Mit den eigenen Waffen geschlagen: Die Reaktion des EuGH auf den unbedingten Vorrang der Menschenwürde vor dem Unionsrecht nach dem BVerfG
Der EuGH bewegt sich – aber er gibt dabei klar die Richtung vor. Das ist das Fazit zu seinem Urteil von vorgestern zum europäischen Haftbefehl. Die Antwort auf eine Vorlage des OLG Bremen, in der es um die Auslieferung aufgrund eines europäischen Haftbefehls bei der Gefahr menschenrechtswidriger Haftbedingungen im ersuchenden Staat ging, war zuletzt mit besonderer Spannung erwartet worden. Denn das BVerfG hatte vor kurzem einen Auslieferungsfall nach Italien zum Anlass genommen, nach Jahrzehnten die Solange-Rechtsprechung für den Anwendungsbereich der Menschenwürde in den Ruhestand zu verabschieden: Künftig hat Art. 1 Abs. 1 GG über den Hebel der Identitätskontrolle, und zwar ungeachtet des generellen Grundrechtsschutzstandards in der EU, immer Vorrang vor kollidierenden unionsrechtlichen Verpflichtungen. Dies konnte von europäischer Seite kaum unwidersprochen bleiben.
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