21 März 2023
Notrecht am Limit
Die am 19. März 2023 bekannt gegebene Übernahme der Credit Suisse AG («CS») durch die UBS AG und die diesbezüglich im Eiltempo erlassenen Massnahmen und Rechtsakte eröffnen eine Flut von juristischen Streitfragen. Bei der Suche nach Antworten auf diese Probleme wird man schnell auf den Dreh- und Angelpunkt der ganzen Operation stossen: Die bundesrätliche «CS-Notverordnung»? Dass Fragen dieser Tragweite durch exekutive ad-hoc Beschlüsse und nicht durch im vornherein klar in formellen Gesetzen etablierten Prinzipien beantwortet werden, wirft tiefgreifende Probleme bezüglich der Vereinbarung dieser Notrechtsbestimmungen mit der Gewaltentrennung und der Rechtsstaatlichkeit auf. Continue reading >>
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13 März 2023
Israels Staatsumbau
Israels neue rechtsreligiöse Regierung unter Benjamin arbeitet an einer Justizreform, die hunderttausende Demonstranten auf die Straße treibt und in der Kritik steht, den israelischen Rechtsstaat zu zerstören. Bei genauerer Betrachtung wird klar, dass es bei den Protesten nicht nur um die Reform selbst, sondern auch um grundlegende Fragen nach dem Charakter des jüdischen Staates und seiner Identität geht. Das israelische Rechtssystem steht schon immer stellvertretend für den Staat selbst. Die gespaltene israelische Gesellschaft streitet um das Verständnis von Demokratie, das Verhältnis von Religion und Staat und um die zukünftige Machtposition einzelner Gesellschaftsgruppen. Continue reading >>26 Mai 2022
Wer sind die Regierungsbeauftragten?
Die Ernennung der Greenpeace-Aktivistin Jennifer Morgan zur Sonderbeauftragten der Bundesregierung für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt erzeugte zuletzt ein großes Echo in der deutschen Medienlandschaft. Das öffentliche Interesse an den Beauftragten der Bundesregierung ebbt jedoch meist schnell nach der medienwirksamen Schaffung eines neuen Amtes ab und hat das Verfassungsrecht ebenfalls noch nicht nachhaltig beschäftigt. Dabei wäre ein Bundesbeauftragten-Gesetz wünschenswert. Continue reading >>
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22 Juni 2020
Corona Constitutional #37: Epidemische (Schief-)Lage
Während die Deutschen wieder Bars besuchen und Urlaube planen, funktioniert die Politik weiter im Corona-Ausnahme-Modus. Ist es an der Zeit, das Ende der epidemischen Lage einzuläuten? Und wie wirkt sich das Virus auf unser Verständnis von Demokratie und Gewaltenteilung aus? Darüber diskutiert Charlotte Heppner im heutigen Podcast mit THORSTEN KINGREEN von der Universität Regensburg. Continue reading >>
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02 April 2020
Der Wille des Volkes
Die sogenannte Verfassungsreform in Russland geht weit über die bloße Amtszeitverlängerung Putins hinaus. Sie stärkt die präsidentielle Macht und schreibt die Verfassungspraxis und die zentralen Rechtfertigungstopoi Putins als Aufträge an die Regierung in der Verfassung fest. Während die russische Verfassung von 1993 im Hinblick auf Freiheitsrechte und Gewaltenteilung zuletzt weitgehend nur auf dem Papier existierte, wird dieses Papier nun an die Realität angepasst. Continue reading >>
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30 November 2019
Packt die Exekutive den Rechtsstaat?
Der ehemalige Bundesminister des Innern und jetzige MdB Thomas de Maizière hat kürzlich unter anderem eine umfassende Reform der Justiz und ihrer Verwaltung gefordert. Die den Vorschlägen zugrunde liegende ökonomistische Sichtweise auf die Justiz scheint jedoch manchmal Effizienz mit Effektivität zu verwechseln und droht, die fein austarierte Gewaltenteilung der Verfassungsordnung zu untergraben. Continue reading >>
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16 Mai 2019
Mit der Brechstange: EuGH erfindet Grundrecht auf Arbeitszeiterfassung
Alle Arbeitnehmer in der EU haben ein Grundrecht auf Arbeitszeiterfassung! Das steht zwar so nirgends, ist aber zum Schutz der Arbeitnehmer durch Höchstarbeits- und Mindestruhezeiten zwingend notwendig und diese Notwendigkeit ersetzt fehlenden Gesetzestext. Das hat der Europäische Gerichtshof gerade entschieden. Doch so berechtigt der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer auch ist, der Zweck heiligt nicht jedes Mittel, jedenfalls nicht einen lockeren Umgang mit der Gewaltenteilung. Continue reading >>29 April 2019
Die Zukunft des Regierungssystems – Zur semi-parlamentarischen Option
Die Ergebnisse der spanischen Parlamentswahlen bestätigen einmal mehr den Trend hin zur Fragmentierung der Parlamente. Spätestens seit der Bundestagswahl 2017 wissen wir auch in Deutschland, dass die Regierungsbildung dadurch schwieriger wird. Dieses Problem ist jedoch keineswegs das unvermeidliche Schicksal der parlamentarischen Demokratien der Gegenwart, sondern ließe sich durch institutionelle Reformen abschwächen, die bürgerlicher Gleichheit den Vorrang gegenüber innerparlamentarischer Gleichheitssymbolik einräumen. Continue reading >>20 November 2017
Warum eine Minderheitsregierung niemand wollen kann
Kommt es nach dem Scheitern der Jamaika-Verhandlungen zu einer Minderheitsregierung? Deren Befürworter erhoffen sich davon eine Renaissance des Parlamentarismus. Solche Vorstellungen sind aber, bei allem Respekt, romantischer Unfug und beruhen auf grundsätzlichen Fehlvorstellungen über das Regierungssystem im Allgemeinen und die heutige Verfassungslage im Besonderen. Continue reading >>24 November 2016