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30 April 2024

Kein Kniefall vorm Gericht

Eine klaffende Lücke im Rechtsschutzsystem der Bundesrepublik gäbe einer autoritär-populistischen Regierung die Möglichkeit, sich aus eigener Machtvollkommenheit über Gerichtsentscheidungen hinwegzusetzen – ohne nennenswerte Konsequenzen. Denn einer Regierung, die Urteile missachtet, setzen Gerichte kaum etwas entgegen. Deshalb soll das verwaltungsprozessuale Zwangsvollstreckungsrecht reformiert werden. Die geplanten Änderungen werden aber nicht für mehr Resilienz gegen exekutiven Ungehorsam sorgen. Continue reading >>
29 March 2023

Die papierene Macht des Rechts und seine Perversion

Deutschland sah sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs verstärkten Bombenangriffen ausgesetzt, die natürlich auch Justizgebäude nicht verschonten, ganz abgesehen vom Personalschwund durch Abberufung von Richtern an die Front. Gleichwohl habe es, so Benjamin Lahusen in seiner Studie "Der Dienstbetrieb ist nicht gestört. Die Deutschen und ihre Justiz 1943-1948", einen Stillstand der Rechtspflege niemals gegeben. Jedenfalls haben die Rechtsarbeiter und ihr Hilfspersonal alles dafür getan, dass der ungestörte Dienstbetrieb noch lange aufrechterhalten werden konnte. Wie ist das Bemühen um die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebs zu bewerten? Handelt es sich um eine zivilisatorische und damit deutsche Errungenschaft oder stellt es nur den Gipfel der Perversion dar, wenn inmitten eines inländischen und ausländischen Vernichtungskriegs die Justiz in den normalen Alltagsfällen noch ihrer Arbeit nachgeht und dem Bürger das Gefühl einer Rechtsordnung oder sogar eines Rechtsstaats gibt? Continue reading >>
18 November 2022

Worth Waiting For

Am 10. November 2022 hat der Bundestag endlich beschlossen, das Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (UN-Sozialpakt) zu ratifizieren, das ein Individualbeschwerdeverfahren bei Menschenrechtsverletzungen ermöglicht. Dies war lange überfällig. Inwiefern sich dieser Schritt aber auch tatsächlich auf die individuellen Rechte auswirkt, steht und fällt mit der zukünftigen Praxis der nationalen Gerichte, die eine Prüfung häufig ablehnen. Diese Haltung reflektiert (auch) eine grundsätzliche Einstellung der Rechtswissenschaft zu den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten (wsk-Rechte), die sich dringend ändern muss. Continue reading >>
08 January 2021

Zoom in den Gerichtssaal?

Seit dem Ausbruch der Corona-Krise sehen sich diverse Gerichte zunehmend vor die Schwierigkeit gestellt, den normalen Betrieb unter Einhaltung der Maßnahmen zur sozialen Distanz aufrechtzuerhalten. Um dem oftmals verhängten Notbetrieb Abhilfe zu schaffen, wird immer eifriger an der Einführung digitaler Gerichtsprozesse gearbeitet. Ausgeblendet wird in diesen Diskussionen oftmals die Tatsache, dass mit der Digitalisierung von Rechtsprozessen wesentlich grundsätzlichere Fragen zum Wesen und zur Funktionsweise des Rechts aufgeworfen werden, die sich bei näherer Betrachtung als unlösbar mit Fragen von Präsenz verflochten erweisen. Continue reading >>
09 November 2020

Pars pro Toto

Dieser Beitrag wurde am 09. November verfasst, am „Schicksalstag“ der deutschen Geschichte. Auch wenn die Ereignisse in Leipzig zwei Tage zuvor sicherlich (oder hoffentlich) kein Schicksalstag waren, so machen sie an diesem Tag besonders betroffen. Sie erinnern nämlich daran, dass Deutschland derzeit möglicherweise dabei ist, sein Gleichgewicht zu verlieren, und zwar nicht nur das politische Gleichgewicht, sondern auch das genauso wichtige Gleichgewicht zwischen Legislative, Exekutive und Judikatur. Continue reading >>
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