerbers abgeschafft.
Gegen die Hinnahme von Mehrstaatigkeit führen Kritiker vermeintliche Loyalitätskonflikte ins Feld. Dies entspringt im Kern einer subordinationsrechtlichen Sichtweise und dem – in früheren Zeiten oft geäußerten – Gedanken, dass ein Mensch nicht Diener zweier Herren sein könne. Deutlich formulierte dies zum Beispiel der deutsche Rechtsgelehrte Ferdinand von Martitz im Jahre 1875: »Niemand kann zwei Herren dienen. […] Niemand kann zwei Staaten angehören. Wer ein guter Deutscher ist, kann nicht zugleich Franzose sein; […]«.4) Zwar hat – soweit ersichtlich – kein Kritiker der geplanten Änderungen eine Aussage in dieser Schärfe getätigt. Allerdings fragt man sich, worin die behaupteten Loyalitätskonflikte wurzeln sollen, wenn nicht in diesem Gedanken. Die Kritiker übersehen offenbar, dass die Staatsangehörigkeit die Mitgliedschaft in einem politisch verfassten Gemeinwesen darstellt und nicht eine subordinationsrechtliche Beziehung zu einem Landesherrn. Vielmehr muss aus der Perspektive des liberalen Rechtsstaates Folgendes hervorgehoben werden: Staatsangehörige (unabhängig von dem Besitz weiterer Staatsangehörigkeiten) trifft über den normalen Gesetzesgehorsam keine hinausgehende Loyalitätspflicht. Prägnant formulierte der ehemalige Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde: »Zum rechtsstaatlichen Freiheitsprinzip gehört, daß der Bürger, der sich im Rahmen der Gesetze, also legal, verhält, ein loyaler Bürger ist.«5)
Auch die oft beschworenen zwischenstaatlichen Kompetenzkonflikte existieren in der Realität nicht. Hierzu ein kurzer Hintergrund: Das diesbezügliche theoretische Problem der Mehrstaatigkeit besteht darin, dass durch die Staatsangehörigkeit von mindestens zwei Staaten keine ausschließliche Zuordnung zu nur einem Staat erfolgen kann und dadurch das traditionelle Konzept der Staatsangehörigkeit als Zuordnungsinstrument gestört wird. Vielmehr konkurrieren mehrere Staaten um eine Person. Keine Staatsangehörigkeit (und der damit einhergehende Regelungsanspruch) kann aufgrund der Gleichheit souveräner Staaten die andere Staatsangehörigkeit automatisch überwiegen. Trotz der Mehrstaatigkeit darf daher jeder Heimatstaat die Person so behandeln, als ob diese nur seine Staatsangehörigkeit besitzen würde. Dies kann für den Einzelnen – nicht für den Staat – theoretisch zu Konflikten führen. Plakativ – wenngleich in Bezug auf Deutschland wenig realitätsnah – ist das oft bemühte Beispiel der doppelten Inanspruchnahme bei kriegerischen Auseinandersetzungen, wenn beide Heimatstaaten miteinander in Krieg stünden. Zwar sind zuordnungsrechtliche Konflikte bei Mehrstaatern, vor allem bzgl. der einzelnen Ausflüsse der Personalhoheit als Rechtsfolge der Staatsangehörigkeit, zwar theoretisch denkbar, aber heutzutage in der Realität kein ernsthaftes Problem. Etwaige Konfliktlagen – wie zum Beispiel eine doppelte militärische Inanspruchnahme – sind durch entsprechende Vereinbarungen entschärft. So bestimmt beispielsweise Art. 21 Abs. 1 Europäisches Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit (EÜStA): »Wer die Staatsangehörigkeit von zwei oder mehr Vertragsstaaten besitzt, braucht seine Wehrpflicht nur gegenüber einem dieser Vertragsstaaten zu erfüllen.« Überdies erscheint zweifelhaft, wie Fragen doppelter Verpflichtungen gegen die Möglichkeit von Mehrstaatigkeit ernsthaft ins Feld geführt werden können. Mehrstaatigkeit eröffnet die (theoretische) Möglichkeit, dass eine Person bezüglich eines Sachverhaltes von mehreren Staaten in Anspruch genommen wird. Dies kann, wenn überhaupt, zu einem Nachteil für den jeweiligen Menschen werden, nicht für die Heimatstaaten. Unbenommen bleibt, dass aufgrund der mehrfachen Zuordnung in Ausnahmefällen politische Konflikte denkbar sind. Allerdings sind solche Konflikte immer möglich, sobald mehrere Staaten eine Person – aufgrund eines legitimen Anknüpfungspunktes, wie der Gebietshoheit – in Anspruch nehmen.
Die Staatsangehörigkeit ist ein Zuordnungsinstrument mithilfe dessen die einzelnen Menschen den verschiedenen Staaten zugeordnet werden. Allerdings ist diese Zuordnung nicht exklusiv konzipiert: Einer mehrfachen Mitgliedschaft, sprich Mehrstaatigkeit, stehen keine grundsätzlichen Bedenken entgegen. Insofern verwundert es nicht, dass zahlreiche Staaten Mehrstaatigkeit offen gegenüberstehen und sich hier in der Praxis keine ernsthaften Schwierigkeiten zeigen.
Absenkung des Aufenthaltserfordernisses
Ein weiterer zentraler Punkt der geplanten StAG-Novelle ist die Absenkung der erforderlichen Mindestaufenthaltsdauer im Vorfeld der gewöhnlichen Einbürgerung. Nach § 10 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 StAG ist derzeit ein Aufenthalt von acht Jahren erforderlich. Dieses Erfordernis soll auf fünf Jahre gesenkt werden, vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 StAG-E. Vorab sei betont, dass sich Deutschland mit dem Aufenthaltserfordernis von derzeit acht Jahren am oberen Ende der – für Deutschland verbindlichen – völkerrechtlichen Vorgaben befindet: Art. 6 Abs. 3 S. 2 EÜStA schreibt vor, dass bei der Festlegung der Einbürgerungsbedingungen kein Vertragsstaat eine Aufenthaltsdauer von mehr als zehn Jahren vor der Antragstellung vorsehen darf. Insofern sind den von zum Beispiel der AfD zuweilen ins Spiel gebrachten Verschärfungen der Einbürgerungsvoraussetzungen völkerrechtliche Grenzen gesetzt.
Die Absenkung des Aufenthaltserfordernisses würde den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit erleichtern. Von einem »Verramschen« – so die Wortwahl von Politikern der Union – kann aber keine Rede sein. Wenn man bei dieser Markt-Terminologie bleiben möchte, müsste man sich den »Staatsangehörigkeits-Markt« ansehen. Hierbei würde man erkennen, dass eine Aufenthaltsdauer von fünf Jahren im europäischen Vergleich nichts Ungewöhnliches ist: Zahlreiche europäische Staaten – wie z.B. Belgien, Bulgarien, Tschechien, Finnland, Frankreich, Irland, Lettland, Luxemburg, die Niederlande, Portugal, Schweden, die Türkei, die Ukraine und das Vereinigte Königreich – sehen ebenfalls ein Aufenthaltserfordernis von fünf Jahren für die gewöhnliche Einbürgerung vor. Mit den geplanten Änderungen würde sich Deutschland also gut in seine europäische Nachbarschaft einfügen.
Für die Absenkung des Aufenthaltserfordernisses spricht ferner unter anderem folgendes sozialwissenschaftliches Argument: Studien zeigen zum einen, dass eine Einbürgerung die Integration in den Zielstaat fördert und zum anderen, dass diese Wirkung am stärksten ist, wenn der Erwerb der Staatsangehörigkeit nach ca. vier bis sechs Jahren möglich ist.6)
Fazit
Jeder Staat respektive jede staatlich verfasste Gesellschaft muss sich fragen, wie offen sie für Ausländer sein möchte. Eine der damit zusammenhängenden Facetten betrifft die Frage des Zugangs zum Staatsvolk, also der Verleihung der Staatsangehörigkeit. Hierbei gibt es (selbstverständlich) verschiedene legitime politische Positionen. Allerdings sollte trotz aller Emotionalität dieses Themas eine sachliche Diskussion hierüber geführt werden.