“Kein Plagiat”? Guttenbergs Doktorvater Häberle in Nöten
Dass unser wohlgeformter Oberbefehlshaber in Friedenszeiten seine Verfassungsrechts-Diss teilweise wortwörtlich aus der Zeitung abgepinnt hat, lässt sich angesichts der Dokumentation in der FAZ kaum mehr sinnvoll bestreiten.
Sein Doktorvater tut es trotzdem:
„Die Arbeit ist kein Plagiat. Sie wurde von mir in zahlreichen Beratungsgesprächen eingehend kontrolliert. Herr zu Guttenberg war einer meiner besten Seminaristen und Doktoranden.“
Peter Häberle ist einer der Größten im Verfassungsrecht der deutschen Nachkriegsgeschichte. Seine offene Gesellschaft der Verfassungsinterpreten ist ein Konzept, das mir und vielen anderen zum Leitstern des Nachdenkens über Verfassungsrecht und Verfassungspolitik geworden ist.
Aber da hat er wohl daneben gelangt.
Und Ken wird doch nicht Kanzler.
Hab ich schon einmal erwähnt, dass Karl-Theodor am Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim eine Klasse unter mir war? Nicht, dass ich mich an ihn erinnern würde…
Update: Ich habe die Fahne der Rezension der Guttenberg-Diss über den EU-Verfassungsvertrag zugeschickt bekommen, die Andreas Fischer-Lescano in der KritJ veröffentlichen will und den Stein ins Rollen gebracht hat.
Die Rezension hat es in sich: Der “wissenschaftliche Ertrag der Arbeit ist bescheiden”, heißt es da, und: “Zu Guttenbergs Argumentation mäandert vor sich hin und zermürbt die Leser_innen durch seitenlanges Politsprech und die Nacherzählung rechtspolitischer Diskussionen im Konvent.” Und dann werden die Passagen, die Guttenberg aus sieben verschiedenen Aufsätzen und Artikeln abgeschrieben hat, wörtlich dokumentiert. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Nein, da gibt es wirklich keinen Spielraum mehr für Verständnis.
Rudolf Streinz war Zweitgutachter, der wird jetzt auch nicht so gut schlafen…
Update: CSU-Landesgruppenchef Friedrich beschimpft Fischer-Lescano als “Linksaußen” und “Enthüllungsprofessor”.
Fischer-Lescano ist einer der profiliertesten Völkerrechtler der jüngeren Generation. Dass der oberste Bundes-CSUler von ihm offenbar noch nie gehört hat, ist auch bezeichnend.
Update: Und außerdem könnte ich kotzen, dass die CSU einen so glashart dokumentierten, rein wissenschaftlich-methodischen Vorwurf als politisch motivierten Feldzug umzuetikettieren versucht. Wissenschaft ist nicht möglich, wenn man keine Methodenkritik üben kann, ohne politischer Motive verdächtigt zu werden.
Die Rezension ist auch hier zu beziehen.
die Rezension würde ich auch gerne lesen – steht schon fest, wann der beitrag in der KritJ erscheinen soll?
Link zu den Druckfahnen des KJ-Beitrags: http://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2011/02/9010212034.pdf
http://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2011/02/9010212034.pdf
Die Rezension wird in der ersten Ausgabe der KritJ 2011 veröffentlicht, welche Ende Februar 2011 erscheinen soll (so der Verlag).
http://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2011/02/9010212034.pdf
Die Rezension, inkl. einer Gegenüberstellung aller plagiierten Textstellen ist bereits online: http://ifg.rosalux.de/files/2011/02/Rezension_KritischeJustiz2011.pdf
@ Gonzo
Das ist ein Inhaltsverzeichnis Heft 1, 44. Jahrgang 2011, aber keine Rezension.
[…] “Kein Plagiat”? Guttenbergs Doktorvater Häberle in Nöten «Dass unser wohlgeformter Oberbefehlshaber in Friedenszeiten seine Verfassungsrechts-Diss teilweise wortwörtlich aus der Zeitung abgepinnt hat, lässt sich angesichts der Dokumentation in der FAZ kaum mehr sinnvoll bestreiten.» […]
Häberle ist ein Rechtswissenschaftler der alten Schule, dem die Segnungen des Copy & Paste vermutlich vollständig fremd sind.
@Grundrechteforum: Das ist ein PDF, in dem man eine Seite weiter runterscrollen kann – dann kommt die Rezension, auf S. 112. Ich sehe sie mit meinen eigenen Augen 😉
@Grundrechteforum: das nicht, aber der von Jens gepostete Link enthält die Rezension. Sehr interessant!
Dass in Deutschland wer weiß wie viele erschummelte oder gekaufte Doktortitel herumlaufen, weiß man ja. Da kann man sich nur wundern, wie viele Hochschulprofessoren da klammheimlich mitmachen.
Was am Fall Guttenberg erschreckt, ist die große Bedeutung, die dieser BILD-abhängige Politiker der Imagepflege beimisst. Der Typ ist wie seine Doktorarbeit – mehr Fassade als Substanz, mehr Zitat als eigene Gdanken. Schon als Staatssekretär wäre er eigentlich zu hoch angesiedelt – als Minister ist er geradezu eine Gefahr, wenn man bedenkt, wie viel Mittelmäßigkeit und Unfähigkeit sich hinter den hübschen Männerbildern verbirgt.
Wenn Doktorväterchen Häberle sich jetzt schützend vor den eigentlich schon überführten Abschreiber stellt, muss man annehmen, dass er sehr bewusst den “Hoffnungsträger” durchgewunken hat. Sieht doch sehr nach Ge